Bis nach Südamerika und noch viel weiter.... :-)
Peru:: ...von Mancora bis Chiclayo
27.8. bis 4.9.2011
...und wieder einmal ein herzliches Willkommen an dieser Stelle...
Wie schon erwähnt war die Busfahrt von Ecuador nach Peru eine einzige Qual. Meine Körperhaltung bzw. meine Bewegungsabfolge während der Fahrt glich aufgrund der "gemütlichen" Bedingungen dem aus dem Yoga bekannten Sûrya Namaskâra - der Begrüßung der Sonne (siehe dazu HIER! ,vor allem Nummer 7 und 8 kommen dem Erlebten schon sehr nahe )
Irgendwann in der Früh kam ich alsoin Piura in Peru an,.....hektisch, laut, staubig,.....mehrere Taxifahrer reden hier zugleich auf einen ein.....ich tat mich mit einer Amerikanerin zusammen und gemeinsam wählten wir ein Taxi, dass uns sicher vorkam und begaben uns Richtung der anderen Terminals,.....erst im Nachhinein kamen wir drauf, dass wir in unserer Müdigkeit ordentlich abgezockt wurden,...eine Strecke die zu Fuß vielleicht 5 Minuten gedauert hätte kostete uns gleich mal 10 Soles....das entspricht zwar nur rund 2,5 Euro,....aber es geht ums Prinzip und normalerweise wären wohl nur 3 Soles angebracht gewesen,....naja, wieder einmal abgezockt worden,...Pech
Überhaupt war mein erster Eindruck von Peru nicht der Beste,....nach dem Jogginganzug-Grenzbeamten, dem abzockenden Taxifahrer ging's in aller Früh noch kurz einige Straßen weiter zu den Wechselstuben,...."Klar haben die um diese Zeit schon offen",...meinte unser Abzock-Taxler......als wir ankamen "CERRADO",...alles geschlossen......
...aber "glücklicherweise" und "rein zufällig" standen einige Freunde unseres Taxlers am Straßenrand die einem ebenfalls Dollar in Soles umwechseln.
Bei einem offiziellen Kurs von 1 EUR = 2,78 Soles bietet uns einer einen "großzügigen" Tausch an: 1 EUR zu 2 Soles (???).....das hatte dann aber auch etwas Komisches, aber der Reihe nach:
Zunächst zeigte mir der Geldwechsler eine Umhängekarte die ihn als offiziell lizensierten Straßengeldwechsler auswies,....danach schlug er mir folgenden Deal vor:"20 Dollares,.........40 Soles,....ok?"...... Ich machte ihn mal höflich darauf aufmerksam, dass das zu wenig sei, mich dabei auf den Wechselkurs berufend......daraufhin (und da hätte ich mich am liebsten vor Lachen am Boden gewälzt) rechnete (!!!) er mir zur Bestätigung, dass das alles richtig sei, mit seinem Taschenrechner alles noch mal vor.....also: "20 Dollar x 2 Soles = 40 Soles" ........des Einmaleins mächtig machte ich ihn, noch immer höflich aber bereits breit grinsend, darauf aufmerksam, dass ich zwar seiner Berechnung, jedoch nicht seiner Datenbasis zustimme . Plötzlich steigerte sich "sein offizieller" Wechselkurs von 2 auf 2,2, danach auf 2,5 und schließlich auf 2,78.......nicht so ganz überzeugt von der Geschäftsgebarung dieses Mannes fuhren wir (unter bösen Blicken unseres Taxifahrers) zu einem Bankomaten. Der Geldwechsler rannte noch einige Meter neben dem Taxi her und steigerte den Wechselkurs sogar bis auf 3 Soles pro Euro (also mehr als den offiziellen Kurs),..... da war uns dann klar, dass das Geld das der anzubieten hatte wohl nur für Monopoly und DKT zu verwenden sei
Danach ging's nach einiger Warterei an den Terminals von Piura mit einem klapprigen Bus in Richtung Mancora.
Mancora ist ein kleines Städtchen an der Westküste im Norden Perus. Die Panamericana geht direkt durch den Ortskern. Im Sommer (aber auch Winter) tummeln sich Peruaner wie Touristen an den langen Sandstränden um zu Kiten oder auf den hohen Wellen zu surfen. Ich wollte hierher um einen kleinen Strandurlaub zu genießen und Kitsurfen zu erlernen. Statt der geplanten 10 Tage blieb ich nur rund 6 Tage,...und das kam so:
Im sehr gemütlichen, chilligen Hostel "The Point" direkt am Strand quartierte ich mich ein,.....24 Soles also rund 7 Euro pro Nacht,...in Ordnung. Die ersten Tage waren entspannend und sehr angenehm,....nichts tun,...lesen,...Blog schreiben,....schlafen......
Ab Tag drei wurde mir langweilig und so beschloss ich endlich Kitesurfen zu lernen. In einem anderen Blog las ich nur Positives über Perukite und so meldete ich mich für 250 Dollar zu einem dreitägigen Kurs an.
Kitsurfen ist wie Drachensteigen,....man lässt einen großen Drachen (den man aber Kite nennt) steigen und lässt sich von Selbigen auf einem Board stehend übers Wasser ziehen. Klingt schwierig,....is es auch ,....aber wenn man den Dreh heraus hat ist's superlustig.
Den ersten Tag verbrachte ich damit, mir von meinem Kitelehrer Nacho erklären zu lassen, wie man denn nun diesen Kite in der Luft hielt,....ihn nach links schwenkte,...nach rechts,.....mehr Druck auf den Schirm bekam,..usw. Ich ließ somit am Strand stehend besagten Kite mal nach links, mal nach rechts gleiten und stellte mich nicht mal ganz so blöd dabei an. Am zweiten Tag sollte es dann nach nochmaliger kurzer Trockenübung am Strand endlich ins Wasser gehen,....nur es kam nicht so !!!! (an dieser Stelle sollte jetzt so eine Art Katastrophenfilmmusik einsetzen,... diese ruhigen Melodien bei denen man weiß, dass gleich was Schreckliches passiert...also stellt euch das an dieser Stelle einfach mal vor......tamtamtam...düdldüüüü )
....in einen unaufmerksamen Moment verliere ich die Kontrolle über den Schirm,....ein Ruck,....ein Windstoß,.....der Schirm reist mich mit aller Wucht und ohne Gnade in die Höhe,....ca. 2 Meter in der Luft......es wirft mich miiiiiindestens 5 Meter über den Strand.....hart komme ich am Sand auf.....ein Knacken wie wenn dir der Chiropraktiker die Wirbelsäule wieder einrenkt durchzuckt meinen Rücken ,.....ein Schmerz in der Seite ,.......... Rippenprellung!
Die nächsten Tage verbrachte ich dann auf Schmerztabletten im Hostel.
Im Hostel wohnten zu der Zeit ca. 10 Touristen. Geschätzte sieben(!) davon arbeiteten um nichts für die Unterkunft zu bezahlen hinter der hosteleigenen Bar,...gute Idee sagt ihr,...sag ich auch,...so für ein zwei Wochen,.....die meisten von denen waren allerdings schon mehrere Monate im Hostel. Sie verbrachten Ihren Tag mit spät aufstehen, Frühstück, eine Partie Billard, am Pool lesen, danach die Schicht an der Bar mit entsprechendem Alkoholkonsum der dann auch gleich bis in die späten Nachtstunden fortgesetzt wurde,...und das Tag ein Tag aus,.....versteht mich nicht falsch,...ich mein, ich bin auch kein Kind von Traurigkeit und genieße es ab und an mal nix zu tun, ein Gläschen zu trinken usw.,.....aber diese Monatelange Lethargie?...nix für mich.
Auch waren mir die Amerikaner und Australier bissl zuuuuu happy drauf, denn schon in der Früh (man selbst noch total verschlafen *gähn*) wurde man in einem lauten, leicht kreischenden Ton gefragt: "Eeeey maan,...'s uuuup? U've beeen at da Party last night?...wasn't it aaaaawsome.........want to play Billiard....want some beer? Yeaaah man great!!"
Dem noch nicht genug sind viele Touristen in Mancora der einen oder anderen bewusstseinserweiternden Substanz nicht unbedingt abgeneigt.....und wo die Nachfrage, dort auch ein Angebot.....und so fragte mich ein Securitymann (!?!) an mehreren Abenden immer die gleichen drei Fragen:
1. Eyyy, amigo,...como te llamas? (Hallo, Freund,....wie ist dein Name?)
2. De donde eres? (Woher bist du?)
3. Tu quieres?....kokaina,..marihuana,..koks..or something else? (...)
Meine Antwort lautete stets: Matthias - Austria - No, grazias
....hmmm.....trotzdem stellte er mir an den darauffolgenden Abenden stets die gleichen Fragen,....ok, ich hab jetzt auch nicht DAS Namensgedächtnis,... aber eine Woche lang, jeden Abend die gleichen Fragen...?!?.....da sag noch einer kiffen macht nicht blöd
Getoppt wurde das alles jedoch an einem dieser Partyabende,....ich lag an diesem Abend (wie könnte es anders sein) mit Schmerzmittel im Bett ......zwei lustige Amerikaner kamen in den Dorm,...schauten links, schauten rechts,.....schauten auf mich,....und fragten: "Hey man,....'s up?... it's ok for U that we take a line in here?" .....meinen leicht verstörten Blick nahmen sie wohl als stillschweigende Zustimmung auf.....und zwei Schnieflaute weiter verließen die beiden "eingeschneit" und glücklich den Dorm...
Wiederum,...versteht mich nicht falsch,....jeder wie er will,....aber muss das denn soooo offensichtlich sein?.... auf einem Kontinent auf dem Drogenbesitz recht....hmm...sagen wir mal "ungemütlich" bestraft wird?
Naja, ich jedenfalls beschloss an diesem Abend mir am nächsten Morgen ein Busticket für den kommenden Sonntag zu organisieren...
...so blieben mir noch zwei Tage den Kitekurs zu vollenden.
Da es Samstag jedoch mehr oder weniger windstill war wurde die letze Kurseinheit auf Sonntag verschoben. Mit Schmerzmitteln zugedröhnt ging's zur Sicherheit gleich ins Wasser und einige Versuche später glitt ich, den Strand von "Los Organos" südlich von Mancora im Rücken, übers Wasser dahin,.....ein Mordsspass! Ride like the Wind! Juhuuuuu!
....Operation Kitsurfing erfolgreich absolviert!
...nächste Station: Chiclayo
5.9.2011
In Chiclayo kam ich Montagmorgen gut ausgeruht (ich hatte mir einen Bus Cama, also mit Bett, geleistet) an,....schnell ein Ticket Richtung Chachapoyas für die kommende Nacht gekauft verbrachte ich den Rest des Tages damit, durch die Stadt zu streifen und im Vorort Lambayeque das Museo Bruning zu besuchen.
Das Museum zeigte viele recht interessante Artefakte diverser Prä-Inka-Kulturen. Besonders die teils filigranen Schmuckstücke aus Gold und die Töpfereikunst dieser Kulturen ist beeindruckend.....alles tausende Jahre alt....
Chiclayo selbst ist recht nett,....beeindruckend war jedenfalls der Mercado Modelo nördlich des Plaza de Armas. Auf einer Fläche von geschätzten 7 Fußballfeldern (oder mehr) wird an mickrigen Ständen alles Mögliche angeboten: Gemüse, Fleisch, Obst, Elektrogeräte, Souvenirs, Möbel, Installationsbedarf, Schusterarbeiten, Bürobedarf, Brautausstattung, Gasherde, Schmuck, Fisch, Friseur"salons", Nähbedarf, Getreide, Putzmittel...uvm. (die Anordnung der Produkte und Dienstleistungen findet sich übrigens auch ungefähr in dieser Vermengung,...also Friseur neben Fleischstand, Installationsbedarf neben Gemüsestand, usw.)
Am Markt und später in der Stadt viel mir jedoch auch zum ersten Mal so richtig und offensichtlich die Armut und soziale Misere der Menschen in südamerikanischen Großstädten auf,.....ich befand mich im Touristenbereich,....wie musste es erst in den Randbezirken,...in den Slums der Millionenmetropolen zugehen?
Versteht mich nicht falsch,...auch in Europa gibt es Armut,....gerade in Großstätten,...aber ich denke, dass vor Allem in Österreich die Wahrscheinlichkeit "total durch den Rost" zu fallen eher gering ist,....irgendwelche Sozialeinrichtungen bilden immer noch ein letztes Auffangbecken für die Ärmsten in Österreich. Hier ?.........nichts! ...und diese offensichtliche eiskalte chancenlose Armut ist sehr bedrückend, wenn man sie sich offenen Auges betrachtet. Sei es, dass kleine Kinder im Andenhochland bei 10 Grad Außentemperatur frierend vor einem stehen und um Geld, Essen oder Süßigkeiten betteln,....keine Chance auf entsprechende Bildung, Arbeit oder gar sozialen Aufstieg..... oder sei es der obdachlose verwahrloste Penner in den Straßen der Großstädte......kein angenehmer Anblick,...all das führt wiederum zum Nachdenken und Zurechtrücken der eigenen Perspektiven.
Am schlimmsten war da ein Mann,....50 oder 60,....vieleicht auch jünger und nur durchs Leben gezeichnet,....er schlurfte auf seinen aufgeschundene Knien langsam über den verdreckten, stinkenden Boden der Markthalle,.....seine Füße waren verkrüppelte Fleischklumpen,...sein Körper und sein Gesicht von den Qualen seines Lebens gezeichnet.....die Kleidung: dreckig, zerrissen....
"Ich habe geweint weil ich keine Schuhe hatte bis ich einen traf der keine Füße hatte" (Giacomo Leopardi)
....am Marktplatz spricht mich einer der hier überall mit scheußlichem Wassereis herumrennenden Eisverkäufer an....woher ich komme.....wohin ich gehe,.........wir kommen so ins Gespräch. Der Mann,...Anfang 40,....er arbeite immer schon als Eisverkäufer,...habe aber noch andere Gelegenheitsjobs....wo ich denn heute überall war? Ich sag ihm, dass ich den 3 km entfernten Vorort Lambayeque besucht habe,.......hmmm, kennt er nicht! Auch meine weiteren Destinationen Chachapoyas, Cajamarca, sagen ihm nichts,....ja Trujillo, davon hat er schon mal gehört, und Lima, klar!......aber den Rest, kennt er nicht! Ohne Ausbildung fristet der Typ bei einem Scheißjob sein Leben,....nicht mal die nahegelegensten Vorstädte zu kenne geschweigenden jemals besucht zu haben......Reisen würde ihn interessieren,...aber wohin und mit welchem Geld?
Arbeit: Eisverkäufer am Hauptplatz von Chiclayo,
Bildung: keine,
Aufstiegschancen: keine,
Verdienst pro Eis: 2 Soles (50 Cent)
Ein kleiner Junge redet wie seine erwachsenen Kollegen auf mich ein,.....meine Schuhe gehören unbedingt geputzt...."Nein, gehören sie nicht",...."Doch, doch,...die sind ja ganz staubig",...."Das sind Bergschuhe, die gehören so!"....."Nein, nein, Gringo....ich mach sie dir ganz sauber!",...."Nicht nötig, danke!",....."Aber, Señor..."......
Alter: ca. 8 Jahre,
Schulbildung: vermutlich keine,
Beruf: Schuhputzer am Hauptplatz von Chiclayo,
Aufstiegschancen: keine,
Verdienst pro Schuhputzern: 1 Sol (25 Cent)
Ein Mann mittleren Alters sitzt in der Einkaufspassage....vor ihm am Boden....eine Personenwaage, sonst nichts.
Diesem Beispiel werde ich in Peru noch öfter begegnen,....keine Waren zu verkaufen, keine Dienstleistung gelernt die man anbieten könnte,....vieleicht macht man ja einige Soles in der Straße mit Menschen die im Vorbeigehen ihr Gewicht wissen wollen.
Alter: ca. 50
Bildung: vermutlich keine
Beruf: Bereitstellung von einer Personenwaage in der
Fußgängerzone
Aufstiegschancen: keine
Verdienst pro wägen: 50 Centabos (halber Soles=12 Eurocent)
Von diesen Beispielen verstört schlurfe ich nachdenklich über den riesigen Markt.....auch hier,...die Standbesitzer sitzen vor dem eigenen Stand, mit teils leeren Augen, vor sich hinstarrend, auf Kundschaft wartend die aufgrund der Überzahl der branchengleichen Stände ausbleibt. Zwischen den Ständen in diesem Bereich ist es düster,....die Luft steht,...ein leicht süßlichen Gestank des Fleischstandes gegenüber hängt in der Luft,....und das Tag ein Tag aus,.....aber sie haben es wohl noch besser getroffen als manch anderer.......
....ein normaler Tag in Chiclayo.....für mich?......prägend!
Bis zum nächsten Mal
Matthias
Aufbruch: | 15.06.2011 |
Dauer: | 24 Monate |
Heimkehr: | Juni 2013 |
Cotopaxi
Peru
Bolivien
Chile
Argentinien
Paraguay
Uruguay
Brasilien
Österreich