Großbritannien - querbeet

Reisezeit: Mai / Juni 2012  |  von Doris Sutter

Nottingham, Coventry, Warwick

Nottingham

03.06. Trotz des happigen Preises darf man auch noch 20 Pence für warmes Wasser in die Dusche werfen. Wir haben jetzt viele Campsites gesehen, aber so ein ungepflegtes Toilettenhaus war bis jetzt nicht dabei. Da ich immer meine Badeschuhe anlasse, kann mich das nicht wirklich nerven. Eher dass ich in strömendem Regen zum Duschen gehen muss. Denn es regnet auch noch den Rest vom Tag, wie es das auch die ganze Nacht getan hat. Wir fahren nach Nottingham, immer mit der Hoffnung, dass heute Sonntag ist und wenig Verkehr und hoffentlich auch irgendwo ein Parkplatz frei. Ein Irrtum. Der Verkehr ist ungeheuerlich. Alle Geschäfte haben geöffnet. Wir lassen uns vom Verkehr durch die Stadt schieben, haben keine Chance einen Parkplatz zu finden. Alles ist zugestopft, die Einfahrten der Parkplätze sind mit einer Barriere verschlossen und/oder für uns zu schmal.
Auf Befehl von Wilhelm dem Eroberer wurde im Jahre 1068 auf einem 40 Meter hohen Sandsteinfelsen ein Schloss errichtet. Die Holzkonstruktion wurde nach einigen Jahrzehnten durch ein Gebäude aus Stein ersetzt. Um das Schloss herum wuchs die Stadt heran. Das Höhlensystem wurde ständig erweitert, dort wohnten die Armen, die vor allem in den Gerbereien beschäftigt waren. Eines der Pubs, die in den Fels gehauen sind, das "Ye Olde Trip to Jerusalem Inn", stammt aus der Zeit der Kreuzzüge und behauptet von sich, das älteste in Großbritannien zu sein. Die Legende von Robin Hood tauchte erstmals im Mittelalter auf. Er lebte angeblich im Sherwood Forest nördlich der Stadt, der Sheriff von Nottingham soll sein größter Gegner gewesen sein. Die Legenden sind zwar größtenteils frei erfunden (vor allem die Details), dennoch dient Robin Hood vielen ortsansässigen Unternehmen als Werbeträger.

Castle

Castle

das soll das älteste Pub Englands sein

das soll das älteste Pub Englands sein

so kann man Nottingham auch erleben - danke Günther für das Sonnenbild

so kann man Nottingham auch erleben - danke Günther für das Sonnenbild

Von der Brücke über den Trent haben wir einen super Blick auf den Hafen. Er ist vollgestopft mit Narrowboats. Dabei dachte ich, alle wären heute auf der Themse bei der Boots-Parade für die Queen. So richtig reißt uns Nottingham aber nicht vom Hocken, also gehen wir bei immer noch strömendem Regen erst mal genüsslich einkaufen. Natürlich kann Manfred einem Cote de Bœuf nicht widerstehen. 14 Pfund fürs Kilo ist sehr preiswert und das Fleisch herrlich marmoriert, also... 1,5 kg, bisschen knapp für uns zwei...Die großen Supermärkte Sainsborough oder Tesco sind ein Knaller, ähnlich den Hypermarchés in Frankreich. Mit drei Einkaufswagen aneinander vorbei fahren geht völlig ohne Probleme. Die Auswahl an Lebensmittel ist enorm und international. Hätten wir nicht ständig Regen würde ich vor unserem Abschied gerne noch mal so ein dickes englisches Huhn kaufen zum Grillen. Es sieht nackig und tot schon zum Anbeißen aus.
Es mangelt mir ganz furchtbar an Selbstbeherrschung. Kaum kommt eine Versuchung des Wegs, verfalle ich ihr mit Haut und Haaren und ohne mit der Wimper zu zucken. Wäre ich doch etwas weniger unmoralisch, dann hätte ich auch eine Figur. Natürlich gönnen wir uns auch eine Schokolade von Cadbury. Nicht lila, blau verpackt. Unverkennbar.
1824 eröffnete der Quäker John Cadbury (1802-1889) in der Bull Street in Birmingham ein Geschäft für Tee und Kaffee. Ab 1831 kam die Herstellung von Trinkschokolade und Kakao hinzu. Als Quäker war Cadbury ein entschiedener Gegner des Alkohols und propagierte unter der Arbeiterklasse, statt Alkohol lieber Tee, Kaffee und Schokolade zu konsumieren. Auf diese Weise gelang es ihm, ein Schokoladenimperium aufzubauen.
Apropos Kaffee. Angeblich wäre der britische Kaffee ja ungenießbar, weshalb sie überwiegend Tee trinken. Stimmt so nicht. Wir haben Pulverkaffee gekauft, der war sehr viel leckerer als bei uns.
Enorm finde ich die Selbstbedienungskassen. Hier schiebt man selber seine Ware übers Band und schiebt anschließend seine Bankkarte ins Lesegerät und fertig. Toll, wenn man nicht viel eingekauft hat und sich nicht in eine Schlange einreihen will.
Was allerdings völlig ungenießbar für mich ist, ist Marmite. Ein schwarzer Brotaufstrich, ich denke mal aus eingedicktem Maggi und Schafskacke. Auch die Engländer verfallen hier in zwei Lager: pro und contra. Love it or hate it.
Allerdings.... Einem hartnäckigen modernen Mythos zufolge schützt der Verzehr von Marmite vor Stechmücken, da die Haut angeblich einen für Menschen nicht wahrnehmbaren, aber für Mücken unangenehmen Geruch abgeben soll. Aus diesem Grund führen einige britische Reisende in den Tropen Marmite zum Verzehr mit sich, obwohl es keinerlei wissenschaftliche Grundlage für die vorgebliche Schutzwirkung von Hefeextrakten gibt. Vielleicht kaufen wir es ja beim nächsten Mal, wenn wir nach Schottland fahren und uns die Midges überfallen sollten und reiben uns damit ein.

Wir setzen uns auf die Autobahn Richtung Coventry.
Ich möchte gerne die Statue von Lady Godiva fotografieren, doch auch hier erwartet uns das gleiche Szenario. Irrer Verkehr, alles verstopft, kein Parkplatz.
Lady Godiva (etwa 1040-1080), angelsächsische Adelige, war die Frau Leofrics, des Grafen von Mercia. Der Legende nach bat sie ihren Mann die hohen Steuern, die er seinen Untertanen in Coventry auferlegt hatte, zu senken. Er willigte unter der Bedingung ein, dass sie nackt durch die Stadt reite. Sie tat dies, wobei sie ihre Nacktheit mit ihrem langen Haar verhüllte. Die Bürger erhielten den Befehl, dass sie in ihren Häusern hinter geschlossenen Läden zu bleiben hätten. Nur ein Schneider, der später Peeping Tom genannt wurde, spähte durch ein Fenster und erblindete sofort. Die älteste Form der Legende wurde von Roger of Wendover (1236) in Flores Historiarum niedergeschrieben. Die Version der Geschichte, die heute bekannt ist, findet sich in Rapins History of England (1723-1727). Die Episode mit Peeping Tom wurde der Geschichte erst unter Karl II (1630-1685) hinzugefügt. 1678 wurde im Rahmen des Jahrmarktes in Coventry ein Fest zu Ehren Lady Godivas eingeführt, das bis zum heutigen Tag gefeiert wird. Immerhin hat Leofric, vom Mut seiner Frau beeindruckt, daraufhin alle Steuern erlassen, außer der auf Pferde.

Ruine der Cathedrale

Ruine der Cathedrale

Ein paar Fotos schießen bei Sintflut, weiter nach Warwick. Das Castle muss ein Knaller sein, doch wir kommen nicht ran. Der kleine Ort ist sehr niedlich, sehr vollgestopft, es schüttet wie aus Kübeln. Ich bin jetzt ein bisschen gefrustet. Wir lassen Oxford aus und fahren nach Winchester. Der Caravan- und Camping-Club würde 29,90 Pfund kosten, doch sie nehmen unsere Internationale Camping-Card vom ADAC und so sind wir mit 19,90 Pf dabei. Und wir sind in Südengland. London ist ziemlich nahe und damit der Zirkus um die Queen noch dramatischer. Es beruhigt mich ein bisschen, dass auch die königliche Familie im Regen steht.

© Doris Sutter, 2012
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Wenn Wassersportler mit dem Wohnmobil unterwegs sind, kann das nur spannend werden... Begleitet uns auf unserer Reise mit dem Wohnmobil durch England, Cornwall, Wales und Schottland.
Details:
Aufbruch: Mai 2012
Dauer: circa 5 Wochen
Heimkehr: Juni 2012
Reiseziele: Großbritannien
Belgien
Frankreich
Der Autor
 
Doris Sutter berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Doris sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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