Chile und Patagonien - Wohin der Wind uns weht
Die Vorbereitungen: Generalprobe in der Rhön
Generalprobe in der Rhön
Wer eine 10-wöchige-Trekking-Tour in Chile und Argentinien bzw. Patagonien macht, der wird allerlei zu schleppen haben. Und so ein gut 20 Kilo schwerer Rucksack, nun, der will erst mal auf einer mehrtägigen Tour getragen werden. Dein Rucksack hat dir zwar im Laden prima gepasst und natürlich hast du ihn dort auch mit Gewicht anprobiert. Du bist sogar voll bepackt mit X Kilo eine halbe Stunde durch die restlichen Abteilungen deines Outdoor-Händlers des Vertrauens geschlendert - unter mitleidigen Blicken des restlichen Publikums, versteht sich. Aber am Ende geht doch nichts über einen Test unter realen Bedingungen. Also gehst du auf eine Tour.
Bei uns waren das gleich mehrere Touren in deutschen Mittelgebirgen, von denen uns die (emotional) eindeutig schönste in unsere alte Heimat führte - die Rhön.
Die Herkunft des Namens "Rhön"
Für all jene, denen noch die grobe geografische Zuordnung fehlt hat Wikipedia folgende Antwort parat: "Die Rhön ist ein [...] Mittelgebirge im Grenzgebiet der deutschen Bundesländer Bayern, Hessen und Thüringen [...]." Da die Rhön sehr weiter reicht als man in vier Tagen zu Fuß zurücklegen kann haben wir uns folgenden Weg ausgesucht: Abtsroda - Wüstensachsen - Bischofsheim - Schachen - Abtsroda (gesamt: ca. 57 km). An sich kann man diese Stecke gut in drei Tagen zurücklegen. Kann man, muss man aber nicht. Und ein Tag mehr draußen zu sein bedeutet für uns auch immer ein Tag mehr Ruhe und Genuss. Deshalb haben wir uns dann doch lieber ein wenig mehr Zeit gelassen.
Zu Beginn von so einer Tour ist es für uns immer das Selbe. Wir holen erst einmal unsere ganze Ausrüstung aus den Schränken, breiten sie vor uns aus und freuen uns wie Bolle, das wir so gut wie alles haben, was das Trekkerherz begehrt. Und so ein Trekkerherz kann sich durchaus zum Ausrüstungsfetischisten entwickeln! Das führt dann dazu, dass man sich schnell mal einen neuen Kocher kauft, obwohl der "alte" nach wie vor vollständig funktionsfähig ist. Schließlich pflegt man seine Trekking-Heiligtümer ja entsprechend. Aber dennoch sagt dir dein Trekkerherz beständig: "Du, hör mal. Dein Kocher ist wirklich super. Aber es gibt da einen, der hat eine stabilere Pumpe, kann außer Benzin auch noch verschiedene andere Brennstoffe verarbeiten und ist vor allen Dingen besser dosierbar." Und schnell schiebt das Trekkerherz noch hinterher: "Damit sparst du bestimmt jede Menge Sprit beim Kochen. Und wenn du dann 10 Tage lang im Torres del Paine Nationalpark unterwegs bist, kannst du total viel Gewicht sparen!!!" Tja, und da dein Ausrüstungsfetischismus medizinisch ausgedrückt schon zu einer stark ausgeprägten Pathologie geworden ist, stehst du pünktlich am nächsten Morgen vor der noch verschlossenen Tür deines Outdoor-Ladens und wartest darauf endlich den neuen Kocher kaufen zu dürfen. Unruhig hüpfst du von einem Bein auf das andere. Mein Gott, wie konntest du die ganze Zeit nur ohne DEN leben??? Und wenn du dann endlich wieder zu dir kommst, weil sich das Fieber gelegt hat, stehst du erneut vor deiner gesamten Ausrüstung und freust dich wie Bolle. War was?
Das anschließende Packen ist so eine Art Ritual. Mit jedem Teil, das in deinen Rucksack wandert, das - genauer gesagt - an die eine richtige Stelle in deinem Rucksack wandert, bist du schon wieder ein bisschen mehr auf deiner Tour. Schließlich ist der Rucksack mit allem gefüllt, was du brauchen wirst und es kann endlich losgehen. In unserem Fall war in den Rucksäcken jede Menge mehr Zeug drin, als wir für die 4 Tage brauchten. Aber unser Ziel war ja für Chile zu testen, weshalb wir auch alles für die 10 Wochen mit uns rumschleppten.
Tag 1: Abtsroda - Wasserkuppe - Wüstensachsen (ca. 9 km)
Unsere Rhöntour startete am Wanderparkplatz oberhalb von Abtsroda. Der Weg führt von dort fast ausschließlich streng bergauf durch den Wald bis auf den höchsten Berg der Rhön - die Wasserkuppe. Das Gelände wird erst flacher, wenn nach und nach ein ein Rhöner Wahrzeichen in den Blick rückt. Gemeint ist die Radarstation auf Wasserkuppe, die zu Zeiten des kalten Krieges zur Überwachung des Luftraums genutzt worden war. Mittlerweile erfüllt die Kugel aber nur noch ihren Zweck als Wahrzeichen.
Die "Kugel" auf der Wasserkuppe
Weiter links in Richtung Wüstensachsen fällt der Weg wieder ab und führt zurück in den Wald. Wenn man nach einiger Zeit wieder in freies Gelände kommt fällt der Blick links auf den Schafstein.
Der Schafstein
Dieser Hügel trägt seinen Namen durchaus zu Recht, denn die Ähnlichkeit zu einem echten Rhönschaf (Ja, dieses Tier gibt es wirklich!) ist tatsächlich gegeben, wie man auf folgendem Bild unschwer erkennen kann:
Eine in der Rhön beheimatete Schafart: Das Rhönschaf
Ab dem Schafstein geht es dann auch nur noch bergab bis nach Wüstensachen. Dort angekommen schlugen wir unser Lager in dem sehr empfehlenswerten "Rhön-Camping-Park" (http://www.rhoen-camping-park.de/) auf.
Tag 2: Von Wüstensachsen über die Lange Rhön nach Bischofsheim (ca. 22 km)
Am nächsten Morgen setzten wir unseren Weg zunächst über den Wüstensachsener Hausberg, den Stirnkopf fort. Oben angekommen dreht der Weg dann in Richtung des Zielortes Bischofsheim. Sobald man aus dem Wald herauskommt hat man die "Lange Rhön" vor sich liegen und wandert über die langgestreckten grasbewachsenen Rücken in Richtung des Heidelstein. Der ist mit seiner Funkantenne schon weit hin sichtbar.
Blick auf den Heidelstein
Von dort aus ist der Weg bis nach Bischofsheim zwar noch weit aber überaus kurzweilig. Das gilt zumindest für all jene, die sich - wie wir - an der schönen Rhön kaum satt sehen können. Aber als wir dann nach einigen Stunden die ersten Häuser von Bischofsheim erreicht hatten, schmerzten uns schon die Füße. Schließlich waren wir froh als wir endlich auf dem Campingplatz ankamen und eine schöne heiße Dusche genießen konnten. 20 Kilo am Rücken und 20 Kilometer in den Beinen sind ja doch nicht ohne. Und fast schon unweigerlich drängte sich uns die Frage auf: Wie wird das wohl in Südamerika, wenn wir nach einem anstrengenden Tag keine schöne heiße Dusche genießen können sondern nur einen See mit 10°C kaltem Wasser zur Verfügung haben? brrrrrrrr
Tag 3: Von Bischofsheim über den Himmeldunkberg nach Schachen (ca. 19. km)
Nach dem in der Nacht einige Gewitter über uns hinweggezogen waren, waren an diesem Morgen aufgrund der noch einmal höheren Luftfeuchtigkeit als in den Tagen zuvor unsere Schlafsäcke schon recht klamm. Allerdings trockneten die auch wieder schnell, nachdem wir sie aufgehängt hatten. Und da in Patagonien Windgeschwindigkeiten bis zu 120 km/h herrschen werden, werden wir unsere Ausrüstung wohl auch dort gut wieder trocken kriegen. Das größere Problem wird da wohl sein, dass sie uns nicht wegfliegt! Aber darum kümmern wir uns dann, wenn es so weit ist...
Kurz nachdem wir aufgebrochen waren in Richtung des Kreuzberg kamen wir an der Statue eines gewissen Nepomuk vorbei.
Dieser Bildstock ist deshalb so erwähnenswert, weil er im Kreuzberglied verewigt wurde mit den Zeilen:
[...] Der Nepomuk auf der Haselbacher Bruck'
Winkt uns fröhlich hinterher: "Kreuzberg- links ab, bitte sehr!" [...]
Statt links ab zum Kreuzberg aufzusteigen ging es für uns aber nach rechts in Richtung des Himmeldunkberg. Allerdings möchten wir an dieser Stelle allen Rhöntouristen unbedingt das Kloster auf dem Kreuzberg als Ausflugsziel empfehlen. Und zwar als gastronomisches Ziel. Denn dort oben wird ein hervorragendes Bier - das Kreuzbergbier - gebraut, dass man nach einem anstrengenden Anstieg gut vertragen kann. Weniger laufwütigen Lesern sei gesagt: Man kann auch mit dem Auto bis nach oben fahren und das Bier schmeckt trotzdem (den Beifahrern natürlich )!
Ganz ohne Bier setzten wir unseren Weg also direkt fort, konnten noch ein Sommerskispringen aus der Ferne beobachten und überquerten den Himmeldunkberg, um dann nach Gersfeld auf der anderen Seite wieder abzusteigen. Zum Schluss ging es dann noch einmal ein gutes Stück bergauf aus Gersfeld raus nach Schachen, wo wir einen wirklich herrlichen Sonnenuntergang erleben durften.
Tag 4: Und schließlich wieder von Schachen über die Wasserkuppe zurück nach Abtsroda (ca. 7 km)
Wie jeder Morgen so begann auch dieser mit den üblichen Ritualen, zu denen auch das Aufwachen gehört. Wie man unschwer erkennen kann fällt das so manch einem gar nicht so leicht:
Aber da Rituale ja die Eigenart haben, doch immer gleich abzulaufen, setzten wir auch an diesem Morgen dann irgenwann nach dem Frühstücken, Spülen, Morgentoilette und Packen unseren Weg fort. Und da war auch ein ganzes Stück Wehmut mit dabei ob der Tatsache, dass unsere Tour nun in wenigen Stunden zu Ende sein würde.
Und schon nach zwei Stunden zuzüglich einer großzügigen Pause waren wir dann auch schon wieder zurück.
Aber auch bei dieser Tour ist uns eines wieder klar geworden: Wir werden auf jeden Fall wieder eine Rhöntour machen. Und vielleicht gehen wir dann den neuen Wanderweg "Der Hochrhöner". Der verläuft 175 Kilometer von Bad Kissingen in Bayern über die Kuppelrhön und das Hochplateau in Hessen bis nach Bad Salzungen in Thüringen. Weitere Informationen dazu findet man hier.
Aufbruch: | 01.12.2006 |
Dauer: | 10 Wochen |
Heimkehr: | 09.02.2007 |
Spanien
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