Madagaskar - wo der Pfeffer wächst oder die Pest ausgebrochen ist

Reisezeit: Dezember 2014  |  von Herbert S.

Nationalpark Ranomafana

Die Nacht war unterbrechungssreich, da der Zimmerventilator nur max. 120 min läuft, und bis gegen 3 Uhr die Luft zu stickig war, um in Ruhe zu schlafen. Da hieß es raus dem Moskitonetz, Ventilator an, wieder unter das Netz. Wie in den letzten Tagen mache ich kurz nach 6 Uhr einen Rundgang für ein paar schöne Fotos.

Nach dem Frühstück geht es schon um 8.00 Uhr zum Eingang des Ranomafana National Parks.

Parc National de Ranomafana
Das Urwaldareal (nach Isalo und Masoala mit 43.500 ha das drittgrößte geschützte Gebiet Madagaskars) wurde am 31. Mai 1991 mit Hilfe internationaler Naturschutzverbände und Forschungsinstitute zu einem der interessantesten und bestorganisierten Nationalparks des Landes gemacht. In seinem üppigen Bergregenwald beherbergt das Reservat zahlreiche bemerkenswerte Tier- und Pflanzenarten. Unter Biologen erlangte es Berühmtheit, als im Jahr 1986 der deutsche Forscher Bernhard Meier - für ihn selbst und alle Fachleute überraschend - einen bisher unbekannten Lemuren entdeckte, den Goldenen Bambuslemur (Hapalemur aureus).
Vor allem amerikanischer Entwicklungshilfe in den 1990er Jahren (USaid) ist es zu verdanken, dass der Park wenige Jahre nach seiner Einrichtung der Bevölkerung im unmittelbaren Umland zu einem bescheidenen Wohlstand verholfen hat. Er stellt eine wichtige Einkommensquelle dar, und den früher nomadisch von der Brandrodung kleiner Waldhänge lebenden Tanala beginnt bewusst zu werden, dass diese Quelle bei weiterer Brandrodung versiegen würde. Es gibt inzwischen rund fünfzig, davon zehn weibliche, von Madagascar National Parks (ehemals ANGAP) anerkannte Guides.
(aus KnowHow)

Unser Guide von gestern erhält noch Unterstützung von einem männlichen Part, der voranläuft um die Stellen zu finden, an den man Lemuren sehen kann. Ausgerüstet mit langärmeligen Hemden und Gummi um die Hosen zur Vermeidung von allzu starker Blutegelversorgung geht es zunächst steil hinab bis zum Fluß,

den wir auf einer Brücke überqueren und Blick auf eine Wasserschnelle haben. Am Wegesrand gibt es zahlreiche interessante Pflanzen (Pilze von der ganz kleinen Sorte) und auch Tiere wie Raupen in bunten Farben. Vom Fluß geht es dann zunächst noch über Steintreppen und je weiter man sich von Eingang entfernt über Stock und Stein steil aufwärts.

Die Wegweiser sind offensichtlich nur für Insider gedacht, denn auch Steinmarkierungen wie z.B. 'PM1150' sind nicht zu deuten.

Doch auf einmal kommt das Signal: der erste Lemur ist gesichtet. Fotos machen ist natürlich ausgesprochen schwer, da sie meist in den Wipfeln sitzen. Man kann sie zwar beobachten, für Fotos sind meist Äste davor, die ein Scharfstellen unmöglich machen - und dann kommt hinzu, wenn man die Bildschärfe eingestellt hat, verschwindet das Tier auf den nächsten Ast.

kleiner Bambuslemur (1,5 kg)

kleiner Bambuslemur (1,5 kg)

ohne Guide wäre an diesem Chamäleon vorbeigelaufen

ohne Guide wäre an diesem Chamäleon vorbeigelaufen

Die von zwei Männern aus USA und Deutschland gefundene Lemurenart können wir nur sehen. Am Wegesrand sind wilde Orchideen zu sehen, obwohl die eigentliche Blütezeit erst im Mai sein soll.

An einem Baumstamm kleben sozusagen Trauben von Früchten, die nach dem Aufbrechen erst befruchtet werden können.

Natürlich haben hier die Schmarotzerpflanzen gute Bedingungen und nisten sich in Astgabeln o.ä. ein. Auf einem riesigen Agavenblatt? sitzt ein winziger Frosch, der erst beim genauen Hinzeigen erkannt werden kann. Ohne Guide wäre man achtlos daran vorbeigegangen.

Die ersten Blutegel zeigen sich auf Schuhen, Hosenbeinen und Socken. Rina nimmt einen auf die Hand - winzig klein und dünn, bewegen sie sich fort, indem sie das Hinterteil durch Körperkrümmung weit weg absetzen und sich dann wieder strecken.

'hungriger' Blutegel

'hungriger' Blutegel

Einige aufgestellte Steine scheinen Grabsteine der Tanalas zu sein. Im Primärwald können wir dann die großen Lemuren in den Baumwipfeln sehen, wenn wir sie denn finden vor lauter Ästen und Bambusstämmen.. Und dann ist auch nur meistens ihr Hinterteil zu sehen.

Wir durchqueren einen Fluß und langsam macht mir mein Rücken zu schaffen und auch die zahlreichen knüppelharten Aufstiege knapsen an meiner Kondition.

Nach gut 3,5 Stunden erreichen wir einen Aussichtspunkt, von dem es - Gottseidank - nur noch 40 min zum Eingang sind. Unser Rundgang ist lt. Guide etwa 6 km lang gewesen. Aber mit normalem Maßstab ist dies auch nicht zu messen.

Auf den letzten Metern zum Ausgang entdeckt Ulrike Blut auf ihrem Jeanshemd, ob per Tier oder Ast verletzt, weiß sie nicht. Doch wird sie von fachfraulich verarztet. Danach geht es zurück zum Hotel, wo wir völlig verschwitzt und stinkend an einen Tisch stürzen, um eine Cola zu uns zu nehmen. Da Ulrike leichte Hungergefühle verspürt, teilen wir uns eine Gemüsesuppe und verziehen uns dann auf unser Zimmer.

Dort entdeckt Ulrike, dass ein Schuh völlig rot von Blut ist. Sie holt beim Ausziehen 3 Blutegel aus dem rotfarbigen Socken. Alle drei sind kugelrund und wohl ernährt und werden umgehend nach draußen befördert.

'gesättigter' Blutegel

'gesättigter' Blutegel

Die Dusche ist eine Wohltat und auf dem Bett schlafe ich nach einem starken Kaffee sofort ein, während Ulrike noch eine Suche nach Magnesiumtabletten in unserem Gepäck startet. Nach ihrer Dusche verarzten wir sie mit zahlreichen Pflastern und machen wirklich ein Nickerchen. Von dem angesetzten Spaziergang ins Dorf haben wir uns abgemeldet. Das war eine gute Idee.

Genau zu diesem Zeitpunkt setzt nämlich der enorme tropische Regenfall ein, ich will die angenehme Temperatur auf der Terrasse nutzen, muß mich aber immer weiter zurückziehen bis ich schließlich in der Türe zum Zimmer sitze, um nicht naß zu werden. Trotz des 3. Kaffees bin ich immer noch durstig und beschließe in einer Regenpause auf die Hotelterrasse zu gehen um ein Bier zu genießen. Das Bier ist kühl und mehr braucht man nicht - Gegen 17.00 Uhr sehe ich jemanden zu unsrem Zimmer laufen und erkenne Rina, die das Abendessen bestellen will. Dazu kommt sie auch zu mir, und sie nimmt sich die Zeit ausführlich mit mir zu reden. Ich bin erfreut über diese 'Störung', die mich zwar von der Restberichterstattung etwas abhält, auf der anderen Seite auch einiges von ihr selbst preisgibt.

Noch eine halbe Stunde und die Tropische Dunkelheit überkommt uns und wir treffen uns zum Abendessen in einem anderen Restaurant. Im Le Gazet - das Lokal erinnert mich ein wenig an das Restaurant bei unserem ersten Ferienhaus in Drôme - es gibt Kartoffelsalat/ Fisch, Zebu/ flambierte Ananas. Letzere ist so alkoholisiert, dass man sie auspusten muß. Zum guten Schluß gibt es noch für jeden einen Ingwerrum.

© Herbert S., 2015
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Der Plan steht schon länger - in den zweitgrößten Inselstaat der Welt. Aber sollen uns die Moskitos stechen, hilft die Malariaprophylaxe? Nun ist auch noch die Pest ausgebrochen. Die USA haben aber Levofloxacin als Beulenpest-Medikament freigegeben. Die Entscheidung ist gefallen - wer was sehen will, muß fühlen? Außerdem geht es aus dem deutschen Schmuddelwetter raus.
Details:
Aufbruch: 12.12.2014
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 31.12.2014
Reiseziele: Madagaskar
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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