Chile und Patagonien - Wohin der Wind uns weht

Reisezeit: Dezember 2006 - Februar 2007  |  von Reinhard & Christina Vogt

Parque National Torres del Paine: Tag 1 - 4: Puerto Natales bis Los Perros

Von Puerto Natales bis zum Campamento Las Torres

So brachen wir also am Tag vor Weihnachten auf. Das Busticket für die Fahrt zum Parkeingang hatte uns Paulette gleich auch noch verkauft und veranlasst, dass wir um 7.30 Uhr morgends direkt vor ihrer Tür aufgegabelt wurden. Die Fahrt selbst dauerte dann ein ganzes Stück länger als wir dachten. Über die vergleichweise sehr guten Schotterpisten hier erreichten wir den Parkeingang um 10.45 Uhr.

Dort mussten wir den teuren "Ausländereintritt" von $ 15.000/EUR 22 p. P. berappen (Chilenen zahlen nur $ 4.000) und nutzen dann den Kleinbus bis zu unserem Ausgangspunkt an der Hostería Las Torres.

Dort angekommen deponierten wir den grössten Teil unserer Lebensmittel (ca. 5kg) in dem Refugio und zogen mit nun deutlich leichteren Rucksäcken los.

Unser Tagesziel waren die Türme, die dem gesamten Park seinen Namen eingebracht haben. Bis dorthin hatten wir 9,5 km und so einige Höhenmeter zurückzulegen. Das schwierigste daran waren allerdings nicht die Wegverhältnisse. Die waren besser als das meiste, was wir bisher gelaufen waren. Nein, schwieriger war es den ganzen anderen Wanderern, darunter viele Tagesausflügler, aus dem Weg zu gehen. Denn wie im Gebirge üblich waren die Pfade schmal und boten manchmal kaum Platz zum Ausweichen.

Auf halber Strecke (nach 1,5 Stunden) lag noch das Refugio Chileno, in dem auch wir eine kurze Pause einlegten. Nach weiteren 1,5 Stunden erreichten wir dann das Campamento Torres. Hier schlugen wir zunächst unser Lager für die Nacht auf und machten uns dann auf den Weg ganz nach oben, um endlich die Torres zu sehen. Die hatten wir nämlich noch nicht zu Gesicht bekommen, da sie bis dorthin immer von anderen Bergspitzen verdeckt waren. Nach einer weiteren Kraxelei über ein Geöllfeld hinweg, die nochmal 45 Minuten dauerte waren wir dann aber endlich da.

Ich bin oben!

Ich bin oben!

Und die Mühe hatte sich gelohnt: Denn schon kurz nach unserer Ankunft am Aussichtspunkt hoben sich die Wolken, die zuerst noch die Torres verhüllt hatten und gaben den Blick frei auf diese drei imposanten Felsnadeln. Nach einigen weiteren Minuten, die wir mit offenen Mündern auf die Türme starrend windgeschützt dort sassen, wurde es sogar noch besser. Wir bekamen die Torres tatsächlich mit Fetzen von blauem Himmel zu sehen.

Die Torres - wie 3 steinerne Orgelpfeifen

Die Torres - wie 3 steinerne Orgelpfeifen

Und wem das als Beweis noch nicht reicht, der kann sich gerne vergewissern:

Wir waren wirklich da!

Wir waren wirklich da!

Zurück zu unserem Camp ging es dann auf dem gleichen Weg, wieder über das Geröllfeld. Das brachte uns jetzt zwar weniger aus der Puste, dafür schmerzten uns allerdings die Knie ziemlich. Den ersten Trekkingtag brachten wir typisch zu Ende: erst Essen, dann Schlafen. Und so langweilig das auch klingen mag: Nach einem Tag Wandern mit um die 20 Kilo am Rücken ist das völlig ausreichend!

Vom Campamento Torres bis zum Campamento Serón

In der Nacht hatte es zwar immer wieder kurze Schneeschauer gegeben, aber es war nichts liegen geblieben. Der Morgen startete sogar recht sonnig. Trotzdem war es kalt und wir zogen es vor, unser Frühstück im Zelt statt in dem Unterstand (Refugio) zu uns zu nehmen. Denn das Refugio war nur ein Holz- und Steingerüst, dass im Patchwork-Look mit allerlei verschiedenen Stücken Plastikplane zum Windschutz gemacht worden war.

Das Patchwork-Refugio links am Bildrand

Das Patchwork-Refugio links am Bildrand

Und dort drin war es defintiv kälter als in unserem Zelt, dass wir ja immerhin mit unserer Körperwärme aufheizen konnten.

Frieren ist beim Trekking ja auch kaum ein Thema. Denn schon beim Abschlagen des Camp und dem Packen der Rucksäcke wurde uns warm. Wir starteten dann unseren 2. Trekkingtag mit dem Weg zurück aus dem Hochtal heraus runter zum Refugio Las Torres. Nach ca. 2,5 Stunden legten wir dort erst einmal eine Pause ein bis uns die Knie nicht mehr wehtaten vom Abstieg. Dann holten wir unsere Lebensmittel wieder ab, verstauten die in den Rucksäcken und machten uns weiter zum Campamento Serón.

Schon bald änderte sich die Landschaft. Denn nachdem wir einen kleinen Canyon durchwandert hatten, kamen wir in das breite Tal des Río Paine. Ab dort waren wir nicht mehr in einer Gebirgs- sondern in einer Hügellandschaft, in der sich Waldstücke mit Wiesen, Seen und Lagunen im Hintergrund abwechselten.

Im Tal des Río Paine

Im Tal des Río Paine

Aber auch die wirklich schöne Gegend verhinderte nicht, dass uns mit zunehmender Dauer dieses Wandertages die Füsse, Hüften und Schultern schmerzten. Als nächstes versuchten wir es mit dem Singen von Weihnachtsliedern. Schliesslich war ja Heiliger Abend. Aber lauf mal auf "Oh, du Fröhliche"! Das war also auch keine echte Option. Dennoch verkürzte uns das die Zeit etwas. Und einen weiteren Zeitvertreib verschafften uns dann die sumpfigen Wiesen, die wir noch kurz vor unserem Ziel durchqueren mussten. Nach 7 Stunden reiner Gehzeit und etwa 26 km war dann endlich Bescherung! Die bestand zunächst einmal aus der Ankunft am Campamento Serón. Unser zweites Geschenk bestand aus einer heissen Dusche und nach einer reichhaltigen Käsepolenta bescherten wir uns selbst noch mit einem heissen Weihnachtskakao mit Rum.

Unsere Bescherung: Kakao mit Rum im Kerzenschein

Unsere Bescherung: Kakao mit Rum im Kerzenschein

Vom Campamento Serón bis zum Campamento Lago Dickson

Da wir beide schon früh wach waren starten wir die Tagesetappe zum Campamento Dickson, das am See des gleichnamigen Gletschers liegt, schon um 9.30 Uhr.

Den Abwechslungsreichtum des Parks erlebten wir an diesem Tag so richtig. Denn heute änderte sich nicht nur die Landschaft komplett. Wir kamen einerseits in die echte Pampa, eine weite Grasssteppe, UND erlebten einen Wetterwechsel allererster Güte. Erstmals bekamen wir die Winde zu spüren, für die der Park schon beinahe berühmt ist. Selbstverständlich handelte es sich dabei um Gegenwind. Und der war so stark, dass er uns wörtlich aus der Spur warf! Ab und zu standen wir im 45° Winkel in der Ebene und konnten wirklich keinen Schritt weiter, weil der Wind so brauste. Dann plötzlich wechselte die Böe kurz die Richtung und drückte uns einfach seitlich vom Weg runter. Das war in der Tat anstrengend. Aber dafür regnete es kaum. Nur ab und zu kamen ein paar wenige Tropfen, die wir aber kaum wahrnahmen, weil der Wind sie sowieso gleich wieder davonblies.

Und trotzdem oder vielleicht auch gerade deswegen war es ein toller Tag. Denn wir schafften es und kämpften uns durch diesen Wind. 18,5 km weit. Ausserdem wurden wir auch heute für unsere Mühe belohnt. Gerade als wir beim Gedanken daran, wie lange es noch bis zum Ziel dauern würde auf eine kleine Hügelkette stiegen, lag es plötzlich vor uns: das wunderschön gelegende Campamento Dickson.

Das Ziel vor Augen: das Campamento am Lago Dickson

Das Ziel vor Augen: das Campamento am Lago Dickson

Pünktlich dort angekommen kam dann auch noch die Sonne raus, die wir beim Schlendern über die Blumenwiese in vollen Zügen genossen.

Gelber Frauenschuh

Gelber Frauenschuh

Wortlos schön

Wortlos schön

Vom Campamento Lago Dickson bis zum Campamento Los Perros

Für diesen Tag stand zwar mit gerade mal 9 km eine relativ kurze Etappe auf dem Programm, aber dennoch war nicht klar, ob wir sie würden gehen können. Denn Reinhards rechtes Knie schmerzte stark. Die Entscheidung fiel unmittelbar am Morgen. Aufgrund der Aussicht auf einen kurzen Wandertag und der Tatsache, dass wir am kommenden Tag vielleicht sowieso eine Pause würden einlegen müssen, wenn nämlich der Pass wegen Schnees nicht begehbar wäre, gab Reinhard doch den Startschuss.

Glücklicherweise führte uns der Trek vorwiegend durch Südbuchenwald, wo der Boden noch weich vom letzten Regen, aber nicht mehr schlammig war.

Und als der Wald sich lichtete hatten wir diesen tollen Ausblick: Glaciar Dickson

Und als der Wald sich lichtete hatten wir diesen tollen Ausblick: Glaciar Dickson

Für ein malträtiertes Knie war das genau das richtige. Lediglich am Schluss der Etappe mussten wir entlang des Gletschers Los Perros noch ein kleineres Geröllfeld überqueren. Im Campamento Los Perros angekommen stellten wir vor allem eines fest: "Scheisse, ist das kalt hier!" Nach dem Aufbauen unseres Zeltes, was mit zittrigen Fingern länger dauerte als üblich und wo wir beim Ausatmen immer kleine Dampfwölkchen produzierten, verzogen wir uns zum Kochen erst einmal in das Refugio. Das hatte der Betreiber mit einem Ofen aus einem alten Ölfass ausgestattet und den heizte er dann auch an. So hatten wir es dann doch noch warm.

Wenigstens in Ofennähe ist es warm.

Wenigstens in Ofennähe ist es warm.

Reinhard bekam dann noch frisch geschlagenes Gletschereis zum Kühlen seines Knies. Und quasi zum krönenden Schluss unseres Weihnachtsfestes verkaufte der super-nette Inhaber selbst gemachten chilenischen Glühwein. Der hielt uns zwar nur gerade so lange warm bis wir im Zelt waren. Aber dort brauchten wir das ja auch nicht mehr. Denn in dieser Nacht stellten unsere Schlafsäcke ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis und wir konnten nach anfänglichem Schlottern dann doch gut schlafen.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
10 Wochen Chile intensiv erleben ist der Plan. Und auf viel mehr möchten wir uns auch gar nicht festlegen. Termindruck hat man sonst ja schon genug! Wir wollen zu Fuss, mit öffentlichen Verkehrsmitteln und wenn möglich auch mit dem Kanu Land und Leute kennen lernen. Besonders gespannt sind wir auf: - den Torres del Paine Circuito, u. a. - die Osterinsel - das Seengebiet - Weihnachten im Sommer Tipps von Chile-Bewanderten und anderen sind herzlich willkommen!!!
Details:
Aufbruch: 01.12.2006
Dauer: 10 Wochen
Heimkehr: 09.02.2007
Reiseziele: Chile
Spanien
Deutschland
Argentinien
Der Autor