Tabulavikata 2010 - 7000 km quer durch Südostasien

Reisezeit: Januar - März 2010  |  von Peter Niehage

Phnom Penh 1: Phnom Penh 2

20.02.
Mit einem TukTuk fuhren wir nach dem Frühstück zum Foltermuseum Toul Sleng. Wir hatten uns ja schon etwas vorinformiert, aber die Realität haute uns von den Socken. Gleich nachdem wir das Eingangstor durchschritten hatten, stieg ein Gefühl der Beklemmung in uns auf.

Da standen wir nun, da wo vor 30 Jahren Menschen auf bestialischste Art gefoltert wurden. Zuerst durchschritten wir die Räume, in denen lediglich ein Bett stand - mit Fußfesseln.

...es schnürt einem wirklich die Kehle zu...

...es schnürt einem wirklich die Kehle zu...

An den Wänden hing ein Foto mit der Situation, unmittelbar nach der Befreiung - also mit übelst zugerichteten Toten drauf. Weiter sahen wir diverse Folterinstrumente

...der Galgen...

...der Galgen...

...der Draht war gespannt, damit sich die Gefangenen nicht zu Tode stürzen...wenn sie schon sterben, dann "gefälligst" durch die hand der Aufseher...

...der Draht war gespannt, damit sich die Gefangenen nicht zu Tode stürzen...wenn sie schon sterben, dann "gefälligst" durch die hand der Aufseher...

und winzig kleine Zellen - teilweise noch mit Blutflecken bzw. Blutlachen auf dem Boden.

...erschreckend...

...erschreckend...

Sandra hatte permanent einen Kloß im Hals, und mir standen fast die Tränen in den Augen, als ein alter kambodschanischer Mann neben mir weinend auf die Fotos der Kinder zeigte, die dort auch inhaftiert und zum Teil keine 3 Jahre alt waren...! Spätestens, als man vor den Totenschädeln stand, bekam man die volle Wucht des Ausmaßes der Gräueltaten ins Gesicht geschleudert...!
Toul Sleng war ein Foltergefängnis, wo vermeintlichen Verrätern oder existenzunwürdigen Menschen, wie Lehrer, Ärzte, Mönche, Ingenieure, Beamte, Selbständige, Brillenträger, Fremdsprachenkundige usw. inkl. derer Familien bis zum Kleinkind Pseudogeständnisse abgezwungen wurden. Wenn sie das Foltermartyrium überlebt hatten, wurden sie danach sofort zu den "Killing Fields" abtransportiert - 12 km außerhalb der Stadt...auf der Straße dorthin wurden die "Verräter" auch schon mal hinter das Auto gebunden und zu Tode geschleift.
Auf dieser Straße fuhren wir nun mit dem TukTuk...!

Angekommen betraten wir das Gelände,

und sofort schnürten sich unsere Kehlen wieder zu...! Knapp 9000 Leichen wurden hier ausgegraben - über 40 Massengräber sind bis heute noch ungeöffnet. An dem Gedächtnismonument kauften wir Blumen und Räucherstäbchen und steckten sie zu den anderen. Dabei blickten wir auf 10 m hoch gestapelte Totenköpfe...!

Keine 20 Meter weiter begannen die Krater in der Erde - die ausgehobenen Massengräber.

...die Kuhlen sind alles Massengräber...

...die Kuhlen sind alles Massengräber...

...überall sah man noch Kleidungsreste und Knochen...

...überall sah man noch Kleidungsreste und Knochen...

Ohnmächtig - mit einem Gefühl von Erdrücktheit und einem ständig anschwellenden Kloß im Hals passierten wir die Gruben, in denen wir vereinzelt noch Kleidungsreste und Knochen sehen konnten. Alles war irgendwie unfassbar aber doch zu 100% präsent. Wir lasen das Schild neben dem einen Massengrab: "Hier lagen die sterblichen Überreste von über 100 Frauen und Kindern!". An dem Baum daneben wurden die Kinder und Babies an den Füßen haltend totgeschlagen, um die leblosen kleinen Körper gleich nebenan in die Grube zu werfen - wie totes Vieh...! Auf den Killing Fields gab es sogar einen kleinen Schuppen, wo die Tötungswerkzeuge, wie Keulen, Latten, Hacken, Äxte, Seile etc. aufbewahrt wurden - wie ein Geräteschuppen für die Arbeiter. Außerdem waren an den Bäumen Lautsprecher befestigt, damit die laute Musik die Todesschreie übertönen...! Etwas weiter war mitten im Weg eine Stelle eingezäunt, auf der Knochen hervorlukten.

...quasi mitten auf dem Weg...

...quasi mitten auf dem Weg...

Das war der Punkt, wo Sandra endgültig nicht mehr konnte...und ich auch nicht...!
Was veranlasst einen Menschen dazu oder was muss das für ein Mensch sein, der im Namen des Kommunismus Frauen und Kinder abschlachtet - nur weil der Vater einmal Lehrer oder Arzt war? Wie viel Gehirnwäsche ist nötig und wie sadistisch veranlagt muss man sein, für eine vermeintlich gerechte Sache so etwas zu tun ???????
Die Fragen bleiben offen, so wie unsere Münder - lange nachdem wir die Killing Fields verlassen hatten...!
Ich denke, dass diese Erfahrung schlussendlich mehr wiegen wird, beim Urlaubsresümee, als eine Quadtour oder irgendein Tauchgang. Aber wie dekadent, ignorant und herzlos wären wir wohl, hätten wir auf diese Erfahrung verzichtet...?!
Als Ablenkung ließen wir uns danach zum Wat Phnom fahren, der ziemlich uninteressant war. Abends ließen wir den Abend beim Thailänder "unseres Vertrauens" ausklingen und beschenkten die Ärmsten der Armen mit was zu essen!

© Peter Niehage, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
"Der kürzeste Weg zu Dir selbst führt einmal um die Welt." Richard Hoffmann
Details:
Aufbruch: 10.01.2010
Dauer: 10 Wochen
Heimkehr: 18.03.2010
Reiseziele: Thailand
Myanmar
Laos
Vietnam
Kambodscha
Der Autor
 
Peter Niehage berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.