Marc und Marten um die Welt
Uyuni, Südbolivien
Freitag 27. September 2013
Heute geht es also zurück nach La Paz. Leider erst am Nachmittag. Also zögern wir den Checkout mal wieder bis zur letzten Minute heraus, stellen unser Gepäck im Hostel unter und spazieren in brütender Dschungelhitze durch die Straßen von Rurrenabaque, kaufen Kohletabletten, weil es inzwischen auch Marc mit dem M-D-Virus erwischt hat, essen zu Mittag und geben schließlich unser Gepäck im Büro der Tam-Airline auf.
Am Flughafen werden mal wieder Steuern gezahlt. Nicht nur, dass wir bereits beim Check-In unsere Reisepässe vorzeigen mussten, diesmal gibt es sogar eine Sicherheitskontrolle, bei der der Rucksack mit einem kurzen Blick so ausführlich kontrolliert wird, dass man ohne Weiteres eine Atombombe ins Flugzeug mitnehmen könnte. Auch dass der Handmetalldetektor beim Körperscannen ständig piept, interessiert niemanden. Dafür muss Marc aus Sicherheitsgründen sein Feuerzeug abgeben, weil er es in der Hand statt der Hosentasche hat und somit im Blickfeld des Sicherheitspersonals. Feuerzeuge im Handgepäck haben zwar noch nicht mal die Amis auf dem Flug von NY nach Lima gestört, aber diesmal darf man dafür beliebig große Wasserflaschen mitnehmen. Ist ja egal, wenn sie mit Flüssigsprengstoff gefüllt sind, es hat ja niemand mehr ein Feuerzeug zum Anzünden. Na ja, außer natürlich versteckt im Rucksack oder der Hosentasche.
Wie dem auch sei, Feuerzeug ist weg und Marcs Stimmung im Keller, weil das Ersatzfeuerzeug erst nicht auffindbar ist und dann nicht mal funktioniert. Dafür ist der Flug ein bisschen unruhiger als auf dem Hinweg und sorgt für kurze Weile. So turbulent wie der Flug mit der fast doppelt so teuren und nur halb so großen Maschine von Amazonas-Airline, von dem uns die Israelis erzählt haben, ist er aber bei weitem nicht. Billig war also mal wieder die richtige Entscheidung.
Mit einem deutschen Pärchen, mit dem wir bereits auf dem Hinflug in derselben Maschine saßen, teilen wir uns dann vom Flughafen in El Alto zum Busbahnhof in La Paz ein Taxi (eigentlich ist es nur ein normales Auto von einem Peruaner auf dem Heimweg, aber er hat zuerst gehalten und der Preis stimmt auch).
Es ist bereits dunkel, als unser Bus nach Uyuni keine Stunde später auch schon vom Hof des Busbahnhofes rollt. Wir beginnen gerade damit, unser Abendbrot aus Kekscrackern zu uns zu nehmen, als mir der Blick aus dem Fenster jäh den Appetit verdirbt. Direkt neben dem Bus liegt ein Mann auf der Straße, ein Bein verdreht, die Augen weit aufgerissen. Blut fließt aus seinem Mund und bildet eine Lache neben seinem Kopf. Es ist wie in einem Horrorfilm, nur real und tausendmal schrecklicher. Ein furchtbares Gefühl der Beklemmung erfasst von einer Sekunde auf die nächste meinen gesamten Körper. Marc ist der Anblick des Verkehrsopfers auf seinem Gangplatz zum Glück erspart geblieben.
Mit dem schrecklichen Bild vor meinem Inneren Auge falle ich irgendwann in den Schlaf.
Samstag 28. September 2013
Es ist erst 5 Uhr. Draußen ist alles duster und der Bus ruckelt unermüdlich über die von Schlaglöchern gesäumte Staubstraße Richtung Uyuni. Inzwischen zweifeln wir auch nicht mehr an der Aussage des Auswärtigen Amts, dass es in ganz Bolivien nur ca. 3000km geteerte Straße geben soll.
Doch die schlechten Straßenverhältnisse sind mit Abstand unser geringstes Problem. Die Fensterscheiben sind von innen gefroren und trotz Decke ist es bitter, bitter kalt. Irgendwie schaffen wir es, doch noch mal einzuschlafen und dann endlich, kurz vor der Ankunft in Uyuni, steigt die Sonne im Osten über den Horizont des südbolvianischen Hochlandes und beginnt, die Luft mit ihren frühen Strahlen zu erwärmen.
Dass wir schon gegen halb acht in Uyuni ankommen, ist nicht nur wegen der fürchterlichen Morgenkälte, sondern vor allem wegen den drei Stunden Wartezeit bis zum Tourbeginn ziemlich doof. Eine Portion Pastagericht mit Brühe für weniger als 80ct dient als wärmendes Frühstück, bevor wir den Rest der Zeit mit dem Einkaufen von Wasser und Kohletabletten und dem Abgammeln auf einer Holzbank verbringen.
Mit einem mexikanischen Pärchen, einem in London geborenen irischen Australier und zwei Engländern geht es im Jeep zum Traincemetery, ein Relikt des längst vergangen Reichtums Uyunis. Ist ganz nett anzusehen, wie dutzende Locks und einige Waggons inmitten der Wüste vor sich hin rosten, aber jetzt auch nicht so ein großes Highlight.
Da ist die Salar de Uyuni, die größte Salzfläche der Erde, Mit mehr als 10.000 km² immerhin knapp 12 mal so groß wie Berlin, schon um einiges beeindruckender. Es ist ein bisschen wie eine winterliche Schneelandschaft. So weit das Auge reicht, ist nichts als ewiges Weiß zu sehen. Irgendwo am Horizont verschwimmen die Silhouetten der umliegenden Berge im Flimmern der sengenden Sonne mit der Umgebung. Jetzt, zum Frühjahrsbeginn, ist die Salzpfanne bis auf wenige vereinzelte Stellen komplett ausgetrocknet und die weiße Kruste knirscht und knackt bei jedem Schritt unter der Sohle.
Mit dem Jeep geht es weiter über die riesige Salzfläche bis zur Incahuasi, eine kleine, mit bis zu zehn Metern hohen Säulenkakteen bewachsene, Insel inmitten der Salzpfanne. Was für eine glückliche Fügung es ist, dass wir uns die 30 Bolivianos p.P. Eintritt, um auf den Hügel hinauf zu dürfen, sparen, erfahren wir erst später. So machen wir uns nach dem Mittagessen, Lamafleisch mit irgendeiner Mischung aus Reis und Hirse, daran, um die Insel herumzulaufen.
Der Salzboden ist hier anders, als zu Beginn unserer Tour. Kleine Rinnsäle führen von der Kakteeninsel weg und lassen die Salzkruste wie Eisplatten einer halbzugefrorenen Pfütze unter den Füßen wegplatzen. Nicht nur für Kinder ein großer Spaß.
Wir verlassen die Salar de Uyuni mit dem Jeep auf einer der vielen Salzstraßen und erreichen einige Zeit später unser Hotel für die Nacht. Ein Gebäude, das größtenteils aus Salz errichtet ist, von den Außenmauern, über die Tische und Stühle, bis hin zu unseren Betten und weißen Salzkristallen als Fußbodenstreu.
Es gibt ein paar Kekse und einen heißen Tee, bevor wir direkt im Anschluss einen kleinen Spaziergang durch das gerade mal 80 Einwohner kleine Dorf machen. Vergreisende Dörfer in den Weiten Brandenburgs sind die reinsten Partystädte hiergegen. Verstärkt wird das ganze Gott-hat-diesen-Ort-verlassen-Feeling von den Ruinen eines früheren Dorfes keine hundert Meter entfernt. Heute leben in den verfallenden Häuserruinen einige Schweine auf engstem Raum zusammengepfercht, wie man es sonst von deutscher Massentierhaltung gewohnt ist.
Zurück im Hotel werden erstmal eine paar weitere Lagen Kleidung übergezogen, denn genau wie die Sonne, sinken zu dieser Uhrzeit auch die Temperaturen immer weiter ab.
Das Abendessen ist sehr gut und ausreichend und wir haben sogar Strom, weshalb ich, während alle anderen schon schlafen, den Pampasblog zu Papier bringen kann.
Sonntag 29. September 2013
Den Schlafsäcken, die wir von der Agentur bekommen haben, und den vielen Decken sei Dank, haben wir trotz der Kälte alle sehr gut geschlafen. Selbst das Aufstehen in der Kälte ist erträglich, wenn man sich die Kleidung vorher im Schlafsack angewärmt hat.
Nach dem Frühstück geht es dann auch gleich wieder weiter mit dem Jeep Richtung Süden, immer weiter ins Hochland hinauf.
Die Vegetation wird verdorrter und spärlicher mit jedem Meter, den wir an Höhe gewinnen, doch das Panorama ist nach wie vor einzigartig. Links und rechts von uns ragen die weißen Gipfel der Berge und Vulkane immer weiter in den Himmel hinauf.
Zur Mittagszeit erreichen wir dann die erste Lagune. Ein eisiger Sturm pfeift uns entgegen, als uns unser Fahrer mit den Worten "we will see us below" aus dem Jeep wirft und den letzten Kilometer zur Lagune allein weiterfährt. Da liegt er also, direkt vor uns, ein blauer See mit einem breiten schneeweißen Salzrand. Die unzähligen Flamingos sind aus dieser Entfernung nur als kleine rosa Punkte auszumachen, die im flachen Uferbereich durch den Salzschlamm waten. Es werden einige Fotos geschossen und ein Spaziergang am Ufer entlang gemacht, das von Nahem bei Weitem nicht mehr so schön weiß, sondern eher dreckig grau aussieht und nach verwesender Modderpampe riecht. Die Kulisse um uns herum ist trotzdem wunderschön, vor allem als direkt hinter der Lagune ein Staub-Salz-Tornado aufzieht und kurz danach wieder in sich zusammenfällt. Vor dieser Kulisse dürfen wir dann unser Mittagessen einnehmen, dass einem sogar bei jeder Windböe mit Sand- uns Salzstaub verfeinert wird. Lecker.
Bei der Weiterfahrt kreuzt eine weitere Gruppe Vikunjas, eine im südamerikanischen Hochland lebende Kamelart, unseren Weg, die es selbst in dieser verdorrten, süßwasserarmen Landschaft irgendwie schafft, zu überleben.
Wenige Kilometer weiter, an der nächsten Lagune, gibt es nicht nur mehr Flamingos, es stinkt auch noch mehr nach Modder. Kein Zufall, wenn ihr mich fragt. Aber auch von der Farbe her unterscheidet sich diese Lagune von der ersten. Mit ihrem türkisgrauem Weiß sieht die riesige Salzwasserpfütze aus wie ein zugefrorener See mit angrenzendem Schneefeld. Sie heißt eben nicht umsonst Laguna Blanca (weiße Lagune).
Im Anschluss gelangen wir endgültig in die Wüstengegend des Hochlandes. Doch selbst hier, wo es nichts weiter als Stein und Staub und einige wenige Schneeresten gibt, schafft es eine Hasenart mit Puschelschwanz zu überleben. Damit das auch weiterhin der Fall ist, werden die Karottenreste von unserem Mittag verfüttert. Als Dankeschön posiert das flauschige Nagetier dann sogar noch extra lange fürs Foto.
Auf fast 4300 Höhenmetern, an der Laguna Colorada, wachsen dann sogar wieder ein paar Sträucher und Grasbüschel im Wüstenstaub. Doch es ist bitterkalt und der Sturm ist unerträglich. Da zu Beginn der Reise von Südbolivien und der damit verbundenen Kälte leider noch nie die Rede war, habe ich auch nicht mal eine Jacke, um mich vor dem Wind schützen zu können. Mit zwei Pullis und zwei T-Shirts am Leib ist es zwar nicht sooo kalt, aber der Wind dringt trotzdem bis auf die Haut durch.
Unsere Unterkunft ist Teil einer kleinen Hüttenansammlung, die nicht mal bei Google Maps eingezeichnet ist, direkt an der Lagune. Gepäck wird abgeladen und dann geht es zu Fuß wieder los, zu einem Aussichtpunkt, von dem man auf die Lagune hinuntergucken kann.
Eine halbe Stunde lang quälen wir uns also durch den eisigen Orkan, doch es lohnt sich. Ein von Algen rotbraun gefärbter See mit weißen Salzinseln und einzelnen tiefblauen Streifen erstreckt sich direkt zu unseren Füßen. Auch hier ist das gelbweiße Ufer von verschiedenen Flamingoarten gesäumt, doch der starke Wind macht es einem unmöglich, mit Zoom ein scharfes Bild zu schießen. Man kann die Hand einfach nicht lange genug ruhig halten. Und so schön die Aussicht von hier auch ist, so treibt uns die bittere Kälte schließlich wieder zurück in unsere Unterkunft. Da ist es zwar genauso kalt, aber zumindest nicht so windig.
Der Nachmittag ist leider noch ziemlich jung und da man hier nicht mehr außer rumsitzen und frieren kann, wird mit den Engländern eine Runde gepokert. Irgendwann nach Tee und Keksen schürt eine alte, wettergegerbte Frau noch ein kleines Feuerchen im Ofen im Aufenthaltsraum und dann gibt es auch schon Abendbrot.
Widererwartend haben wir sogar Strom. Keine Steckdosen, aber immerhin Glühbirnen. Ein kleiner Trost, wenn man schon ausgerechnet mit M-D-Virus an einem Ort festsitzen muss, an dem es nicht mal fließend Wasser gibt.
Der Ofen ist aus, das Abendessen verspeist und nach einem guten Stündchen klönen mit dem mexikanischen Pärchen und dem einen Engländer geht es dann auch schon in den Gemeinschaftsschlafsaal nächtigen.
Montag 30. September 2013
Auch heute Nacht haben Schlafsack und Decken wieder wunderbar warmgehalten. Doch das Aufstehen fällt um 4:30 Uhr bedeutend schwerer, als noch einen Tag zuvor. Nach dem Essen, was normalerweise eher meiner Abendbrots- statt Frühstückszeit entspricht, geht es dann mit dem Jeep durch die vollkommene Finsternis auf über 5000 Höhenmeter zu den Geysiren, den Sonnenaufgang genießen. Sonnenaufgänge hatten wir schon bedeutend schönere, aber die Geysire sind dafür echt cool. Mehrere Meter hoch schießt der heiße Schwefelwasserdampf aus der Erde und räuchert die gesamte Umgebung ein. Leider ist es um die -15°C kalt und ich habe wie gesagt nur zwei Pullis an. Marc mit seiner dünnen Softshelljacke ergeht es ähnlich. Vor allem die Hände sind schon nach wenigen Minuten an der frischen Luft taubgefroren und Fotoknipsen macht es kaum besser.
Von den Geysiren ist auch keine Wärme zu spüren. Zumindest solange man sich nicht direkt in die nach verfaulten Eiern stickende Dampfwolke hineinstellt. Aber wer will das schon?
Einige Meter weiter kocht in in irgendwelchen Löchern grauer Schlamm. Sieht ein bisschen aus, wie in einer siedenden Klärgrube und riecht wie schon gesagt auch genau so.
Zum Wohlfühlen um einiges besser geeignet sind die heißen Quellen einige hundert Meter weiter unten. Es kostet ein wenig Überwindung, sich bei Minusgraden bis auf die Badehose auszuziehen, vor allem wenn man bedenkt, dass man die heißen Quellen irgendwann auch wieder verlassen muss.
Das Bad in dem natürlichen Whirlpool ist Balsam für Leib und Seele. Beim Reingehen ist es sogar fast zu heiß, doch der Körper gewöhnt sich schnell and die Hitze. Es kribbelt ein bisschen unangenehm, als die taubgefrorenen Hände und Füße wieder auftauen, doch danach kann man das Bad einfach nur genießen.
Nach fast einer Stunde im heißen Quell sind wir schließlich so aufgeheizt, dass wir von den Minusgeraden um uns herum gar nichts mehr mitbekommen und das Umziehen fällt wesentlich leichter, als anfangs befürchtet.
Zum Schluss geht es noch zur Laguna Verde, das eigentliche Highlight der Tour. Leider lagen die Erwartungen etwas über der Realität, was vor allem damit zusammenhängt, dass die Lagune nicht verde (grün) sondern schlichtweg blau ist. Wie alle Lagunen sehr schön anzusehen und auch eine tolle Wasserfarbe mit atemberaubendem Bergpanorama im Hintergrund, aber eben nicht das, was wir erwartet haben.
Während der Rest der Gruppe zurück nach Uyuni fährt, geht es für Marc und mich und den Australier in einem Shuttlebus nach San Pedro de Atacama in Chile.
Ursprünglich hatten wir unser Restgeld abgesehen vom Eintrittsgeld bis auf den letzten Boliviano für Kohletabletten und Zigaretten ausgegeben. Eine Entscheidung die uns spätestens an Grenze in ziemliche Schwierigkeiten gebracht hätte, denn Bolivien verlangt eine Ausreisegebühr von 15 Bolivianos pro Person. Was für ein Glück, dass wir nicht auf die Kakteeninsel gegangen sind und auf diese Weise 60 B. Eintritt gespart haben.
Aufbruch: | 27.08.2013 |
Dauer: | 12 Monate |
Heimkehr: | 26.08.2014 |
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