In Düsseldorf daheim, in der Welt zu Hause

Reisezeit: Oktober 2010 - Oktober 2011  |  von Marius Schebaum

Costa Rica: Schebis Irrfahrten

Wie sich 350 km ziehen koennen...

Ich will euch exemplarisch mal einen fuer die Mittelamerika typischen Reisetag schildern, den man ab und an mal einbauen muss, um von A nach B zu kommen:

5.31 Uhr: Der Wecker in meinem Dorm klingelt und ich packe im Dunkeln meine noch klammen Sachen (denn wenns nur regnet, kriegt man nicht sooo viel trocken in einer Nacht) in meinen Rucksack, um meine Mitschlaefer aus New York und Madrid nicht aufzuwecken.

6.00 Uhr: Ein vorbestelltes Taxi holt mich am Hostel ab und bringt mich fuer verhaetlinismaessig voellig ueberwucherte 8 € 10 Minuten lang zur naechsten "Tanke" (kleiner Scherz am Rande, denn das naechste Dorf heisst "Tanque", haha, was hab ich gelacht )
Naja, Ort waere uebertrieben, denn es gibt nicht mehr als eine um diese Zeit voellig verlassene Kreuzung und einen Laden an der Ecke, der, als er spaeter aufmacht, erstmal einen Kaefig mit kleinen gelben Kueken rausstellt, die zum Sonderangebot von 60 cent das Stueck rausgehauen werden.
Hier soll jedenfalls irgendwann zwischen 6.15 Uhr und 7.30 Uhr (weiss man halt nicht so genau, das mit der Zeit wird in Costa Rica mehr so pi mal Daumen gemacht und anscheinend wissen die hier nicht, wieviel pi eigentlich ist) der Bus zur Costa Rica-Nicaragua-Grenze kommen, na dann mal Waldmanns-Heil ne?

6.45 Uhr: Noch keine Spur von meinem Bus, also hab ich erstmal mein Brot von gestern und Marmelade aus der Tuete ausgepackt und direkt im "Stadt -und Verkehrszentrum" gefruehstueckt.

7.15 Uhr: Tatsaechlich! Ein Bus mit einem Pappschild hinter der verdreckten Windschutzscheibe, das mal "Penas Blancas" bedeutet haben koennte, also rein da und fuer die angepeilten 4 Stunden Fahrt bis zur Grenze laecherliche 4 € bezahlt. Die Haelfte vom Taxi, na, dem werd ich aber was husten, wenn ich den mal wiedertreffe den Halsabschneider!

11.15 Uhr: Tja, das mit den 4 Stunden wird wohl eher nix, aber das plant man ja praktisch mit ein hier: Mitten im Dschungel auf einer mit Schlagloechern uebersaehten Strasse haelt der Bus an und Schebaum springt erstmal raus mit dem Druck seines Lebens auf seiner Sextanerblase, um schenll mal im Busch zu verschwinden. Wer jetzt dachte, ich haette dafuer den Bus angehalten, irrt sich aber, denn der Grund war, dass der Busfahrer den Aussenspiegel richten wollte und bei dem Versuch den ganzen Spiegel mit Verkleidung abgerissen hat! Als ich aus dem Busch wieder aufgetaucht bin, wo mich das Geraeusch des runterfallenden Spiegels beim Pinkeln doch erheblich aus der Fassung gebracht hat, hab ich noch gesehen, wie der Busfahrer das vielleicht 1,5 m lange Ding einfach hinten in den Kofferaum gestopft hat. Aussenspiegel werden gerade bei langen Automobilen gemeinhin ueberschaetzt, finde ich.
Waehrend der Fahrt hab ich Dschungel nebenan etwas krass gelb leuchten sehen und als ich genauer hingeguckt hab, war das doch tatsaechlich ein Tukan! Ganz in Dortmund-gelb zur Herbstmeisterschaft und mit einem Schnabel, der tatsaechlich groesser schien als der ganze Vogel! Also, mit dem imposanten Schnabel braucht man sich natuerlich auch keine Tarnfarben zulegen...

12.30 Uhr: Ankunft an der Grenzstation, wo ca. 300 lange Laster in einer ewig langen Schlange auf die Durchfahrt warten. Der Bus schmeisst uns raus, denn er dreht hier um und alle Fahrgaeste muessen zu Fuss zur Costa Ricanischen Grenzstation: Draussen haengt ein Schild, dass besagt, das nur derjenige einen Stempel bekommt, der auch ein Weiter-Ticket aus Nicaragua raus bzw. wieder nach Costa Rica rein hat und meiner Eins besitzt leider nur das Flugticket von Panama City nach Los Angeles. Mit einem mulmigen Gefuehl steh ich also in der ca. 80 m langen Schlange, die sich einfach nicht fortbewegen will.

Immerhin stehen hier keine nicaraguanischen Soldaten, denn die letzten Wochen gab es anscheinend ein bisschen Beef um ein kleines Gebiet nahe der Grenze der beiden Laender und Nicaragua hat dann kurzerhand ein paar bewaffnete Typen rueber geschickt, die dann gemerkt haben, dass in Costa Rica niemand mit Waffen rumlaeuft, den man bedrohen koennte, denn Costa Rica ist mit Stolz das einzige Land Mittelamrikas ohne Armee! Haben die irgendwann mal abgeschafft, weils zuviel Putsch und so n Quatsch gab...

13.00 Uhr: Mit einem mulmigen Gefuehl geh ich zu dem am besten gelaunt scheinenden Beamten (unter strenger Bewachung eines schwarz gekleideten Menschen mit Maschinengewehr) und kriege ohne Beanstandung und ohne Nachfrage meines Ausreisetickets meinen Stempel! Na, das waer doch schon mal geschafft, aber der schwierigere Teil soll sowieso immer bei der Einreise sein. Also Rucksack geschultert und die 500m ueber die Grenze zu Fuss ueber eine staubige, durchloecherte Strasse gelaufen, waehrend einen ueberholende LKWs beim Vorbeifahrern einaeschern.
Dort flucks durch die stichprobenartige Gepaeckkontrolle (yes! keiner hat meine 5 Kilo Kokain entdeckt, die ich meinem Mittelsmann in Nicaragua mitbringen soll!), dann kommt der erste Heini, der meinen Pass sehen will! Aber "sehen" waere auch uebertrieben, denn er sieht zwar wichtig aus, aber blaettert nur lustlos durch meine Stempel durch.

13.05 Uhr: Der zweite wichtig aussehende Mann blaettert meinen Pass 20m hinter dem Ersten noch gelangweilter durch, wahrscheinlich ist das hier mehr so ne Arbeitsbeschaffungsmassnahme.

13.08 Uhr: Alle guten Dinge sind drei, wir man ja weiss: Diesmal sinds sogar zwei Menschen (das erste Mal mit der blauen Nicaragua-Flagge auf den uniformierten Arm gestickt), die sich meinen Pass anschauen wollen. Erstaunlicherweise heisse ich immer noch Marius Schebaum und will auch immer noch nach Nicaragua! Aber wenn das so weiter geht, aender ich meine Meinung vielleicht doch nochmal...

13.15 Uhr: Wieder eine ca. 60 m lange Schlange mit vereinzelt darin verteilten Backpackern, das muss das Stempelhaeusschen fuer Nicaragua sein! Also zum dritten oder vierten Mal einen kleinen weissen Zettel ausgefuellt mit allen Daten, die mir zu mir selbst einfallen und mal wieder leer gelassen bei "Destination/Hotel in Nicaragua", macht man als Backpacker eher spontan, denn falls das hier noch lange dauert, muss ich halt eher als geplant in ner kleinen Stadt am See uebernachten und wenn alles klappt, nehm ich die letzte Faehre und fahr auf die Insel in der Mitte vom See. Insofern hab ich schon ueberlegt, ob ich dahin schreibe: "Das haengt von ecuh ab, Jungs..."

14.00 Uhr: Ich kann mittlerweile den Stempel-Boy sehen und er scheint nicht die schlechteste Laune zu haben!

14.20 Uhr: Ich bin dran und natuerlich fragt er mich erstmal, wie lange ich in Nicaragua bleiben will (ca. 2 Wochen, je nachdem, wie schoen es bei euch ist...) und wo ich als erstes uebernachten will (wenn du hinne machst und nicht so bloede Fragen stellst, dann auf Isla de Ometepe...)
Mein Ausreiseticket wird nicht verlangt und so hab ich schon zum zweiten Mal Glueck, denn in Costa Rica bin ich auch schon so halb illegal eingereist ohne Ausreise! mann, was fuer ein Kick, bin ich geil
Vielleicht haette ich meine Antworten besser ausformulieren sollen, denn der Typ will erstmal 12 $ von mir, 10$ fuer den nationalen Tourismus-Verband (was hat der denn bisher fuer mich getan, frag ich mich?) und 2 $ einfach nur, weils Spass macht. Das Ganze wird dann "municipial tax" genannt, clevere Geld-Quelle, Hut ab!
Aber nach dem Kohle ruebergewandert ist, geht das auch ganz schnell mit dem ersehnten Stempel!

14.30 Uhr: Endlich raus aus dem Rotz hier denk ich mir und will in den Bus-Terminal rein, aber wie solls auch anders sein: Noch eine finale Pass-Kontrolle und eine Dame, die mich nicht passieren lassen will, bevor ich nicht nochmal 1 $ abgedrueckt habe, "municipial tax" fuer den Bus-Bahnhof! Is auch richtig, der soll ja auch nich leben wie ein Hund ne?

14.35 Uhr: Ab in einen bunt voll-gesprayten alten Ami-Schulbus und ab nach Rivas, meiner naechsten Station. Komischerweise zahlen alle Einheimischen im Bus 50 cent (ist immer intertessant mal hinzuschauen, was die Einheimischen zahlen, bevor man dran ist) und als ich meine 50 cent geben will, meint der Busfahrer fuer mich waerens 80 cent! Ich mein, die bringen mich natuerlich nicht um so rein Sparbuch-maessig, aber warum ich mehr als alle anderen zahlen muss, frag ich den Busfahrer. Weil die alle eher aussteigen wuerden meint er, dabei weiss er noch nicht mal, wo ich hinwill?! Naja gut, was willste machen, bevor ich aus der Hintertuer rausgeworfen werde, geb ich ihm halt die 80 cent, aber natuerlich stellt sich raus, dass alle Anderen mit mir zusammen aussteigen! Hm, hat der Busfahrer woll ganz vergessen, die alle eher rauszulassen?!

15.05 Uhr: Aus dem Bsu raus werde ich direkt von vier wild gestikulierenden Jungs belabert und als ich denen sage, dass ich zur Faehr-Station will, ist es um mich geschehen und ich werd sie nicht mehr los. Mit ein bisschen verhandeln nehm ich also ein Taxi fuer 2,50 € zum Dock und erst auf der Fahrt gibt der Taxi-Fahrer auf Nachfrage zu, dass es doch einen Sammelbus spaeter gegeben haette, was alle um mich werbenden Jungs natuerlich vorher verneint haben: "autobus? no hay autobus aqui, senor!"

15.20 Uhr: Am Eisentor und gleichzeitig Eingang zum Dock kommt man nicht an der jungen Dame vorbei, ohne nochmal eben 50 cent "municipial tax" zu zahlen, find ich auch richtig, nicht das der kleine Dock und seine Mitarbeiter weniger zu essen haben als die am Bus-Bahnhof oder im Grenzhaeusschen!

15.30 Uhr: Es hat tatsaechlich alles geklappt und meine Faehre legt ab, das erste Mal heute, dass ich richtig entspannen kann!

17.30 Uhr: Nach letztendlich ca. 11 Stunden legt die Faehre am Hafen von Isla de Ometepe an und in dieser laecherlich wenig erscheinenden Zeit bin ich 350 km von Costa Rica nach Nicaragua gereist!
Aber der Aufwand hat sich allemal gelohnt, denn es erwartet mich eine paradiesische Insel, die im naechsten Kapitel genauer beschrieben wird, schliesslich gehoert das dann gluecklicherweise schon zum Nicaragua-Kapitel...

© Marius Schebaum, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Mein Around-the-World-Ticket, mein Backpacker-Rucksack und Ich in einem Jahr einmal links rum um die Welt von Lateinamerika über Mittelamerika, USA, Fiji, Neuseeland, Australien und Indonesien bis nach China...
Details:
Aufbruch: 10.10.2010
Dauer: 12 Monate
Heimkehr: 10.10.2011
Reiseziele: Brasilien
Paraguay
Bolivien
Peru
Panama
Costa Rica
Nicaragua
Vereinigte Staaten
Fidschi
Neuseeland
Australien
Indonesien
Malaysia
Hongkong
China
Katar
Türkei
Deutschland
Der Autor
 
Marius Schebaum berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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