Ruhrgebiet - unterschätztes Reisegebiet
Hattingen: Zeche Nachtigall
Warum die Zeche den Namen Nachtigall erhält, wissen wir heute nicht mehr. Wahrscheinlich leben um 1730 im Muttental viele Nachtigallen, denn die Auen der Ruhr sind ein idealer Lebensraum für den scheuen Vogel
Die Namensgebung von Zechen regeln Berggesetze; wie die Zeche aber heißen soll, entscheidet der Eigentümer. Häufig weist schon der Name auf die Gründungszeit einer Zeche hin, denn jede Epoche entwickelt charakteristische Namensformen.
1714 stellen zwei Bauern aus der Umgebung - Cord Niederste Berghaus und Cord Schüssing bei der staatlichen Bergbehörde den Antrag zum Kohlen
abbau. 1743 kauft Freiherr Friedrich Christian Theodor von Elverfeldt das Bergwerk und wird Nachtigalls Hautgewerke - es erfofgt die erneute Verleihung des Längenfeldes unter dem Namen "Nachtigall am Rettberg". Das Stollenmundloch der damaligen Zeche Nachtigall befindet sich an der Einmündung der heutigen Straße "Auf der Martha" in die Muttentalstraße.
Seit 1743 gehört die Zeche Nachtigall den Freiherren von Elverfeldt, die Ihren Wohnsitz auf Schloss Steinhausen (s.n. Kapitel) haben. Levin von Elverfeldt und sein Sohn Ludwig besitzen viele Zechen an der Ruhr. Sie entwickeln innovative Ideen zur Maschinenausstattung Ihrer Betriebe. -
Clemens-August Freiherr von Elverfeldt (1732-1783) und seine Ehefrau Maria-Theresia Freiherrin von Elverfeldt
Wir beginnen unseren Rundgang im Maschinenhaus, in das eine Dampfmaschine von MAN Nr. 1005 von 1887 tranzloziert wurde.
Ein bewegtes Leben zeichnet jede Dampfmaschine, diese aber in besonderem Maße aus. Nachdem die Dampfmaschine wahrscheinlich mehr als 20 Jahre in einer Textilfabrik gearbeitet hatte, ging sie 1911 als Abteuf- Fördermaschine auf Zeche Jacobi in Oberhausen in Betrieb.
Anschließend diente sie von 1921 bis 1973 als Fördermaschine am Schacht I auf der Zeche Franz-Haniel (später Prosper Haniel). Bedingt durch die verschiedenen Nutzungen der Dampfmaschine im Bergbau - als Abteufmaschine und als Fördermaschine -hat sie einen Flachseilkorb zur Aufwicklung des Flachseils bei Abteufbetrieb und eine Koepeschelbe, durch die das Seil bei der Förderung angetrieben wurde.
Erst die bei Restaurierungsarbeiten freigelegten Schriftzüge des Hersteliers mit Maschinennummer und Baujahr führten auf die Spur nach Augsburg. Das Lieferverzeichnis offenbarte die 1887 erfolgte Lieferung der liegenden Compound-Dampfmaschine mit 400 PS an die Westfälische Baumwollspinnerei in Gronau.
Eine der ältesten erhaltenen Dampfmaschinen des Ruhrgebiets erlebt Ihren »Beinahe-Ruhestand« nun hier im Museum. Demnächst wird sie nämlich, elektrisch angetrieben, wieder in Bewegung zu sehen sein.
Im Muttental beginnt der Strukturwandel bereits 1692 mit der Stilllegung der Zeche Nachtigall. Der Bauunternehmer Wilhelm Dünkelberg erwirbt Steinhausen mit allen Rechten und Ländereien. Er lässt einen Teil der Zechengebäude abreißen und begründet auf dem Zechegelände eine Schieferton-Ziegelei. Zur Gewinnung des Rohstoffs lässt er in südlicher Richtung zwei neue Stollen in den Hettberg schlagen, von denen einer - der heutige Nachtigallstollen den Berg vollständig durchquert und das SchiefertonIager am Südhang erschließt. Der andere -der Dünkelbergstollen - endet zunächst mitten im Berg am noch nicht vollständig abgebauten Kohleflöz Geitling I.
die Stollen können heute zu festgelegten Zeiten befahren werden - da wir jedoch solche Stollenbegehungen schon mehrfach mitgemacht haben, lassen wir dies heute aus
Über dem verfüllten Schacht Hercules errichtet Wilhelm Dünkeiberg 1897 den westlichen Ringofen seiner Ziegelei, der östliche folgt 1899.
Jeder der Ringöfen besitzt achtzehn Kammern. Bei 1.100 Grad können etwa 10.000 Rohlinge in einer Kammer zu Ziegeln gebrannt werden. Vom Elnkarren der Rohlinge bis zum Auskarren der Ziegel vergehen bis zu 14 Tage.
Ein Ringofen besteht aus einem tunnelartigen Brennkanal, einem System von Rauchabzügen und einem Schornstein. Der Bereich von einer Tür zur nächsten wird als Brennkammer bezeichnet. Jede Kammer hat einen unterirdischen Rauchabzug (Fuchs), der über den Rauchkanal in der Ofenmitte mit dem Schornstein in Verbindung steht. Einmal entzündet, wanderte das Feuer durchgehend von März bis Dezember durch den Ringofen. Da im Januar und Februar die Bauwirtschaft wegen des Frostes ruhte, wurden keine Ziegel produziert.
Auf der Ofendecke sind 470 Deckel zu sehen. Durch die Holzlöcher unter den Deckeln gab ein Brenner alle 10 bis 25 Minuten Feinkohle in die Brennkammern. Mit Hilfe der Handräder in der Mitte der Ofendecke bediente er die Ventile an den Rauchabzügen und steuerte so die für das Feuer notwendige Sauerstoffzufuhr. Wollte er das Feuer um eine Kammer welterziehen, öffnete er den nächsten Rauchabzug, schloß den zuvor benutzten und schüttete Kohle in die nächste zu brennende Kammer.
Die Geschichte der Zeche Nachtigall ist eng mit der Ruhr verbunden. Die adelige Familie von Elverfeldt betreibt 120 Jahre lang die Zeche Nachtigall.
Die Freiherren von Elverfeldt sind am Bau der Steinhauser Schleuse ebenso beteiligt wie an der Muttentalbahn. Im Vordergrund ihres Interesses stehen die Verbesserung der Verkehrswege und die damit verbundene Steigerung des Kohlenverkaufs.
Alle im Grubenbau befindliche Luft bezeichnet der Bergmann als »Wetter«.
»Matte Wetter« enthalten vermehrt C02. Sie entstehen durch den Verbrauch des Sauerstoffs beim Atmen und Verbrennen sowie durch chemische Zerfallsprozesse in vermoderndem Holz.
In »Bösen Wettern« befinden sich giftige Gase, wie Kohlenmonoxyd CO und Schwefelwasserstoff H2S.
»Schlagende Wetter« entstehen, wenn sich das aus der Kohle austretende Methangas CH4 mit Luft vermischt und so ein explosives Gemisch bildet. Wenn die schlagenden Wetter nicht früh genug erkannt und bekämpft werden, kann es zu Explosionen von Gas und Kohlenstaub mit Toten, Verletzten und schweren Zerstörungen kommen.
In einem der Ringöfen ist ein kleines Museum mit Gerätschaften aus dem Bergbau, darunter auch Grubenlampen
Aufbruch: | September 2014 |
Dauer: | circa 4 Wochen |
Heimkehr: | Oktober 2014 |