Australien 2010/11
Es ist Arbeitsalltag!
Es ist Sonntag und blogtechnisch mal wieder Schichtwechsel angesagt. So langsam kehrt zum ersten Mal so etwas wie Alltag in mein und ich denke auch in Toms Leben ein. Er steht morgens jetzt fast alle zwei Tage schon vor den Vögeln auf um schlaftrunken zum Bäcker auf die andere Straßenseite zu wanken. Dort hatten wir ja am Donnerstag auch unseren ersten "Probemorgen". Wir standen morgens um 4 auf um pünktlich 4:45Uhr beim Bäckermeister auf der Matte zu stehen. Wir hatten mit ihm ausgemacht, dass er zwar nur einen von uns beiden einen Job geben kann, wir uns morgens aber die Stunden teilen könnten und gemeinsam kommen dürften. Gesagt getan mussten wir als erstes ungebackene Brötchenteigkullern abzählen und in Boxen packen. Danach ging es ans Semmelmehl herstellen, also hievten wir ca. 20 Kisten vom Ofen. Es war eher eine volumentechnische verzwanzigfachung eines normalen Ofens und wir brauchten auch eine Leiter um die Kisten "schnell mal herzubringen", wie unser Auftrag lautete. Dann standen wir 2 Stunden da und machten als altbackenen Backwaren frisches Semmelmehl, allerdings erst nachdem unser Chef die Zerkleinerungsmaschine repariert hatte und uns aufgeklärt hatte, wir sollten möglichst nicht unter die Maschine fassen, denn er fand bei der "Reparatur" (er wusste nicht wo es anging und hat deshalb die halbe Maschine auseinandergenommen) eine sogenannte "Redback Spinne", welche für den Menschen tödlich ist. Als er diese Ankündigung über die Spinne machte erwartete ich ein Riesengerät, welches auch irgendwie tödlich aussieht, aber bei diesem Minispinnchen musste man schon näher rangehen um überhaupt den roten Rücken zu sehen. Naja, da unser Chef nicht sonderlich besorgt schien, fingen wir an zu zerkleinern und in 10 kg Säcke abzufüllen von denen wir 20 vollmachten, bevor er uns eröffnete, dass wir für heute gehen könnten. Er hätte sich nochmal Gedanken gemacht über die Arbeitssituation und er bräuchte nur einen von uns beiden, deswegen gibt er uns jetzt auch nur die Bezahlung für einen. Mal abgesehen davon, dass er uns eigentlich 60$ statt 40$ hätte geben müssen, fand ich das keine Art und habe Tom gleich auf dem Weg nachhause gesagt, er kann sich das von mir aus 4 Uhr morgens geben. Das macht er jetzt wie gesagt auch. Für mich bedeutet das allerdings, dass ich weiter auf der Suche nach einem zweiten Job bin. Allerdings kann ich mir ein bisschen Zeit lassen, denn ich bekomme bei Dolcissimo mehr Stunden als Tom und Robin. Wahrscheinlich, weil ich die Gäste ein wenig besser verstehe, aber die anderen beiden kriegen das auch super hin. Jedenfalls mache ich meistens die Tagschicht von 10 oder 11 bis 5 oder 6. Robin und Tom fangen dann gegen Abend auch an und ziehen bis Nachts durch. Es ist halt schade, dass ich trotz gemeinsamen Zimmers die beiden anderen jetzt sehr selten zu Gesicht bekomme, aber viel Zeit um was zu unternehmen hätten wir ja eh nicht!
Heute habe ich meine Schicht wieder Mittags begonnen und Tom kam dann gegen 15 Uhr dazu. Es war heute Nachmittag ausnahmsweise mal nicht so ruhig, da viele Restaurants geschlossen hatten um dann morgen zum Tag der Arbeit der in Australien am 4. Oktober gefeiert wird zu öffnen. Jedenfalls war bei mir gut die Puste raus, als es dann gegen 5 auch die letzten Mittagsgäste aus dem Restaurant geschafft hatten und die Vorbereitungen für den abendlichen Ansturm begannen. Tom und ich nutzten diese Verschnaufpause auch als solche und stahlen uns in ein Zimmer ohne Kamera (totale Überwachung im Restaurant normalerweise!) um uns an 2 Pizzastückchen genüsslich zu tun, die ich von einem abzudeckenden Tisch stibitzt hatte. Das essen, dass nicht gegessen wird landet ja logischerweise eh im Müll also habe ich mir angewöhnt mir immer mal was beiseite zu legen. Ich wird halt immer recht hungrig beim arbeiten und frisches italienisches Essen zu den Gästen zu bringen lenkt nicht gerade davon ab! Naja jedenfalls wurden wir erwischt und es gab ein wenig Ärger mit der Chefin, wobei ich froh war, dass sie diesmal die Stimme leise gelassen hat. Eigentlich ist sie nämlich die jähzornigste Person, der ich in meinem Leben begegnet bin. Es ist schwierig zu erklären wie es ist zu arbeiten, wenn sie dabei ist. Ihre andauernden Wutausbrüche bei den kleinsten Dingen bringen einen wirklich dazu den Kopf etwas tiefer zu nehmen wenn sie im Raum ist. Es ist teilweise schon peinlich, was sich die Gäste mit anhören müssen. Gut, dass wir noch nicht unseren Humor verloren haben und uns meistens angrinsen, bei besonders köstlichen Wutausbrüchen. Unsere Aufgabe als Runner ist es den Hauptkellnern zur Hand zu gehen. Jedenfalls ist nicht ein Runner einem Kellner zugeordnet, sondern die Kellner verteilen Aufgaben je nachdem, wer gerade zur Gegend ist. Dabei kommt es vor, dass man manchmal eben auch 2-3 Aufgaben bewältigen muss. Es wird dann problematisch, wenn die Chefin eine der Auftragssteller ist. So erging es Robin. Er war auf dem Weg eine Pizza zu einem Tisch zu liefern, sollte auf dem Rückweg einen andern säubern und dann noch ein Getränk für einen anderen Kellner von der Bar abholen. Als er dann der Chefin sagte er habe im Moment keine Zeit ihr zu helfen, als sie ihm noch einen Auftrag oben drauf geben wollte schrie sie ihn an: "I don't fucking care what the other waiters tell you! You listen to me!!" ("Es ist mir scheißegal was dir die anderen Kellner sagen! Du hörst mir zu!") Robin hatte natürlich keine Schuld auch nicht als ihm in einer änlichen Situation nicht die Chefin selbst sondern ihr Sohn am Schlafittchen nahm und zu ihm meinte: "Do what I fucking tell you! Remember who pays you!" ("Tu gefälligst was ich dir sage! Erinner dich daran wer dich bezahlt!") Naja das sind einfach Dinge die ich persönlich nicht verstehe und durch die es nicht mehr Spaß macht dort zu arbeiten, aber die anderen Kellner sind eigentlich alle recht nett und wenn die Chefin nicht da ist wird immer fein gelästert, da kommen ein paar Storys raus!
Aufbruch: | 07.09.2010 |
Dauer: | 10 Monate |
Heimkehr: | Juli 2011 |