Test the West
Badetag
Montag, 09.01.2012
Ich penne aus bis um neun, gehe gemütlich frühstücken und verstecke dann meine krebsrote Nase hinter einem Buch. Pünktlich um halb zwölf kommt Vincent vorbei. Soll noch mal einer sagen, Pünktlichkeit sei eine rein deutsche Tugend. Seinen Leihwagen bekam er ohne Probleme, ein Renault Duster. Da hier niemand weiß, was ein Statussymbol ist, weiß auch keiner, dass man es nicht braucht und daher vertreibt Renault den bei uns so beliebten Billig-SUV von Dacia hier unter seinem eigenen Label.
Während ich meinen bisher mit Abstand bequemsten Reiseabschnitt zurück lege, werden wir akustisch von Bob Marley begleitet und erreichen schon eine Stunde nach Abfahrt die ersten Ausläufer der Atakora-Gebirgskette und nach einer weiteren Stunde die etwa 250 Meter über dem Meeresspiegel gelegene Stadt Kpalimé. Vincent hat sich mit einer Hand voll Reiseführer aus der heimischen Bibliothek eingedeckt, mit deren Hilfe wir in Kombination mit meinem Lonely Planet den heutigen Tagesablauf planen. Unser Mittagessen nehmen wir im Le Fermier ein und machen uns dann auf die Suche nach den Akloa Wasserfällen. Als wir glauben, nicht mehr weit weg zu sein, fragt Vincent ein paar Jungs, die an einer Feldwegmündung herum lungern.
Was zunächst nach Heimvorteil aussieht, entpuppt sich wenig später als kleine Herausforderung. Die Leute sprechen hier offensichtlich sehr schlechtes Französisch, meint Vincent, der es ja eigentlich wissen muss. Was er allerdings versteht ist, dass einer der Jungs uns für 2000 CFA pro Person dort hin führen würde, der Wasserfall allerdings derzeit trocken liegt und da ein Wasserfall ohne Wasser für uns eher uninteressant ist, setzen wir unsere Fahrt in nördliche Richtung fort. Laut einem von Vincents Reiseführern gibt es etwa 40 Kilometer von hier noch weitere, eher weniger zugängliche Kaskaden.
Wir überqueren eine kleine Brücke über einen Bach. Danach wird die Hauptstraße zu einer üblen Schlaglochpiste. Vincent kommen Zweifel an seinem Vorhaben, über diese Strecke morgen in den Norden des Landes vorzustoßen und so nutzt er die Gelegenheit, den Fahrer eines entgegenkommenden Buschtaxis zu fragen, ob der Weg nach Norden befahrbar sei. "Die Straße ist beschissen", bekommt er zur Antwort, "doch mit diesem Auto sollte es gehen". Wir fahren weiter und halten in einem Dorf. Irgendwie habe ich die Orientierung verloren, aber wenigstens Vincent scheint noch den Durchblick zu haben. Sofort kommen ein paar Guides auf uns zu und wollen uns nach oben führen. Wir suchen uns einen aus und schütteln die anderen ab, denn wenn die alle mit latschen, wollen die auch alle Kohle sehen, weiß Vincent, der auch nicht ganz unerfahren in Sachen Afrikareisen ist. Unser Guide holt sich eine Machete aus einer Hütte und dann geht's los.
Der Weg ist sehr undurchsichtig und hat viele Gabelungen, manchmal ist er auch ganz verschwunden und unser Guide muss ihn wieder frei schlagen. Irgendwann latschen wir durch ein Dorf, das aus zwei oder drei Lehmhäusern besteht. Ich frage mich wovon die Menschen hier leben. Doch es geht noch weiter. Der Weg wird schmaler und steiler. Wir können die Kaskaden schon hören, bald auch sehen. Doch wer hoch hinaus will, muss leiden. Meine Kondition lässt nach und ich falle etwas zurück. Noch ein paar Schritte über Stock und Stein, dann die Entschädigung. Traumhaft unberührte Natur. Wir suchen Abkühlung im eiskalten Quellwasser, machen Fotos und drehen Videoclips.
Auf dem Rückweg fragt mich Vincent, was ich denn so als Entlohnung für unseren Guide für angemessen halte. Spontan schießt mir die Zahl 2500 durch den Kopf. Pro Person, genau daran dachte auch Vincent.
Zurück in Kpalimé checken wir im Bafana Bafana ein, ein zentral gelegenes Budgethotel mit gemütlichen und sauberen Zimmern. Ich gehe duschen, ziehe mich um und treffe mich dann in der Lobby mit Vincent zum Abendessen. Die Auswahl der Lokalität überlasse ich getrost meinem französischen Kumpel, der schon in Lomé bewiesen hat, dass er gerne gut und viel isst, als er im Hôtel le Galion ein komplettes Fondue verputzte. Die Wahl fällt auf das von einem französisch-togoischen Ehepaar betriebene Chez Fanny, etwa zwei Kilometer südlich von hier.
Während mir sofort mehrere Gerichte ins Auge springen, ist Vincent ein wenig enttäuscht von der Speisekarte, denn er vermisst etwas wirklich Neues oder Außergewöhnliches. Etwas Einheimisches, zum Beispiel Bushmeat, wie der legendäre Grasscutter (Rohrratte) oder Fledermaus. Ich bin ja in dieser Hinsicht eher konservativ veranlagt. Nur in einer Sache, da ist Vincent Patriot: Wenn es keinen Wein gibt, ist er nur ein halber Mensch, gibt er zu. Da haben wir Deutschen es einfacher. Unser Bier kriegen wir auf der ganzen Welt. Doch von der Qualität des Essens hier ist Vincent später so überzeugt, dass er sich gleich ein zweites Hauptgericht hinterher schiebt.
Wir machen uns auf den Rückweg und verabschieden uns im Hotel Bafana Bafana. Morgen werden sich unsere Wege trennen. Vincent fährt weiter in den Norden des Landes während ich meinen letzten Reiseabschnitt antreten und den Grenzübergang nach Ghana suchen werde.
Aufbruch: | 13.12.2011 |
Dauer: | 6 Wochen |
Heimkehr: | 20.01.2012 |
Niger
Nigeria
Togo
Ghana