Renate's Weltreise

Reisezeit: November 2003 - Dezember 2005  |  von Renate Enghauser

Indien: Ayurveda Erlebnisse

Auch wenn ihr inzwischen alle wisst, dass ich schon lange wieder in Thailand bin moechte ich doch noch ein paar Worte zu den Erlebnissen in Indien schreiben.
In Tirivanupraturam (kurz Trivandrum) bin ich erst mal in eine ayurvedische Klinik gegangen um etwas gegen meinen Husten zu tun.
Ich wurde in ein Zimmer gefuehrt, dass offensichtlich der Konferenzraum war oder ein Aufenthaltsraum fuer die Angestellten, die eben erst fertig mit dem Essen waren. Ein grosser Tisch in der Mitte, ein paar Leute, die drumrum sassen, um genau zu sein waren es ein paar Frauen und ein Mann.
Der Mann entpuppte sich als Arzt,in Deutschland sieht man das ja normalerweise an dem weissen Kittel Er fragte mich etwas schroff was ich von ihm wolle. Ich sagte ich haette Husten etc. Er sagte nochmal,auch diesmal nicht netter: "What do you want?" Ich erklaerte, dass ich gerne eine Untersuchung gehabt haette und Medizin. Darufhin hiess er eine der Frauen aufzustehen (die hatte auch keinen weissen Kittel) und hoerte mich mit dem Stethoskop an zwei Stellen ab, sagte ein Wort zu dem Arzt und der schrieb dann die Medizin dafuer auf. Sie war wohl dafuer nicht kompetent genug...
Na ja, unter "ganzheitlicher" Medizin hatte ich mir was anderes vorgestellt. Ziemlich irritiert holte ich dann die Medizin in der dazugehoerigen Apotheke ab und dachte mir: "Probieren kann ichs ja. Sollte zumindest nicht schaden"
Alles in allem war es aber so guenstig, dass ich nicht mal an einen Beleg gedacht haette

Ich entschloss, mit meiner neuen Medizin erst mal nach Varkala an den Strand zu fahren um mich dort zu erholen und wieder zu "Reisekraeften" zu kommen.
Am Busbahnhof lernte ich zwei Spanier kennen, die das gleiche Ziel hatten und mit ihnen zusammen im Bus stellte ich fest wie unterschiedlich Indien zu "bereisen" ist, wenn man nicht alleine unterwegs ist. Es wird automatisch angenommen, dass ein Mann an der Seite dein Ehemann ist, was keine Nachteile mit sich bringt. Die starrenden Maennerblicke bleiben aus und ich selbst fuehlte mich viel "freier" dadurch, konnte mich umblicken ohne dass es falsch gedeutet werden konnte.

Am naechsten Tag ging es erstmal an den Strand, ich hatte Hose und Bluse zum Schwimmen anbehalten wie im Reisefuehrer empfohlen. So gehen auch die Inderinnen baden und ich dachte, mir tut es ja nicht weh und die freut's Natuerlich war ich die einzige Touristin, die kein "Fleisch" zeigte, da es aber ausserdem meine sonnenempfindliche Haut schuetzen wuerde ignorierte ich das grosszuegig
Es blieben auch tatsaechlich ein paar Inder/innen stehen und lachten mich herzlich an als sie mich ins Wasser gehen sahen. Somit hatte es auch den angenehmen Nebeneffekt, noch ein paar Leute dabei zu erfreuen.

Die Stroemungen in Varkala sind bekanntlich nicht "ohne" und auch die Wellen haben richtig "Power". Weiss man ja, hat man ja gelesen, bloed ist nur wenn man die Wellen falsch nimmt, so wie ich meine erste! Welle, auf der ich mich an den Strand fluten lassen wollte und die mich statt dessen auf den Meeresboden knallte, mit dem Oberkoerper zuerst und durch den ploetzlichen Widerstand den der Meeresboden dem Koerper bot wurde mein Unterkoerper in eine sehr unnatuerliche Haltung gezwungen da das Wasser meine Beine weiterriss. Mein Kreuz bekam solch ein Schlag, dass ich nur noch dachte: "Jetzt ist es ab!"
Als ich auftauchte war ich erstmal orientierungslos (ja, noch mehr als sonstund mir schwindelte so dass ich schaute schleunigst aus dem Wasser zu kommen.
Der Ellbogen war aufgeschrammt, meine Schulter und der Arm taten auch noch nach ein paar Tagen ziemlich weh doch das Kreuz erholte sich am schnellsten wieder, so beschloss ich mir eine Ayurdedische Massage zu goennen.

Nach einem Erkundigungsrundgang entschied ich mich fuer ein ordentlich aussehendes Haus und konnte auch gleich einen Termin haben.
Ich wurde gefragt ob ich einen Mann oder eine Frau wolle und ich antwortete nichtsahnend dass mir das egal waere. So wurde mir ein Mann zugeteilt. "Mann" fuehrte mich in den Behandlungsraum und sagte ich solle die Kleidung wechseln. Auch in Thailand gibt es manchmal bequeme Hosen und Kittel zum Wechseln vor der Massage.
Ich konnte aber keine Kleidung sehen und fragte nach. Er wiederholte:"Change clothes" Etwas ratlos sah ich mich um und sah immer noch nichts was sich als Kleidung geeignet haette. Ich fragte mutig: " Mit was?" und erzeigte auf einen duennen Stoffstreifen....???
Jetzt gab es kein zurueck mehr, nachdem ich mich vergewissert hatte, dass ich wirklich meine komplette Kleidung ablegen sollte zeigte er mir wie der Stroffstreifen umzubinden ist. Um es sich bildlich vorzustellen kam es der Urwaldmode am naechsten
So wirklich fuehlte ich mich nicht wohl aber einmal auf der Massageliege (ein schlanker, langer Holztisch) wurde mir klar, dass sich herkoemmliche Kleidung nicht wirklich eignen wuerde da der Koerper staendig komplett mit Oel betraeufelt und eingerieben wurde. Als ich mich nach der Massage aufsetzen sollte kam ich so ins rutschen, dass der Masseur mich stoppen musste. Er stand aber schon in Bereitschaft, ich waere wohl nicht die erste gewesen, die ueber den Tisch rutscht
Nichtsdestotrotz war es ein interessantes neues Erlebnis, auch wenn ich das naechste Mal garantiert gezielt nach einer Frau fragen wuerde. Denn obwohl er die "intimen Stellen" grosszuegig ausliess war mir doch nicht soo wohl wie es bei einer Massage ja sein sollte.

Als ich mich nach ein paar Tagen mit einem Bekannten ueber die Schmerzen im Arm unterhielt sagte er ich solle unbedingt zu seinem Doktor gehen, der auch Ayurvedische Massage praktiziert und bei ihm schon sehr erfolgreich praktiziert hat.
Da es sich um einen Arzt handelte dachte ich dass es dann halt doch wieder ein Mann ist aber er schien allgemein einen guten Ruf zu haben und so fragte ich ihn persoenlich nach einem Termin.
Er meinte in fuenf Minuten- na besser koennte es ja nicht laufen! Ich kam wieder in ein Behandlungszimmer, jetzt konnte ich den Lappen ja schon selbst umbinden und herein kam er
- aber nicht der Arzt wie vermutet, sondern sein Helfer...! Ein fast schwarzer Mann mit nacktem Oberkoerper, von der Statur voellig Indien-untypisch gross und sehr kraeftig gebaut, er strahlte etwas animalisches aus, ein Blick wie jemand, der sein Leben mit den eigenen Haenden verteitigen wuerde.
Seine ganze Erscheinung wuerde viel eher an Orte passen, wo den ganzen Tag schwere Gewichte geschleppt werden. Meine Phantasie, was er wohl vor der Zeit als Masseur gearbeitet hat, schlaegt Purzelbaeume.
So, was jetzt? Nun zu sagen ich will nicht von einem Mann massiert werden passt nicht so richtig, da ich zuvor nach dem Arzt gefragt habe. Wieder anziehen und gehen? Damit wuerde ich ihm was in die Schuhe schieben, was ich ja jetzt noch nicht wissen kann. Ein bisschen hoffe ich ja noch dass er nur Vorbereitungen fuer den Arzt trifft. Aber er sagt ich soll mich auf den "Holztisch" legen. Also Augen zu und durch!
Der Tisch steht nicht in der richtigen Position, also hievt er ihn mit mir drauf scheinbar muehelos an einen anderen Platz.

Wie erwartet massiert er sehr kraeftig. Im Gegensatz zu seinem Vorgaenger hat er aber kein Problem mit den "intimen" Stellen. Die ganze Situation ist mehr als unangenehm, ich bin wuetend auf mich selbst nicht gleich gegangen zu sein. Dazu kommt, dass das Zimmer voller Moskitos ist und ich denke bei mir: "Na prima, vielleicht gibt es jetzt auch noch Malaria gratis..."
Obwohl ich die Augen geschlossen habe werde ich das Gefuehl nicht los, dass seine Gedanken in eine "unproffessionelle" Richtung abschweifen. Er massiert gerade meinen Arm und ich oeffne die Augen. Und sehe, dass ich recht hatte.

Als ich anschliessend raus kam fragten mich innerhalb drei Minuten fuenf Inder grinsend, wie die Massage gewesen sei... auch mein Bekannter der den "Arzt" empfohlen hatte moechte wissen ob ich zufrieden war. Ich sage nur: "Gut, aber das lezte Mal, dass ich bei einem Mann war" Es hat keinen Sinn ihm erklaeren zu wollen, dass "abschweifende Gedanken" auch schon zu sehr in den Intimbereich gehen koennen.

Eigentlich hatte ich inzwischen gar keine rechte Lust mehr, meine Ayurveda-Erfahrungen zu erweitern, doch beim Spazierengehen sprach mich eine Masseurin an und zu Weihnachten wollte ich mir was Gutes tun und nahm einen Termin bei ihr.
Und hier erlebte ich, was Ayurveda wohl auch sein soll: Jeder Griff schien proffessionell, ich fuehlte mich richtig gut aufgehoben in ihren Haenden Nach der Massage sagte sie, sie wuerde mich jetzt waschen, was ich schon kannte, das viele Oel auf dem Koerper wird mit einem Tuch etwas abgerieben, da man sonst auch auf dem Weg zur Dusche ausrutschen wuerde.
Aber sie kam mit in die Dusche und wusch mich mit einem Peeling komplett ab. Danach musste ich mich auf einen Stuhl setzen und sie seifte meine Haare ein. Ich hatte das Gefuehl wieder "Kind" zu sein, im Sitzen den Kopf gewaschen zu bekommen und abgetrocknet zu werden versetzte mich dreissig Jahre zurueck.
Ihr Name ist "Mini", sie praktiziert im "Jeevabhadra" Center for Ayurveda, (hospital@jeevabhadra.com) nicht direkt an der Strandpromenade aber auch nicht weit weg.
Ich empahl es einer Bekannten, die sich auch nicht "so wohl" fuehlte mit den "Masseuren" und als sie von Mini zurueckkam sagte sie, es waere so schoen gewesen, dass sie weinen musste, so geborgen haette sie sich gefuehlt.
Ich bin wirklich froh, dass ich "Mini" noch ueber den Weg lief, sie zeigte mir das "echte" Ayurveda, denn inzwischen wurde ich auch belehrt, dass es durchaus nicht ueblich ist, dass beim Ayurveda Maenner Frauen massieren...
So freue ich mich aber jetzt schon darauf wieder mal zu gehen.

© Renate Enghauser, 2003
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ich starte in Thailand und dann sehen wir weiter...
Details:
Aufbruch: 21.11.2003
Dauer: 25 Monate
Heimkehr: Dezember 2005
Reiseziele: Thailand
Myanmar
Indonesien
Tibet
Indien
Der Autor
 
Renate Enghauser berichtet seit 21 Jahren auf umdiewelt.
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