viereinhalb Monate, kein Ziel aber die Suche nach einem Weg
Kambodscha: tolles Land, ueble Vergangenheit: Phnom Penh, wilder Westen im fernen Osten
Nach 7 Stunden Busfahrt erreichten wir die kambodschanische Hauptstadt Phnom Penh. Da es mal wieder sehr spät war und wir diesmal nicht erst stundenlang durch die unbekannte Stadt irren wollten, nahmen wir mal wieder das erstbeste Tuk-Tuk zum erstbesten Hotel.
Sonntag stand auch in der Hauptstadt Kambodschas die Lonely Planet Walking Tour auf dem Programm.
wir sind ein bisschen vom Weg abgekommen...
(das hinter dem Slum ist uebrigens das Ministerium fuer "Entwicklung und soziale Gerechtigkeit")
Wir besichtigten den Wat Phnom (einen Tempel auf dem einzigen Hügel der Stadt), das Nationalmuseum aber nicht den Royal Palace (weil es unglaublich voll war und die Eintrittspreise verdoppelt wurden).
Nach der Tour sind wir noch ein wenig ohne Ziel durch die Stadt gelaufen. Zusammenfassend kann man sagen, dass Phnom Penh noch am ehesten das Feeling vom Wilden Westen im Fernen Osten verströmt. Man findet modernste Einkaufstempel unmittelbar neben ursprünglichen (und nicht minder stinkenden) Fisch-, Fleisch- und Gemüsemärkten, schicke Hotels und Guesthouses neben (echt erbärmlichen) Slums, neueste Luxuslimousinen, die genau neben Kindern parken, die auf der Straße schlafen oder eine belebte (und beleuchtete) Flusspromenade von der schummrige und düstere Gassen abgehen (die einen die Sicherheitshinweise aus den Reiseführern wieder ins Gedächtnis rufen). Eine echte Stadt der extremen Gegensätze, die einen manchmal wirklich schlucken lassen.
Der Wochenanfang war unser "Genozid-Tag", wir wollten uns des traurigsten Abschnitts der jüngeren Geschichte dieses Landes annehmen. Zu diesem Zweck beschlossen wir, uns die "Killing Fields" und das Tuol Sleng Museum anschauen. Da die Killing Fields 15 km außerhalb der Stadt liegen (und weil wir keine Lust auf TukTuk-Abzocke hatten), haben wir für unsere Besichtigungstour Motorräder ausgeliehen. Anschließend ging es zum Tuol Sleng Museum, einer ehemaligen Schule, die 1975 zum (traurig-) berühmten Security-Prison 21 (S-21) wurde, der größten Internierungs- und Folteranstalt des Pol Pot-Regimes. Zwischen 1975 und '78 wurden in diesem Lager über 17.000 Menschen "verhört", von denen bei der Befreiung 1978 durch die vietnamesischen Streitkräfte nur noch 7(!!!) am Leben waren.
Durch die eigene Geschichte besonders sensibilisiert, war der Besuch dieses Foltergefängnisses ein äußerst aufwühlendes Erlebnis, verstärkt noch dadurch, dass die Henker und Folterer (ähnlich wie die Nationalsozialisten) von jedem Gefangenen ein Bild machten. Teile dieser Bilder hängen nun in einigen der Klassenzimmer und verleihen dem Grauen ein Gesicht. Besonders schockierend sind die, zum Teil lächelnden Kindergesichter, von dem der Betrachter weiß, dass auch sie zu Tode gefoltert wurden. Ich fühlte mich stark an Buchenwald erinnert und der Tilo musste zwischendurch eine Pause einlegen, weil ihm gerade die Gesichter extrem auf Gemüt geschlagen haben.
Nach dem Gefängnis ging's für uns zum Hinrichtungsplatz, den Killing Fields von Choeung Ek. Dort, inmitten idyllischer Reisfelder und Palmen, wurden die Inhaftierten aus den umliegenden Gefängnissen (vor allem S-21) verfrachtet und auf bestialische Weise umgebracht. Der Ort des Grauens ist ein kleines Feld von 129 Massengräbern, von denen 86 im Jahr 1980 geöffnet und die Gebeine exhumiert wurden.
Die Delinquenten wurden (um Munition zu sparen) größtenteils mit Bambusstöcken erschlagen oder lebendig begraben. Da die Gräber nicht besonders tief sind, werden in jeder Regenzeit Knochen, Zähne und Kleidungsfetzen an die Oberfläche gespült, die man in einem kleinen Schrein niederlegen kann.
Den perfiden "Höhepunkt" auf dem Gelände bildet ein Baum, an dem Säuglinge und Kleinkinder zu Tode geschlagen wurden. Über die Gräber wacht die 1988 errichtete Gläserne Gedächtnis-Stupa, in der über 8.000 Schädel (sortiert nach Alter und Geschlecht) bis zur Decke aufgeschichtet sind.
Es ist schon ziemlich beeindruckend vor den ganzen Schädeln zu stehen und ihnen in Gedanken die Photos aus dem S-21 zuzuordnen. Auf jeden Fall löst es in einem das massive Gefühl der Beklemmung aus, wenn man nach oben blickt und nur haufenweise Totenköpfe sieht (zum Teil mit Frakturen oder Einschüssen).
Nach dem Besuch des Gräberfeldes werden viele Touristen gefragt, ob sie zu den nahen Shooting-Ranches wollen, dort kann man dann mit einer Waffe der Wahl auf Hühner oder Kühe schießen (abhängig vom Geldbeutel). (Ob das mit den Tieren immer noch so ist, weiß ich allerdings nicht mit Sicherheit, ich hab's aber gehört.) Wer das Angebot allerdings wirklich wahrnimmt, kann ich mir nicht vorstellen, denn wenn man gerade die Gebeine tausender Menschen gesehen hat, ist das Letzte was man eigentlich will auf andere Lebewesen zu schießen. Doch anscheinend scheint es Leute (in erster Linie Ausländer) zu geben, die diesen perfiden Wunsch haben, mir treibt es allerdings nur Schamesröte ins Gesicht und es ekelt mich regelrecht an, dass es solche Menschen gibt, die alles in den Dreck ziehen, für das die westlichen demokratischen Nationen stehen.
Um uns wieder ein wenig auf den Boden der Wirklichkeit zu bringen und die Beklemmung abzuschütteln, sind wir mit unseren Bikes einfach mal ziellos in die bezaubernde Landschaft gefahren, bevor wir wieder zurück ins stinkende Phnom Penh mussten.
Dienstag haben wir am Vormittag noch ein wenig die Stadt auf den Motorrädern erkundet, bevor es mittags mit dem Bus weiter nach Siem Reap ging.
Aufbruch: | 27.03.2007 |
Dauer: | 5 Monate |
Heimkehr: | 15.08.2007 |
Myanmar
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Vietnam
Kambodscha