Iran - 2014
Iran - Juni 2014: Teil 2 - Qazvin (Qazvin)
Qazvin - Imamzadeh Ismail, aus dem 19. Jh. stammend, liegt ganz in der Nähe des Ali Qapu Torbaus. Im Innern wird das Grab Ismails, eines Sohnes von Imam Sadeh, verehrt. Die Innenausstattung entspricht den qajarischen barockisierenden Stil mit flachem floralem Stuckdekor.
Qazvin - Peighambariye oder auch Mausoleum der vier Propheten - Aramgah-e Chahar Anbia - Es wurde im 17. Jh. zu Ehren von vier Juden errichtet, der der Legende nach kurz nach Jesu Geburt in diese Region gereist sein sollen, um über die Ankunft des Propheten Jesu zu berichten.
Die Eingangsseite des Heiligtums mit verspiegelter Vorhalle, zwei Säulenpaaren und den Seitenflügeln entspricht in kleinerem Maßstab dem Aufbau des Imamzadeh Hoseyn. Im Innern befindet sich ein Sarkophag, der von einer mit Silber- und Goldschmuck versehenen Gitterkonstruktion geschützt wird. Das Gebäude wird von einer blauen zwiebelförmigen Kuppel überragt.
Teil 2 - Qazvin (Qazvin)
27. Mai 2014 33. Tag
Qazvin (Qazvin) 9 Std. / 258 km
Mar Mar Hotel - 34,87 Euro mit Frühstück
Heute Morgen werden wir durch lautes Scheppern geweckt. Zwei Taxis sind vor unserem Hotel zusammengekracht, doch zum Glück nur Blechschaden. Es dauert lange bis die Polizei kommt und der Streit beigelegt werden kann.
Um 7.30 Uhr gehen wir zum Frühstück. Wir können es kaum glauben, das riesige Restaurant, in dem wir gestern Abend die einzigen Gäste waren, ist heute Morgen voller Menschen. Es gibt kein Brot mehr. Der Kellner will uns mit "Papierbrot" abspeisen, doch wir wollen uns damit nicht zufrieden geben und so macht er sich missmutig auf zum nahen Bäcker, Brot zu holen.
Nach dem Frühstück machen wir uns auf, ins Alamut-Tal.
Durch den Film "Prince of Persia" ist Rolf die Idee gekommen, diese herrliche Gegend zu erkunden. Das Alamut-Tal liegt im Elburs-Gebirge südlich des Kaspischen Meeres. Das Tal, tief und rau, besteht aus einem westlichen und einem östlichen Teil. Bekannt sind vor allem das Tal Alamut und das Tal Taleghan. Es gibt den reißenden Sharud-Fluss und einige verstreut liegende Dörfer mit großen Obst- und Nußplantagen. Auch Gemüse und Kartoffeln in sehr guter Qualität werden hier angebaut. Der im Alamut-Tal produzierte Honig erzielt auf den Märkten einen hohen Preis. Das Alamut-Tal ist eine be-liebte Urlaubsregion für die Bevölkerung von Teheran.
Uns interessiert heute besonders die Festung Alamut. Diese liegt ca. 115 km nördlich von Qazvin, auf ca. 2.100 m Höhe. Zwar wurde die Festung mehrfach geschleift, so dass nur die Grundmauern erhalten blieben, doch der Blick zum Takht-e Soleiman-Gebirge mit seinen Gletschern und in das Tal ist einmalig schön.
Nach Sharak geht eine Straße ab nach Gazor Khan, zur Hasan Sabah Festung, doch Rolf meint, was sollen wir da, wir suchen die Alamut-Festung. Irgendwie scheinen wir beide heute Morgen noch zu schlafen. Und so fahren wir weiter, durch eine herrliche Landschaft mit phantastischen Ausblicken auf schneebedeckte Berge. Die Straße ist holprig, es liegt Geröll auf der Straße und überall fließen kleine Bäche. Doch die wunderschönen Ausblicke lassen uns das vergessen. In den kleinen Orten finden sich z. T. wunderschöne Häuser mit herrlich verzierten Balkonen und Blumengärten. Die Landschaft ist herrlich grün, viele blühende Blumen. Es hat hier vor kurzem geregnet. Überall Obstplantagen, Kirschen, Aprikosen, Äpfel und viele viele Bienenstöcke. Auch Nomaden mit ihren Schaf- und Ziegenherden sind im Tal unterwegs. Ein kleiner LKW ist in die Leitplanke gerast. 2 junge Männer bemühen sich, das Fahrzeug frei zu bekommen. Auf der Rückfahrt sehen wir, dass sie es geschafft haben und den LKW nun gemeinschaftlich reparieren. Selbst ist der Mann - hier in der Abgeschiedenheit kann man sonst wohl lange auf einen Abschlepp- und Reparaturdienst warten. Wir haben eh den Eindruck gewonnen, jeder Mann im Iran ist ein Schrauber. Die Luft ist herrlich, nicht so verschmutzt wie in den iranischen Städten. Doch es ist sehr warm.
Wir lassen den Ort Garmarud hinter uns. In engen Kehren geht es bergauf. Hier ist kein Mensch unterwegs. Uns kommt das schon ein bisschen merkwürdig vor. Und dann beginnt eine Schotterpiste. Wir sind uns nun sicher, dass wir zu weit gefahren sind. Ein junger Bauer kommt vorbei und erklärt uns, dass wir, wenn wir weiterfahren über den Salambar-Pass bald wieder am Kaspischen Meer seien. Er erklärt uns, dass wir wohl die Abzweigung zum Alamut-Castle verpasst haben. Wir sind jedoch über unser "Falsch-Fahren" nicht traurig, hätten wir doch sonst diese phantastische Berglandschaft nicht gesehen. Wir bedanken uns bei dem jungen Mann und fahren, nach vielen Fotos, die schöne Strecke zurück bis zum Schild "Hasan Sabah Castle" und daneben findet sich auch ein Stein, auf dem steht "Alamut-Castle". Wir haben das einfach nicht richtig gesehen.
Gegen 12.30 Uhr erreichen wir, nach abenteuerlicher Fahrt - am Abgrund entlang, ohne Leitplanken - den Parkplatz unterhalb der Alamut-Festung.
Alamut-Festung / Hasan Sabah Castle
Die Festung wurde im Jahr 840 von Wahsudan ibn Marzuban aus der Dynastie der Dschustaniden auf einem Felsen errichtet. Der Name Alamut bezieht sich auf die Gründungsgeschichte, nach der ein Adler den Herrscher zum Bau inspirierte. Da es nur einen einzigen Eingang gab, war sie gut zu verteidigen.
Legenden über die dort zwischen dem 11. und 13. Jh. ansässigen Ismailis drangen bereits in der Zeit der Kreuzzüge bis nach Europa und beschäftigten u. a. Marco Polo auf seinen Reisen.
Die Vorfahren der Ismailis waren die Perser, die niemals von den Seldschuken bezwungen wurden und den Mongolen nach deren erfolgreichen Eroberungszügen noch jahrelang von ihren zahlreichen Bergfestungen erbitterten Widerstand leisteten.
Unterhalb des steilen Alamut-Festungsberges liegt das Dorf Gazor Khan. Dort kennt jeder den Namen Hasan Sabahs, der 1090 die Alamut-Burg mit seinen ismailischen Anhängern besetzte und zur uneinnehmbaren Festung ausbaute. Die Festung war durch kilometerlange Tunnel mit der Außenwelt verbunden. Hasan Sabah richtete u. a. Vorratslager für mögliche Belagerungen ein. Zusammen mit benachbarten Siedlun-gen wurde die Umgebung Alamuts durch Terrassenbau für den Getreideanbau nutzbar gemacht.
Der Einflussbereich Hasan Sabahs und seiner Nachfolger wurde später durch weitere Festungen (wie die von Lamasar) zu einem Netzwerk ausgebaut. Diese Burgen dienten den Ismailiten in ganz Persien und Syrien als Zuflucht bei Verfolgungen oder Konflikten.
Um sich gegen die Seldschuken zu wehren, die das damals überwiegend sunnitische Persien beherrschten und ihn vernichten wollten, sandte er von der Festung Attentäter aus und ließ 1092 seinen ärgsten Feind, den Wesir Nizam ul Mulk, töten.
Hasan Sabah galt als hochgebildet und strenggläubig. Seine umfangreiche Bibliothek auf dem Alamut-Felsen war berühmt. Da die Ismailis als Minderheit wegen ihres religiösen Abweichens von Sunniten und Schiiten verfolgt wurden und unter Pogromen zu leiden hatten, blieb ihnen keine andere Wahl, als sich auch in den folgenden Jahrzehnten durch gezielte Anschläge auf die führenden gegnerischen Persönlichkeiten zur Wehr zu setzen. Von ihren Feinden wurden sie als "Hashashin" geschmäht, obwohl Hasan Sabah den Genuss von Drogen und Alkoholika mit strengen Strafen ahndete. Da die Kreuzfahrer mit den Muslimen, die den Ismailis feindlich gesinnt waren, enge Beziehungen unterhielten, hörten sie bei diesen den verleumderischen Namen "Hashashin", was dann zu Bezeichnungen wie Assassinen oder Assassinen-Sekte führte. Der französische und englische Begriff "Assassin" für Attentäter basiert hierauf.
Ismailiten
Das theologische System der Ismailiten ist wesentlich offener als das der meisten anderen Muslime. Es gibt äußerliche Gemeinsamkeiten mit dem Hinduismus, etwa in der sakralen Musik. Der Koran wird weitgehend allegorisch ausgelegt. Das bedeutet, dass der in seiner wörtlichen Aussage teilweise unglaubwürdige oder unverständliche Text auf eine verborgene Weisheit oder Wahrheit hin ausgelegt wird, um so das Denken und Glauben der eigenen Zeit und Kultur als bereits in der Vergangenheit vorausgeahnt und beglaubigt auszuweisen. Es gibt in dem liberalen Glaubensansatz jedoch gewisse Glaubensgrundsätze, wie beispielsweise der Glaube an Allah und der Respekt vor dem Land, in dem der Einzelne lebt, doch die Auslegung des Korans bleibt jedem selbst überlassen. Wer es sich leisten kann, zahlt ein Fünftel seines Einkommens in die vom Imam verwaltete Gemeinschaftskasse, die unter anderem Entwicklingsprojekte fördert.
Im Gegensatz zu der in Iran seit dem 16. Jh. als Staatsreligion etablierten schiitischen Glaubensrichtung, in der 12 Imame als Nachfolger des Propheten Mohammed verehrt werden, sehen die Ismailis ihre Führer in ununterbrochener Nachfolge Mohammeds, was darauf zurück zu führen ist, dass bei ihnen Ismail ibn Jafar, der älteste Sohn des sechsten Imams Jafar as Sadigs, als Imam gilt und nicht dessen Bruder, der von den Schiiten anerkannte Musa al Kazim. Die Ismailis bilden mit Ismail ibn Jafar eine Verbindung von Mohammed über die Herrscher auf der Alamut-Festung im 12. und 13. Jh. bis zum heutigen Oberhaupt, Prinz Aga Khan IV., ihrem 49. Imam.
Die Herrschaft der Ismailis von Alamut wurde erst durch den Mongolen Khan Hülegu gebrochen, der mit einem riesigen Heer die Zitadelle belagerte und am 20. Dezember 1256 sie im Sturm nahm. Aus der großen Bibliothek, die die Herrscher von Alamut zusammengestellt hatten, ließ Hülegü einige Koran-Handschriften und wissenschaftliche Werke aussortieren und den Rest verbrennen.
2004 zerstörte ein Erdbeben Teile der Mauern der Alamut-Festung.
Rolf macht sich auf den steilen beschwerlichen Aufstieg, Dauer ca. 30 Minuten, während ich das Motorrad bewache. Und auch hier sprechen mich junge und ältere Menschen an, wollen Fotos mit dem Motorrad und mir. Es kommt uns vor, dass wir auf allen Handys, denen wir im Iran begegnet sind, verewigt sind.
Eine Familie aus Teheran spricht mich an. Sie haben eine kleine Tochter mit einem hübschen Wuschelkopf, der mich an meine Töchter erinnert, als sie klein waren. Die ganze Familie spricht gut Englisch. Sie erzählen von Teheran, es sei teuer, die Luftverschmutzung enorm. Sie haben Heimweh nach ihrer Heimat Kermansah, die wir ja durch unseren Besuch dort auch kennen. Natürlich werden auch wieder viele Fotos gemacht.
4 junge Männer schenken mir eine Melone gegen den Durst. Sie steigen, nachdem sie mich um Erlaubnis gefragt haben, abwechselnd auf das Motorrad und fotografieren sich gegenseitig. Die Freundlichkeit und Offenheit der Iraner ist für uns immer wieder verblüffend.
Rolf lernt auf seinem Aufstieg einen älteren Herrn aus Teheran kennen. Er ist der Chef-Ingenieur des Metroprojektes in Teheran. Er beklagt sich, dass das Geld für den weiteren Ausbau fehle. Die Frauen seiner Familie sind auch nicht auf die Festung gestiegen. Mit Kopftuch und Kostümierung ist es ihnen, wie mir auch, einfach zu heiß dafür. Sie haben sich ein schattiges Plätzchen unter einem Baum gesucht. Von ihnen erfahren wir, dass heute mal wieder ein Feiertag ist - Mohammed wurde an diesem Tag als Prophet ausgerufen. Nun verstehen wir, warum auch heute so viele Menschen unterwegs sind. Sie entfliehen an jedem freien Tag den Städten, um in der wunderbaren Natur ein bisschen frische Luft zu tanken.
Wir lernen noch einen BMW-Fahrer kennen, Anton Stadler, aus Pfaffenhofen, der sich sehr wundert, dass wir mit einer Harley unterwegs sind. Er kennt eben unsere treue Harley nicht! Leider ist ja unser Glöckchen, das die bösen Geister fernhalten soll, verschwunden. Doch ich hoffe, dass wir trotzdem wieder gut nach Hause kommen.
Nach 15 Uhr fahren wir die kurvenreiche Strecke zurück nach Qazvin, für alle Motorradfahrer ein High-light. Bis auf wenige Teilstücke ist die Straße gut befahrbar. In einem kleinen Dorf halten wir und kaufen uns noch einen Fruchtsaft gegen den Durst. Dann geht es weiter. In der Luft schweben riesige Adler, sieht toll aus. Rolf legt den Turbogang ein. Dunkle Wolken ziehen sich zusammen, ein starker Wind weht und einige Tropfen Regen fallen. Doch wir kommen gegen 17 Uhr, nach 160 Meilen = 258 km gut in Qazvin im Hotel an. Für uns beide war der heutige Tag ein absolutes Highlight, eine Fahrt durch eine atemberaubende Bergwelt.
Nach dem schönen Tag haben wir doch noch Stress: Wegen des Sa/So für die Iraner bekommen wir am Donnerstag kein Zimmer in Maku (Ausreise Iran). Also plant Rolf um. Wir wollen nochmals in Täbriz im Hotel Sina, wo wir schon am Anfang 3 Tage waren, übernachten. Doch auch hier Fehlanzeige, alles ausgebucht. In der Nachbarschaft finden wir jedoch ein Zimmer, Gott sei Dank. Und dann buchen wir auch für Morgen im Voraus, sicher ist sicher, in Ardebil ein Zimmer, Hotel Schorabil. Hoffentlich funktioniert das alles so, wie wir es uns vorstellen.
Vom Fenster aus können wir später noch einen richtigen Sturm mit Blitz und Donner und Sandverwehungen erleben. Es sieht phantastisch aus. Wir sind jedoch froh, dass wir vor dem Unwetter im Hotel waren.
Gegen 20 Uhr gehen wir ins Hotelrestaurant zum Essen, Lammfilet für Rolf und für mich Spiegeleier, dazu Pfirsichbier und Wasser, 7,67 Euro. Ein schöner Tag geht zu Ende.
Bilder unter www.harley-rolf.de oder auf meiner Facebookseite, Uschi & Rolf - Iran - Eine Tour der Besonderen Art.
Aufbruch: | 25.04.2014 |
Dauer: | 7 Wochen |
Heimkehr: | 15.06.2014 |