In Düsseldorf daheim, in der Welt zu Hause
Paraguay: Echte Grenzerfahrung
Blut, Wasser und Staub geschwitzt
Liebe Kinder daheim vor den Bildschirmen, bitte versucht nicht, die im Folgenden beschriebenen Szenen nachzustellen!
Die Aktionen wurden von echten Profis durchgefuehrt und selbst diese sahen sich extremen Situationen ausgesetzt!
Ne, ich muss sagen, wenn man jetzt in Ruhe im Internet-Cafe sitzt und darueber schreibt, was passiert ist, kann man gut drueber lachen, aber waehrenddessen wars dann doch nicht ganz so lustig. Insofern tut beim Lesen einfach mal so, als wuesstet ihr nicht, dass es gut ausgeht Ach so ja, tut mir furchtbar Leid, aber der PC will meine Bilder nicht hochladen, deshalb versuche ich das ganze mal als spannende Abenteuer-Geschichte zu nieder zu schreiben...
Tja, es fing damit an, dass aus Paraguay raus nach Bolivien leider nur ein einziger Highwat fuehrt und dieser macht zufaellig einen Bogen um unsere lieb gewonnene deutsche Kolonie.
Deshalb begann das grosse Abenteuer um 11.30 Uhr Ortszeit an der verwaisten Staubstrasse von Filadelfia, an der man nicht mal einen Fuenfer drauf gesetzt haette, das tatsaechlich jemand hier vorbei kommt in den naechsten paar Tagen ausser ein paar Wuestenwinde und streunende, ausgehungerte Hunde, deren Fell sich dem Strassenbelag angepasst hat: staubig gelb-braun.
Ich hab mich immer gefragt, wozu man als Kind und auch noch als Jugendlicher diese bloeden Mathe-Raetsel mit dem Vater und den drei Soehnen und den paar Kamelen von aelteren Besserwissern gestellt bekommt, doch an diesem Tag in Filadelfia ist mir endlich ein Licht aufgegangen! Denn der Fahrer unseres Pick-Ups hat dieses Raetsel anscheinend nie gehoert, denn ansonsten haette er uns zwei nicht irgendwie merh schlecht als recht in einen Kleinbus gepackt, der fuer 16 Leute ausgelegt war inklusive Fahrer, in dem aber ohne uns schon 22 Personen Halt gesucht haben. Naja, machste nix, Rucksaecke an ihren Tragegurten auf dem Dach festgeschnallt, ich mich auf den Radkasten gesetzt und Markus mit eingezogenem Kopf im Stehen die schlappen 80km in den naechsten Ort, wo dann anscheinend der Bus nach Bolivien fahren sollte.
Aber eine Sache habe ich durch die letzten Erlebnisse gelernt, traue niemals den Abfahrtszeiten der Busse, die dir irgendein Hotelangestellter oder Ticketverkaufer einer kleineren Busstation nennt.
Wir kamen um 13 Uhr in Mariscal an und der grosse Bus sollte um 20 Uhr abfahren, na gut, kein Thema, wir haben hier in Suedamerika schliesslich das Warten gelernt. Als wir allerdings von oben bis unten mit Staub bedeckt in dem angeblichen Dorf rausgeschmissen wurden, fand sich dort nichts, aber auch garnichts ausser einer Art Tankstelle und einem kleinen Haeusschen mit Paraguay Flagge, zu dem wir dann auf Nachfrage geschickt wurden. Dort haben wir dann versucht, ein Ticket fuer den Bus abends zu ergattern.
Aber denkste! Mit unserem bisschen Spanisch haben wir dann nach einigen Minuten und drei verschiedenen Gespraechspartnern heruasgefunden, dass dies nur die Grenzstation ist, in der man bei der Ausreise aus Paraguay seinen Stempel in Pass gepatscht bekommt, der Bus anstatt um 20 Uhr erst in der Nacht um 3 Uhr faehrt (sie aber zufaellig ein Zimmer fuer uns frei haben, was sie uns anbieten koennten fuer einen geringen Obulus), es hier keinen Ticketschalter gibt, sondern man es erst im Bus kaufen kann, allerdings auch nur mit Bargeld und nein, es gebe im Ort keine Bank.
Somit kommen wir auch gleich zum naechsten Problem (das mit der Uhrzeit und den dementsprechenden 14 Stunden warten haben wir so direkt gar nicht mehr als Problem wahr genommen, entweder aus Wartezeit-Gewoehnung oder aufgrund schwerwiegender Probleme). Wir haben den spaerlichen Rest unseres Bargelds ueberflogen und kamen auf ziemlich genau8 Euro. Hm, keiner weiss, was der Bus kostet, aber 8 Euro fuer ca. 10 Stunden Busfahrt fuer zwei Personen, das reicht selbst in Paraguay nicht. Relativ schnell hatten wir die verschiedensten Alternativen durchdacht:
1. Irgendeinen von den LKW-Fahrern fragen, ob er uns fuer Lau mit ueber die Grenze nimmt, allerdings soll dies eine der meist genutzten Grenzen sein was den Drogenhandel angeht, also Idee verworfen.
2. Zum winzigen Dorfsupermarkt laufen und dort uns einen Betrag von der Visa-Karte abbuchen lassen, aber nichts kaufen (ist n bisschen wie das lustige "Nutten prellen": Zahlen und dann weglaufen, hehe), sondern uns dafuer dann Bargeld geben lassen, aber ob das funktioniert?
3. Den naechsten Bus in unsern Ausgangsort nehmen (der um 20 Uhr faehrt), da dann noch eine Nacht bleiben, um Geld abzuheben und am naechsten Tag dann die gleiche Prozedur nochmal zu starten, nur mit gewissen Geldern diesmal, wahrscheinlich die einfachste Loesung, wenn sie auch genau 24 Stunden kostet...
Doch da, ging dem Schebi ploetzlich ein Licht auf! Wie hat Stromberg so schoen gesagt? "Als Chef musst du unter den ganzen Eichhoernchen immer noch irgendwo ne Extra-Nuss versteckt haben!"
Gesagt getan hab ich mit guetiger Erinnerungshilfe meines Vaters ein paar Not-Dollar eingesteckt und da in Paraguay gemeinhin auch Dollar akzeptiert werden, koennte man diese ja nachts dem Busfahrer andrehen! Aber ob er die auch haben will und vor allem wahrscheinlich zu einem voelligen Wucher-ich-nehm-jetzt-mal-einen-ahnungslosen-Touri-aus-Preisen. Naja, da wir keine andere Wahl hatten, haben wir es uns auf der Terasse des Grenzbueros gemuetlich gemacht und uns mental schonmal auf die restlichen nur noch 13 Stunden auf den erloesenden Bus warten eingestellt.
Abwechselnd, um das Gepaeck nicht alleine zu lassen, haben wir einen Ausflug ins Dort gemacht, wobei eine kurze Inventar-Liste beigefuegt ist:
eine Werkstatt mit dem Namen "Keller", eine Polizei-Kontroll-Station, ein Supermarkt, eine Tankstelle, eine verlassene Burger-Bude, eine geschlossener ehemaliger Busterminal und eine Art Kneipe mit Billard-Tisch, ansonsten ca. 20 Haueser und ein Highway, umgeben von Wueste, Staub und Langeweile. Hier moechte man doch alt werden.
Doch als schon langsam angefangen haben, Sandkoener zu zaehlen nach den ersten 6 Stunden warten, ist das Glueck zu uns zuruekcgekehrt und was folgte, war einer der lustigsten Abende, die wir im ganzen Urlaub erlebt haben. Erstmal wurden wir von den drei Grenzbeamten, vor deren Haus wir campierten, zum Fussball eingeladen, denn, man hoere und staune, es gab zwei Tore vor dem Grenzhaus! Und nach und nach kamen ca. 14-15 Maenner, mit denen wir dann ein heiss umkaempftes Spiel auf holprigen Staubboden ausgefochten haben. Dabei hatte ich schnell den Spitznamen "el americano" weg, schliesslich sehe ich ja auch aus, wie der Vorzeige-Ami Auch mein richtiger Name konnte diesen Spitznamen nicht vertreiben und so wurde beim entscheidenden Elfer im Elfmeterschiessen nur "americano, americano!" gerufen. Hab mich nicht lumpen lassen und den Sieg fuer mein Team geholt
Im Anschluss ans Spiel wurden wir von den Jungs zum Bier in einem benachbarten Hauesschen eingeladen und mit viel Zeichensprache und "no comprendo" sind wir erstaunlicherweise von ihnen noch zum Grillen komplementiert worden und haben dann den ganzen restlichen Abend gequatscht so gut es ging und herrlichen, selbst-gemachten Rindergulasch mit Reis gegessen und kuehles Bier aus staubigen, verbeulten Metallbechern in uns hineingeschuettet. Zwischen unseren Beinen grunzte den ganzen Abend romantischerweise das hauseigene, 6 Monate alte "Wild"schwein namens Kimba, das sich sofort hingelegt hat, wenn man die seine Borsten gestreichelt hat. Irgendwann wurden die Americanos dann hergerufen, als einer der Maenner eine handgrosse Tarantula entdeckt hatte, die anscheinend maechtig Gift loslaesst, wenn sie einen beisst...
War sehr entspannt das ganze Gelage, schliesslich hatten wir ja alles andere als Zeitdruck und ich muss sagen, das ich in meinem ganzen Leben noch nirgendwo solche Gastfreundschaft erfahren habe wie in diesem hoffnungslosesten Wuestenkaff mitten in Paraguays Wueste: Uns wurde dann naemlich um Mitternacht (nur noch 3 Stunden bis zum Bus!) sogar die Schlafkoje der Grenzbeamten angeboten, zwei voellig durchgelegene Pritschen ohne Decke und mit zugeklebten Fenstern, aber in so einer Situation nimmt man alles. Wir wurden dann sogar puenktlich geweckt von einem unserer neuen Freunde, als dr Bus nachts ankam. Die ernst aussehenden Kontrolleure haben mit Taschenlampen das Gepaeck durchsucht, aber als wir naeher kamen, haben wir gesehen, dass das alles unsere Freunde vom Vorabend waren und sie haben uns freundlich gegruesst. Ist nie ein Fehler, sich mit den Grenzbeamten in Suedamerika gut zu stellen
Der Busfahrer hat tatsaechlich Dollar akzeptiert, wir haben unseren Stempel bekommen und wollten uns einfach nur friedlich und gluecklich in den Bussitz kuscheln, allerdings hatte eijn gewisser Alexander Levin was dagegen. Ein Russe mit kanadischem Pass, der sich fast die komplette Fahrt darueber aufgeregt hat, dass wir "fuking germans" nichts fuer den Stempel bezahlen mussten, waehrend er 70 Dollar hinblaettern musste. Klar war das nicht nett von den korrupten Grenzbeamten, aber deswegen ununterbrochen ueber "this fucking country" und "fucking corrupt people" herzuziehen, obwohl er Paraguay nur mit dem Bus durchfahren hat?
Die Grenzbeamten in Bolivien sollen zu den schlimmsten in Suedamerika gehoeren und wir haben diverse Storys erzaehlt bekommen, wo Touristen doch ihr Taschenmesser als kleines Geschenk an den Grenzbeamten abdruecken sollten, um durchgelassen zu werden...
Doch um dort erstmal hinzukommen musste wir ca. 6 Stunden Fahrt auf holpriger Schotterpiste hinter uns bringen, ber der man teilweise einen grossen Baum umfahren musste, der quer ueber der Strasse lag oder auch den Bus des Kollegen mit einem Abschelppseil den Berg hochziehen (nachdem wir alle aussteigen mussten), weil dieser sich im tiefen roten Sand festgefahren hat.
Naja, letztendlich sind wir aber dann doch an einem voellig nichts-sagenden Steinhaus in der Wueste angekommen, an dem wir dann alle der Reihe nach unseren Stempel abholen konnten, 2 min. spaeter wurde jeder Pass nochmal von ein paar boese drein blickenden Soldaten kontrolliert und geschafft war die ganze Prozedur, sogar ohne Hunde-Gepaeck-Beschnueffelung, die ansonsten wohl ueblich ist.
Aber wer denkt, damit seis vorbei mit der Reise, hat sich getaeuscht. Irgendwann um 13 Uhr am naechsten Tag wurden wir im naechsten staubigen Kaff in Bolivien rausgeschmissen und wollten wort ein Busticket (juhu, ein Busticketschalter, wie haben wir dich vermisst!) nach Sucre kaufen, aber sie haben natuerlich weder Visakarten akzeptiert, noch hatten wir bolivianische Kohle am Start. Tja, Taxi konnten wir mangels Collettos nicht nehmen, also mit Rucksack erstmal 3 oder 4 Kilometer in der Mittagshitze durch die Stadt gelaufen, an der Bank Geld abgehoben und gerade so puenktlich fuer den Bus aus dem Taxi gesprungen.
Naja komm, nur noch 400kmj nach Sucre, kann ja kaum bis heut Abend dauern, dachten wir uns. Bis der Bus nach 10km links abgebogen ist auf eine mit dicken Steinen und Schlagloechern uebersaete Staubpiste, die sich in unzaehlbaren Serpentinen den Berg hochgewunden hat. Die Sonne stand flirrend ueber uns und dioe Klimaanlage in dem kleinen Bus wurde anscheinend vor vielen vielen Jahren bereits ausgebaut. Stattdessen wurden wahrscheinlich extra grosse Lautsprecher eingebaut, ueber die in einer Endlos-Schleife bolvianische Volksmusik mit Floeten und anderen nach 5 Stunden nervigen Instrumenten gespielt wurde. Die Fenster konnte man kaum aufmachen, weil man mit jedem Gegenverkehr auf der schmalen Piste eine volle Staublunge eingeatmet hat. Ich hab zwischendurch versucht, ein paar Fotos zu machen von der immer karger werdenen Berglandschaft und den Kuehen, Eseln, Schweinen und Huehnern, aber der Bus hat so gerattert und gewackelt, das die Bilder alle verschwommen sind Vor allem hat man in den Sand-Serpentinen-Kurven, durch die sich der Bus gequaelt hat immer damit gerechnet, jeden Moment die 60m direkt nebem einem den Abhang runterzufallen, falls der Bus mal abrutscht.
Der absolute Horror kam allerdings mit dem Sonnernuntergang, denn mit dem kam auch die unsaegliche Kaelte von den Fuss hoch in Bus gekrochen. Ich dachte ja, in Brasilien waers kalt gewesen mit der Klimanlage nachts im Bus an, aber das hier war echte Kaelte. In Pulli und lange Stoffhose eingewickelt haben wir fast kein Auge zu getan die Nacht ueber (ja, wir sind tatsaechlich auch nachts noch gefahren, denn 400km auf einer Buckelpiste kann man leider nur mit 20kmh im Schnitt fahren). Voellig geraedert und durchgefroren sind wir dann um 7 Uhr morgens in Sucre angekommen, nach laeppischen 40 Stunden! Trip quer durch Wuesten und Berge.
Hier haben wir dann bei tatsaechlichen ca. 5 Grad alles angezogen, was wir dabei haben (Winterjacke, Muetze, Socken, feste Schuhe), nur um dem bolivianischen Kleidungsstil gerecht zu werden natuerlich.
Kurz gesagt, war ne echte Erfahrung, die man in lustigen Stammtisch-Erzaehlungen zum besten geben kann und man kann festhalten, wir sind gesund und munter in Boliviens Bergen angekommen
Bis demnaechst, euer Schebi
ps. hab mittlerweile einen PC gefunden, der meine Schmuddel-Bilder nicht direkt zensiert, deshalb hier nachtraeglich ein paar Impressionen des Hoellentrips...
Hier wussten wir noch nicht, das dieser belebte Platz fuer die naechsten 14 Stunden unsere Heimat werden wollte...
So sahen die "Strassen" die meiste Zeit ueber aus und da kann man sich die Qualen des kleinen Busmotors vorstellen, bei dem Versuch, nicht wieder nach unten zu rutschen...
Aufbruch: | 10.10.2010 |
Dauer: | 12 Monate |
Heimkehr: | 10.10.2011 |
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