Test the West
Zurück an die Küste
Sonntag, 15.01.2012
Hab noch 'nen Kopp von gestern und ich denke darüber nach, ob ich vielleicht noch bleiben sollte. Doch wer rastet der rostet, also schwinge ich meinen Hintern aus dem Bett und gehe erst mal frühstücken.
Besser! - Jetzt mache ich mich auf dem Weg zum benachbarten STC Busterminal. Cape Coast war bei meiner Planung eher so ein Wackelkandidat. Es soll wohl für afrikanische Verhältnisse ziemlich touristisch dort zugehen und wo zu viele Touristen sind, mache ich meist einen großen Bogen herum. Doch ich glaube, nachdem ich in den letzten Tagen verdammt gut vorangekommen bin, habe ich noch die Zeit, mir das wenigstens mal anzuschauen - travel and see.
Während ich so colatrinkenderweise viel zu früh am Busterminal herumlungere, werde ich ungefragt aber widerstandslos auf einen früheren Bus umgebucht. Dieser, ein chinesisches Qualitätsprodukt der Marke Yutong, fährt am Nachmittag planmäßig in Cape Coast ein und ich lasse mich von dort mit einem Taxi in das Oasis verfrachten. In weiser Voraussicht lasse ich meinen Fahrer noch vor dem Eingang warten und tatsächlich geht es hier nicht ganz diskussionslos vonstatten.
Man will mir zunächst nur ein Bett im Schlafsaal anbieten. Aber entweder ich werde langsam spießig oder bin schon zu alt für so 'ne Kacke. Jedenfalls werde ich auf keinen Fall diese Nacht zusammen mit zehn anderen furzenden und schnarchenden Rucksacktouristen in einem Zimmer verbringen. Dann plötzlich tut sich doch eine andere Möglichkeit auf: Ein Apartment, das mit der vielversprechenden Nummer 1, ist zwar reserviert, doch telefonisch findet man heraus, dass sich die Dame um einen Tag verspätet. 50 Cedi kostet mich der Spaß, doch die sind gut angelegt. Das Zimmer ist geräumig, hat ein Doppelbett mit Moskitonetz, zwei Stühle und einen Tisch. Es hat ein eigenes Bad mit Dusche und WC und eine Terrasse am Atlantik. Das Wellenrauschen ist inklusive, fast wie im Urlaub.
Da mag man gar nicht mehr raus gehen. Doch das Oasis hat auch ein Restaurant, eine sehr gemütliche Bar und einen direkten Strandzugang mit Tischen und Stühlen. Während ich zunächst die Bar anteste, treffe ich auf Benjamin, kurz Ben - lustiger Vogel und er hat Ganja. Dass hier mehr gekifft wird als in Jamaika, ahne ich natürlich noch nicht.
Die Hauptattraktion von Cape Coast ist die Cape Coast Castle, die im Jahr 1653 von Schweden in Holzbauweise errichtet und später dann in Stein wieder aufgebaut wurde. Sie diente den Schweden als Handelsstützpunkt für Gold und Holz, wechselte im Laufe der Geschichte mehrmals ihre Eroberer und diente später als Stützpunkt des transatlantischen Sklavenhandels.
Später sitze ich im Restaurant und traue meinen Augen nicht. Chiara, die Italienerin, ist auch hier. So klein ist die Welt. Sie sitzt zusammen mit ein paar anderen Typen am Nachbartisch. Ich leiste ihnen Gesellschaft. Zwei von den Jungs sind Australier, wo der andere, so ein Reinhold-Messner-Typ, wech ist, weiß ich nicht, der sitzt am anderen Tischende. Dann ist noch einer aus Kumasi mit dabei. Eine lustige Runde. Wir essen und trinken zusammen und quatschen. Chiara ist tatsächlich heute Morgen in aller Herrgottsfrühe mit dem Tro-Tro angereist. Ob sie denn hier noch ein Bett bekommen hat, will ich wissen. "Ja", antwortet sie, "im Schlafsaal". Diese Strapazen auf sich zu nehmen gehört für sie zum Afrikaurlaub dazu. Naja... wenn's schee macht.
Chiara ist voll die Organisier-Tante. Wir wollen zahlen und jeder legt seinen Betrag auf den Tisch. Dann geht sie an die Bar und will zahlen, doch das Geld ist zu viel. Ein Skandal! Alle sind sich einig, dass wir den Mehrbetrag (etwa 10 Prozent) als Trinkgeld geben, doch Chiara meint, wir geben kein Trinkgeld und jetzt will sie von jedem genau wissen, wie viel er da hin gelegt hat um den Mehrbetrag verursachergerecht wieder aufzuteilen. Oh Mann, allein reisen ist sooooo schön!
Die beiden Australier wollen wohl nach Niamey für irgendein Volontärprojekt, da kann ich natürlich einige Informationen liefern. Allerdings scheinen die zwei noch etwas grün hinter den Ohren. Sie lassen sich von "Reinhold", seinem Englisch nach zu urteilen könnte er Kanadier sein, den Weg zu ihrem Hotel erklären und wirken etwas nervös und unsicher ob sie ihren Weg im Dunkeln auch finden werden.
Aufbruch: | 13.12.2011 |
Dauer: | 6 Wochen |
Heimkehr: | 20.01.2012 |
Niger
Nigeria
Togo
Ghana