Balkanreise mit Campingbus & Fahrrad 2005

Reisezeit: September / Oktober 2005  |  von Manfred Sürig

Eine Wahnsinnsfahrt

Sonntag, den 18.9.2005:
Ein Morgenbad in der Donau ziehe ich durch, weil ich es mir gestern abend vorgenommen hatte. Es gehört aber Überwindung dazu, denn der Wind weht heftig und es ist sehr diesig geworden. Heute endlich soll Fahrrad gefahren werden! Außer einigen bulgarischen Autotransportern ist wenig Verkehr auf der Straße, längere Steigungen sind die Ausnahme. Horst fährt den Bulik eine Zeitlang hinter uns her, überholt uns dann und wartet an einer Stelle, von der aus er uns gut im Rückspiegel kommen sehen kann. Dann gibt es einen Schluck Wasser für die Sportler und weiter gehts.)

Wir kommen an einem Museum Lipinski Vir vorbei, neben dem eine urzeitliche Siedlung aus der Steinzeit ausgegraben ist, schon vor 10000 bis 16000 Jahren war diese Gegend hier besiedelt, eine der ältesten Spuren der Menschheit in Europa. Die Straße schneidet eine Donauschleife ab, was bedeutet, dass wir einen kleinen Paß zu überwinden haben, an dessen Gipfel wir unsere Picknickpause einlegen. Von da an geht es nur noch bergab und das Radeln macht immer mehr Spaß. Bei Donji Milanovac steht der Rückstau der Donau auch in einem Seitental eines südlich einmündenden Nebenflusses. Wir müssen diese Bucht umfahren, dann geht es nordostwärts in den spektakulärsten Teil des Donaudurchbruchs. Immer wieder halte ich an, um donauabwärts oder -aufwärts eine Aufnahme zu machen, leider fehlt die Sonne dazu, es trübt sich immer mehr ein, bleibt aber noch trocken. Horst fragt schon besorgt, wie lange wir noch radeln wollen, denn ein geeignetes Nachlager hier an den steilen Abhängen zu finden, dürfte schwer werden. Doch noch sind wir begeistert dabei und wollen noch weiter. Hinter jeder Kurve neue grandiose Ausblicke, 20 Tunnels von bis zu 300 Meter Länge, die wir ohne Licht passieren müssen, ein Hauch von Abenteuer. Zugleich sehe ich mich vom Fahrrad aus nach geeigneten Campingplätzen um, aber meistens nur Fehlanzeige oder wenn es ein schönes Eckchen ist, dann wäre die Abfahrt mit dem Bulik zu steil.

Um 17 Uhr beschließen wir den Radelschluß, wollen aber wenigstens noch den nächsten Berg hinunter. Doch da beginnt es zu tröpfeln, als ich gut 400 Meter voraus bin. Nach einer Minute regnet es schon kräftig, als ich rechts am Hang eine waagerechte Fläche im Wald entdecke, die gerade für den Bulik mit Seitenzelt passen könnte. Es geht zwar steil dorthin bergauf, aber nur 15 Meter, das müßte zu schaffen sein. Ich stelle mein Rad demonstrativ vor die Zufahrt und warte unter den Laubbäumen auf den Bulik und auf Krystof. Als Horst kommt, winke ich ihn auf "unseren" Parkplatz ein, Horst begreift auch, biegt aber etwas zu scharf vor meinem Rad ab, so dass das rechte Hinterrad des Bulik im Graben stecken bleibt. Keine Chance für Horst, da wieder herauszukommen und als ich sehe, dass das linke Vorderrad in der Luft hängt, trifft Krystof ein. Er übernimmt das Steuer und bedeutet mir, mich auf das linke Trittbrett zu stellen, um diagonal hinten gegenüber das Auto höher zu bringen. Ob Horst hinten zieht oder schiebt, kann ich nicht sehen, Krystof jedenfalls schafft es, im ersten Gang vorwärts aus dem Loch zu kommen und den Bulik sicher auf den Parkplatz zu bringen. Blitzschnell ist das Zelt aufgebaut und als es steht, beginnt ein Wolkenbruch. Es prasselt so laut auf das Blechdach, dass wir uns nur noch brüllend unterhalten können. Während der Zubereitung des Abendessens wird der Aktionsraum im Zelt immer kleiner, weil diverse Rinnsale sich quer durchs Zelt ihren Weg suchen. Krystof hat seine nassen Klamotten ausgezogen und übers Lenkrad gehängt, auf dem Zeltdach bilden sich große Wasserbeutel, die wir ab und zu nach oben drücken mit dem Ergebnis, dass unten noch mehr Wasser nachfließt. Gegen 20 Uhr läßt der Regen etwas nach, wir bereiten unsere Nachtlager wie gewohnt am Boden aus. Wie gut, dass wir eine große Matte aus Schaumstoff mit haben, die wir als Feuchteisolierung drunter legen können. Von oben sind unsere Kojen trocken, schon um 20.30 Uhr liegen wir flach und hören die ganze Nacht immer neues Prasseln auf unseren Blechdach.

© Manfred Sürig, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ein polnischer Freund stellte seinen Uralt-VW-Bus "BULIK" zur Verfügung, damit er einmal in seinem Leben nach Griechenland kam. Seine Deutschen Freunde hatten sich auf ein Abenteuer eingelassen, das am Ende aber gut ausging.
Details:
Aufbruch: 04.09.2005
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 09.10.2005
Reiseziele: Polen
Slowakei
Ukraine
Ungarn
Rumänien
Bulgarien
Griechenland
Serbien
Der Autor
 
Manfred Sürig berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.