Chile und Patagonien - Wohin der Wind uns weht
Santiago de Chile (Teil 2)
Wir marschierten also am Abend zum Busterminal der von uns gewählten Gesellschaft, um dort unsere Nachtfahrt nach Santiago anzutreten. Endlich konnten wir mal wieder eine lange Strecke des nachts zurücklegen, so dass wir den Grossteil der Fahrt schlafend verbringen würden.
Die Abfahrtszeit kam, aber der Bus kam nicht. Und vom Personal hiess es auf Nachfrage erst einmal nur: "Noch 20 Minuten." Wir warteten die 20 Minuten, aber noch immer war kein Bus in Sicht. Nur die Antwort von den Angestellten blieb die gleiche: "Noch 20 Minuten!" Natürlich verstrichen auch diese, ohne dass unser Bus eintraf. Dann sickerte so langsam die Information durch, dass der Bus technische Probleme habe und man nicht wisse, wie lange es dauere. Moment, kannten wir so ähnliche Geschichten nicht schon? Hatten wir nicht sogar schon derartiges erlebt? Da war doch diese Fahrt gewesen: 600 km in 17 Stunden. Wir wollten ja nicht den Teufel an die Wand malen, aber wenn sich das wiederholen sollte, hiesse das bei 1100 km von Puerto Varas nach Santiago +/- 30 Stunden. OH, Bitte nicht!
Nach einer weiteren Wartezeit, in der wir uns hauptsächlich über das chilenische Zeitverständnis und andere durchlebte Anekdoten amüsierten kam dann ein Bus, der so aussah als könne er unserer sein. Dies verkündete uns ein Herr von der Busgesellscahft gleich darauf auch triumphierend und meinte zur weiteren Erklärung, dass es sich hierbei um einen Ersatzbus handele. "Nicht für uns!", meinte Christina zu dem einigermassen verdutzt schauenden Mann. "Wir haben Premium Cama gebucht, aber der Bus hat nur Cama-Sitze!" Nach einem prüfenden Blick auf unsere Tickets machte sich Ratlosigkeit auf seinem Gesicht breit. Ja wir hatten Pemium Cama. Das bedeutete wir hätten Sitze haben sollen, die man vollständig umlegen und so quasi zu einem vollwertigen Bett umfunktionieren konnte.
Bei Cama dagegen wäre die Rückenlehne nur auf 160 º verstellbar und die Beine lägen noch nach unten. Ausserdem lag zwischen beiden Klassen ein durchaus beträchtlicher Preisunterschied. Schliesslich unterbreitete uns der Angestellte den Vorschlag wir sollten in diesen Bus einsteigen und würden in Santiago dann das Geld zurückbekommen. "Okay, wir steigen ein. Aber das Geld bekommen wir hier!" forderten wir spontan, denn unser Bauchgefühl hatte uns gesagt, dass es so besser sei. Daufhin verschwand der Angestellte mit einem schmalen Lächeln auf den Lippen, um mit seinem Vorgesetzten zu telefonieren. Als er zurückkam meinte er: "Okay, es kommt noch ein Bus. Und da haben Sie dann auch die bezahlten Sitze." Na, so ernst war es der Firma dann wohl doch nicht gewesen mit der Rückgabe des Geldes.
Wann aber dieser Bus kommen würde, konnte uns erneut niemand sagen. Es hiess nur man bekäme avisiert, wann der Bus in Puerto Montt abfahre und dann seien es noch etwa 30 Minuten. Um es kurz zu machen: Schlussendlich trudelte das Gefährt um Mitternacht ein, wieder einmal mit 3 Stunden Verspätung.
Santiago neu entdecken
Glücklicherweise war es bei 3 Stunden Verspätung geblieben, so dass wir ziemlich genau zur Mittagszeit in Santiago ankamen. Das Terminal war gigantisch. Allein für diese Busgesellschaft waren hier vielleicht 50 Halteplätze und hier waren bestimmt 7 weitere Gesellschaften. Wie um alles in der Welt hätten wir hier unser Geld zurückbekommen sollen?
Nach dem Check-in in unserer Unterkunft, machten wir uns auf den Weg in die Stadt. Denn in so schlechter Erinnerung, wie wir Santiago von unseren ersten Tagen hier hatten, wollten wir diese Hauptstadt nicht behalten. Also machten wir uns auf, um ein anderes, ein besseres Bild von ihr zu bekommen.
Den Empfehlungen verschiedener Bekanntschaften dieses Urlaubs folgend machten wir uns zu Fuss auf in das Viertel Bellavista sowie zum Cerro San Cristóbal.
Und im Gegensatz zu unserem ersten Aufenthalt hier, als uns die Stadt ausschliesslich hektisch, wenn nicht sogar gehetzt erschien, fanden wir in Bellavista ein völlig anderes Santiago. Die tolle Mischung aus Cafés, Kunsthandwerk-Werkstätten und -Läden, Restaurants und schönen Innenhöfen verlieh dem Viertel eine zwar lebhafte aber gleichzeitig entspannte Atmosphäre.
In diese Stimmung liessen wir uns doch gerne zum Verweilen einladen.
Nach einem ausgiebigen Kaffeepäuschen inklusive Menschenkino machten wir uns auf den Weg zum Cerro San Cristóbal.
Eigentlich würde man nach unseren bisherigen Schilderung sicher erwarten, dass wir diesen Hausberg Santiagos zu Fuss erklommen hätten. Doch weit gefehlt. Denn auch wir sind von Natur aus faul, und wenn es Hilfsmittel gibt, dann nutzen wir die in der Regel auch. Das Hilfsmittel hier war eine Standseilbahn, Funicular auf spanisch.
Von der Virgen de la Immaculada Concepción aus hatten wir einen in der Tat beeindruckenden Blick über die Stadt, die von hier aus einfach nur gigantisch gross aussah. Santiago liegt eingekeilt zwischen der Küstenkordillere und der Andenkordillere, die quasi die natürlichen Stadtgrenzen bilden. Allerdings sind die umgebenden Berge auch der Hauptgrund dafür, dass in Santiago im Grunde Dauersmog herrscht und man immer in den dadurch entstehenden Dunst schaut.
Hier oben angekommen war es doch wieder höchste Zeit für...... eine Kaffepause. Die letzte lag doch nun schon viel zu lange zurück. Beim Schlendern über den Berg und eigentlich schon die Entscheidung treffend, die Kaffepause nach unten in die Stadt zu verlegen, weil hier kein nettes Café war, entdeckten wir etwas, dass uns noch verlockender als Café erschien:
Nach diesem Tag hatten nun auch wir ein besseres Bild von Santiago. Viel mehr Zeit, um das zu erreichen, hätten wir auch gar nicht gehabt. Denn schon am nächsten Tag kam starker Ostwind auf. So packten wir am Morgen wieder einmal unsere ganzen Sachen zusammen. Netterweise konnten wir in unserer Unterkunft, dem von einem schweizer Ehepaar geführten Patio Suizo, einige Sachen zurücklassen. Für unsere folgende letzte Etappe würden wir nämlich unser Zelt und alle warmen Sachen wohl kaum brauchen. Denn der Reisewind sollte uns 3.700 km weit auf den Pazifik hinaus tragen - zur isoliertesten menschlichen Siedlung der Welt.
Aufbruch: | 01.12.2006 |
Dauer: | 10 Wochen |
Heimkehr: | 09.02.2007 |
Spanien
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