Marc und Marten um die Welt
Taupo
Donnerstag 16. Januar 2014
Heute klingelt der Wecker schon um sechs Uhr. Das Zelt ist natürlich schön nass, als wir es abbauen und einpacken, bevor es mit vollem Gepäck zum Zentrum von Pahia geht, wo um acht Uhr unser Bus nach Auckland losfährt. Um zwölf Uhr sollen wir ankommen und um zwölf Uhr dreißig fährt unser Anschlussbus nach Taupo weiter. An sich alles machbar, als der Fahrer dann aber fröhlich erzählt, dass er diese Route zum ersten Mal in seinem Leben fährt, beschleicht uns bereits ein ungutes Gefühl. Mindestens genauso mulmig und unwohl fühlt sich auch ein kleiner Junge, für den der Bus immer mal wieder anhalten muss, damit er sich draußen die Seele aus dem Leib reihern kann. Mit fünfundzwanzig Minuten Verspätung erreichen wir schließlich Auckland, wo wir Gott sei Dank noch unseren Anschlussbus bekommen, in dem auch wieder der kleine Junge sitzt, wegen dem wir den Bus fast verpasst hätten.
Der Fahrer macht dann noch eine Durchsage, dass wir in einem keine Woche alten, nagelneuen Bus sitzen und wir ihn bitte auch entsprechend sorgsam behandeln und nur draußen während der Pausen essen sollen. Umso unschöner ist es für den Fahrer, als sich der kleine Junge keine zehn Minuten später mal wieder erbricht und sich selbst und seinen kompletten Sitz samt Fenster in Mitleidenschaft zieht.
Die Landschaft, die draußen an uns vorbeizieht ist schön, aber ehrlich gesagt ziemlich unspektakulär. Es gibt nur Pinienwälder und grüne Weiden, die sich über die vielen Hügel bis zum Horizont ziehen. Außerdem gibt es so gut wie kein Stück Land, das nicht von irgendeinem Stacheldraht eingezäunt ist, was unsere Planung bezüglich Wildcampens zu Nichte macht. Die eigentliche Frage bleibt aber, warum in Gottes Namen zigtausende Deutsche Touristen in diesem Land auf der anderen Seite der Erde sind, wenn man für eine so ähnliche Landschaft auch einfach nach England oder Skandinavien reisen kann. Bis jetzt können wir das natürlich nur über die Nordinsel behaupten, weil die Südinsel ja erst noch kommt, aber um ehrlich zu sein sind wir schon etwas enttäuscht, dass hier alles so europäisch ist. Was ja nicht heißt, dass alles wirklich wunderschön ist und wenn man wie wir eh gerade vorbeikommt, nimmt man das Land eben mit rein in die Reiseplanung.
Als wir dann gegen 17:30 Uhr Taupo erreichen, stehen wir vor einer verschlossenen Touristeninfo, die hier bereits um 17:00 Uhr Dienstschluss hat.
Wenigstens liegt eine Landkarte von Taupo vor der Tür aus, mit deren Hilfe wir es schaffen, den ca. 3 Kilometer nördlich gelegenen Zeltplatz "Reids Farm" zu finden. Es gibt zwar nur irgendwelche Plumpsklos und das einzige fliesend Wasser ist der Fluss, der den Zeltplatz zu einer Seite hin begrenzt, aber dafür muss man hier für die Übernachtung nichts zahlen, was natürlich einfach nur genial ist.
Freitag 17. Januar 2014
Gleich nach dem Aufstehen geht es zu Fuß zu den Hukafalls, die zwar nicht durch ihre Höhe, aber durch ihre unglaubliche Durchflussmenge beeindrucken können. Der Fluss schießt hier mit unglaublicher Geschwindigkeit durch eine eingeengte Felsformation, bevor sich dann das weißsprudelnde Wasser in die Tiefe ergießt. Auf der anderen Seite des Flusses führt ein schöner Pfad durch die mehr oder weniger ursprüngliche Natur erst direkt am Ufer entlang, bevor er sich dann langsam aber stetig von diesem absetzt und man einen guten Blick nach unten hat, auf den weiter stromaufwärts fast noch ruhigen Fluss. Irgendwann kommt man dann an den heißen Quellen vorbei, bevor wir schließlich auf die Spa Road treffen, die wir stadteinwärts Richtung Countdown Supermarkt laufen. Auf dem Weg dorthin wird noch ein kurzer Stopp am Taupo-Bungeesprung-Center gemacht. 47 Meter kann man sich hier, nur von einem Bungeeseil gehalten, in die Tiefe stürzen. Klingt weniger hoch, als es in Wirklichkeit ist. Mal sehen, ob wir uns im Laufe der nächsten Tage noch trauen...
Immerhin schaffen wir es heute während der Öffnungszeiten, die i-Site Touristeninfo aufzusuchen, wo wir uns eine Eintagestour zum Tongariro Nationalpark buchen. Eigentlich wollten wir dort für 2-3 Tage hinfahren, aber mit dem kostenlosen Zeltplatz bei Taupo ist es das Beste, alles direkt von hier aus mit Tagesausflügen zu erkunden.
Die andere Seite des Sees in näherer Umgebung westlich von Taupo ist jetzt auch nicht so sensationell und so geht es mit vollen Einkaufstüten zurück zum Zeltplatz, im Fluss baden. Durch mehrere heiße Quellen, die den riesigen Lake Taupo, den größten See Neuseelands, speisen, ist das Flusswasser weniger kalt als erwartet. Und wenn man versucht, gegen die starke Strömung zu schwimmen, dann hat man sowie keinen Gedanken für etwas anderes übrig.
Samstag 18. Januar 2014
Der Bus fährt um 5:30 Uhr vor der Touristeninfo los, weshalb wir uns schon um 4 Uhr morgens aus dem Schlafsack quälen und uns auf der vom Mond erhellten Straße auf den Weg in Richtung Taupo machen.
Im Bus ist es leider genauso kalt und als wir irgendwann gegen 7 Uhr den Startpunkt für die Bergüberquerung erreichen, ist es dank des fürchterlichen Windes sogar noch kälter. Vor uns liegt ein knapp 20 Kilometer langer Track, Tongariro Alpine Crossing genannt. 1886 Meter ist der höchste Punkt des Weges hoch und da einer der zu umlaufenden Vulkane 2012 ausgebrochen ist, bekommen wir vorher noch ein paar kurze Sicherheitsinstruktionen mitgeteilt, sowie ein Bild von einem damals in Pompei durch den Vesuvausbruch zu Staub versteinerten Menschen. Sehr beruhigend.
Der Weg selbst ist so was wie "der Weg nach Mekka" Neuseelands und ist entsprechend unfassbar überlaufen. Die Landschaft ist karg und vegetationsarm und nach knapp zwei Stunden laufen, kommt man an die Hänge des Mount Ngauruhoe, ein Vulkan, der dem Misti, den wir in Peru bestiegen, haben unfassbar ähnelt. Sieht wirklich fast genauso aus, nur kleiner.
Das ist auch der Grund, warum wir uns gegen einen zweieinhalbstündigen Abstecher zum Gipfel entscheiden und lieber dem Hauptweg folgen. Abgesehen vom "Misti-Imitat" ähnelt die ganze Landschaft hier extrem an Südbolivien, was die ganze Sache für uns ehrlich gesagt relativ unspektakulär macht. Umso erstaunter sind wir über die wirklich gelungenen Fotos. Ansonsten kommt noch hinzu, dass hier allein das Busticket hin und zurück über 40€ gekostet hat. Unsere gesamte 3 Tagestour in Südbolivien hat mit Verpflegung und Unterkunft nur lächerliche 15€ mehr gekostet und war dann doch um einiges spektakulärer. Nichtsdestotrotz ist der Weg wie gesagt sehr schön und der Ausblick von dem einen Gipfel, den man über einen insgesamt ca. anderthalb Stunden langen Abstecher von der Hauptroute erreicht, beeindruckend. Unschön ist wie gesagt die unfassbare Kälte, die aus dem gefrorenen Boden aufsteigt und dank fieser Sturmböen, die immer wieder über das karge Bergmassiv fegen, noch weiter verstärkt wird.
Der letzte Teil des Weges, der Abstieg, zieht sich dann ziemlich zäh über sechs Kilometer lang hin, aber dafür kommt man zum Schluss noch mal durch einen schönen urigen, naturbelassenen Waldabschnitt. Für uns, der Abwechslung wegen, fast der schönste Abschnitt.
Wenn man um 4 Uhr aufgestanden ist und nachmittags nach insgesamt fast 30 Kilometern Fußweg wieder Zuhause ankommt, passiert meistens nicht viel, außer dass man es sich vielleicht noch mit einem Bierchen irgendwo gemütlich gemacht. Also legen wir uns vor unserem Zelt mit einer Dose neuseeländischem Lagerbier in der Hand in die Abendsonne und lassen den Tag entspannt ausklingen.
Sonntag 19. Januar 2014
Einen Tag Pause haben wir uns auf jeden Fall verdient und an sich ist der Begriff Pause auch ziemlich relativ, wenn allein der Ausflug zum Supermarkt hin und zurück schon wieder knapp 7km Fußweg bedeuten. Dafür wird der Rest des Tages nur noch mit essen, im Fluss baden und in der Sonne liegen verbracht.
Montag 20. Januar 2014
Heute will ich mich also überwinden und einen Bungeejump wagen. Dazu vielleicht ein paar Informationen vorab. Normalerweise kostet ein Sprung 169 NZD. Ich habe einen Gutschein, der mir 20$ Rabatt gewährt. Außerdem gibt es das Angebot, wenn ich vor 11 Uhr morgens springe, kostet mich der ganze Spaß sogar nur 129 NZD.
Ich gebe also der Kassiererin meinen Gutschein, woraufhin sie direkt zu ihren Kollegen läuft, weil es ja normalerweise trotz Gutschein 149$ kostet.
Mehr oder weniger wörtlich spielt sich dann folgendes ab: "Was machen wir denn bei solchen Gutscheinen?"
"Naja, eigentlich buchen wir ja immer 169 und mit Gutschein 149$ ab", bekommt meine Kassiererin als Antwort.
Eine andere Kollegin: "Also, Chef hat gesagt, wir sollen 149$ verlangen und wenn der Kunde nachfragt, dann können wir eben nur 129$ berechnen."
Und während ich mich noch frage, ob denen eigentlich klar ist, dass ich sie sehr wohl hören und auch verstehen kann, kommt meine Kassiererin auch schon wieder zurück und verlangt 149$ von mir.
Gespielt verwundert entgegne ich, dass ich doch laut Gutscheinrückseite lediglich 129$ zu zahlen habe. Sie rennt wieder los zu ihren Kollegen: "Er hat jetzt gesagt, dass auf dem Gutschein 129$ steht."
"Naja, dann kannst du ihm auch nur 129$ berechnen."
Meine Kassiererin kommt zurück: "Oh, Entschuldigung! Das war ganz allein mein Fehler! Es sind natürlich nur 129$ (knapp 80€). Sorry."
Nachdem alle Zahlungsmodalitäten also mehr oder weniger reibungslos abgewickelt werden konnten, geht es auf die Wage, die zu meiner großen Überraschung mit Klamotten immer noch 75 Kilogramm anzeigt. Seit Deutschland habe ich also entsprechend weniger abgenommen, als ursprünglich erwartet. Danach kommt der spannende Teil: Es geht auf den Absprungturm, wo einem das Seil knapp über den Füßen an die Beine gebunden wird und man dann ganz vorsichtig an die Kante laufen darf, wo es volle 47 Meter senkrecht in die Tiefe geht, bevor, unten angekommen, der Fluss seine Kurve durchs Felsmassiv zieht.
Ich mache leider den Fehler und gucke beim an der Kante Stehen zu lange nach unten, weil man ja irgendwie auch sehen möchte, wo man sich da gleich hinabstürzt. Leider schaffe ich es auch nicht mehr, meinen Blick zu lösen, was die Überwindung in unüberwindbare Höhen treibt. Letztlich gelingt es mir dann aber doch, mich einfach nach vorne fallen zu lassen.
An sich ist es wirklich nicht in Worte zu fassen, was man in diesen Sekunden des freien Falls spürt. Es geht alles so schnell und ist einfach nur sooo krass, wie man mit unglaublicher Geschwindigkeit dem Wasser entgegen in die Tiefe rast, bevor das Seil die maximale Ausdehnung erreicht hat und man wieder in die Höhe zurückschnellt. Das ganze pendelt sich dann, mit jedem Mal schwächer werdend, ziemlich schnell aus und man wird unten von zwei Mitarbeiten ins Boot gelassen und an Land gefahren. Hätte ich gewusst, dass man den ganzen Weg wieder zu Fuß hochlaufen muss, hätte ich es mir vielleicht auch zweimal überlegt, so ist es einfach nur ein unglaubliches, aufgeregtes Glücksgefühl, das den gesamten Körper durchströmt. Nachdem Marc gesehen hat, wie viel Überwindung es letztlich doch kostet, ist bei ihm die Lust verflogen und so machen wir uns in Richtung Bibliothek auf, wo wir bei kostenlosem Internet unsere weitere Reise durch Neuseeland planen.
Unsrem Flexipass und den Intercitybussen muss man an dieser Stelle noch mal ein Kompliment machen, wie einfach man, wenn die Internetseite nicht gerade spinnt, seine Bustouren buchen kann. Und bis zwei Stunden vorher kann man sie sogar kostenlos wieder stornieren. Wirklich gut.
Vier Monate lang hatte ich kein Sehnsuchtsgefühl nach deutschem Vollkorn- oder wenigstens mal einem Roggenmischbrot, aber nach bald zwei Wochen Neuseeland kann ich dieses labbrige, nicht satt machende, weiße Toastbrot einfach nicht mehr sehen. Und dann sind die hier auch noch zu doof zum Schneiden, sodass die Scheiben nicht nur unterschiedlich dick sind, sondern auch fast jeder Kanten komplett verschnitten ist. Wie geht so was? Genau die gleiche Frage stellen wir uns heute nach der Entdeckung an der Wursttheke, wo "Frischwurst" nur halb so teuer ist wie abgepackte. Wie gesagt, wirklich frisch wirkt die Wurst an sich auch nicht, aber es läuft hier eben alles etwas anders als in Deutschland. Weiterer Nachtteil der "Frischwurst" ist die Scheibendicke, die nicht selten die des Toastbrotes übertrifft, was uns nach ein paar Tagen dann auch den Appetit auf Wurst bis auf Weiteres verdirbt.
Der Tag ist nach Bungeespringen, Busticketbuchen und Wurstrunterwürgen auch schon ziemlich vorangeschritten, aber es gibt das Angebot, wenn man am gleichen Tag noch mal springt, kostet es nur 40$, also noch nicht mal 25€! Das kann man sich natürlich nicht entgehen lassen und so stehe ich am Nachmittag wieder an der Absprungkante in die Tiefe. Diesmal mache ich auch nicht den Fehler, beim Absprung nach unten zu schauen und die Arme nicht nach oben zu nehmen. Mit nach oben gestreckten Armen falle ich dann auch viel besser nach vorne und mein Kopf überholt die Füße schon nach wenigen Sekunden.
Der Adrenalinausstoß ist nicht mehr ganz so groß, wie nach dem ersten Mal, aber das liegt vermutlich an dem wesentlich leichteren Absprung und eine hammergeile Erfahrung ist es auf jeden Fall wieder.
Danach geht es noch ein bisschen am Seeufer entlang spazieren, bevor wir den Heimweg antreten und es uns quasi im eigenen Haus bequem machen. Dabei stört das Gefälle zum Fußende im Übrigen mehr, als das Nichtvorhandensein von irgendwelchen Isomatten.
Dienstag 21. Januar 2014
Auch heute ist wieder ein sehr entspannter Tag, den wir zum Großteil in der Bibliothek verbringen, wo wir unsere Busfahrten bis nach Christchurch, von wo am 6. Januar unser Weiterflug nach Australien geht, vorbuchen. Von unseren anfangs gebuchten insgesamt 60 Busstunden ist am Ende tatsächlich nur noch genau eine einzige Minute übrig. Wenn das kein Zeitmanagement ist, dann weiß ich auch nicht.
Auf dem Rückweg wird dann noch mal die erstaunliche saubere öffentliche Toilette benutzt. Auf die stinkenden Plumsklos auf unserem Zeltplatz, hat sich immer noch keiner von uns beiden raufgetraut.
Mittwoch 22. Januar 2014
Das Wetter ist inzwischen wieder schöner geworden, nachdem es den einen Tag fast komplett durchgeregnet hat. Zwar ist es etwas kälter, aber immerhin trocken. Nach dem alltäglichen Einkauf bei Countdown geht es noch mal zu den Hukafalls, die an diesem Tag dank gestiegener Wasserpegel noch beeindruckender wirken. Ein Wanderweg Richtung Norden immer am Fluss entlang soll einen bis zum Schleusentor führen. Aber irgendwie biegt der Weg nach der Unterquerung einer Autobahn nach Osten ab und entfernt sich so weit vom Fluss, dass es uns zu doof wird und wir umdrehen. Wieder an den Hukafalls angekommen geht es dann statt an der Straße entlang auf einem netten Pfad zwischen dickstämmigen Redwoodbäumen entlang. Nach einem kurzen abendlichen Sonnenbad bricht dann die letzte Nacht in Taupo an.
Donnerstag 23. Januar 2014
Heute Abend, beziehungsweise erst morgen um 0:45 Uhr fährt unser Nachtbus nach Wellington los. Bis dahin wollten wir eigentlich auf den ein paar Kilometer entfernten Berg hinauf, um noch ein letztes Mal das Panorama der Gegend hier zu genießen. Taupo wird durchquert und mit der Stadtgrenze endet leider auch der Fußgängerweg. Laut Karte müssten wir auf dem Weg auch noch eine Autobahn queren und da es schon halb zwölf ist und der Berg immer noch nicht viel näher gekommen ist, entscheiden wir für den Rückweg. Vermutlich wäre ohnehin spätestens am Autobahnkreuz Endstation gewesen.
Immerhin scheint heute die Sonne und wir können das Zelt im Trockenen abbauen, bevor wir kurz vorm Dunkelwerden Richtung Bushaltestelle aufbrechen, wo wir die Nächsten vier Stunden in der Kälte auf den Bus warten.
Aufbruch: | 27.08.2013 |
Dauer: | 12 Monate |
Heimkehr: | 26.08.2014 |
Peru
Bolivien
Chile
Ecuador
Kolumbien
Panama
Costa Rica
Französisch Polynesien
Neuseeland
Australien
Singapur
Indonesien
Malaysia
Thailand
Myanmar
Kambodscha
Deutschland