Renate's Weltreise

Reisezeit: November 2003 - Dezember 2005  |  von Renate Enghauser

Die Zeit in Railay / Ton Sai: Abschied von Ton Sai

Vorab: Wenn dieses Kapitel auch recht langatmig wirken mag, so soll es doch einen Eindruck vermitteln, wie es zu einer solchen Katerstimmung kommen konnte, als unsere Füße nach dem Inselleben wieder festen Boden fanden. Deshalb hat es auch jedes einzelne Wort verdient, aufgeschrieben zu werden.

Eine der Letzten, denen ich "Tschüss" sagen wollte, war Ursula, die ich auf einem Ausflug nach Ko Puh kennengelernt hatte. Inzwischen hatten wir uns des Öfteren mal getroffen, und ich hatte sie immer mehr ins Herz geschlossen. Es tat mir entsprechend leid, mich von ihr zu verabschieden. Sie teilte mir mit, dass sie noch bis zum Vierten bleiben würde, also einen Tag länger und am Dritten mit ihren Bekannten noch Abschied feiern würde.
Danach wollte sie noch ein bis zwei Tage in Krabi bleiben, so wie ich. Es machte mich sowieso nicht wirklich an, wieder alleine nach Krabi zu fahren, und der Gedanke, mit ihr noch Abschied zu feiern, war wesentlich verlockender.
Also kurzentschlossen die Abreisepläne verschoben. Ein Tag, darauf kam's jetzt wirlich nicht an.

Am nächsten Morgen wollte ich mich noch von einem Bekannten in Railay verabschieden und mit ihm frühstücken.
Nachdem ich ihn vergeblich sowohl auf der westlichen Seite als auch in East nicht fand, setzte ich mich alleine in ein Cafe. Ich wartete gute 20 Minuten, versuchte mich auch dezent bemerkbar zu machen. Aber ich war auf der West-Seite von Railay und da kann das Personal schon mal ignorant bis überheblich sein. "Jetzt ist mir das zu blöd", dachte ich mir. "Gehe ich eben an die Theke und bestelle dort mein Frühstück". Dieser Kellner war auch nicht bester Laune und sagte schroff, zum Frühstücken müsse ich mich an einen Tisch setzen. An der Bar gäbe es nur Kaffee!
'So, und jetzt will ich nicht mehr!' Ich muss an dieser Stelle einwerfen, dass dieses Verhalten der Kellner wirklich nur Railay-West-spezifisch war. Oder ich hatte besonders viel Pech.
Auf dem Weg zurück erfuhr ich, dass mein Bekannter kurzfristig als Guide einspringen musste. Da konnte ich ihn natürlich nicht finden!

Was jetzt mit dem "allerletzten" Tag noch anfangen? Von meinem Kletterpartner hatte ich mich ja schon verabschiedet. Sollte so mein letzter Tag aussehen?
Doch in East angekommen, fragte mich ein anderer Bekannter, der auch als Guide arbeitet und mit seinen Freunden beim "thailändischen Früstück" saß, wo ich denn hingehen würde.
Ich sagte wahrheitsgemäß, ich wüsste es nicht genau. Er fragte, ob ich mit frühstücken wolle, und da war es wieder: Hier passen die Dinge so oft, dass man sich nur wundern kann. Ohne eigenen Einfluss. Ich hätte die Kellner dafür drücken können, dass sie mich nicht bedient hatten!

Hier ist es typisch, alle Gerichte in die Mitte des Tisches zu stellen und von allem zu nehmen. Es gab gebratenen Fisch, scharfen Curry, Reis und Diverses anderes. Ich freute mich um so mehr, da ich inzwischen diese Art von Früstück dem Gewohnten oft vorziehe und noch nicht so häufig zu dieser Auswahl kam.
Sie fragten mich, was ich noch vorhätte und ob ich nicht mitkommen wolle, da sie eine Schnorcheltour nach dem Essen geplant hätten. Warum nicht? Es ist aber doch immer wieder erstaunlich, denn der Guide kannte mich auch nicht so gut. Sofort hatte ich ein schlechtes Gewissen, ob ich vielleicht zu verloren gewirkt hatte, als ich so vorbeiging. Ich wusste auch nie, ob ich annehmen durfte, oder dann vielleicht als aufdringlich gelten würde.
Doch wenn ich das bisher recht interpretiert habe, sind sie selbst nie alleine, und somit ist es für sie "normal", dass sie andere mit aufnehmen. Da es hier üblich ist, zum Mitessen eingeladen zu werden, oder dazu, sich mit an den Tisch zu setzen, habe ich das in ähnlicher Form jetzt schon öfters erlebt. Und diese Selbstverständlichkeit, mitaufgenommen zu werden, hatte inzwischen schon zur Folge, dass ich mich alleine gar nicht mehr gerne hinsetzte.

Also zum Schnorcheln. Warum nicht? Wir alle warteten etwa eineinhalb Stunden auf das Boot, das sie bestellt hatten. Die Schnorchelmasken waren schon bezahlt. Inzwischen ging es schwer auf Mittag zu und man merkte ihnen langsam an, dass sie nervös wurden. Wie immer ohne die gute Laune wirklich zu verlieren.
Das Frühstück wurde bezahlt, ich eingeladen. Das war mir peinlich, da ich es mit meinem ganzen Geld viel einfacher gehabt hätte. Als sich dann nach einer weiteren halben Stunde immer noch nichts tat, verlegten sie den Trip kurzerhand auf den nächsten Tag Da würde ich aber nicht mehr da sein.
Es wurde entschieden, dass sie stattdessen Kajaks ausleihen würden. Und, ob ich mitginge? Ja, klar! Der Guide ging nochmal kurz zum Shop und kam nach 20 Minuten zurück - auch er musste kurzfristig einspringen! Jetzt dachte ich, "na gut, geht halt gar nichts heute". Das Problem war nämlich, dass außer dem Guide keiner so wirklich Englisch sprach, wenn auch immer noch mehr, als ich Thai - aber das ist bei 20 Wörtern keine Kunst Das emfanden die aber nicht als Problem.
Nett fand ich auch, dass sie unbedingt Bilder von mir in ihrer Mitte machen wollten. Da konnte ich mich mal revanchieren. Ich kann ja gut verstehen, dass man so 'Fremdartige' fotografisch festhalten möchte.

Traumstrände, wohin man auch guckt!

Traumstrände, wohin man auch guckt!

Also kurz und gut: Es war ein schöner letzter Tag. Die Arme taten mir noch am nächsten Tag weh vom Rudern.
Leid tat mir nur der Guide. Den haben wir am Felsen mit unseren Kajaks besucht (ja, das geht da!), und ich hätte am liebsten mit ihm getauscht, da es ja seine Freunde waren.

Abends also mit Ursula Abschied gefeiert. Ich habe sehr wenig getrunken, da ich die Wehmut bewusst mitbekommen wollte. Als wir noch auf einen kurzen Drink in die "Mambo-Bar" gingen, verabredeten wir uns in der selbigen für den nächsten Tag. Dann könnten wir nochmal relaxen, in Ruhe was essen und dann spätnachmittags ein Boot nach Krabi nehmen.
Und welch Wunder: am nächsten Tag lief alles nach Plan, bis der Spätnachmittags-Zeitpunkt erreicht war. Seit zwei Uhr mittags saßen wir halb liegend auf der Terrasse der "Mambo-Bar" und genossen im Schatten der Bäume nochmal bewusst das Meeresrauschen, die Sonne und all die freundlichen Leute um uns herum, tranken "Lassi", was ein Früchteshake mit Joghurt ist, kurz gesagt: ließen es uns nochmal so richtig gut gehen.
Ich machte mir darüber Gedanken, was Krabi DAGEGEN zu bieten hätte und sagte zu Ursula: "Am liebsten würde ich heute Nacht grad hier bleiben". Sie sofort darauf angesprungen: "Dann müssen wir aber den Kellner fragen, ob das ok geht. Mein Bus fährt ja erst morgen um 11:00 Uhr. Da haben wir massig Zeit!"

Der Kellner war einverstanden. Juhu! Noch eine Nacht! Zwischendurch gingen wir auch mal an die Bar, aber insgesamt bewegten wir uns aus einem Radius von 20 Metern nicht heraus. 20 Stunden in einer Bar! Bis auf eine Ausnahme, um einen Pancake zu holen.

Gegen zwei Uhr waren dann alle Gäste weg, und wir konnten unsere Schlafsäcke ausbreiten. Dazu muss ich erklärend hinzufügen, dass man in diesem Restaurant eh auf Sitzkissen und Strohmatten sitzt, mit etwa 30 cm hohen Tischen. Die Sitzkissen eigneten sich hervorragend als Schlafunterlage.

Der "Oberkellner" hatte uns zwischenzeitlich den gemeinsamen Bungalow der drei Angestellten angeboten und sagte, sie könnten ja draußen schlafen...
Wem fällt dazu was ein? Nur, weil zwei so durchgeknallte "Farang"-Frauen meinen, sie müssten noch eine romantische Nacht unter Palmen und Sternenhimmel erleben, würden die auf ihren Schlafplatz verzichten. Vielleicht kann der Eine oder Andere langsam verstehen, was ich im vorigen Kapitel damit gemeint habe, als ich gesagt habe, ich wäre in einem Dauerrausch gewesen. Soviele positive Eindrücke in so relativ kurzer Zeit ...

Ein paar Mädels saßen noch an der Bar als ich mich hinlegte. Nach vielleicht einer Stunde wurde ich wach, da die Kellner und die Mädels sich inzwischen in das Nebenrestaurant gesetzt hatten, das genau wie unseres aufgebaut war, und jetzt nach Feierabend im Kerzenlicht abwechselnd Gitarre spielten und dazu thailändische Lieder sangen.
Sofort hellwach, setzte ich mich dazu. Es wurde schon hell bis ich wieder in meinen Schlafsack kroch. Mein Gott, wie hab ich das verdient? Am "richtig" hellen Morgen wurde ich dann von ein paar Angestelleten geweckt, die scherzhaft riefen "Afternoon, wake up!". Sie mussten schließlich das "Restaurant" wieder für andere Gäste richten.
Wir also das Gepäck geschnappt und mit dem Boot nach Krabi.

Mal zur Abwechslung richtig gut eingecheckt im "Chan Cha Lay House", wusste ich sofort, dass es Klasse ist. Da Ursula mit mir das Zimmer teilte, ging es auch mit den Kosten. Mal wieder Duschen, vor denen es einen nicht so ekelt wie im "Dream Vallay Resort" in Ton Sai.
Natürlich haben wir nach dieser Nacht nicht lange durchgehalten und uns Mittags erstmal hingelegt und geschlafen bis sieben.
Wir aßen und tranken was, dann wollten wir kurz nach Mitternacht zu Bett, da keine Stimmung aufkam. Zähne geputzt und ins Zimmer - aber eigentlich war ich hellwach. Klar, hatte ich doch mittags lange genug geschlafen: "Was denkst du? Ist in Railay noch was los? Am liebsten würde ich ja nochmal hinfahren ..."
Zu Ursula braucht man sowas nicht zweimal sagen. Jetzt spielte es auch keine Rolle mehr, ob man Bekannte trifft, von denen man sich vor vier Tagen bereits verabschiedet hatte.
"Meinst du wir bekommen kurz vor eins noch ein Boot?" Wir probierten es. Unser Limit waren 600 Baht - tagsüber wären es 140 Baht gewesen. Aber der Bootsmann wollte 1200! "Dann nehmen wir eben bis Ao Nang einen Roller und versuchen es dort." Auch das ist möglich hier, um halb eins noch einen Roller zu mieten. Gerade hatten wir nach dem Preis für den Roller gefragt, als einer der Bootsmänner, der uns gefolgt war, sagte, er mache es für 700. Wir blieben erfolgreich hart bei 600. Da er aber noch tanken musste, brachte er uns erstmal ein paar Bananen, quasi wegen der Warterei. Und wieder der Sternenhimmel über uns ...
"Es ist ja wohl klar, dass wir drüben durchmachen müssen." Und wenn schon. Wir hatten nichts dabei. Außer Kohle. Das Leben kann so schön sein! Ich musste lachen, hatte ich endlich mal eine anständige Bleibe und dann das!

Gegen 2 Uhr kamen wir gerade noch rechtzeitig an, unsere Lieblingsbar wurde gerade geschlossen. Natürlich haben auch andere aus Loyalität mit durchgemacht. Wieder Gitarrenmusik bis zum Morgen.
Das konnte man nicht mehr toppen! Deshalb hat auch jedes einzelne Wort verdient, aufgeschrieben zu werden. Wenn dieses Kapitel auch sehr langatmig war, sollte es doch einen Eindruck vermitteln, wie es zu diesem Zustand kam, der sich wie ein Dauerrausch anfühlte und eben danach diese Katerstimmung hervorrief, als die Füße wieder Boden fanden.

© Renate Enghauser, 2003
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ich starte in Thailand und dann sehen wir weiter...
Details:
Aufbruch: 21.11.2003
Dauer: 25 Monate
Heimkehr: Dezember 2005
Reiseziele: Thailand
Myanmar
Indonesien
Tibet
Indien
Der Autor
 
Renate Enghauser berichtet seit 21 Jahren auf umdiewelt.
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