In Düsseldorf daheim, in der Welt zu Hause
Doha
Vom Kamelwaescher zum Millionaer
Also eigentlich wollte ich ja nach dem Kulturschock im Land der Mitte das zeitliche segnen und der ganzen Reise ein Ende machen, aber als diese Verkaufsfuechse von STA mir dann die Moeglichkeiten fuer die moeglichen Rueckfluege per mail unterbreitet haben, konnte ich doch nicht anders, als fuer ne gute Woche nochmal eben den dekadenten City-Hopper zu machen und jeweils 4 Tage in der Hauptstadt Qatars und danach noch Konstantinopel zu sehen und gesehen zu werden...
Als die FIFA davon Wind bekommen hat, wurde ich schnurstracks mit einer offiziellen FIFA-WM-Botschafter-Medaille geschmueckt und als Backpacker getarnt auf Land- und Leuteerkundung geschickt. Mal schauen, ob man den Wuestensoehnen hier drueben auch wirklich eine ganze Weltmeisterschaft in klimatisierten Stadien ueberlassen kann in 10 Jahren oder ob das ganze WM-Gedoense nach ein paar Stunden in einem riesigen Sandsturm verschwunden ist...
Falls jemand sich gerade noch fragt, wo und was dieses Doha eigentlich sein soll, gebe ich einen kleinen Exkurs in der nicht gerade vor Altertum strotzenden 110-jaehrigen Geschichte dieses Golf-Staates, der tatsaechlich unter guetiger Oel-Milliarden das groesste Sportevent der Welt ausrichten darf.
Also man muss sich das so vorstellen, das die Wuestensoehne hier so mit ihren Kamelen rumspaziert sind, den Turban fest um den Kopp und vor die blinzelnden Augen gewickelt, um sich gegen den unnachgiebigen Sand zu schuetzen. Ab und zu mal den Falken auf Erkundungsflug geschickt, um zu wissen, wo die naechste verdammte Oase sich versteckt und die Kamele nach Monaten endlich mal wieder Wasser bekommen. Wahrscheinlich war das auch hier in diesem oeden Fleckchen Erde, dass die Jungs diese wiederlichen Kaffeebohnen nach dem Lutschen ins Feuer geworfen haben und auf einmal war das bekannteste Getraenk der Erde erfunden. Vom Langeweile-Faktor her waers auf jeden Fall moeglich.
Naja, das Schicksal der Kameltreiber aenderte sich jedenfalls dramatisch mit der Ankunft eines Mannes: Vorname: Qatar, Nachname: Airways! Wie aus Stein gemeisselt stieg dieser Unbekannte eines Tages aus seinem riesigen weissen Raubvogel mit unfassbar grossen Fluegeln und verkuendete, dass er dieses Land reich machen werde... "Was will der Spacko von uns?", dachten sich die Scheichs noch, als dieser Herr Airways die Turbinen anschmiss und gen sengende Sonne genauso schnell verschwand, wie er gekommen war. Doch dieser Herr Airways war ein Phrasendrescher gewesen, sondern brachte in paar Tag spaeter bereits ein paar seiner engsten Freunde mit, um sein neu entdecktes Land zu praesentieren. Sein bester Kumpel seit Kindertagen war beim Anblick der blinzelnden Scheichs sofort ueberzeugt, hier ein grossartiges Business gefunden zu haben, der er war auf den Verkauf von besonders grossen Sonnenbrillen spezialisiert, auf denen er grosskotzig seinen vollen Namen prabken liess: Er stellte sich den Wuestensoehnen zunaechst einfach nur als Ray vor, doch wegen der grossen Beliebtheit der Fliegerbrillen kannten bald ganz Qatar den beruehmten Augenretter Ray Ban.
Der boomende Markt in diesem so unbewohnbaren Wuestenstaat sprach sich schnell herum und so zahlten beruehmte und reiche Menschen schon bald viel Geld, um mit einem der Flugzeuge von dem Fuchs Qatar Kontakt zu den sehr an westlichem Gebimmsel interessierten Weiss-Rock-Traegern aufzunehmen und das eigene Produkt an den Mann zu bringen.
So zum Beispiel auch ein kleiner, grauhaariger Mann mit einem kleinen schwarzen Ungetuem, das er liebevoll seinen kleinen Benz nannte. Bei seinen Freunden war meist als "Carl der Autofreak" bekannt, ein verrueckter Bastler eben, der nichts Vernuenftiges auf die Reihe bekommt in seiner dunklen Werkstatt. Doch die Scheichs waren auf Anhieb beeindruckt von seinem schwarzen Gefaehrt, das angeblich doppelt so schnell laufen sollte, wie das schnellste Kamel. Die Kamelreiter wussten wenig ueber ein Automobil, doch sie hatten im Laufe der Zeit und der verschiedenen Gaeste gelernt, dass etwas mit Klima angenehmer ist als etwas ohne diese "Windspender". Also beaeugten sie neugierig Benz` Kiste und fragten ihn unumwunden: "Hatta Klima?" Der gute Carl konnte mit diesem Begriff nichts anfangen, doch weil er ein eifriger Geschaeftsmann war, tat er so, als habe sein Wagen Klima: "Hatta!" Eine weitere Eigenschaft, die die Scheichs zu schaetzen gelernt hatten und bei einem Tranbsportmittel aeusserst wichtig fanden, war Folgendes: "Hatta Turbo?" Wieder antwortete Carl voellig ahnungslos: "Hatta!" Damit war die Sache fuer die Scheichs geritzt und die Bestellungen fuer grosse Mengen schneller deutscher Autos mit Klimaanlage reisst bis heute nicht ab. Allerdings muss man zu Carls Guete sagen, dass die Beschwerden wegen nicht vorhandener Klimaanlage oder fragwuerdigem Geschwindigkeitsschub nach betaetigen Turbos (was sich im Nachhinein als einfach Kupplung herausstellte,ein Missverstaendnis, was auf die mangelnden Arabisch-Kenntnisse Carls zurueckzufuehren ist) im Laufe der Jahre doch merklich abgenommen haben und die Kunden im Golfstaat mittlerweile richtig zufrieden mit ihren deutschen Qualitaetskamelen sind.
Nachdem die ganzen auslaendischen Gaeste in immer groesserer Zahl aus Airways Flugzeugen stiegen (der sich clevererweise nebenbei das Exklusivrecht fuer die Wueste gesichert hatte), hatten manche von ihnen so viel zu verticken, dass sie anfingen, sogar ueber Nacht hier zu bleiben, was schnell solche Spezis wie den beruechtigten italienischen Fahrensmann Herr Conti auf den Plan rief. Der hat hier flugs eine riesige Bettenburg in den Sand gestampft und bescheiden wie er war das Ding nach seinem vollen Namen Inter.Conti. (er sollte spaeter noch seine grosse Liebe die Contesse Nental heiraten, was zu einer weiteren Namensaenderung fuehrte) bennant. Das konnte seine groesste Konkurrentin, die amerikanische Anstandsdame Perris natuerlich nicht lange auf sich sitzen lassen und eine klimatisierte, oasenartige Luxusfestung neben die Bettenburg gesetzt und bis heute reisst der Wettstreit um die schoenste kuenstliche Uebernachtungsoase in mitten umbewaesserter Wuestenlandschaft nicht ab.
Wenn man die Geschichte der hier erfolgreichen Geschaeftsmaenner aufzaehlt, muss man allerdings auch die Errungenschaften einer Frau erwaehnen: Die Ex-Frau des Schweizer Geschaeftsmanns Rol, der ein paar Jahre zuvor bereits sein Glueck mit seinen Glitzer-Uhren hier versucht hatte, unter dem Synonym Rol aber wenig Erfolg hatte. Sein geschaeftstuechtige Frau versuchte nun, die Uhren ihres Mannes an die Scheichs zu verticken und mit Hilfe eines makeovers glang ihr dies auch nachhaltig: Um sich von den Produkten ihres Ex-Mannes zu unterscheiden, produzierte sie noch prunkvollere, brilliantenbeseztere und prolligere Armbanduhren und brachte im Produktnamen stolz zum Ausdruck, dass sie nun von ihrem Mann geschieden war und ihr eigenes Ding aufzog: Rol-Ex.
Lange Rede, kurzer Sinn: Heutzutag muss ein waschechter Qatari-Scheich nicht mehr machen, ausser morgens seinen Ganzkoeperrock und seinen Turban anzulegen, seine goldene Rolex anzubinden, seine Rayban-Brille zu richten und dann in seinen voll-klimatisierten Land Rover zu steigen, um mit seinen 4 voellig in schwarze Burqas gehuellten Frauen in die "Venedig-Shoppingmall" zu fahren und dort bei der beruehmten Sternenbuchse einen "american coffee"und bei; McDonalds ein "BigSheiq-Menu" zu mampfen. Ach ja, wie kann der Mann sich das leisten, werden einige sich vielleicht fragen. Man muss dazu wissen, dass damals einer der Zeltnomaden in den 1930ern eines Abends in der augetrockneten Wuestensteppe seinen Scheiss-Hering nicht in den Boden bekommen hat und sich dann von seinem Kumpel so ein neuartiges Geraet geliehen hat, das ein Herr Bosch aus Deutschland mitgebracht hat. Den Hering hat er zwar reinbekommen, allerdings war er danach ploetzlich voellig beschmiert mit einer klebrigen, schwarzen Paste. Waehrend er noch so vor sich hin fluchte, kam der omnipraesente Herr Airways vorbei und hielt ihm ein unausschlagbares Angebot vor die Nase, dass er ihm das schwarze Zeug die naechsten 100 Jahre abkaufen werde, um damit seine Hoellenmaschinen zu befeuern. Klar, bin ih dabei, dachte sich der Scheich und in Null Komma Nichts war der Mann reicher als Mister Airways persoenlich. "Gei das kann ich auch...", dachten sich 95% der Kameltreiber und im ganzen Land fanden ploetlzich Bosch-Bohrmaschinen reissenden Absatz und das schwarze Zeug hoerte gar nicht mehr auf, aus jeder Erdritze zu sprudeln...
Venedig? Viel zu weit weg, wie holen uns unsere privaten Gondolieri in unsere Mall, denn neben der Eislaufbahn ist ja eh noch Platz...
Carls Automobil hatte schnell ausgedient, als die Sache mit den off-road-Wuestenrallys als coolem Zeitvertreib losging...
Na gut, nach dem ganzen nicht fundierten Gelaber kommen wir jetzt aber mal zu den ernsten Dingen des Lebens: Das harte Leben eines full-time WM-Botschafters.
Das Wichtigste ist, dass man sich schnell an lokale Gepfogenheiten und Hobbys anpasst, was in diesem Fall bedeutet, dass man moeglichst zu jeder Tages- und Nachtzeit Wasserpfeife raucht und dabei moeglichst entspannt draufkommt, was mich Relaxon vor keinerlei Probleme stellte, auch wenn die "Klima draussen" noch erfinden muessen, wenn sie mir die peinlichen Schweissflecken unter den Armen ersparen wollen. Allerdings plaediere ich doch deutlich fuer die klimatisierten Stadien, da man hier als Nicht-Wustensohn bei 42 Grad im Schatten einfach zu Grunde geht...
Auch kulinarisch wollte ich mich nicht lumpen lassen und habe gegessen, was auf den Tisch kam...
und das war in diesem Fall feinster iranischer Döner" (faellt mir jetzt erst auf, dassi ich hier auf der tuerkischen Tastatur ja auch unser herrliches ö, ü und noch lauter andere kleine Scherze wie ç finde ).
Dieser Döner wird mit einem von Hand abgerissenen Stueck Fladenbrot begonnen, in das dann ein ordentliches Stueck koscheres Fleisch, ein Limettenblatt zur Potenzsteigerung und weisser Joghurt gerollt wird. Hat zehnmal besser geschmeckt als es klingt!
Da mir die geizige FiFA keinen Cent dazu gibt fuer meinen Wuesentrip, musste ich altbekannte Backpacker-Sparmassnahmen ergreifen uns hier in der Wuestenmetropole couchsurfen gehen. Dabei ist die wahrscheinlich deluxeste Couchsurfing-Erfahrung meines Reiselebens herausgekommen, da ich in einem klimatisierten Apartment mit einer nagelneuen Playstation 3 inklusive ProEvolutionSoccer2011 (den Freaks wird das was sagen) untergebracht war und zusaetzlich den ganzen Tag in einem waschechten Gelaendewagen rumkutschiert wurde, da mein Gastgeber Houssam zweieinhalb der 4 Tage meines Besuchs frei hatte. Wenn meine beruflichen Pflichten als Botschafter es also zuliessen, habe ich es mir gegoennt, den Qatari-Lifestyle in seiner reinsten Form zu erleben: Waehrend eines deluxen Tagestrips auf einem Partyboot (inklusive DJ an Bord) , dfas uns 5 Stunden lang durch die Golfbucht vor Doha gecruist hat, waehrend die Belegschaft sich mit in diesem muslimischen Staat eigentlich verbotenen alkoholischen Getraenken vollgeschuettet hat, dem Leben gefroeht, sich einer Salzdusche hingegeben hat, all-inclusive BBQ geschmatzt oder die Salzkruste auf der Tanzflaeche wieder rausgeschuettelt hat. Man koennte jetzt denken, dass so eine Schicki-Micki-Party mein Budget fuer das ganze Jahr uebersteigt, aber tatsaechich bin ich ueberraschenderweise zum local-Preis von 10 Euro fuer den kompletten Tag durchgekommen!
wenn man zu viel Geld hat und dazu noch das Benzin an jeder Ecke aus der Erde sprudelt, faehrt man halt den ganzen Tag Jetski...
Wie ich mich durchs Dekadenzler-Leben schnorte
Um die low-budget-Meisterschaften in dieser vor zu viel Geld triefenden Milliadaers-Metropole zu feiern, haben wir uns des spaeten Abends auf eine exklusive Beach-Party mit weltbekannten DJs (also mir persoenlich sind die zwar verborgen geblieben und haben auch nicht ganz meinen Geschmack getroffen die alten Beat-Reiter, aber sind bestimmt total exklusiv und teuer die Jungs!) geschlichen und zwar wortwoertlich. Es gab wie auf vielen megacoolen Bonzenpartys farbige Armbaender als Zeichen, dass man Teil der total geilen Leute ist, die schon drin sind oder auch einfach nur, um den Leuten draussen in der Schlange zu zeigen, dass man was Besseres ist. Jedenfalls hatte ein anderer syrischer Kumpel von Houssam vorsorglich in einem Schreibwarenladen ein paar bunte Blaetter gekaft und als wir Party-Spaeher ihm dann am Telefon gesagt haben, dass die Baendchen so grob pink sind, hat er die Pinken rausgesucht und zusammengefaltet und dann haben wir uns in einer Nacht- und Nebelaktion (wobei das mit dem Nebel auch am fortgeschrittenen Pegel gelegen haben kann) hinter einem Porsche am Nebeneingang mit Tesafilm die Baendchen drangeklebt und sind gespielt locker-laessig am Tuersteher vorbei hereinspaziert, der im Dunklen nicht mal richtig hingeguckt hat! Damit hatten wir die 40 Euro Eintritt also schonmal im Sack, doch es kam noch besser: Die beiden syrischen Fuechse haben an der Bar ein paar Marken im Wert von 10 Euro gefunden! Kingt erstmal cool, aber wenn man auf so einer Bonzen-Party weilt, kriegt man eben auch nur anderthalb Bier dafuer. Also noch tiefer in die Trickkiste greifen: An die Bar stellen und im Getuemmel den Barkeeper wuetend ranrufen, wo denn der Vodka-RedBull bleiben wuerde, den man vor ner halben Stunde bestellt haette?! "ich hab deinem Kollegen vor 20 Minuten meine Marken gegeben und hab immer noch nichts zu trinken!" "Ja echt? Sorry, was hattest du denn bestellt? ich kuemmer mich sofort drum" Und zakk, hat man einen frischen Vodka-RedBull fuer lau auf dem Tisch stehen
Als Abschluss der Doha-Partyfuchs-Reihe sind wir auf eine mehr oder weniger private Botschaftsparty gegangen. Hatte aber nichts mit "meiner" FiFA-Botschaft zu tun, sondern fand in der offiziellen amerikanichen Botschaft von Qatar statt. Man musste vorher auf deren Homepage eine "Einladung" mit Passnummer und Geburtsdatum und Familienstand und Konfektionsgroesse und Hosenschlitzlaenge usw. ausfuellen und dann stand man tatsaechlich auf einer exklusiven Liste am Eingangstor des amerikanischen Hochsicherheitstraktes, der hier Botschaft genannt wird. Drinnen wurde man erstmal mit einer Nummer in einen Warteraum verfrachtet, dann durch eine Metallscanner-Tuer, in einen gepanzerten Warteraum, vorbei an bewaffneten Gis, Handy und Kamera abgeben bis zum Ende der Party und schon war man dabei: DAS Partyevent des Jahres! Stellte sich dann doch schnell als viel Rauch um Nichts heraus die kleine Bar in der Garage des Botschafters, aber immerhin gabs Drinks (was wirklich eine Raritaet unjd deshalb arschteuer ist hier in Qatar) und dann irgendwann irgendwann PizzaHut-Pizza umsonst fuer alle! Mein Gott, ich hab echt schpon befuerchtet, dass mich gleich der Bannstrahl Allahs trifft, weil ich mein Party- und low-budgetglueck hier langsam ueberstrapaziert hab, aber er hat mich tatsaechlich unbeschadet in eine von Herrn Airways deluxen Maschinen gelassen und mich dort behandelt wie der Koenig auf Erden. Oder zumindest der Koenig auf Qatar
FiFA-Botschafter Schebaum
Ach ja, damit die Offiziellen daheim nicht denken, ich haette hier nur rumgefeiert und mich durchgeschnorrt, hier die Beweisbilder, dass ich auch im Sinne einer gelungenen WM hier war:
Wie beim "Raum der Wuensche": Tuer auf und zakk, hat man ein astreines Hallen-Stadion (das Wort ist doch schon ein Paradoxon!).
Wenn dass mal nicht grosser Fussballer werden, die da von dem reichen Mann in weisser funktıoneller Sportkleidung trainiert werden...
Aufbruch: | 10.10.2010 |
Dauer: | 12 Monate |
Heimkehr: | 10.10.2011 |
Paraguay
Bolivien
Peru
Panama
Costa Rica
Nicaragua
Vereinigte Staaten
Fidschi
Neuseeland
Australien
Indonesien
Malaysia
Hongkong
China
Katar
Türkei
Deutschland