Chile und Patagonien - Wohin der Wind uns weht

Reisezeit: Dezember 2006 - Februar 2007  |  von Reinhard & Christina Vogt

Los Lagos (Teil 2): Puerto Varas

Die gesamte Region Los Lagos ist recht mitteleuropäisch geprägt. Besonders viele deutschsprachige Immigranten haben sich dabei in dem Touristenstädtchen Puerto Varas niedergelassen. Und das merkten wir dem Ort auch bei unserem ersten Spaziergang deutlich an. Denn hier reihte sich Kaffee an Kaffee und alle hatten sie die verschiedensten Kuchenvariationen im Angebot. Und auf der Karte stand tatsächlich das Wort "Kuchen", denn die Chilenen verstehen unter einem "pastel", was die spanische Entsprechung wäre, etwas völlig anderes. Und auch ausserhalb vom Club Alemán, der repräsentativ mitten im Zentrum der Stadt liegt, gibt es "Schop": frisch gezapftes Bier!

Hier am Lago LLanquihue gab es jede Menge Möglichkeiten zum Zeitvertreib: Besuch des Vulkans Osorno, Rafting, Trekking im Nationalpark Vicente Pérez Rosales (aber das hatten wir ja schon gemacht - wie hier beschrieben), Canopy, Ausflüge zu Pferd, Museen undsoweiter, undsoweiter....

Rafting auf dem Río Petrohué

Rafting hatten wir beide immer schon einmal machen wollen. Und jetzt im chilenischen Hochsommer bei 17 - 19º Luft- und 8 - 10º Wassertemperatur war doch die Gelegenheit ideal. Noch dazu war es ein Tag allerschönsten Sommerwetters, den wir uns ausgesucht hatten. Mit Peter, unserem irischen Steuermann und Oberbefehlshaber über das Schlauchboot, ging es in voller Rafting-Ausrüstung zum Río Petrohue.

Auf diesem erwartete uns eine 2stündige Fahrt durch Wildwasser der Klasse 3 (von 6), also nichts wovor man Angst hätte haben müssen. Nach einer kurzen Einweisung durch Peter an Land stiegen wir mit ihm und einem britisch-südafrikanischen Pärchen in das Raft, und machten eine kleine Übungsfahrt, bei der Peter alle Kommandos mit uns ausprobierte. Nach den ersten paarhundert Metern meinte er: "Es gefällt mir ja nicht das zu sagen, aber: Die Deutschen funktionieren wie eine gut geölte Maschine!"

Die beiden rechts sind die gut geölte Maschine.

Die beiden rechts sind die gut geölte Maschine.

Wir schoben das gute Zusammenspiel einfach mal darauf, dass wir ja schon häufiger gemeinsam im Kanu gepaddelt waren.

Nach den Übungen vom Anfang wurde es bald etwas ernster, denn wir paddelten auf die ersten Stromschnellen zu. Aber da wir ja einfach nur Peters Instruktionen zu folgen hatten, war das alles gar kein Problem. Wie meinte er noch gleich? "Ihr seid die Maschine, ich bin der Lenker. Die Arbeit macht ihr."

"Vorwärts!"

"Vorwärts!"

Tja, wie schön wäre es doch, wenn die Arbeit immer mit so viel Vergnügen verbunden wäre. Denn wir hatten einen Heidenspass. Peter hatte den offensichtlich auch. Denn wir fuhren nicht nur einfach den Fluss hinunter. Vielmehr liess er uns durch seine Kommandos auf Wellen surfen oder in Stromschnellen wie ein Kreisel tanzen. Peter nannte das seinen irischen Wurzeln entsprechend Riverdance. Selbstverständlich stieg damit natürlich auch unser Spassfaktor. In eher ruhigen Passagen hatten wir dann die Möglichkeit aus dem Raft auszusteigen und uns einfach den Fluss runtertreiben zu lassen. Das andere Pärchen liess sich dazu nur einmal bitten, so dass wir nur noch zu dritt im Raft sassen.

irisch-deutsche Besatzung

irisch-deutsche Besatzung

Später dann schwammen auch wir noch ein Stück den Fluss runter und Peter hatte sein Boot für sich allein. Sich von der Strömung treiben zu lassen war eigentlich auch ganz nett. Wegen der Schwimmweste mussten wir ja gar nichts tun um über Wasser zu bleiben, für Fortbewegung sorgte der Fluss und kalt konnte uns ja auch nicht werden. Schliesslich hatten wir Neoprenanzüge an. Dennoch mussten wir dann wieder zurück in das Raft, in das Peter uns mehr oder weniger reinhiefte. Kurz darauf hatte der Spass dann aber leider auch schon sein Ende. Doch schon auf der holprigen Rückfahrt im Kleinbus zurück zur Basis von Ko' Kajak - so hiess der Veranstalter - machten wir uns Gedanken, wann und wo wir das wohl schnellstmöglich wiederholen könnten. Auf jeden Fall würden wir dann eine Ganz- oder - besser noch - eine Mehrtagestour und das bitte auch in wilderem Wasser machen wollen. In Gedanken die Folgen auszurechnen war einfach: längere Fahrt + grössere Stromschnellen = mehr Spass!

Und wenn dann die Kulisse noch jene wäre, die wir bei diesem ersten Rafting hatten, dass wäre es doch auch wieder eine perfektes Erlebnis - so wie dieses eben.

Der Vulkan Calbuco

Der Vulkan Calbuco

Peter - unser Captain - vor dem Vulkan Osorno

Peter - unser Captain - vor dem Vulkan Osorno

Das hätten wir geschafft - Spass gemacht hat's!

Das hätten wir geschafft - Spass gemacht hat's!

Canopy am Fuss des Vulkan Osorno

Gleich schon für den nächsten Tag nahmen wir uns einen weiteren Spass vor - Canopy. Ursprünglich war das eigentlich gar keine Freizeitaktivität. Dazu wurde es nur zufällig. Denn Biologiestudenten, die Baumkronenforschung (engl.: canopy research) betrieben, kamen irgendwann auf die Idee, dass man dies doch auch Touristen anbieten könnte. Also nicht die Baumkronenforschung selbst, sondern vielmehr die dazu vorhandene Infrastruktur. Nun aber genug der Rätsel.

Also, um Baumkronenforschung zu betreiben, brauchten die Wissenschaftler Möglichkeiten, um von Baum zu Baum zu kommen. Unter anderem bauten sie dazu in den Bäumen Plattformen, die sie durch Stahlseile miteinander verbanden, um sich an Klettergeschirren mit Rollen in die Seile einzuhängen und so auf dem schnellsten Weg in die nächste Baumkrone zu sausen. Und was Studenten Spass macht ist auch für Touristen ein netter Zeitvertreib, oder?

Wir jedenfalls wollten das gerne mal ausprobieren und hatten uns für den Nachmittag dazu angemeldet. So konnten wir morgends in aller Ruhe frühstücken - bei Andi in der Casa Azul gab es ein fast schon luxuriöses deutsches Frühstücksbuffet - und uns nachher faulenzenderweise seelisch und moralisch auf den zu erwartenden Adrenalinschub später vorbereiten.

Am Vulkan Osorno, wo sich die 2 km lange Strecke befindet, angekommen, wurden wir mit Klettergeschirren, Helm, Handschuhen und Ledermanschette zum Bremsen ausgestattet. Auf einem Unimog karrten die Guides uns dann einige hundert Meter den Hang rauf.

Da waren wir noch ganz locker.

Da waren wir noch ganz locker.

Den Weg nutzte einer der Guides dazu uns einige Teilstrecken zu zeigen. "Seht ihr da das Seil? Das ist die längste Strecke. Da schwebt ihr 250 Meter weit von einer Plattform zur nächsten." Und kurz darauf machte er ernst: "Hier den Canyon überquert ihr auch. An der tiefsten Stelle fahrt ihr 90 Meter über dem Boden." Moment, da sollten wir - gerade mal mit einer pfirsichgrossen Rolle in einem Stahlseil eingehängt - 90 Meter über dem Grund hängen? Reinhard rutschte spontan das Herz in die Hose. Und wir bekamen den schon erwähnten Adrenalinschub. Aber natürlich starteten wir auch hier erst einmal langsam.

Achtung, fertig und los!

Achtung, fertig und los!

Mit jeder Fahrt in den nächsten Baum gewannen wir an Zuversicht sowie Vertrauen in die Technik und konnten besser mit ihr umgehen. Das gab uns dann auch die Zeit, während der Fahrt die Ausblicke ganz anderer Art zu geniessen. Die Möglichkeit hatten wir auch auf den Plattformen, auf denen wir gesichert auf den Rest der Gruppe warteten.

Alles gesichert.

Alles gesichert.

Auf der längsten, der tiefsten und der schnellsten Strecke schliesslich waren wir schon richtig mutig und gönnten uns mit möglichst rasender Fahrt noch eine kleine Extra-Portion Adrenalin, nur so zum Spass.

Yipiiiiieeeee!

Yipiiiiieeeee!

Nach so viel Geschwindigkeit war uns ein stimmungsvoller Ausklang des Tages sehr recht. Bei einem hervorragenden Meeresfrüchte-Abendessen liessen wir uns nicht nur dies sondern auch unsere Canopy-Erfahrung auf der Zunge zergehen. Zu Ende ging unser Tag mit einem abendlichen Blick zurück auf den Osorno.

Nach Rafting und Canopy ging unser Aufenthalt hier in Puerto Varas nun auch schon wieder fast zu Ende. Wir hatten noch einen Tag zu verbringen. Aber hier waren wir ja nun schon aktiv genug gewesen. So beliessen wir es in den letzten Stunden in Puerto Varas dabei, die nette Kleinstadtatmosphäre noch einmal in uns aufzunehmen. Am Nachmittag besuchten wir noch ein Museum im Nachbarort und schlenderten auch dort am Strand entlang, bevor uns am Abend der Wind wieder weiter nach Norden wehte.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
10 Wochen Chile intensiv erleben ist der Plan. Und auf viel mehr möchten wir uns auch gar nicht festlegen. Termindruck hat man sonst ja schon genug! Wir wollen zu Fuss, mit öffentlichen Verkehrsmitteln und wenn möglich auch mit dem Kanu Land und Leute kennen lernen. Besonders gespannt sind wir auf: - den Torres del Paine Circuito, u. a. - die Osterinsel - das Seengebiet - Weihnachten im Sommer Tipps von Chile-Bewanderten und anderen sind herzlich willkommen!!!
Details:
Aufbruch: 01.12.2006
Dauer: 10 Wochen
Heimkehr: 09.02.2007
Reiseziele: Chile
Spanien
Deutschland
Argentinien
Der Autor