Ruhrgebiet - unterschätztes Reisegebiet
Herten : Zeche Waltrop
Noch heute ist gut erkennbar, dass der Gebäudekomplex der Zeche Waltrop aus einem Guss entstanden ist. Geplant wurde sie von dem Architekten van de Sand. Ihre historisierenden Formen sind vom Jugendstil beeinflusst. Der verwendete Backstein stammt aus umliegenden Ziegeleien. Zur Eigenversorgung und zum Bau der Koloniehäuser wurde 1905 auf dem Zechengelände eine Ringofen-Ziegelei errichtet, die Ziegel aus gemahlenem Tonschiefer brannte.
Bis zur Errichtung der Zeche war das Leben in Waltrop hauptsächlich bäuerlich ausgeprägt. Auch auf dem hiesigen Gelände standen ursprünglich zwei Bauernhöfe, von denen der Lehnemannsche Hof im Zechenbetrieb als Bauhof und als Stall für die Grubenpferde genutzt wurde. Die Zeche Waltrop wurde zur Kohleversorgung der Kaiserlichen Hochseeflotte und der Staatsbahn errichtet. Die Grube verfügte insgesamt über drei Schächte, zwei davon auf dem hiesigen Gelände. Schacht I. mit einer Teufe von 792 Metern, wurde zur Seilfahrt, Förderung und als Wetter-Einziehschacht genutzt. Schacht II war der ausziehende Wetterschacht, ebenfalls mit Fördereinrichtungen. Der dritte zur Zeche gehörige Schacht wurde ab 1956 geteuft, lag allerdings nicht hier auf dem Gelände, sondern in den Dortmunder Rieselfeldern. Eingerichtet wurde er als Wetterschacht und zur Personen- und Materialförderung genutzt. Zur Zeit der Zechenstilllegung erstreckte sich das Grubenfeld über eine Fläche von ca. 27 Quadratkilometern
1903 wurde mit dem Abteufen begonnen, die Kohle ab 1905 zutage gefördert. Durch einen Wassereinbruch im Februar 1909 kam es zu einer mehrjährigen drastischen Verminderung der Kohleförderung. Die Belegschaft wurde bis auf 300 Mann entlassen. Erst nach dreieinhalbjähriger "Sümpfung" - u.a. mit Mammutpumpen - konnte der Kohleabbau wieder aufgenommen werden. Bereits 1914 waren wieder 1200 Mann untertage beschäftigt. Erneute Rückschläge in der Förderung brachte die Besetzung durch die Franzosen, der Kapp-Putsch und die Wirtschaftskrise der zwanziger Jahre. Viele Bergmannsfamilien gerieten immer wieder in Not.
In den dreißiger Jahren forderte die wachsende Rüstungsindustrie mehr Arbeitsplätze auch im Bergbau: die Kohleförderung stieg. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden Zwangsarbeiter, vorwiegend aus Polen und Russland, eingesetzt. Kurz vor Kriegsende im März 1945 wurde ein großer Teil der Tagesanlagen bei einem Jagdbomberangriff erheblich beschädigt. Die Grube konnte nur knapp vor dem Absaufen gerettet werden.
Schwarz-Weißkaue - In der Kaue zog sich die untertage arbeitende Belegschaft um.
Die Kaue teilte sich ein in die Schwarzkaue für die Berufskleidung, die Weißkaue für die saubere Kleidung und die Duschen in der Mitte als "Schleuse".
Die Gefahrenursachen im Bergbau reichen weit. Eine große Rolle spielte deshalb die Sicherheit. Waren es anfangs überwiegend Gefahren durch das Gebirge und durch Grubengase, verlagerten sie sich mit dem technischen Fortschritt auf den Umgang mit den Maschinen Mögliche Unfallquellen mussten durch eine planmäßige Unfallverhütung früh erkannt und ausgeschaltet werden. Auf der Zeche Waltrop erreichte man z.B. 1938 eine 15/4 geringere Unfallhäufigkeit gegenüber dem Durchschnitt in der Bergwerksgesellschaft Hibernia AG. Nach dem 2. Weltkrieg wurden Unfallselbstschutzhelfer eingesetzt, die große Anerkennung bei der Belegschaft fanden. Dennoch blieb die Arbeit auf der Zeche gefahrenreich.
76 Jahre lang war die Zeche Waltrop Ort des Broterwerbs und lange Zeit auch der größte Arbeitgeber in Waltrop. Sie hat als typische Zeche der Zeit kurz nach der Jahrhundertwende, eine außerordentlich große Bedeutung aus technik- und architekturgeschichtlicher sowie städtebaulicher Sicht und wurde 1988 unter Denkmalschutz gestellt.
Die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) Nordrhein-Westfalens übernahm in den neunziger Jahren die Konzeption für die Herrichtung und Wiedemutzung des gründerzeitlichen Hallenensembles sowie die Vermarktung an Dienstleister und Gewerbetreibende.
Zentralmaschinenhalle - hier standen die z.T. riesigen Maschinen zur Erzeugung von Druckluft und Strom. Die Druckluft, mit der aus Sicherheitsgründen ein Großteil der Maschinen untertage betrieben wurde, erzeugte man anfangs mit Dampfkompressoren, später mit Elektroturbinen. Die Turbokompressoren hatten eine Leistung von 20.000 m3 je Stunde. Die Stromversorgung wurde durch einen Turbogenerator gewährleistet. Zudem gab es einen Gaskompressor, der bis zur Stillegung der Kokerei in den 50er Jahren Gas in das Versorgungsnetz der Stadt Waltrop speiste und u.a. für die Straßenbeleuchtung sorgte.
Die ersten Jahre nach dem Krieg waren von Aufbau- und Wiederherstellungsarbeiten geprägt. Auf der Zeche wurden "bergfremde" junge Leute eingesetzt. z.B. aus Norddeutschland. Die Probleme in der Nachkriegszeit lagen weniger im betrieblichen Bereich als in der Tatsache, dass alle Brücken rings um Waltrop gesprengt waren. Anfang 1953, das Jahr des 50-Jährigen Jubiläums, hatte die Zeche 2239 Arbeiter und 117 Angestellte. Rund 2000 Werksangehörige waren in Waltrop ansässig. Der höchste Belegschaftsstand wurde 1957 mit 2817 Mitarbeitern erreicht. Am 29.6.1979. dem Tag der Fördereinstellung, waren es noch 1294.
Schon 1905 wurde mit der Errichtung von Arbeiterwohnhäusern begonnen. 1913 die Planung der Hirschkampsiedlung. Anfang der 20er Jahre die Riphaus-Hof-Siedlung. Die anfangs relativ großzügige Planung wurde mit zunehmender Wohnungsnot enger, z.B. durch Nutzung der Dachgeschosse als Wohnraum für Kleinfamilien. Zwischen 1950 und 1952 kam es zu Erweiterungen der Siedlungen durch 119 neue Wohnungen Daneben entstanden auch 154 Eigenheime mit Hilfe der Hibernia Kredite. Auswärtigen Lehrlingen stand nach dem Krieg ein Wohnheim mit Heimelternpaaren zur Verfügung, das sogenannte Petstalozzi-Haus.
Maschinenhalle l/ll
In diesen Gebäuden standen die Förder-Maschinen für den Schacht I. Es handelte sich um Zwillingstandem-Dampffördermaschinen, hergestellt in der Eisenhütte Prinz-Rvidolf. Eine der Maschinen wurde bereits 1906 eingesetzt und diente noch nach 1979 zur sogenannten "Ausraubung" der untertage verbliebenen, brauchbaren Materialien. Zu diesem Zeitpunkt war sie, die Älteste noch in Betrieb befindliche Dampffördermaschine. Die Maschinen arbeiteten mit Heißdampf von 320 °C und einem Druck von 12 atü.
Heute nutzt die Firma Manufactum insgesamt drei Hallen der Zeche Waltrop.
Als Verwaltungsgebäude dient heute die Zentrale Maschinenhalle der Schachtanlage, die Verkaufsräume befinden sich in der ehemaligen Waschkaue. In der Maschinenhalle I/II iast ein Outlet-Shop eingerichtet.
Den Umbau besorgte der Coesfelder Architekt K.-D. Luckmann.
Die Außenmauern haben eine Stärke von 78 cm in der unteren Ebene bzw. 63 cm in der oberen.
Das Bauwerk wurde in seinem konstruktiven Gefüge nicht verändert, sondern als »Zweispänner« mit Belichtungsgassen erschlossen. Die Dimensionen des großen Gebäudes bleiben erfahrbar. 'Haus-in-Haus'
Die weiteren Gebäude werden unterschiedlich - meist von kleinbetreiben genutzt.
Aufbruch: | September 2014 |
Dauer: | circa 4 Wochen |
Heimkehr: | Oktober 2014 |