Renate's Weltreise
Ankunft Chiang Mai: Lehren und lernen ...
29.01.04
Nachts war es wirklich bitterkalt. Ich dachte morgens, mein Wasser wäre angefroren. Joe (der Trekking-Führer) "unterrichtete" schon, als ich wach wurde. Er wollte mich doch wecken! Also schnell in die Hose und Schuhe an (alles andere hatte ich ja noch an) und rüber zur "Schule". Alle sind zurückhaltend. Joe spricht thailändische Buchstaben vor, die Kinder sprechen im Chor nach. Hefte werden ausgeteilt mit vorgemalten Buchstaben. Ok, das kann ich "lehren". Danach erklärte Joe, was man mit dem Knet macht und weg war er!
Die Kinder machen immer nur genau das, was ich vormache. Anfangs traut sich keines zu reden, sie flüstern nur. Aber nach zwei Stunden werden sie lockerer. Das Kneten scheint ihnen viel Spaß zu machen.
Dann verschwinden alle wie auf Kommando. Bis auf eines. Er scheint am meisten Spaß am Unterricht zu haben und bleibt.
Gadet, mein Betreuer holt mich zum Essen: Reis mit Ei und scharfer Soße. Nur ein Gedeck für mich - soll ich alleine essen? Gadet scheint zu verstehen und holt sich auch ein Gedeck. Dusche in der Sonne. So macht es direkt Spaß, eiskalt zu duschen!
Danach nimmt er mich mit in den Dschungel und zeigt mir auf Bildern, wie er an einer Liane schwingt.
Die Liane hängt etwa in der Hälfte des Hanges. Er zieht sie mit nach oben und ich gehe mit, um Bilder von oben zu machen. Er schwingt und kommt zurueck. WOW!
Mein Betreuer Gadet an der Liane.
Er schwingt nochmal und macht Zeichen, ob ich auch möchte? Was für eine Frage! Durch die kalte Dusche und die "Klettertage" vorher sprühe ich vor Kraft und Energie. Aber ich bin definitiv schwerer als Gadet, was wenn die Liane reißt? Außerdem ist es hier am Start- und Zielpunkt recht steil. Wenn ich beim "Abspringen" den Hang runterfalle? Doch jetzt habe ich Feuer gefangen, und darüber kann ich mir noch Gedanken machen, wenn ich wieder ankomme
Er zeigt mir noch, dass ich die Liane auch zwischen die Zehen klemmen muss und ab gehts. WOWWWW!
Plötzlich fange ich an zu rutschen. Kein guter Zeitpunkt! Wenn ich jetzt falle, fliege ich in hohem Bogen in den Wald! Versuche, mich noch fester zu halten, aber es ist unaufhaltsam - ich rutsche durch. Am vermeintlich besten Punkt (kürzeste Fallstrecke) fliege ich dann endgültig. Zwei Meter kann man schließlich springen! Und Waldboden ist eh weich... Beim Aufprall wird mir aber schlagartig klar, dass das mehr als zwei Meter waren. Sobald ich den Boden berühre, registriere ich die Schmerzen von den Fussgelenken ins Knie und danach in den Nacken. Ich wusste bisher nicht, dass das Gehirn so schnell so viele "Gefühle" verarbeiten kann. Ich fühlte mich, als würde ich zusammengestaucht.
So ein Mist! Gleich alles checken: der Fuss lässt sich bewegen. Draufstehen geht auch. Gott sei Dank, nichts gebrochen. Ich will doch den Leuten hier keine Probleme machen! Mein Nacken fühlt sich steif an, ich zittere am ganzen Körper: Adrenalin! So eine Aktion und kein Bild!!! Ein paar meiner Finger sind verbrannt - alles weiß, tut höllisch weh. Das gibt schöne Brandblasen! Ich fange an, das "Umfeld" des Sturzes zu registrieren. Das war WIRKLICH Glück. Die einzige Stelle ohne Steine oder herausstehendes Holz. Jetzt bekommt die "Abgeschiedenheit" des Dorfes eine ganz neue Dimension.
Gadet schwingt nochmal für mich. Diesmal aus der Sicht von unten. Jetzt sehe ich, aus welcher Höhe ich gefallen bin... mir wird ganz schlecht... das waren wohl eher vier Meter! Gut, dass ich das vor dem Sturz nicht wusste. So fiel ich wirklich entspannt, das soll ja vor Verletzungen schützen . Außerdem weiß man nicht, was passiert wäre, wenn ich oben keinen Halt gefunden hätte...
Abends kommt eine andere Reisegruppe. So kann ICH auch mal erzählen, was heute passiert ist. Inzwischen wissen es nämlich ALLE im Dorf! Lagerfeuer und Unterhaltung. Es fängt an, mir hier richtig zu gefallen. Abenteuer pur.
Aufbruch: | 21.11.2003 |
Dauer: | 25 Monate |
Heimkehr: | Dezember 2005 |
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