Test the West
Nigeria Visum, die 1.
Montag, 19.12.2011
Irgendwo am Rondpoint Yantala soll sich meinem Lonely Planet zufolge ein Reisebüro und Touranbieter befinden. Da ich für Niger noch ein paar Tage habe, will ich mich mal über die Möglichkeiten informieren, den "Parc national du W", einen grenzübergreifenden Nationalpark in Niger, Burkina Faso und Benin oder die letzte Giraffenherde Westafrikas in Kouré zu besuchen. Von einem Besuch der wirklichen Perlen des Landes - die Sahara, Agadez und das nördlich davon gelegene Aïr-Gebirge - nehme ich lieber Abstand, auch wenn vertrauenswürdige Quellen inzwischen bestätigen, dass das Entführungsrisiko durch die "Al Quaida du Maghreb" sehr viel geringer ist, als es vom Auswärtigen Amt derzeit dargestellt wird. Schon bald muss ich aber feststellen, dass es den Touranbieter wohl nicht mehr gibt.
Ich schmeiße mich also in ein Taxi und lasse mich vor die nigerianische Botschaft befördern. Ich trage mein Anliegen, ein nigerianisches Visum beantragen zu wollen, den mit Schnellfeuergewehren bewaffneten Polizisten vor, die gelangweilt auf einer Bank vor dem Tor dösen, und darf auf das Gelände. Dort werde ich gleich von einem Nigerianer in olivgrüner Militäruniform abgefangen. Er prüft sorgfältig meinen Pass und fragt mich dann nach einem Einladungsschreiben. Falsche Frage, ich habe natürlich keins. Unter diesen Umständen müsse er erst einmal seinen Boss fragen, klärt er mich auf und bittet mich darum, draußen auf der Bank bei den Polizisten Platz zu nehmen. Nach einiger Zeit kommt er nach draußen und berichtet mir, dass sein Boss kein Visum ausstellt, wenn ich nicht wenigstens ein Rückflugticket nachweisen kann, aber auch das habe ich nicht, könnte aber natürlich eines organisieren. Ich soll wieder kommen, wenn ich das Flugticket habe, sagt der Mann in grün.
Ich fahre zurück in die Auberge le Relaxe und frage nach einem Internetanschluss. Man bietet mir an, den Hotelrechner zu benutzen. Es dauert sage und schreibe 30 Minuten, bis die Lufthansa-Seite auf geht. Eine weitere Stunde später weiß ich immerhin, dass ein stornierbares One-Way-Ticket von Lagos nach Frankfurt 2000 US-Dollar kostet und ich gebe jeglichen Versuch, eine weitere Seite zu öffnen auf.
Ich fahre mit einem Sammeltaxi zum Grand Hôtel du Niger. Ein spießiges und betagtes Vier-Sterne-Hotel dessen fantastischer Blick auf den Niger ein wenig darüber hinweg täuscht, dass es total überteuert ist. Da ich der letzte Fahrgast bin, werde ich direkt vor der Tür abgesetzt und stolpere nun zwischen den blank polierten SUVs der hier residierenden NGO-Mitarbeiter aus einem schrottreifen Toyota Starlet auf den Empfangsteppich. Im Grand Hôtel gibt es erwartungsgemäß ein Buisiness-Center mit ausreichend schnellem Internetanschluss. Ich lese mir wieder und wieder die Bedingungen durch um ganz sicher zu gehen, dass dieses überflüssige Flugticket zu 100 Prozent stornierbar ist und kaufe es dann mit einem Mausklick zum Schnäppchenpreis von 2000 Dollar. Da es hier auch Kopierer gibt, mache ich mir gleich noch eine Kopie vom Stadtplan aus dem Lonely Planet, damit ich nie wieder so herum eiern muss, wie gestern.
Da die nigerianische Botschaft nun für Besucher bereits geschlossen ist, habe ich noch ein wenig Zeit, mich hier umzusehen. Die Gegend zwischen Grand Hôtel und Boulevard de la Liberte ist eigentlich das, was ich unter Zentrum verstehe und gestern verzweifelt gesucht habe. Hier befinden sich die Restaurants, Bars und Nachtclubs der Stadt, die Banken und nicht zuletzt der Petit Marché, der im Vergleich zum Grand Marché etwas authentischer daherkommt, weil hier nicht so viel importierter Chinaschrott abgesetzt wird. Doch eine Stippvisite im Petit Marché hebe ich mir für später auf.
Apropos Restaurants. So langsam kriege ich ziemlichen Kohldampf und ich fasse den Beschluss, im La Flottile einzukehren, einem viel gelobten schattigen Open-Air-Restaurant, idyllisch in der Nähe des Nigerufers gelegen, etwa einen Kilometer von hier. Das La Flottile ist bekannt für seine guten Fischgerichte und so entscheide ich mich für das Fischfilet, dazu ein schönes kaltes Flag.
Als ich mit dem Essen fertig bin, setzt sich Moussa an meinem Tisch, er kann ganz gut Englisch und sucht wohl jemanden zum quatschen. Das ist Niger: Völlig ungezwungen und ohne Hintergedanken wollen sich die Menschen mit dem Fremden unterhalten. Sie fragen neugierig nach dem Grund meines Aufenthaltes und können es gar nicht fassen, dass dieser touristisch ist. Im Berufsleben ist Moussa Gendarm in Niamey. Ich lade ihn zu einem Bier ein und später erzählt er mir, er hätte ein Motorrad, aber leider nicht mehr viel Sprit. Dann schlage ich ihm den Deal vor, auf den er wahrscheinlich schon gewartet hat: Wenn er mich nach Hause bringt, gebe ich ihm was für den Sprit.
Als wir dann in Plateau-Yantala ankommen, entscheiden wir uns spontan, noch in meiner Stammbar einzukehren. Wir gehen zunächst in die Bude an die Theke, wo auch ein älterer Herr in einer dreckigen Jacke sitzt und beständig versucht, mich vollzuquatschen. Offensichtlich hat er schon ein, zwei Gläschen über den Durst getrunken. Ich frage Moussa, was der von mir will, da ich ihn nicht verstehe. Moussa meint, der will irgendwie Stress machen und da ich auf sowas heut mal keinen Bock habe, ignoriere ich diesen Primaten und beschließe, einen der gemütlichen Plätze im Garten aufzusuchen, ist eh viel entspannter hier.
Aufbruch: | 13.12.2011 |
Dauer: | 6 Wochen |
Heimkehr: | 20.01.2012 |
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