Chile und Patagonien - Wohin der Wind uns weht
Canales Patagónicos
Unsere Tickets für die Fährfahrt nach Südpatagonien hatten wir knappe zwei Wochen zuvor schon im Internet bestellt und uns dabei für eine Grosskabine entschieden. Wie uns mehrere Leute berichtet hatten, sei das völlig ausreichend, da man sich dort sowieso nur zum Schlafen aufhalte und für sein Gepäck hätte man einen Spind.
Also mussten wir an diesem Montag Vormittag nur zum Check-In ins Büro von Navimag. Dabei werden einem erst die konkreten Betten zugewiesen, was nach dem Motto "Wer zuerst kommt mahlt zuerst" funktioniert. Dem entsprechend waren wir kurz nach 9.00 Uhr da, bekamen auch zwei Fensterbetten oben und konnten auch gleich unser Gepäck aufgeben.
Bis um 14.30 das Boarding begann schlenderten wir ein wenig durch die Stadt, erledigten noch dies und jenes und besorgten uns vor allem Bücher für die drei Tage und Nächte auf dem Schiff. Im Wartesaal vor dem Boarding herrschte schon reges Treiben, als wir um halb drei dort einliefen.
In aller Ruhe und Gelassenheit wickelten die Chilenen alle Passagiere ab und auch wir gingen bald an Bord. Wenig später legten wir auch schon ab. Da waren wir also, auf der Südroute der "RoRo Magellanes".
Auch wenn auf diesem Schiff Passagiere mitfahren, handelt es sich doch um eine Fähre, mit der hauptsächlich Güter transportiert werden. Dementsprechend erwarteten wir auch kein Kreuzfahrtschiff mit fünf Sternen. Wie wir später erfuhren, sahen das einige der Passagiere anders und waren nur am Meckern. Egal, uns gefiels loszufahren.
An Board stellten auch wir fest, dass die Kabinen völlig ausreichend sind. Der einzige Unterschied zu den teureren Vierer-Kabinen ist, dass man dort ein Privatbad hat und keine Duschen und Toiletten mit 22 anderen Passagieren teilt, was aufgrund der vorhandenen Installationen stressfrei ist. Und sauber war es auch.
Zeitvertreib hätten wir auch haben können, da man sich z.B. täglich mehrere Filme anschauen konnte oder Informationen zu kulturellen Themen von der freundlichen Crew erhielt. Das brauchten wir aber alles nicht, da uns die stetig wechselnde Szenerie draussen in Verbindung mit den permanenten Wetterumschwüngen ganz in Ihren Bann zog.
Am nächsten Vormittag wurden wir von der Crew über den Tageshöhepunkt aufgeklärt: Für insgesamt zwölf Stunden würden wir die stillen Kanäle verlassen und auf die offene See fahren. Davon gingen sechs Stunden über den Pazifik und weitere sechs Stunden über den berüchtigten "Golfo de Penas": den Golf der Leiden. Es war zwar gutes Wetter vorausgesagt. Trotzdem empfahlen die Guides all jenen mit empfindlichen Mägen eine Pille gegen Seekrankheit zu nehmen.
Heroisch wie wir waren schlugen wir dieses Angebot aus.
Als die Schaukelei begann, fanden wir das ganze auch noch lustig. Schliesslich fühlte es sich an wie in der Berg- und Talbahn. Vor allem als das Schiff bei schönstem Wetter auf die Wellen aufschlug, die Gischt meterhoch spritzte und sich aufs Deck ergoss, machte uns die Fahrt noch Spass.
Aber mit dem baldigen Umschlagen des Wetters ging auch unser Wohlbefinden langsam über die Reeling. Nein, wir haben die Fische nicht gefüttert, aber das ein oder andere Mal waren wir beide kurz davor. Nichtsdestotrotz assen wir zu Abend, anders als viele Andere.
Wir hatten aber bald erkannt, dass wir die Schaukelei in der Koje liegend am besten überstehen würden. Und da lagen wir nun und unterhielten uns stundenlang, während das Schiff unter dem Druck des Meeres ächzte und trotz seines Gewichts zum Spielball der Wellen wurde.
Schliesslich waren sie überstanden diese 12 Stunden mit 6m hohen Wellen, die - wie wir am nächsten Morgen beim "Apell" erfuhren - auf der Unwetterskala (von 1 - 12) eine Sieben bekommen hatten.
Die See war nun wieder ruhig, denn die Magellanes glitt wieder durch das Labyrinth der Kanäle. Doch nach und nach wurde es kälter und auch Stück für Stück immer windiger.
Die Farbe des Wassers änderte sich ebenfalls. Aus dem Dunkelblau wurde erst ein Dunkelgrün. Das Grün wandelte sich in ein nebliges Türkis des unbehandelten Edelsteins, um schliesslich das aschfahle Grau eines abgetragenen, an den Ellenbogen abgewetzten Trenchcoat anzunehmen. Diese Farbe sah kalt aus und das muss es auch gewesen sein, denn schon schwammen einige Vorboten des grössten Gletschers Südamerikas an uns vorbei.
Der grösste Gletscher Südamerikas ist der Glaciar Pius XI, dessen Zunge mit gewaltigen 80 Metern Höhe und mehr als 2 km Breite in einen Fjord drückt.
Dieses war der eigentliche Höhepunkt des Tages, nachdem am Vormittag der Landgang in Puerto Edén gescheitert war. Dort hatten wir nur einige Boote bei der Rückfahrt an Land beobachten können.
Diese hatten neue Passagiere auf die Magallanes gebracht, so dass wir nun voll besetzt in Punta Arenas einlaufen würden.
Nach dem vielen Lesen, Schauen und Staunen über das wechselhafte patagonische Wetter waren wir ganz begeistert, dass der letzte Abend mit dem "besten Bingo Patagoniens" und einer Party etwas Abwechslung brachte.
Nach einem kurzweiligen Abend und einer weiteren ruhigen Nacht sollten wir am Morgen gegen 10.00 Uhr an unserem Ziel - Puerto Natales - ankommen. Kurz vor unserem Einlaufen wurden wir dann auch noch von einigen Delfinen begrüsst.
Der Rest war dann Formsache und wir liessen unser schwimmendes Domizil hinter uns, um unsere nächsten Etappen wieder zu Fuss in Angriff zu nehmen.
Aufbruch: | 01.12.2006 |
Dauer: | 10 Wochen |
Heimkehr: | 09.02.2007 |
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