Iran - 2014
Iran - Juni 2014: Teil 2 - Ardebil / Bazargan
Ardebil / Bazargan (West-Aserbaidschan)
29. Mai 2014 35. Tag
Ardebil / Bazargan (West-Aserbaidschan) 7 ½ Std. / 496 km
Hotel Shahrya - 27,09 Euro mit Frühstück
Der Wecker schellt um 6.30 Uhr. Um 7.30 Uhr gibt es ein gutes Frühstück im Hotel. Danach bringt uns ein älterer sehr freundlicher Taxifahrer zum Sheikh-Safi-Heiligtun, UNESCO Weltkulturerbe. Unser Taxifahrer wartet auf uns, während wir die prächtige Anlage besichtigen.
Sheikh-Safi-Heiligtum
Der als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannte Komplex entstand in der Zeit von Sheikh Safi al-Din (1252-1334) als Sufi-Kloster mit Wohngebäuden und Versammlungshalle. Safi al-Din war ein Geistlicher, Vorfahre und Namensgeber der Safawiden-Dynastie. Er war kurdisch-persischer Abstammung. Ardebil war der Treffpunkt für Sheikh Safis Anhänger. Auch nach seinem Tod verehrte man ihn und viele seiner Nachfahren aus der frühen safawidischen Dynastie wurden hier auch beigesetzt. Die Anlage galt während der safawidischen Herrschaft als nationales Heiligtum und ihr wurden viele Schenkungen gemacht. Erst mit dem Niedergang der Safawiden am Anfang des 18. Jh. endete ihre hervorragende Bedeutung. Heute ist die Anlage das sehenswerteste der älteren Mausoleen Irans.
Der Zugang erfolgt direkt in den Haupthof. Eine Inschrift über einer Seitennische des Haupthofes besagt: "Erkenntnis ist Stärkung für das Herz des Wissenden und Heilung für den Leib des Frommen."
Man sollte bei der Pracht der Anlage daran denken, dass hier ursprünglich ein bescheidener Sufi lebte.
Sufismus bezeichnete bis zum 9. Jh. eine asketische Randgruppe und wird seither als Sammelbezeichnung für Strömungen im Islam verwendet, die asketische Tendenzen und spirituelle Orientierung prägen, die oft mit dem Wort Mystik bezeichnet wird. Im 12. Jh. bildeten sich Sufi-Orden aus. Einen Anhänger des Sufismus nennt man Sufi oder Derwisch. Die Angehörigen der Sufi-Orden sind im Allgemeinen für ihre Bescheidenheit und Disziplin bekannt. Sie gelten als Quelle der Klugheit, der Heilkunst, der Poesie, der Erleuchtung und der Weisheit. Meist leben sie nicht zölibatär und in vielen Fällen auch nicht in geschlossenen Klöstern. Vielmehr praktizieren sie den jeweiligen Weg ganz normal im Alltag, oft ohne von den Mitmenschen äußerlich gesehen als Derwische erkannt zu werden.
Im Innern des rechts stehenden Grabturms befindet sich Sheikh Safis Sarkophag. Der Holzsarkophag ist mit feinen Schnitzarbeiten versehen. Der Turm ist mit herrlichen blauen Ziegelornamenten geschmückt, die den Namen "Allah" bilden. In diesem Grabturm sind auch weitere Nachfahren beigesetzt worden. In einer Kammer befindet sich auch der Steinabdruck der sogenannten Hand Alis.
Vor dem Grabturm befindet sich die Grabplatte von Shah Ismailis Mutter Halime Khatun, die 1497 starb.
Dahinter befindet sich ein kleinerer Turm, der das Grab Shah Ismails I. überwölbt.
Der linke Iwanbau war das Dar al-Hadith, das Haus der islamischen Überlieferungen. Hier wurden die Hadithe studiert, das sind die Aussprüche und Handlungen des Propheten Mohammed sowie die Handlungen Dritter, die er stillschweigend gebilligt hat. Später wurde der Bau für Verwaltungsaufgaben benutzt, man nannte ihn daher auch Taq-e Motawalli, Bogenbau des Verwalters.
Man sieht auch die Ruinen (Grundmauern) des Chehel Khaneh - Gebäude der Vierzig. Hierher zogen sich die Sufis zu 40-tägigen Andachtsübungen zurück. Das Gebäude war umgeben von den Sufi-Zellen und den Wohnungen der Spendenverwalter.
An der nördlichen Seite des Haupthofes steht das Jannatsara - Haus des Paradieses. Um 1540 erbaut diente es als Sufi-Versammlungshalle und wurde später als Moschee genutzt.
Im Harem Khaneh, einem Teil des ehemaligen Wohntraktes, befinden sich weitere Gräber von Männern der safawidischen Dynastie.
Das Porzellanhaus oder Chini Khaneh wurde im 14. Jh. erbaut. Die Innenausstattung ließ Shah Abbas um 1610 anfertigen. Sie enthält Hunderte von kleinen Nischen, die zur Unterbringung von Porzellan dienten. Auch kostbare Manuskripte und Korane wurden hier untergebracht, die zum Teil von der russischen Besatzung 1828 mitgenommen wurden und sich nun in der Russischen Nationalbibliothek in St. Petersburg befinden.
An das Porzellanhaus schließt sich ein kleiner Hof an, in dem sich früher die Pilger versammelten. Im heute weitestgehend verfallenen Trakt befanden sich die Stiftungsküchen.
Leider können wir uns mit unserem Taxifahrer nicht richtig verständigen. Er fährt uns nach der Besichtigung durch einen Teil der Stadt, den wir nicht kennen, bis zu seinem Haus, wo er uns zum Essen einlädt. Da wir heute noch eine weite Strecke vor uns haben, müssen wir ablehnen, sind aber von seiner Freundlichkeit gerührt. Er bringt uns zum Hotel zurück, muss am Eingang des Parkes 10.000 Rials (0,22 Euro) Eintritt zahlen, obwohl er uns ja nur zurück bringt. Rolf gibt ihm statt der vereinbarten 70.000 Rials (1,54 Euro) 200.000 Rials (4,40 Euro), schließlich hat er auf uns gewartet und noch eine kleine Stadtrundfahrt mit uns gemacht. Es ist unglaublich, wie er sich darüber freut.
Nach 9.30 Uhr verlassen wir Ardebil. Es ist frisch heute Morgen. Nach der Hitze der letzten Tage für mich eine Wohltat, doch Rolf friert. Ausnahmsweise ist die Zufahrt zur autobahnähnlichen Straße nach Täbriz gut beschildert.
Erwähnenswert ist, dass man im Iran ein gutes Orientierungsvermögen haben sollte, wenn man kein Farsi lesen kann. Da Rolf darüber verfügt, haben wir unseren Weg meist ohne Probleme gefunden.
Die Fahrt von Ardebil bis kurz vor Täbriz ist sehr schön und abwechslungsreich, wir fahren durch eine herrliche Landschaft. Ein Schäfer wandert mit seiner Ziegen- und Schafherde auf der Autobahn herum. Wir können es kaum glauben. Viele kleine Transporter kommen uns entgegen, beladen mit Kühen, Eseln. Manche haben sogar eine Art Dach oben montiert, darauf lagern dann Schafe und Ziegen. Leider gelingt es mir nicht, diese Autos vernünftig zu fotografieren, wir sind zu schnell unterwegs.
Bald erreichen wir Sarab. Dort sehen wir einen riesigen Viehmarkt. Kein Wunder, dass wir so vielen LKWs mit Viechern begegnet sind.
In Täbriz verlässt man die Autobahn in der falschen Richtung. Wir müssen ein ganzes Stück verkehrt fahren, dann irgendwo wenden, wo es mal geht, um dann in die richtige Richtung zu gelangen.
Hier ist mal zu sagen, dass die LKW-Fahrer, denen wir begegnet sind, alle sehr zuvorkommend und freundlich waren. Nachdem sie sahen, dass Rolf mit dem schweren Motorrad nicht so wendig ist wie die kleinen iranischen Mopeds, machten sie Platz, warteten, ließen Rolf passieren. Im Vorbeifahren hupten und winkten sie.
Auch ich habe immer gewunken, zu den vielen Polizeikontroll-Posten, zu den Soldaten, die auf den riesigen Militärgeländen in den Wachtürmen sitzen und zu den vielen Auto- und Mopedfahrern, die uns während der Fahrt fotografiert oder gefilmt haben. Alle winken zurück, werfen oft Kusshand zu. Die Warmherzigkeit und Freundlichkeit der Iraner ist für uns immer wieder etwas sehr Berührendes.
Heute konnte ich einen Soldaten beobachten, der als Kuhhirt auf einem Militärgelände unterwegs war. Da Fotografieren dort verboten ist, habe ich leider kein Bild machen können.
Nach Täbriz ging es bis Marand auf der Autobahn, dann weiter über eine normale Straße, durch viele kleine Orte und über unzählige Speed-Bumps, die weder dem Motorrad, noch meinem Rücken oder mir gut tun. Manchmal sind diese Dinger in sehr kurzer Entfernung angebracht und man sieht sie kaum. Die Iraner werden allerdings durch die Speed-Bumps nicht vom Rasen abgehalten. Wir haben eh den Eindruck gewonnen, niemand hält sich an Verkehrszeichen. Geschwindigkeitsschilder werden grundsätzlich ignoriert und wo normalerweise 3 Autos nebeneinander fahren sollten, fahren mindestens 4 oder 5! Jeden Tag haben wir lebensgefährliche Überholmanöver erlebt. Man muss wissen, dass der Iran die meisten Verkehrstoten aller Länder aufweist. Rolf hat sich auch schon angewöhnt, "iranisch" zu fahren, d. h., rechts überholen, wo gerade Platz ist, wenden, wo es geht etc.
Die Strecke bis Bazargan ist herrlich, Landschaften ähnlich wie im Westen der USA, mit vielen Ziegen- und Schafherden. Hier sind die Menschen bunt gekleidet. Sie winken uns freundlich zu und machen Fotos, was uns immer wieder zum Lachen bringt. Denn was machen sie mit den Fotos von ihnen wild-fremden Menschen? Ein Schäfer sitzt am Straßenrand mit seiner Herde und telefoniert wild gestikulierend mit seinem Handy. Jeder Iraner, egal, ob jung oder alt, hat mindestens ein Handy, manchmal zwei oder drei. Selbst kleine Kinder telefonieren wie wild in der Gegend herum.
In den Wiesen staksen Störche majestätisch umher, auf der Suche nach Beute.
An einer Tankstelle muss ich Bilder machen, es gibt ein Gerüst mit losen Brettern, jede Berufsgenossenschaft bekäme die Krise bei dem Anblick. Aber hier stört es niemanden.
Einige Tunnel müssen wir passieren. Diese entsprechen bestimmt keiner Sicherheitsnorm, aber wir kommen ohne Probleme nach Bazargan, wo wir um 17 Uhr eintreffen, nach 308 Meilen = 496 km.
Bis heute haben wir 10.573 km zurückgelegt, ohne jedes Problem, die Harley ist mal wieder super gelaufen.
Rolf findet auf Anhieb das Hotel Shahrya, welches wir empfehlen können. Das Motorrad kann Rolf vor dem Eingang parken. Das Zimmer ist sehr schön, groß und endlich haben wir mal eine vernünftig hohe Toilette. Nicht mehr so nieder wie für Zwerge. Meine Hüfte dankt dafür.
Zum Abendessen im Hotel gibt es Rind am Spieß, Reis, Suppe, Salat, 2 Wasser, 4,74 Euro.
Wir gehen früh schlafen, morgen verlassen wir den Iran.
Bilder auf www.harley-rolf.de und auf meiner Facebookseite, Uschi & Rolf - Iran - Eine Tour der Besonderen Art.
Aufbruch: | 25.04.2014 |
Dauer: | 7 Wochen |
Heimkehr: | 15.06.2014 |