Großbritannien - querbeet
Wenn Wassersportler mit dem Wohnmobil unterwegs sind, kann das nur spannend werden...
Begleitet uns auf unserer Reise mit dem Wohnmobil durch England, Cornwall, Wales und Schottland.
Dackel versus Ente
Wir sind Wassersportler. Wir waren immer Wassersportler und wir werden immer Wassersportler bleiben.
Seit unserem Ruhestand sind wir jedes Jahr ungefähr sechs Monate mit unserem Motorboot "Beluga" auf Europas Gewässern unterwegs. Wir waren schon nahezu überall, haben beinahe alles gesehen, was man mit einem Motorboot von Belugas Größe und Bauart erreichen kann. Wir sind die Donau bis ins Schwarze Meer gefahren, haben Südeuropa umrundet, kennen alle französischen Flüsse und Kanäle. Wir haben Holland und Belgien erkundet, kennen die wundervollen Reviere Ostdeutschlands, haben Moldau, Elbe und Oder befahren, von den heimischen Flüssen wie Rhein, Main, Neckar und Mosel gar nicht erst zu reden. Auf Binnenwasserstraßen gibt es für uns kaum mehr Neues entdecken. Doch unser Abenteuer-Such-Gen ist noch lange nicht befriedigt.
Wir, das ist Manfred, 72 Jahre alt, mit zwei rechten Händen und dem Herz eines Löwen. Und ich, Doris, 65, habe die restlichen Hände und mache aus meinem Herzen selten eine Mördergrube.
Es gibt viel Land zwischen Flüssen und Kanälen, das wir nicht kennen. Da wir beide eine Abneigung gegen Hotels und sonstigen Massentourismus und Leben aus dem Koffer haben, gab es nur eine Alternative. Doch eigentlich wollte ich nie mit einem Wohnmobil die Straßen verstopfen. Wir haben schon vieles getan, was wir nie vorher getan oder nie gewollt haben. Warum also jetzt damit aufhören. Wir hatten ganz genaue Vorstellungen wie unser Wohnmobil aussehen soll. Manfred lehnte kategorisch einen Alkoven ab. "Nasenbär kommt mir nicht ins Haus!" Ich bestand auf einer Beifahrertür. "Ich will aussteigen können, ohne erst durch den ganzen Wagen zu krabbeln". Hubbett, Stockbett oder Doppelbett von gerade mal 1,40 m Breite, wo bei der nächtlichen senilen Bettflucht einer über den anderen krabbeln muss, um sich dann noch die Bandscheiben auf einer Leiter auszurenken, lehnten wir beide ab. Also mussten es getrennte Betten werden. Ein teilintegriertes Modell und sehr lang durfte es auch nicht sein. Sechs Meter wären genau richtig gewesen. Außen ein Kleinbus, innen ein Bungalow, das wärs. Dass dies alles viele Kompromisse erforderte, das war uns klar. Schließlich waren wir als junge Leute mit Paddelboot und Zelt unterwegs, später mit winzigen Jollenkreuzern. Ob wir dann die richtige Entscheidung getroffen haben, wird sich erst noch herausstellend.
Jetzt sind wir also erst mal auf den Hund, sprich Knaus Sun Ti, gekommen. Natürlich ist er länger als erhofft, schon wegen der langen Betten. Von der Ente zum Dackel. Zwischen diesen beiden liegen platzmäßig Galaxien. Nun, damit müssen und können wir uns arrangieren. Allerdings muss ich alles über Bord werfen, was mir auf dem Boot irgendwann als unabdingbare Voraussetzung erschien. Niemals käme meine Wäsche in eine Maschine in der vorher ganz sicher die Beulenpest zu Hause war. Aus unserer Seglerzeit sind mir Gemeinschaftsduschen und -Waschräume noch immer in alptraumhafter Erinnerung. Eine gut ausgestattete Küche mit einem ordentlichen Spülbecken, Backofen, usw. bei der Ente Alltag, beim Dackel ein Wunsch. Beluga ist eine schwimmende Zweitwohnung, von der Ausrüstung bis zur Wohnqualität. Ob wir mit 23 Tonnen oder 25 Tonnen unterwegs sind, das macht kaum einen Unterschied. Natürlich ist mir durchaus klar, dass alle meine Wünsche auch in einem Womo erfüllbar wären. Nicht aber für unseren Geldbeutel und nicht für den Zweck, für den wir das Womo nutzen wollen.
Noch sind wir flexibel genug. Wir reisen einfach mit kleinem Gepäck. Aber mit dem Gewicht gibt's dann doch wirkliche Probleme. Als wir die Technik aufgestockt hatten, zweite Batterie, zweite Gasflasche, Luftfederung, und als wir gepackt hatten, von der Kleidung über Fernseher, bis zum Gasgrill, waren wir bereits voll ausgelastet, obwohl meine Schränke eigentlich leer waren. Und ohne mein zusätzliches Fliegengewicht, ohne Fahrräder und ohne ein einziges Buch. Dabei habe ich jeden Gegenstand sehr sorgfältig ausgewählt, überlegt, ob ich ihn wirklich brauche und mit wie vielen Pfunden er zu Buche schlägt. Um jedes Stück, das einem von uns wichtig vor kam, haben wir gefeilscht. Brauchen wir mehr als zwei Gläser? Brauche ich wirklich ein Kistchen meines Lieblings-Weins, wenn Manfred großzügig auf seinen Roten verzichtet? Wieso nehmen wir eine fahrbare Einkaufstasche mit? Braucht jeder sein eigenes Shampoo und Duschgel? Statt bergeweise Handtücher und Waschlappen einzupacken, bin ich auf Einweg- und Feuchttücher ausgewichen. Von übertriebener Vorratshaltung habe ich mich völlig verabschiedet. Dosenzeug essen wir weder an Bord von Beluga noch zu Hause, also auch nicht an Bord des Dackels. Es gibt allerdings eine gewisse Grundausstattung, ohne die geht es (für mich) einfach nicht, beginnend mit der elektrischen Zahnbüste und beim Laptop nicht zu Ende.
Das Problem des Überladens ist nicht unbedingt der Strafzettel. In Deutschland wäre das noch zu verkraften, die Franzosen schlagen schon kräftig zu, doch das Übel ist, dass das Gefährt überladen nicht weiterfahren darf. Das heißt, dass man sich von irgendetwas trennen muss. Aber was? Ich möchte weder meine neuen Campingstühle noch Klamotten irgendwo in einen Container werfen.
Also gab es nur zwei Möglichkeiten, entweder ich bleibe zu Hause, oder wir lasten auf. Wir haben uns für die letzte Möglichkeit entschieden und schweren Herzens, wegen all der vielen Nachteile, auf 4 Tonnen aufgelastet und ich habe mir einen e-book-reader zugelegt.
Es wird sich schnell herausstellen, ob wir auf dem richtigen "Dampfer" sind.
Knaus Sun Ti
6,80 m lang, 2,30 m breit und 2,80 m hoch, nicht mehr ganz jung, genau wie wir
unser Womo
Aufbruch: | Mai 2012 |
Dauer: | circa 5 Wochen |
Heimkehr: | Juni 2012 |
Belgien
Frankreich