In Düsseldorf daheim, in der Welt zu Hause
Bolivien
naechste grenzwertige Erfahrung
Nachdem wir mittlerweile gut angekommen sind in Bolvien und sowohl Sucre als auch Potosi, zwei gemuetliche, kolonial-geparaegte Bergstaedte (Sucre so um die 2500m zum aklimatisieren und Potosi als hoechste Stadt der Welt auf 4070m als echte Herausforderung) besucht und durch unseren Tanzstil bereichert haben, sind wir heute in die beruehmten Silber-Minen von Potosi reingekraselt.
Was sich erstmal nach einem lustigen Winetou-Film anhoert, ist hier allerdings toedlicher Ernst und zwar im wahrsen Sinne des Wortes:
Seit ca. 450 Jahren schuften sich die Bolvianer den Buckel krumm fuer einen Hungerlohn (im Schnitt so ca. 4 Dollar am Tag, wobei die Schichten bis zu 24 Stunden dauern koennen), nur um moeglichst viel Silber aus einem der 500 Stollen zu holen, das sie dann auf eigene Rechnung und ohne soziale Absicherung verticken muessen an ihren Chef bzw. die Filter-Fabriken ausserhalb des Bergs.
Insgesamt sind in diesen Bergwerken ca. 8 Millionen Menschen gestorben, aber keiner wiss die genaue Zahl, denn schliesslich arbeiten heute immer noch 10.000 Menschen dort unten unter teilweis unmenschichen Bedingungen und Kinderabeit ist an der Tagesordnung, erst diesen September ist wieder ein 14-jaehriger Junge an giftigen Gasen erstickt in dem Stollen, den wir besucht haben!
Man muss sich das so vorstellen, dass die Arbeiter morgens in Scharen den Berg hochgefahren werden und alle, was sie an Sicherheit dabei haben, sind Gummistiefel (weil die sTollen teilweise mit Schlamm geflutet sind), eine Hose, Jacke (wobei man diese tiefer unten im Berg ausziehen muss, weil es bis zu 35 Grad heiss wird!), einen Helm (der einen vor etlichen runterfalenden Steinen schuetzt) und eine Kopflampe, ohne die man die Hand vor Augen nicht sehen wuerde. Ausserdem sind viele mit Dynamit
Da es den Arbeitern echt beschiessen geht, kann man auf dem Weg zu den Minen kleine Geschenke fuer sie kaufen, die das Arbeiten etwas ertraeglicher machen und die man den Jungs dann persoenlich ueberreichen kann:
- 96%-igen Alkohol, der nur in Bolivien erlaubt ist
- Coca-Blaetter, die man sich in die Innenseite der Backe klemmt und deren Fluessigkeit einen zwar nicht hi machen, aber immerhin die Muedigkeit nicht spueren lassen, den Hunger reduzieren, einen nicht so sehr frieren lassen und die Hoehenkrankheit vermeiden
- Fruchtsaft und Wasse zum trinken, weil man schwitzt wie ein Schwein, sobald man weiter in die Minen reingeht
- spezielle Zigaretten ohne Filter, die einen benebeln
- Dynamit, da die Arbeiter dieses selbst fuer 2 Euro das Stueck kaufen muessen
- Arbeiter-Handschuhe
Diese kleinen Gimmigs sind aber nicht nur fuer den Eigenbedarf, sondern hauptsaechlich fuer den Satan des Berges, genannt "Tio", eine Teufelsgestalt, die in jedem Stollen plaziert ist und der man Opfergaben wie eben Alkohol, Zigaretten und Coca-Blaetter gibt, um ihn gut zu stimmen und fuer die eigene Gesundheit, keine Steinschlaege, gute Silber-Adern und zu guter Letzt die eigene Fruchtbarkeit zu beten. Zu diesem Zweck hat der Tio ein maechtig erigiertes Glied, das man(n) mit der linken Hand anfassen muss, waehrend man mit der rechten Hand einen ordentlichen Schluck des 96%-Blindmachers nimmt. Haben wir natuelich im Zuge der kulturellen Annaehrerung auch alles gemacht und wir wurden von allem Boesem verschont!
Auch wenn Frauen bis vor ein paar Jahren verboten waren (selbst Touriostinnen waren ungern gesehen), ist das Ganze allerdings kein heimlicher Homo-Club da unten, sondern tatsaechlich harte koerperliche Arbeit, vor allem die ganzen Steine in 25kg-Taschen aus irgendeinem Loch an einem Seil zu ziehen und anschliessend einen 1 Tonne schweren Wagen ueber schiefe Holzschienen bis zum Ausgang zu wuchten, hat uns (Ex-)Sportstudenten ganz schoen aus der Puste gebracht und die Jungs machen das ganze nich nur mal so als Gag, sondern mehrere Stunden am Stueck!
Viele der Arbeiter muessen in vorderster Front mit ganz schoen grossen Dynamit Stangen hantieren, die in tiefe Loecher gestopft werden, dann zuendet man die Zuendschnur an und hat dann genau 3 Minuten, um seinen Allerwertesten in Sicherheit zu bringen. Da es aber unzaehlbare Schaechte und Gaenge gibt, muss man alle anderen Arbeiter rechtzeitig warnen und bei eben diesen Aktionen haben schon viele "mineros" ihr Leben gelassen. Da wir ja von unserem Guide zum mithelfen eingeteilt waren, sollten wir auch ein Loch sprengen, aber unsere Dynamit-Stange hat sich leider (oder vieleicht auch zum Glueck) als Blindgaenger erwiesen und wir mussten den Schacht verlassen, da man einen Blindgaenger 24 Stunden in Ruhe lasse sollte!
Eine der groessten Gefahren fuer die "mineros" ist allerdings der Staub und der Mangel an Sauerstoff, vor allem fuer die ganz harten Jungs mit ihren Bohrern in neu geschaffenen Schaechten, die fast nichts mehr sehen und kaum atmen koennen und nach oftmals ueber 30 Jahren in den Minen an einer Staublunge sterben. Fast alle Arbeiter versuchen staendig, das verdiente Geld zu sparen, um sich einen Job in der Stadt suchen zu koennen und nicht meh jeden Morgen in die dunklen Schaechte steigen zu muessen. Vor allem di Kinder versuchen regelmaesig in die Schule zu gehen, damit sie irgendwann einen besseren Job annehmen koennen...
Alles in allem war das eine zwar beklemmende Erfahrung, aber dennoch beeindruckend zu sehen. Auch wenn einem zwischendurch schon ein bisschen mulmig wurde, wenn man vom Guide aufgefordert wurde, sich ohne Absicherung in den dunklen Schacht abzuseilen
(da wuerde schon eine Leiter kommen, wir wuerden schon sehen), das Dynamit mit einem Eisenstab in den Berg zu haemmern, auf einem schmalen Holzbalken ueber ein Loch zu balancieren oder durch einen mit poroesen Holzbalken gesicherten Schacht zu kriechen.
Beim erloesenden Ausgang aus dem dunklen Schacht nach nur 2,5 Stunden (man kann sich gar nicht vorstellen, wie man es 24 Stunden dort aushalten kann!) musste man sich erstmal die Augen zuhalten, wei es so hell war und im Laufe des Nachmittags habe ich dann auch "Schmerzen am Kopf" bekommen (wie der Franzose zu sagen pflegt), die allerdings hauptsaechlich in der Hoehe begruendet sind, auf der wir uns hier niedergelassen haben, weshalb e tagsueber in der Sonne auch Freibad-warm und nachts Gefriertruh-kalt. Man zieht eigenlich staendig nur irgendwas aus oder an, ist mehr so ein kleines Theater-Spiel hier, aber macht trotzdem spass
zwei echte "Kumpel" vor dem schweren Gang in die Mienen (an die germanen unter euch, schreibt man die Bergmiene jetzt mit e oder ohne? hab schon lange kein geistiges Training mehr betrieben)
war gar nicht so einfach, wie´s aussieht und das Seil mit seinen Knoten hat nebenbei auch meine Hose an einer empfindlichen Stelle maltretiert, aber Tio beschuetzt ja ab jetzt alles in dem Bereich
Ach ja, eine kleine, ganz lustige Anekdote noch:
Waren in Sucre in den umliegenden Bergen ein wenig wandern (manchmal packt uns doch der Sportfimmel bei dem ganzen Rumgegammel hier) und nach einigem Raetsel- und Richtungsraten haben wir tatsaechlich die eher nicht so legendaeren 7 Wasserfaelle gefunden (die auch ziemlich vertrocknet waren und so eher einem Cayon geglichen haben).
Jedenfalls haben wir in unserer nicht zu stillenden Abenteurerlust einige kleine Wasserbecken durchwatet, um einige mehr oder weniger steilen Felsen hoch- und runterzuklettern und wurden letztendlich mit einem unvorstellbar kalten, aber dafuer sauberen Wasserbecken mitten in den Bergen belohnt.
So wie man mich kennt konnte ich mir diese einmalige Chance auf ein Eisbad natuerlich nicht entgehen lassen und da ich ja den lange Zeit unentdeckten Porno-Fotograph Markus Mueller dabei hab, ist der wahrscheinlich beste Schnappschuss des ganzen Urlaubs entstanden, den ihr ganz unten als Abschluss finden koennt
ich wusste da noch nicht, was auf mich zukommen wuerde, weder eventuelle Felsen, Penisfische oder extreme Temperaturschwankungen, aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt, nicht wahr?!
Aufbruch: | 10.10.2010 |
Dauer: | 12 Monate |
Heimkehr: | 10.10.2011 |
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