Italien - Slowenien - Österreich - 2015

Reisezeit: August - Oktober 2015  |  von Uschi Agboka

Teil 1- Friaul (Italien) - Slowenien - Österreich: 6. Tag - 04.09.2015

Lavendelstadt Venzone

Lavendelstadt Venzone

6. Tag - 4.09.2015

4. September 2015 – Freitag 6. Tag
Trasaghis / Venzone (Lavendelstadt) – Duomo San Andrea Apostolo – Capella Cimiteriale San Michele – Casa Calderari – Palazzo Comunale (Turm mit Uhr und Löwen San Marco Skulptur) – Palazzo Orgnani Martina - Palazzo Radiussi – Brunnen – Porta San Genesio - Ringmauer - Chiesa San Giovanni Battista
Fahrzeit: 3 ½ Stunden – 20 Meilen – 32 km

Heute Morgen scheint die Sonne, doch Rolfs Wetterchannel sagt ab 14 Uhr Gewitter voraus. Unser Plan ist, einige kleine Orte in der Nähe zu besuchen. Doch zunächst werkelt Rolf mit seinen diversen Sim-Karten herum. Handyaufladung funktioniert endlich mal.

Nach dem Frühstück geht es los, zunächst nach Trasaghis. Dort kurzer Halt in einer Apotheke. Bei der Unterhaltung mit der alten Besitzerin der Apotheke lässt diese durchblicken, dass die Pächterin unseres Campingplatzes zwar freundlich sei, aber auch ein Schlitzohr und den dazu gehörenden Mann/Partner bezeichnet sie als Gauner. Die beiden sind bei den Einheimischen nicht sehr beliebt. Interessant, was man so alles erfährt, wenn man sich unterhalten kann.

Weiter SR 512 / SS 13 bis Venzone, der Stadt des Lavendels. Es tröpfelt leicht, doch wir machen uns auf, das schöne Örtchen zu besichtigen.

In der Loggia des Palazzo Comunale sind Bilder des Ortes vor dem Erdbeben 1976 zu sehen. Es ist ganz erstaunlich, wie die Einwohner es geschafft haben, den Ort wieder aufzubauen. Es ist eine Freude, durch die kleinen Gassen des Ortes zu schlendern, die schönen Häuser zu bestaunen, in den kleinen Lädchen zu stöbern. Natürlich erstehe ich einige Dinge in einem Lavendelgeschäft, Duftsteine, Meringe und natürlich eine Hexe für unsere Hexenwand. Vor einigen Geschäften sind Hexenfiguren zu sehen, die passende Geschichte findet man auch auf einem Info-Zettel. Ich bin natürlich begeistert.

Lange halten wir uns in dem prachtvollen Dom auf. Uns gefällt der Ort sehr gut. In einer Bar an der Piazza gibt es 1 Espresso, 1 Rotwein, 2 Euro, also hier ist keine Touristenabzocke zu finden. Und Rolf kann Dank freiem Wlan einige Karten herunterladen.

Venzone ist eine mittelalterliche Gemeinde (ca. 2.100 Einwohner) mit noch gut erhaltenen Stadtmauern und Toren am Eingang in das Tal Canale del Ferro. Heute ist es das einzige erhaltene Beispiel eines Festungsstädtchens aus dem 14. Jahrhundert in Friaul Julisch Venetien.

Die günstige Lage am Eingang zu den Alpentälern machte Venzone schon zur Zeit der Kelten (500 v. Chr.) zu einem wichtigen Grenzort. Den Kelten folgten die Römer, die aus Venzone ihr „statio“ entlang der Via Iulia Augusta, die von Aquileia in die nördlichen Märkten führte, machten. Archäologische Funde, die während der Restaurierungsarbeiten am Dom gefunden wurden, bestätigen die Präsenz eines römischen Gebäudes an diese Stelle.

In den darauf folgenden Jahrhunderten zogen Markomannen, Westgoten, Hunnen, Ostgoten, Byzantiner, Langobarden und Karolinger durch das Gebiet. Im Jahr 1077 wurde Venzone unter das Patriarchat von Aquileia gestellt. Im Jahr 1200 erhielt die Familie Mels Venzone als Lehen. Der Familie Mels ist es zu verdanken, dass Venzone 1247 Gemeinde wurde und 1252 das Recht erhielt, einen Wochenmarkt abzuhalten. 1258 ließ Glizolio di Mels eine doppelte Stadtmauer mit tiefem Festungsgraben errichten. Beim Erd-beben von Friaul 1348 erlitt der Ort schwere Schäden. 1420 wurde Venzone in die Republik Venedig ein-gegliedert. Damit begann der wirtschaftliche Niedergang, weil der Handelsverkehr, der über Jahrhundert die einzige Einnahmequelle war, nun andere Wege bevorzugte. 1797 eroberten die Truppen Napoleons Venzone. 1866 kam es unter österreichische Herrschaft. 1965 wurde Venzone, nun zur Provinz Udine gehörend, zum Nationalmonument erklärt.

Am 6. Mai 1976 wurde der Ort nahezu komplett zerstört, als um 20:59 Uhr ein Erdbeben 56 Sekunden lang Friaulerschütterte. Die Erdstöße erreichten eine Intensität von VIII bis IX auf der zwölfstufigen Mercalli-Skala und wurden als zerstörend bis verwüstend klassifiziert. In Venzone gab es 47 Todesopfer. Bereits in den ersten Tagen nach der Katastrophe organisierte ein Bergungsausschuss die Bergung der beweglichen Kulturgüter. Venzone war schwer betroffen, jedoch nicht ausgelöscht. Die vollständige Zerstörung der Altstadt, der Festungsmauern und des Doms verursachte ein Nachbeben am 15. September 1976.

Die Bevölkerung schloss sich 1977 zu einem Bürgerkomitee zusammen und forderte den lückenlosen Wieder-aufbau des Dorfes. Das zuständige Ministerium war aber auch mit einer zweiten Eingabe befasst: Das Baubüro der Gemeinde wollte alle Gebäudereste beseitigen und Venzone mit Fertigbau-Elementen neu aufbauen lassen. Letztendlich wurden jedoch die Pläne des Bürgerkomitees übernommen. Man entschied, die zerstörten Häuser nicht einfach zu ersetzen, sondern sämtliche Trümmer wieder genau so zusammenzusetzen, wie sie vor der Katastrophe angebracht waren. Um dieses Vorhaben umsetzen zu können, wurden Fotos des Ortes zusammengetragen, um einzelne herumliegende Mauerstücke identifizieren zu kön-nen. Weiter beschloss man, an den erfolgreich rekonstruierten Stellen keine neuen Fassaden anzubringen. Lediglich die Stellen, die nicht mehr aus den Trümmern wiederhergestellt werden konnten, wurden mit einer Fassade versehen. Dank dieser Entscheidung kann man sich heute als Besucher des Ortes ein Bild der menschlichen Höchstleistung machen, die die Einwohner Venzones im Zuge des Wiederaufbaues ihres Ortes erbrachten. Auch große Teile des Doms konnten auf diese Art und Weise rekonstruiert werden, die kahlen Mauerstücke innen und außen zeigen die Verluste. Im offenen Rathaus-Palast erinnert eine Bilddokumentation an die Katastrophe und den Wiederaufbau.

Sehenswürdigkeiten:
Casa Marcurele, ältestes Gebäude, 11. Jh.
Casa Zinutti, mit schmiedeeisernem Balkon, 17. Jh.
Duomo S. Andrea Apostolo, 14. Jh.
Capella cimiteriale di San Michele
Palazzo Orgnani Martina, 18. Jh., Innenhof mit Brunnen
Casa Calderari, 14. Jh.
Palazzo Comunale, 15. Jh.
Palazzo Radiussi, 14. Jh.
Brunnen 18. Jh.
Chiesa San Giovanni Battista 13. Jh.
Porta San Genesio, 1309

Nach 13.30 Uhr fahren wir zurück auf den Campingplatz. Wir sind gerade eingetroffen, da fängt es an zu schütten wie verrückt, dazu Gewitter. Doch wir sind sicher im Trockenen. Lt. Zeitungsbericht soll es morgen besser werden. Wir lesen, Rolf mit seinem E-book-Reader, ich mit normalen Büchern. Habe mir 10 Bücher aus der Grafenauer Bücherei ausgeliehen.

Heute Abend bleibt die Küche kalt: Brot vom Bäcker, sehr lecker, Mortadella, Porchetta mit Kräutern, San Daniele Schinken und Käse, dazu Salat, Wein. Alles gut und lecker.

Erst spät verziehen wir uns in den Bus, schauen uns einen Sizilien-Krimi (Montalbano) an und gehen dann schlafen.

Bilder auf der Homepage meines Mannes, www.harley-rolf.de oder auf Facebook - www.facebook.com/Uschi.Rolf.Italien.Schweiz.Slowenien

Venzone - Palazzo Comunale

Venzone - Palazzo Comunale

Venzone - Porta San Genesio

Venzone - Porta San Genesio

Duomo San Andrea Apostolo - Venzone

Duomo San Andrea Apostolo - Venzone

Reste der Festungsmauern - Venzone

Reste der Festungsmauern - Venzone

© Uschi Agboka, 2016
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Die Reise
 
Worum geht's?:
7 Wochen unterwegs - Kultur und Landschaft - Italien (Friaul, Monti Sibillini, Marken, Umbrien, Toskana) - Slowenien - Österreich
Details:
Aufbruch: 30.08.2015
Dauer: 7 Wochen
Heimkehr: 17.10.2015
Reiseziele: Italien
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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