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Shanghai, was uebersetzt "Herauf aus dem Meer" bedeutet, ist eine wirklich spezielle Stadt. Sie kann kann keine heldenhafte Geschichte wie Peking oder Xian vorweisen. Jedoch wird sie auch als "Paris des Ostens" oder "Perle des Orients" genannt und hat als boomendes Wirtschaftszentrum den festen Ehrgeiz, Hong Kong und Singapore als wichtigste Finanzzentren Asiens abzuloesen. Das beste Beispiel dafuer ist Pudong, ein modernes Wolkenkratzer-Viertel, in welchem nur Banken und Versicherungen beheimatet sind. Historische Gebaeude gibt es in Pudong nicht mehr allzu viele, praktisch alle befinden sich am Bund und in der kleinen Altstadt.

Wieder haben wir uns in einem Youth Hostel einquartiert, das mitten im Zentrum liegt. Unser erstes Ziel ist die bekannte Uferpromenade Bund mit seiner beeindruckenden Kulisse geschichtstraechtiger Bauten. Hier stehen zum Beispiel das Hotel Broadway Mansions (in den 1930ern das Haus der Auslandskorrespondenten), das Pujiang Hotel (wurde 1846 als Shanghais erstes Hotel eroeffnet), die Bank of China, das Peace Hotel (Ende der 20er Jahre das luxurioeseste Hotel in Fernost), das ehemalige Zollhaus, das Gebaeude der ehemals zweitgroesten Bank der Welt, und so weiter. Abgeschlossen wird der Bund vom Gebaeude des Shanghai Clubs aus dem Jahre 1911, einer Hochburg des britischen Snobismus, zu welchem Chinesen und Frauen keinen Zutritt hatten. Hier soll der angeblich laengste Tresen der Welt stehen (33,6 m). Vor allem in Shanghai ist uns immer wieder aufgefallen, wie wichtig es fuer die Chinesen ist, immer zu betonen, dass sie das Groesste, Wichtigste, Laengste, Hochste, Erste was auch immer erschaffen haben. Dabei kann es sich um Gebaeude, Hotels, Lobbys, Unterwassertunnels, Tresen, Modelle, Suiten, etc. handeln.

Vom Bund aus hat man einen perfekten Blick auf das neue Finanzzentrum Pudong mit seinen Hochhaeusern, die nachts in saemtlichen Farben leuchten.

Im Stadtplanungsmuseum verschaffen wir uns einen Ueberblick ueber das gigantische Shanghai. Hoehepunkt der Ausstellung ist ein bestimmt 15 x 10 Meter grosses Modell, welches die Stadtentwicklung Shanghais bis zum Jahr 2020 darstellt. Es gibt aber auch interessante Fotografien und Karten vom alten Shanghai.
Das Museum befindet sich auf dem riesigen Volksplatz, der auch den Volkspark beherbergt und von mehreren Hochhaeusern umgeben wird. Hier befand sich frueher die Rennbahn.

Einen ganzen Tag verbringen wir im Super-Viertel Pudong. In einem Glaswagen lassen wir uns unter dem Huangpu-Fluss durch einen mit grellen Lichteffekten ausgeruesteten Sightseeing-Tunnel beamen. In Pudong stehen Chinas drei hoechsten Gebaeude: das Jin-Mao-Gebaeude (420m), der Fernsehturm Oriental Pearl Tower (468m) und das Shanghai World Financial Center (492m). Die Wolkenkratzer sehen ja schon von weitem beeindruckend aus, steht man jedoch unmittelbar bevor, fehlen einem wirklich die Worte. Wir kaufen uns Tickets fuer die Aussichtsplattform des Jin-Mao-Gebauedes. Der Wolkenkratzer wurde nach traditionellen chinesischen Formen geschaffen; so soll die treppenfoermig aufsteigende Stahl-Glas-Fassade an eine Pagode erinnern. Die 8 als chinesische Glueckszahl hat ebenfalls eine besondere Bedeutung: Zum Zeitpunkt der Auswahl des Entwurfs war Staatschef Deng Xiaoping 88 Jahre als, das Gebaeude besteht aus 88 Stockwerken und wurde am 28. August 1998 eingeweiht und witzigerweise kostet auch das Ticket zur Aussichtsplattform 88 Yuan. Mit einem Lift, der einen mit 9m pro Sekunde den Ohrendruck spueren laesst, duesen wir hinauf zur Plattform. Die Aussicht ist trotz Smog gigantisch, rundherum sind Hochhaeuser zu sehen, die jedoch aus dieser Hoehe winzig klein erscheinen. Das Shanghai World Financial Center steht gleich nebenan. Es ist zur Zeit das hoechste Gebaeude Chinas und das dritthoechste der Welt. Typischerweise sind aber die Bauarbeiten fuer ein noch hoeheres Gebaeude gleich daneben bereits in vollem Gange. Erstaunlicherweise stehen alle diese Wolkenkratzer nur auf Betonpfeilern, die im Boden versenkt wurden, denn der Untergrund besteht nur aus sumpfiger Erde.

Als wir wieder festen Boden unter den Fuessen haben, streifen wir noch ein bisschen zwischen don Hochhaeusern hindurch und besuchen das eindrueckliche Shanghai Aquarium, eine kleine Ruheoase mitten im hektischen, von Aktenkoffern gepraegten Pudong. Zum Abschluss des Tages verlieren wir uns in Shanghais groesstem Kaufhaus, der Super Brand Mall, und kommen wie durch ein Wunder OHNE Shoppingbag, dafuer mit vollem Sushi-Bauch, wieder raus - die Preise der Designerlaeden erreichen hier europaeisches Niveau.

Die Tage in Shanghai vergehen schnell; die Stadt hat uns zwar nicht ganz so gut gefallen wie Peking, trotzdem sind wir beeindruckt. Die Stadt befindet sich im totalen Umbruch, ueberall wird gebaut, zwischenzeitlich muss man sich den Weg zwischen den verschiedenen Baustellen regelrecht suchen. Alles wird fuer die Expo 2010 hergerichtet, die Stadt ist total auf Wirtschaftsboom eingestellt. Die vielen Baustellen machen die Stadt extrem laut, chaotisch und dreckig. Trotzdem haben wir auch immer wieder in den Seitenstrassen das urspruengliche Shanghai gesehen, wo noch 2-stoeckige Haeuschen stehen, die Waesche im Freien getrocknet wird und der Gemuesehaendler mit dem Wagen durch die Strassen zieht.