Großbritannien - querbeet
Eilean Donan Castle
18.05. Morgens um halb sechs Ortszeit schaue ich auf den Wecker und oh Wunder... es regnet... immer noch. Das Thermometer zeigt 2 Grad und auf dem Ben Nevis liegt Schnee. Sie hatten den ganzen Winter keinen Schnee. Aber jetzt sind ja wir da. Als ich den Kopf aus dem Womo strecke, schwebt mein Atem in der eisigen Luft. Bei dieser Kälte verzichte ich dankend auf eine Dusche und aktiviere den Waschlappen. Wir setzen unsere Fahrt fort Richtung Inverness, dann biegen wir links ab und besuchen Eilean Donan Castle. Die Fahrt dorthin ist ein Märchen. Auf der einen Seite schroffe hohe Berge, deren Gipfel schneebedeckt sind, auf der anderen Seite tief eingeschnitten Seen, Flüsse, Bäche. Man kann diese vielen Eindrücke der Superlative kaum beschreiben.
. Je näher wir der Küste kommen, desto heller wird es und als wir das Castle erreichen scheint sogar die Sonne. Die Burg auf einer kleinen Insel im Loch wurde Anfang des 20.Jh. renoviert und wir besuchen sie natürlich. 10 Pf für Senioren, kein Pappenstiel. Natürlich gibt es außer der Küche kaum etwas Außergewöhnliches zu sehen, doch die ist wirklich ein Highlight. Sogar ein Kochbuch ist ausgestellt. Es hat mehr als drei Blätter, wie mein Liebster immer behauptet hat. Wir nehmen den gleichen Weg durch das einmalige Tal zurück, besichtigen Fort Augustus und die dortige Schleusentreppe und fahren dann nur ein kurzes Stück zum einzigen Campingplatz am Loch Ness. Meine Karten wollen sie natürlich nicht, sie wären auch so billig. 19 Pf verlangt der Abkömmling von Nessie. Doch wir stehen direkt am Loch und das ist es wert. Natürlich regnet es bereits wieder.
Die urige Landschaft Schottlands lässt mich auch die Rituale der Highländer besser verstehen. Wenn Kelten im alten Glauben heirateten, beginnen sie das Handfasting-Ritual. Mit einem Freundschaftsband wurde ihre Hände zusammengebunden und sie versprachen sich ein Jahr und einen Tag lang die Ehe und waren verheiratet. War die Ehe unfruchtbar oder sie konnten sich nicht zusammenraufen und verstanden sich nicht, dann konnten sie einfach wieder auseinander gehen. Find ich sehr praktisch.
An Weihnachten hatten die Schotten ein ganz besonderes, heidnisches Ritual. Es wurde ein Holzscheid geschnitzt, das Ähnlichkeit mit einer hässlichen alten Frau hatte. Die alte Frau Weihnacht stand für die beiden Übel Winter und Tod. Wurde sie verbrannt, war für das neue Jahr alles Böse gebannt. Wahrscheinlich ist unser Böllern und Schießen an Sylvester aus so einem Ritual entstanden. Wir haben die alte Frau Weihnacht einfach erschossen?
Unterhält man sich mit echt schottischen Ureinwohner, kommt man in den Genuss wahrer Horror Geschichten. Die Geschichte eines Chief, der einen anderen Chief eingeladen hatte, zum Beispiel.
Zum Festmahl dekorierte er die Tafel mit dem abgeschlagnen Kopf dessen Sohnes. Schaut man dann ein wenig mokiert, erfährt man gleich noch die Geschichte eines Hochlandchiefs, der seinem Gegner die Kehle abgebissen hat und hinterher versicherte, nie einen besseren Bissen gekostet zu haben. Auch ein sympathischer Zeitgenosse war ein Chieftan der MacLeans, der seiner jungen Gemahlin überdrüssig war und sie auf einer Sandbank aussetze, die regelmäßig von der Flut überspült wurde.
Oder jener MacDonald, der mit seinem Bruder um die Wette schwamm, um zuerst seine Hand als Zeichen der Herrschaft auf die vor ihnen auftauchende Insel zu legen. Als er gewahr wurde, dass sein Bruder der bessere Schwimmer war, hieb er sich die linke Hand ab und warf sie mit der Rechten ans Ufer.
Ich kann aber jeden Leser beruhigen, bis jetzt gingen weder unser Kopf noch Hals getrennte Wege. Und die Hände in unserem Geldbeutel sind auch nicht blutig, nur gierig.
Aufbruch: | Mai 2012 |
Dauer: | circa 5 Wochen |
Heimkehr: | Juni 2012 |
Belgien
Frankreich