In Düsseldorf daheim, in der Welt zu Hause
Bolivien: Salar de Uyuni
Rallye Dakar in Suedamerika
Nach dem einengenden Erlebnis in den Minen mussten wir einfach mal raus und haben uns deshalb fuer die endlose Leere und Weite und vor allem Hitze der Salzwueste entschieden. Der letzte Ort, den man mit viel Wohlwollen als Zivilisatiopn bezeichnen koennte, hat nicht mehr zu bieten als ein paar Hostels und Unmengen an sich ueberbietenden Tour-Anbietern.
Dabei ist ein all-inclusive-Paket fuer eine 3-Tages-Tour mit drei Franzosen (sie konnten zum Glueck Englisch, so dass ich nicht in die Verlegenheit kam, mein duerftiges Franzoesisch zum Besten zu geben), einem Polen, und einem nur spanisch sprechenden Guide in einem verstaubten Jeep fuer schlappe 68 Euro rausgekommen.
Und das Ganze hat sich absolut gelohnt, denn sobald wir aus dem Western-Dorf raus waren, hat sich eine unglaubliche Landschaft vor uns ausgebreitet:
- Riesige, in verschiedenen Farben schillernde Berge, viele davon noch halb-aktive Vulkane
- ehlend weite Sandflaechen, die in Duenen und Gestein uebergehen
- endlos scheinende Strassen, die in einen flimmernden Film und den Horizont uebergehen
- strahlend blauer Himmel ohne eine einzige Wolke
- in verschiedenen Farben schillernde Lagunen, in denen hunderte von pinken Flamingos ihr Glueck bei der anstrengenden Suche nach Krebsen auf die Probe stellen
- wild blubbernde, 600 Grad heisse Geysire, deren Rauch stinkt, als haette man 1000 Eier fuer ein paar Jahre hinter den Schrank gelegt
- heisse Quellen, in denen man baden gehen kann, waehrend man in die endlose Weite schaut und die Seele baumeln laesst
- kleine Berge aus purem Salz, die man besteigen und ablecken kann (ich entschuldige mich fuer die zweideutige Ausdrucksweise, aber es war wirklich so!) und sich dabei fragt, wer das alles jemals essen soll?!
- Felsen, die das Gesetz der Schwerkraft offensichtlich ausser Kraft gesetzt haben, indem sie oben einfach mal dreimal so dick sind wie der Sockel (dieser komische Maler Salvador Dali hat sich das bestimmt auch irgendwann mal gefragt und sich gedacht, na, wenn ich eh hier unterwegs bin, kann ich auch gleich mal ein Bild malen und damit meinen naechsten Trip finanzieren, hat anscheinend ganz gut geklappt)
- voellig unerwartet in der weissen Wueste auftauchende Kakteen-Inseln mit vertrockneten Grasbuescheln, bei denen man sich fragt, wovon die denn wohl leben?
- ohne Ende Lamas, die einfach nur bloed und gelangweilt in der Gegend rumstehen und einem hinterglotzen und sich dabei wahrscheinlich fragen: "Warum fahren diese Deppen eigentlich freiwillig in die Wueste und zahlen noch fuer diesen ganzen Staub und die Hitze hier?"
- atemberaubende Sonnenauf- und Untergaenge, bei denen die Sonne die Landschaft in ein gluehendes Rot verwandelt! (Tja denkste! Die Sonne hat hier naemlich anscheinend einen extrem straffen Zeitplan, weshalb sie das ganze Prozedere in ungefaehr 10 Sekunden abhandelt, in denen man gerade mal Zeit hat, die Kamera rauszuholen und n Schnappschuss zu machen)
Man muss sich das so vorstellen, das man zu sechst ein wenig eingepfercht in dem 4x4 Jeep sitzt und einem der saemtliche Koerperinhalte einige Stunden am Stueck mal so richtig durcheinandergewirbelt werden. Aber macht nix, das merkt man eh nicht, weil man einfach voellig gebannt den ganzen Tag nach draussen starrt, weil diese Wuestenlandscaft viel viel mehr zu bieten hat, als man bei dem Wort "Wueste" in einem ein-Tages-Brainstorming zusammen kriegt.
Um wirklich alles mitnehmen zu koennen steht man dann auch schon um 5 oder 6 Uhr auf, schaut sich beim Fruehstueck den Sonnenaufgang an, waehrend man, an seine Tasse heissen Tee geklammert, noch die Kaelte und Muedigkeit der Nacht aus den Knochen schuettelt, denn ich kann euch sagen, so ne Wueste kennt da keine Verwandten, was die Temperaturschwankungen angeht. Tagesueber knallt der Lorenz einem mit 35 Umdrehungen auf den Pelz, so dass man froh ist, aus dem Sauna-Auto zwischendurch mal aussteigen zu koennen, aber sobald sich jegliches Tageslicht verabschiedet hat, sinkt das Themometer auf russische Winter-Dimensionen. Man zieht sich dann zum Abendessen alles an, was man fuer die Reise mehr so aus Spass und um die Mama zu beruhigen eingepackt hat: Zwei Pullis, Soft-Shell Jacke, Handschuhe, Muetze und Schal.
Man schaukelt sich also so durch die Wueste und laesst sich erstmal eine saftige Schicht Staub auf die Lunge legen bei jedem Atemzug und wenn man aussteigt, um den "japanischen Touri" zu machen, das heisst, aus dem Auto raus, moeglichst viele Bilder schiessen von sich selbst in verrueckten Positionen und von der Landschaft, um dann schnell wieder ins Auto zu huepfen, weils ja auch n bisschen kalt und windig um die Nase wird nach 2 minuten.
Abends laesst man sich dann voellig fertig von den gemachten Kilometern und den Eindruecken vom Guide bekochen: Lecker Nudeln, frisches Gemnuese (siehste Mama, ich ess hier nicht nur Fastfood!), Lama-Steak (da es hier in Bolivien 3 Millionen von den Viechern gibt, meldet sich das Gewissen auch kaum hoerbar) und als Nachtisch zartes Flamingo-Frabee (nein quatsch, an denen ist glaub ich eh nix dran, was auch nur entfernt Kalorien hat).
Unsere Reisegesellschaft war ddem Genuss von alkoholischen Getraenken durchaus nicht abgeneigt, weshalb abends der Rum und die Cola auf den Tisch kamen, um sich bei einigen heiss umkaempften Wuerfelspielen einzuheizen, was bei dem frostigen Klima in den aus Salz gebauten Hauesern (erstaunlich, was einem ales einfaellt mit Salz, wenn man viel zu viel davon hat, oder?) auch ganz sinnvoll ist. Komplett angezogen und von innen aufgewaermt faellt man dann spaetestens um 10 Uhr (siehste Mama, auch wegen eventuellen Schlafmangels brauchst du dir keine Sorgen machen) ins Bett aus Salz und bibbert sich in den wohl verdienten Schlaf...
Natuerlich kommt auch dieser Trip nicht ohne einige von den Teilnehmern und Guides gerne ausschweifend weitergetragene Horror-Geschichten aus:
1. Vor ein paar Jahren war einer der Guides besoffen und hat den Jeep frontal vor einen entgegenkommenden Jeep gesetzt und alle 12 Insassen sind gestorben. Deshalb steht sogar im lonely planet, das man drauf achten soll, sich einen drogen-freien Fahrer zu suchen (haben wir mit unseren Drogen-erprobten Spuernasen erfolgreich bewaeltigt)
2. Ab un zu durchqueren voellig hirnverbrannte, selbst-ernannte Extrem-Sportler diese 700km breite Salzwueste mit dem Fahrrad! Vor ein paar Jahren hat eine Gruppe "normaler" Touris einen dahinsiechenden Radler gefunden, der kurz vor dem Abnippeln war. Sie haben ihn dann ins naechste Krankenhaus (ca. 300km weiter) gebracht und ihn gerettet! Was lernen wir daraus? Mein Fahrradfahrer-Ergeiz sollte spaetestens hier seine Grenze finden, ich bleib dann doch lieber bei den paar Bergen auf Malle)
(Erstaunlich, wieviele Absaetze ich immer mache, da scheint die wohlgemeinte Kritik von Silke Lehmacher vor ein paar Jahren doch auf nicht ganz taube Ohren gestossen zu sein)
Kategorie Begegnungen:
Der polnische Vertreter der Reisegruppe ist vor ein paar Jahren aus Polen nach Berlin gezogen, hat dort anderthalb Jahre gejobbt und gelebt und ist von dort nach Amsterdam gezogen, einfach mal was neues Nach 2 Jahren dort gings weiter nach London, um noch ein wenig English mitzunehmen. Nach einem kurzen Crash-Kurs im Lehrer-Sein (so werden also Lehrer gemacht) ist er vor 4 Jahren nach Taiwan gezogen und unterrichtet mit einer inoffiziellen englischen Lehrer-ID mit Hilfe eines Mittelmanns dort Englisch fuer 7 - 14 jaehrige. Er verdient dort so viel, dass er 50% seines Gehalts sparen kann, weil die Lebenshaltungskosten so gering sind (1,50 fuer ein ordentlich sattmachendes Essen). Momentan hat er 6 Monate (wie macht man das denn?) frei und reist deswegen halt mal durch Suedamerika. Ich muss sagen, Hut ab, dieser Mann (Spitzname "Kuba", einige Dortmund-Fans werden diesen Namen kennen) hat mir in Sachen Weltenbummler noch einiges voraus!
Ganz nette Geschichte aus Polen:
Laut Kuba trinken die alten Haudegen in Polen, die oft lange Jahre im Knast verbracht haben, ihren Vodka nicht langweiligerweise einfach so, sondern nach dem Runterstuerzen essen sie das Vodka-Shot-Glas! Das ist angeblich relativ duenn und man braucht viel Uebung, aber offizielle Erhebungen und Kubas Beobachtungen sollen belegen, das bei diesem Trinkspiel noch niemand zu Schaden gekommen ist...
Die Sache mit den Spitznamen:
Als wir in den Minen mit den "Mineros" gesprochen haben, haben sie mich angeguckt, sich ueber das dunkel bewachsene Kinn gestrichen, gelacht und mir kurz darauf den Spitnamen "el lampinho" gegeben. Wir haben das Ganze gegoogelt und sind auf die Uebersetzung "Der Kahle" gestossen. Tja, dass hab ich nun davon Papa, dass du mir nur so einen laecherlichen Flaum vererbt hast, aber von nun an stelle ich mich in Bolivien immer mit "lampinho" vor , ernte aber ausschliesslich freundliche Lacher und daraufhin noch mehr Gastfreundschaft als eh schon. Eins habe ich mich aber gefragt, lieber Max: Wie wuerden die kleinen mineros dich denn nennen, wenn sie dich erblicken? Vielleicht "den Verwachsenen"?
Gestern Abend wollten wir gebuehrend in meinen Geburtstag reinfeiern, aber dieses vermalledeite (ob das richtig geschrieben ist? das sieht mir nicht koscher aus) Kaff hier hat einfach die Buergersteige hochgeklappt (obwohl ich meinen Ehrentag offiziell angekuendigt hab! Frechheit!) und deshalb ist es bei einem weiteren lustigen deutsch-polnisch-franzoesischen Wuerfel-Rum-Abend geblieben, aber ich bin ja jetzt auch definitiv zu alt fuer so ausschweifende Hops-Abende in dunklen Etablissements und werde mich ab jetzt abends einem gepfelgten Glas Wein und einem guten Buch hingeben...
Gruss aus dem wundervollen Bolivien,
euer Lampinho
Bei der Pose und dem Setting koennen die abgemagerten Models bei Heidi sich aber noch ne Scheibe abschneiden...
Wir haben keine Farbe reingekippt ehrlich! Das Wasser war wirklich so rot wie Markus Jacke, ich schwoer!
sieht gar nicht so heiss aus, aber vor ein paar Jahren sind einem japanischen Touristen beide Beine angebrannt, als er fuer ein Foto vor dem Geysir zu weit zureuckgegangen ist
Aufbruch: | 10.10.2010 |
Dauer: | 12 Monate |
Heimkehr: | 10.10.2011 |
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