Chile und Patagonien - Wohin der Wind uns weht
Los Lagos: Parque National Vicente Pérez Rosales
Von Puerto Montt über El Rincón zu den Termas El Callao
Wir machten uns also gleich am nächsten Morgen auf den Weg. Perla hatte uns erzählt, dass schon um 7.00 Uhr ein direkter Bus nach Petrohué fahre. Das war zwar ziemlich früh, aber wir wollten den trotzdem nehmen. Also standen wir mitten in der Nacht um 5.45 Uhr auf und hätten den Bus auch bekommen. Wenn denn einer gefahren wäre!!! Am Busbahnhof angekommen erfuhren wir nämlich, dass es doch keine direkte Verbindung gab. Aber wir hatten ja noch eine andere Option: Mit dem Stadtbus nach Puerto Varas (ca. 20km nördlich) und dort umsteigen in den Bus nach Petrohué.
Gesagt, getan. Was wir aber nicht wussten war, das es einen Unterschied zwischen Linienbus und Linienbus gab. Und wir erwischten gerade den Minibus, der bis an die Stadtgrenze von Puerto Montt ausschliesslich den 1. Gang benutzte (aus welchem Grund auch immer). Aber immerhin kamen wir irgendwann in Puerto Varas an und waren früh genug, um noch 20 Minuten auf den Anschluss nach Petrohué warten zu müssen.
Petrohué erreichten wir schliesslich um 9.30 Uhr (mehr oder weniger). Dort begannen wir direkt mit der Suche nach anderen Trekkern, die sich mit uns die Bootscharter von $ 45.000 für die Überfahrt nach El Rincón, dem eigentlichen Startpunkt des Treks teilen würden. Durch den Tipp zwei anderer Deutscher wurden wir auch auf dem Campingplatz gegenüber fündig. Dort hatten Karolin und Teuwn - ein holländisches Paar - übernachtet, weil sie am Vortag beim gleichen Versuch kein Glück gehabt hatten. Um so mehr freuten sich die beiden jetzt, dass wir daher kamen und so fuhren wir also mit "unserem" Boot und Kapitän eine Stunde lang über den Lago Todos Los Santos (auf Deutsch: See Allerheiligen). Seinen Namen bekam der See, weil sein Entdecker - ein Jesuit - ihn an einem 1. November gefunden hat.
Dem Hörensagen nach soll es sich bei dem Lago Todes Los Santos um einen der schönsten Chiles handeln, zumal er mit dem Vulkan Osorno eine geniale Hintergrundkulisse hat. Aber wir bekamen leider nur eine grobe Idee von seiner Schönheit. Denn es war ein wolkenverhangener, kalter Tag mit hier und da ein wenig Nieselregen.
Unserer Laune tat das dennoch keinen Abbruch. Bis zu dem Punkt, an dem der Fischer uns auf der anderen Seite des Sees absetzte und meinte: "Immer dem Pferdepfad lang, es gibt nur einen Weg." Und so ist es tatsächlich. Wer sich einmal an dieser Stelle hat absetzen lassen, der kommt nur noch auf eine einzige Art wieder raus aus dem Park. Und zwar auf dem einen Weg, der durch ihn führt. Und in dem Moment war uns kurzzeitig schon etwas mulmig zu mute.
Dieses Gefühl hielt aber nicht sonderlich lange an. Denn schon nach wenigen Metern standen wir in einem echten Urwald mit lianenbehangenen, moosbärtigen Baumriesen und mannshohen Farnen. Hier waren wir also: mitten im chilenischen Regenwald, mitten in der Wildnis und fast allein. Das hätte noch beängstigender wirken können, tat es aber nicht. Das Gegenteil war der Fall. Wir fühlten uns frei und waren fast schon überwältigt eine solche Erfahrung machen zu dürfen.
Der Pferdepfad, dem wir folgten, wird von den wenigen Familien gepflegt, die hier mitten im Park völlig unabhängig leben. An besonders sumpfigen Stellen verstärken sie den Weg mit Baumstammstücken. Und sumpfig war der Weg oft, denn mal folgt den ganzen ersten Tag dem Río Sin Nombre. Diesen Fluss muss man auch immer wieder überqueren, meist über ein paar Holzbohlen, oft von Stein zu Stein hüpfend und das eine oder andere Mal über schwankende, schiefe Hängebrücken.
Aus Sicherheitsgründen überquerten wir die drei Brücken dieser Art nur nacheinander. Alles andere wäre vermutlich ein Fiasko geworden.
Da wir eine Pause gemacht hatten, waren uns die beiden Holländer vielleicht 10 Minuten voraus. Das hatte den Vorteil, dass sie uns kurz vor dem Ziel wieder entgegen kamen und wir uns ein paar Meter Weg sparen konnten. Der Grund dafür war, dass die Bäuerin, die den Schlüssel für das Refugio und das Badehaus am Campingplatz verwaltete, uns einen anderen trockeneren Weg zeigen wollte. Und wir alle hatten unsere Mühe, mit dieser kleinen untersetzten Frau in ihren Gummistiefeln Schritt zu halten. Die rannte vielleicht die Hügel hinauf!
Dem entsprechend froh waren wir als wir dann am Campingplatz angekommen waren.
Das Badehaus dort war echt gut gemacht. Drinnen hatte man zwei ausgehöhlte und ausgebrannte Baumstämme mit dauerndem Zulauf von Thermalwasser. Und durch das Haus drumrum einen perfekten Windschutz. Natürlich genossen wir das Bad ausgiebigst bevor wir uns ans Kochen machten.
Frisch gewaschen, satt und somit zufrieden setzten wir uns den Rest des Abends gemeinsam mit den Holländern ans Lagerfeuer und quatschten mal wieder über Gott und die Welt. Wir vergassen darüber völlig die Zeit und bis wir schliesslich im Zelt lagen war es schon nach 11.
Von den Termas El Callao nach Las Gaviotas
Es hatte fast die ganze Nacht beständig geregnet, einen schönen Landregen würde man es vielleicht nennen. Unsere Sachen waren aber alle trocken geblieben. Ganz anders erging es da dem holländischen Pärchen. Die zwei hatten ziemlich nasse Füsse bekommen und wärmten sich deshalb noch einmal in der Therme auf. Wir zogen derweil schon einmal los.
Der Weg folgte bald nicht mehr dem Fluss, sondern führte in einen Berg hinein, den man über einen niedrigen Pass überqueren musste. Dabei war der Pfad häufig wieder tief ausgewaschen, teilweise bis zu drei Metern. Und so liefen wir immer wieder durch natürliche Tunnel.
Der Auf- wie auch der Abstieg von dem Pass waren unglaublich anstrengend. Der Abstieg wurde sogar eher zu einer Abfahrt, da der Boden so aufgeweicht und schlammig war. Als wir die erste Lichtung erreichten, mussten wir uns erst einmal setzen. Die Gelegenheit nutzten wir dann zu einer ausgiebigen Mittagspause.
Frisch gestärkt ging es dann weiter in Richtung des Lago Rupanco. An dessen Ufer liegt der kleine Ort Las Gaviotas. Ein wenig ausserhalb davon schlugen wir an diesem Abend unser Camp auf. Der Platz liegt wirklich sehr schön direkt am Seeufer. Ausserdem hatten wir eine riesige Tafel zur Verfügung, die uns aufgrund fehlender Gäste auch prima zum Trocknen der Ausrüstung diente.
Von Las Gaviotas nach El Poncho und zurück nach Puerto Montt
Der nächste Tag hielt für uns noch einen kleinen Marsch von 12 km bereit, die wir schon nach drei Stunden hinter uns gebracht hatten. Das lag vor allem daran, dass der Trampelpfad bald zu einer Schotterstrasse wurde. So standen wir schon um 13.00 Uhr in El Poncho und warteten 2 Stunden auf den Bus, den zweiten und letzten des Tages.
In unserer Wartezeit erfuhren wir von einem Einheimischen, dass das Örtchen ganze 37 Einwohner zählt. Der nächste bekanntere Ort ist Osorno. Und diese Stadt ist fast 100 km entfernt. Der Bus brauchte für die Strecke ganze 2,5 Stunden, da ein Grossteil auf eben der Schotterstrasse weitergeht über die wir nach El Poncho gekommen waren.
In Osorno hatten wir dann direkten Anschluss nach Puerto Montt. Und wie bei Perla angekündigt, liefen wir bei ihr zwischen 7 und 8 am Abend ein.
Aufbruch: | 01.12.2006 |
Dauer: | 10 Wochen |
Heimkehr: | 09.02.2007 |
Spanien
Deutschland
Argentinien