In Düsseldorf daheim, in der Welt zu Hause
Neues Seeland: 4 Wochen nature boy im campervan
Duschen? Rasieren? Waschen? Sachen wechseln? warm?
Nachdem ich die allermeiste Zeit meiner Weltreise in Hostels mit allen moeglichen Annehmlichkeiten wie einem Bad, einer warmen Dusche und einer Matraze mit zugehoriger Decke verbracht hab, musste ich auf dem Weg zu "Reinhold" natuerlich solchen Luxus ueber Bord werfen und mich ganz den Launen der Natur hergeben.
Nein, die Wahrheit ist, mein alter Trauben- und Apfelgefaehrte Martin hatte auch die Schnauze voll vom arbeiten und deshalb haben wir beschlossen, noch ein wenig von diesem wundervollen Land zu begutachten, indem wir einfach mal 4 Wochen lang unser Leben in die Haende des schnukeligen kleinen Mazda Campervans (ehemals Lieferwagen eines Klempners) legen in den Weiten der neuseelaendischen Suedinsel. Ich hab mir also eine Isomatte gekauft und mit den 2 immer noch ausgeborgten Decken aus dem Hostel mir eine Schlafstaette auf der Liegeflaeche neben Martin eingerichtet. Tagsueber sind wir dann einfach je nach Lust und Laune die ausgestorbenen Highways die Kueste runter entlanggeheizt und ich kann uch sagen, da kam man aus dem Staunen gar nicht mehr raus, weil die Natur hier hinter jeder Ecke noch mehr Schoenheiten versteckt hat...
Das geile an einem fahrbaren Untersatz ist einfach, dass man ueberall anhalten kann, wo man lustig ist (zum Glueck auch, wenn man nicht gerade lustig ist, also genau genommen, immer) und vor allem dort eben auch uebernachten kann. Wir haben uns also fortan einen Teufel um Hostels oder sonstige Zivilisation geschert, sondern uns einfach die schoensten Plaetzchen zum Schlaf tanken rausgesucht, die man sich vorstellen kann...
Sei es direkt am verlassenen Strand, neben einem rauschenden Wasserfall, einem eiskalten Fluss oder einem unwirklich still da liegenden See, man kommt sich original vor wie mitten in einer Jack Wolfskin Werbung, in der man das neueste Outdoor-Equipment testen soll, mit dem klitze-kleinen Unterschied, dass wir Solches kaum besessen haben, sondern uns mit dem begnuegen mussten, was unsere begrenzten Backpacker-Rucksaecke hergaben:
In meinem Fall habe ich mich nachts mit 3 Pullis uebereinander und zwei Paar Socken unter meinen zwei Wolldecken und der duennen Isodecke in den von Froesteln unterbrochenen Schlaf gebibbert und einfach das draussen Pinkeln gehen moeglichst lange hinaus gezoegert, weil man buchstaeblich Eiswuerfel gepinkelt hat, wenn es nachts unter 0 Grad runtergekuehlt ist. Wenn man morgens aufgewacht ist, konnte man erstmal die kleinen Eisblumen vom Fenster kratzen, um die Sonne reinzulassen, bis irgendwann die Feuchtigkeit in Baechen die Scheiben runtergeflossen ist und die Decken nassgemacht hat, die man dann den ganzen Tag nicht wieder richtig trocken kriegen wuerde...
Nachdem man dann mit klammen Fingern den Aussenspiegel vom Tauwasser befreit hat, konnte man notduerftig auch mit dem Rasierer ans Werk gehen bzw. sich mit Tage-altem Kanisterwasser vom Tankstellen-Wasserhahn die Finger waschen , um dann hygienisch fragwuerdig sich die Kontaktlinsen reinzufummeln. Da muss man dann halt durch als Lurch, wenn man ein Frosch werden will...
Die kulinarischen Gelueste wurden dann auch relativ schnell der Umgebung angepasst, so dass wir abends alles auf den Camping-Gaskocher geschmissen haben, was ging. Dazu zaehlte grossartigerweise auch ein eine halbe Stunde vorher gefangener Fisch aus einem grossen See, den uns ein australischer Fische netterweise einfach so geschenkt hat und den wir dann notduerftig aus Mangel an Mehl mit "WeetBix" (in Riegel gepresste Haferflocken, die hier eigentlich ins Muesli gepanscht werden) paniert haben und den Rest des Gebroesels dann mit Tomaten in der Pfanne zu einer Art Croutons verbraten haben. Nachdem wir dann trotz Verbots-Schild ein feines Lagefeuer gemacht haben aus so halbwegs trockenem Holz am Seeufer (wir haben uns unseren Verstoss schoen geredet: Schliesslich gitl das nur im Sommer, wenn es trocken ist und Buschbrand-Gefahr besteht und nicht jetzt im feuchten Herbst, oder? oder???), kam man sich dann endgueltig vor wie in "into the wild", weil man einfach nichts mehr gehoert hat ausser dem Knistern des Feuers, da der See zu unseren Fuessen so still war, dass das Wasser nicht mal ans Ufer geschwapt ist.
Um das Outdoor-Erlebnis abzurunden haben wir dann das dreckige Geschirr in kristallklarem und vor allem eiskalten Seewasser gewaschen und sind dann im Dunkeln, nur mit einer Stirnlampe bewaffnet durch einen steilen Buschpfad wieder zu unserer Parkbucht etwas weiter oben gekraselt, wo wir dann trotz "no camping"-Schild (das gilt doch auch bestimmt nur im Sommer, wenn hier halt ueberall Campervans rumgurken, oder? oder???) eine eiskalte Nacht verbracht haben.
Der feine Fisch hatte allerdings seinen Preis, denn noch am naechsten Morgen steckte mir eine ca. 2cm lange Graete direkt vor der Luftroehre, die Martin dann in einer einzigartigen Am-Strassenrand-OP mit einer Pincette rausgeholt hat. Wozu braucht man Zivilisation, wenn man selbst solche Dinge notduerftig im Outback regeln kann?!
is doch quatsch, wenn man doch gerade eine feine Forelle gefangen hat und zum Nachtisch nunmal unbedingt Marshmellows am Stock verzehren will, kann man doch mal ein "kleines" Feuerchen machen...
da hinten aus dem Wasser ist er praktisch frisch rausgesprungen und hat sich fuer unser Abendmahl geopfert, danke Nemo!
Das mit der Hygiene haben wir dann notgedrungen auch nicht mehr ganz so genau genommen, sondern sind entweder todesmutig ins eiskalte Fluss- oder Seewasser gesprungen (um dann eben so schnell geschockt wieder rauszuspringen ), um uns mal kurz zu betroepfeln, oder sind halt in der naechstgroesseren Stadt ins Hostel zum Duschen oder ins Schwimmbad zum "Dreck abwaschen" gegangen. Das hoert sich relativ vernuenftig an, allerdings muss bedenken, dass es in dieser Gegend Neuseeland weder besonders viele, noch besonders lebhafte Staedte gibt, so dass sich die Katzenwaesche auf sagen wir mal alle paar Hundert Kilometer beschraenken musste Aber wer mal ein echter Reinhold Messner werden will...
da war der Mut und Enthusiasmus fuers kuehle Nass noch gross, aber zwei Sekunden spaeter als Eisklotz erstaunlicherweise nicht mehr annaehernd
Auf unserem Trip haben wir als echter nature boys natuerlich auch eine Reihe verschiedenster Lebewesen kennen und lieben bzw. hassen gelernt. Dabei war unser groesster Feind sicherlich die widerliche, kleine Kackbratze von "Sandfloh", die in ganzen Armeen auf uns und unser Essen zugestuermt ist und wenn man nicht in sekundenschnelle jeden Fetzen Haut bedeckt hat, haben sie einen gnadenlos gebissen, bevor man die Chance hatte, sie mit einer gekonnten Ohrfeige aus dem Leben zu schiessen. Ungluecklicherweise sind diese Aasviecher nicht mal bei Minusgraden nachts verreckt, sondern sind ganz im Gegenteil morgens puenktlich zum Fruehstueck quickfidel auf einen draufgesprungen, als wenn's kein Morgen gaeb.
Ein anderer grosser Mitstreiter beim taeglichen Kampf ums Essen war das neuseelaendische Wildhuhn, dass laecherlichweise nicht mal fliegen oder richtig gackern kann (und sowas schimpft sich Huhn, da kann ja jeder kommen!), sondern einfach nur voellig dreist die Reste (was nicht immer "Reste" waren, schliesslich muss man als Backpacker nehmen, was man kriegen kann ) vom Teller pickt.
Aber mit der Zeit haben wir gelernt, mit diesem Raubtier umzugehen und haben es zu unseren Zwecken genutzt und und es zirkusreif dressiert
Aber an welches Tier denkt man bei Neuseeland? Natuerlich, dieses gruene Stueckchen Erde waere nichts ohne seine 40 Millionen Schafe, die einfach mit zum Inventar gehoeren und die man eigentlich nur noch richtig wahrnimmt, wenn sie was besonderes drauf haben, wie der Kollege hier, der den "toten Mann" konnte...
Wohingegen die Jungs glaub ich nicht mal in ihren hellsten Momenten an etwas anderes denken als Gras
Ach so, eine kleine Anekdote am Rande vielleicht noch fuer alle besorgten Verwandten, die sich vielleicht Gedanken gemacht haben, ob das so eine gute Idee war, zu einem "fremden Mann ins Auto zu steigen":
Als wir eines dunklen Nachts einen geeigneten Schlafplatz gesucht haben, sind wir vom Highway abgebogen und hatten einen geschuetzten Schlafplatz neben einer Eisenbahntrasse ausgemacht. Voller Euphorie sind wir mit unvorstellbar grosser Geschwindigkeit in den Pfad hineingerauscht, nur um festzustellen, dass es durch den Regen der letzten Tage ziemlich matschig war, so dass der Wagen schnell im Schlamm stecken geblieben ist und wir nur nach mehreren Anfahr- und Rutschversuchen wieder rauskamen. Martin war dadurch anscheinend so happy, dass er mit dem Bleifuss rueckwaerts wieder aus dem kleinen Pfad rausgefahren ist. Leider hatte eine grosse Laterne etwas gegen unsere hals-ueber-kopf-Flucht und hat sich ploetzlich in den Weg gestellt:
Aber keine Sorge, ist nichts passiert ausser einem explosionsartigen Umherfliegen saemtlicher Sachen auf dem Armaturenbrett und einer kleinen Beule in der Stossstange. Wir hatten anscheinend unsere netten gelben Engel dabei Danach hab ich keine Angst mehr gehabt, egal was fuer waghalsige offroad-Abenteuer wir unserem "Jeep" abverlangt haben im neuseelaendischen Outback
Aufbruch: | 10.10.2010 |
Dauer: | 12 Monate |
Heimkehr: | 10.10.2011 |
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