Iran - 2014
Türkei: Teil 3 - Persembe / Kastamonu
Persembe / Kastamonu
3. Juni 2014 40. Tag
Persembe / Kastamonu 10 ½ Std. / 560 km
Hotel Osmanli Sarayi - 49,00 Euro mit Frühstück
Die Sonne weckt uns, der Wecker um 6.45 Uhr. Im Hotel gibt es ein sehr gutes Frühstück, was keine Wünsche offen lässt. Wir hoffen, dass das schöne Wetter anhält und wir trocken in Sinop oder Kastamonu ankommen. Abfahrt um 8 Uhr.
Bis zum Ende der Halbinsel ist es eine herrliche Straße, neu, viele Kurven, schöne kleine Dörfer, Häuser mit Blumengärten. Es fängt an, leicht zu regnen. Nun führt uns der Weg wieder direkt am Meer entlang bis Samsun, wir umfahren die Stadt. Der Regen hört auf, die Sonne kommt. Bis Yakakent ist die Gegend durch viel Landwirtschaft gekennzeichnet, viele Rinder, Hühner, Truthähne laufen umher. Wir sehen viele kleine Bauernhöfe. Und wieder fahren wir am Meer entlang, bei strahlend blauem Himmel. In Sinop machen wir Halt an einer Tankstelle. Rolf putzt das Motorrad, was sehr schmutzig ist. Wir selber sind auch dreckig, von der Schmutzgischt der nassen Straße. Die 4- bzw. 6-spurige Straße ist super gut ausgebaut, überhaupt keine Hoppel.
12.45 Uhr - Wir fahren ins Zentrum von Sinop, bis zum Naturhafen und stärken uns dort mit Tee, Saft und einer Portion Pommes. Leider gibt es bei dem Restaurant keine Toilette. Ich muss einen relativ weiten Weg zurücklegen bis zu einer Art öffentlichen Toilette. Die Dame, die dort sitzt und kassiert (ich darf mit kroatischem Geld bezahlen, da ich kein türkisches dabei habe!), lässt mich auf die Behindertentoilette gehen, die sie wohl selbst als Abstellkammer benützt. Diese ist auf jeden Fall piccobello sauber. Leider betuppt uns der Kellner beim Bezahlen. Keine nette Geste.
Herrlich sind der Sonnenschein und der blaue Himmel, nach den düsteren Wolken der letzten Tage. Für uns ganz erschreckend sind aber die vielen wilden, halb verhungerten Hunde. Einer stand auf einer überfüllten Mülltonne und suchte nach Futter. An einer brennenden wilden Müllkippe suchten junge Welpen nach Futter.
Sinop ist eine junge Stadt mit altem Erbe. Sinop ist auf dem bestem Wege, ein zugeklotztes Schwarzmeer-Alanya zu werden. Zum Glück ist das Zentrum Sinops, das um den geschützten Fischerhafen im Schatten wuchtiger Befestungsanlagen liegt, noch immer beschaulich.
Im Jahr 2002 entdeckte ein Forschungsschiff vor Sinop in ca. 100 m Meerestiefe Spuren menschlicher Behausung und Steinwerkzeuge, deren Alter auf über 7.500 Jahre geschätzt wird. Sie gelten als Beweis für eine geflutete archaische Landschaft und Siedlung am Grunde des Schwarzen Meeres. Die gewaltigen Wassermassen, die über die Siedlungsgebiete hereinbrachen, kamen aus dem Marmara- bzw. Mittelmeer, das durch die letzte Eiszeit so angeschwollen war, dass es mit aller Gewalt dort eine Spalte in die Landmassen riss, wo heute der Bosporus verläuft.
Über Wasser konnte nachgewiesen werden, dass die Halbinsel von Sinop seit der Bronzezeit besiedelt ist. Hethiter und Phryger wussten sie zu schätzen, da sie den sichersten Naturhafen der türkischen Schwarzmeerküste besitzt.
Der Name Sinop - Sinope - geht der Legende nach auf die Tochter des Flussgottes Asopus zurück. Göttervater Zeus verliebte sich in Sinope und umgarnte sie mit der Erfüllung ihres größten Wunsches. Sinope fühlte sich von Zeus belästigt und wünschte sich die ewige Jungfernschaft. Zeus musste nachgeben und Sinope lebte allein, aber glücklich bis ans Ende ihrer Tage am Kap Ince Burun. Das ist der nördlichste Punkt Anatoliens.
In vielen Jahrhunderten - egal, ob unter Persern, Römern, Griechen, Byzantinern oder den pontischen Königen - entwickelte sich Sinope zu einer wichtigen und blühenden Handelsstadt. Zwei bekannte Männer der Antike wurden hier geboren: 413 v. Chr. kam hier der Philosoph Diogenes auf die Welt und 132 v. Chr. der pontische König Mithradates VI.
Zeitweilig regierten die Seldschuken, der Emir von Kastamonu, die Genuesen in Sinop, bis die Stadt an Mehmet den Eroberer fiel - 1458. Unter den Osmanen verlor Sinop seine Bedeutung als Hafenstadt. Die Sultane bevorzugten Samsun, später Trabzon. Sinop wurde zu einer beschaulichen Kleinstadt. 1853 wurde der Ort von der russischen Flotte arg in Mitleidenschaft gezogen. Der Angriff auf Sinop war der Beginn des dreijährigen Krimkrieges.
Heute lebend die Einwohner von Sinop vom Fischfang, Kleinhandwerk und dem Tourismus. Die fast komplett verbaute Landzuge erinnert an einen Istanbuler Vorort.
Die Strecke Sinop bis Türkeli - kleine Bauerhöfe, viel Landwirtschaft - ist sehr schön.
Die weitere Strecke - ein Ort nach dem anderen - bis Inebolu am Meer entlang gefällt mir nicht so gut. Die Ortschaften wirken auf mich unfreundlich und es sind kaum Menschen zu sehen. Es gibt viele leer-stehende Geschäfte mit eingeworfenen Scheiben und völlig heruntergekommene Wohnblocks. Diese zeugen von der wirtschaftlichen Not der Region. Außerdem ist hier die Straße eine reine Holperpiste, das setzt meinem Rücken arg zu.
Doch dann, die Strecke von Inebolu bis Kastamonu, ein Traum. Es geht über 3 Pässe, Masruf-Pass, 1.250 m, Ecevil-Pass, 1.170 m und Oyrak-Pass, 1.210 m. Wir erleben eine herrliche Berglandschaft mit blühenden Blumenwiesen.
Gegen 18.30 Uhr, nach 348 Meilen = 560 km sind wir am Ziel. Rolf findet mal wieder auf Anhieb den schönen alten ottomanischen Palast, ehemals Rathaus der Stadt und heute Hotel - Osmanli Sarayi. Der Sohn des Besitzers zeigt uns die Zimmer, diese sind wunderschön eingerichtet und sehr groß. Es gelingt mir, den Preis von 160 auf 140 Türklira (56 auf 49 Euro) herunterzuhandeln.
Abladen, auspacken, duschen und dann gehen wir um 19.45 Uhr zum Essen. Der Hotelbesitzer empfiehlt uns das Restaurant Ulugöl. Wir essen einen sehr leckeren Rindfleischeintopf und ein gutes Ke-bab, Salat, Wasser, Kosten 10,50 Euro. Was witzig ist, in dem Lokal hängt eine deutsche Kuckucks-Uhr.
Nach dem Essen machen wir noch einen kleinen Stadtrundgang. Wir sehen große Hunde, die in einer Art Bande durch die Stadt ziehen. Einer der Anführer hat einen riesigen Knochen im Maul. Er läuft voraus und die anderen Hunde hinterher. Später sehen wir, dass die Metzger die Knochen für die Hunde an den Straßenrand legen.
Die Burg, der Uhrturm und die Nasrallah Bey Brücke aus osmanischer Zeit sind schön beleuchtet, was ganz toll ausschaut. Die Brücke über den Gökirmak hat zwei unterschiedlich weite Bögen, was ganz interessant ausschaut.
In den Straßen sehen wir Beleuchtungen, die mich an die Weihnachtsbeleuchtung in Essen erinnern.
Noch zu später Stunden - nach 21 Uhr - sind die Müllabfuhrleute unterwegs. Wir trauen unseren Augen kaum, so schnell springen die vom Wagen, holen den Müll, der vor den Häusern steht, werfen ihn auf die Ladeflächen und weiter geht es. Der reinste Wahnsinn. Gemütlich wandern wir dann zum Hotel zurück und gehen früh schlafen.
Kastamonu ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz. Der Ort liegt im Tal des Gökirmak, eines Nebenflusses des Kizilirmak. Kastamonu befindet sich auf 800 m Höhe, im Abseits der verkehrsarmen, nordanatolischen Einsamkeit, zwischen bewaldeten Hügeln, die einen Übergang bilden zwischen den steileren Bergzügen an der Schwarzmeerküste im Norden und dem Gebirgskamm im Süden. Beide Gebirge sind Teile des Pontischen Gebirges.
Das Pontische Gebirge ist eine Reihe von Gebirgsketten im Norden der Türkei, ca. 1.000 km lang. Es erhebt sich nach einem nur schmalen Küstenstreifen unmittelbar südlich des Schwarzen Meeres. Die einzelnen Gebirgszüge sind ca. 300 km lang und reichen ca. 100 bis 200 km ins Landesinnere. Die höchste Erhebung, der Kackar Dagi, 3.932 m, liegt nahe der Grenze zu Georgien.
Die Region ist bekannt für die Verarbeitung von Tabak, der Produktion von Zigarettenpapier und von Holzmöbeln.
Die meisten Türken und auch die meisten ausländischen Besucher schenken dem Ort wenig Beachtung, dabei findet man hier einige Kleinju-welen aus osmanischer und seldschukischer Zeit, so dass sich ein Besuch auf jeden Fall lohnt.
Man vermutet, dass die erste Siedlung am Flusslauf des Karacakmak vor ca. 4.000 Jahren entstand. Es entstand ein kleiner Ort, der Anfang des 12. Jh. an Bedeutung gewann. Die byzantinischen Kaiser aus dem Geschlecht der Komnenen beschlossen, den Ort zu ihrem Stammsitz, zur Castra Comneni - Festung der Komnenen - auszubauen. Ende des 12. Jh. ging die Stadt in den Besitz des Emirs von Sinop über. 1392 wurde Kastamonu von den Osmanen unter Beyazit I. erobert. 10 Jahre später machte der Mongolenherrscher Timur Lenk den Ort fast dem Erdboden gleich. Ein Fürstengeschlecht aus Sinop - die Isfendiyarogullari - sorgten für den Wiederaufbau. Sie machten Kastamonu u ihrer Residenzstadt. Mehmet der Eroberer verleibte die Stadt 1459 erneut dem Osmanischen Reich ein.
Im August 1925 kam Atatürk in die damals als besonders islamisch-konservativ geltende Stadt, wo er eine flammenden Rede gegen das Tragen der orientalischen Kopfbedeckung Fes hielt und alle türkischen Männern aufforderte, stattdessen einen modernen Hut aufzusetzen.
Atatürk besuchte auch das Osmanli Sarayi, was natürlich mit einem Foto dokumentiert wurde.
Im 19. Jh. soll der Koch Hamdi aus Kastamonu erstmals einen türkischen Köner Kebab zubereitet haben.
Bilder auf meiner Facebookseite, Uschi & Rolf - Türkei oder www.harley-rolf.de
Aufbruch: | 25.04.2014 |
Dauer: | 7 Wochen |
Heimkehr: | 15.06.2014 |