Seidenstrassenprojekt
Einführung und Anreise
Usbekistan? - was wollt Ihr denn dort?, ist das nicht gefährlich?, wo liegt denn das überhaupt? (so genau wußten wir das auch nicht, jedenfalls hätten wir vor der Reise die Nachbarländer nicht aufzählen können.), was kann man denn da machen/sehen? Das waren die Fragen, die uns Freunde und Bekannte stellten, als wir von unserer geplanten Reise gesprochen haben.
Was wir natürlich wußten war die Tatsache, dass ein Strang der Seidenstrasse (von Norden kommend) das Land durchzieht und den anderen Strang aus dem Iran kommend dort trifft. Und dies war für uns Grund genug, diesen Teil zu bereisen.
Zunächst fand die Suche nach einem Flug statt, da gibt es interessante Varianten (mit Aeroflot über Moskau war uns u.a. wegen der Sanktionen nicht so ganz geheuer; mit Turkish Airline über Istanbul bedeutet einmal Umsteigen mit der Gefahr eines Kofferverlustes auf dem Moloch von Istanbul; dann blieb noch Usbekistan Airways mit Direktflug) Nach Recherchen über die Zuverlässigkeit der Airline haben wir uns dann für diese bei uns nahezu unbekannte Fluggesellschaft entschieden.
Gregor bringt uns um 7.00 Uhr zum Bahnhof und ich muß mich wieder wundern, dass man in Aachen Kopfsteinpflaster vor dem Bahnhof verlegt hat, wo doch viele Reisende mit ihren Koffertrolleys laufen müssen. Aber das schürt die Wirtschaft an, denn die Rollen gehen schneller kaputt. Unser ICE11 ist pünktlich und bleibt nur auf der Strecke Köln Frankfurt einmal kurz stehen und 8 Minuten Verspätung ist natürlich ausgesprochen pünktlich für unsere DB. Da wir ja mit einer sozusagen Noname-Airline fliegen, müssen wir in Frankfurt zum Terminal 2, und das wird z.Zt. mit Bus geshuttelt. Eine gefühlte Strecke nach Frankfurt-Hahn werden wir weggekarrt und im Terminal 2D sind 2 Schalter für uns Holzklassentouris geöffnet. Wir teilen uns auf und meine Frau Ulrike gewinnt das Duell ganz knapp. Die Dame beim Check-in weist uns bereits darauf hin, dass wir einen weiten Weg vor uns haben. Uns fällt eine größere Gruppe junger Mädchen auf, die wohl aus Usbekistan stammen und deren Begleiter Unmengen an Gepäck einchecken. Zunächst durch die Paßkontrolle, diesmal elektronisch, der Reisepaß wird in einen Automaten gesteckt und dann öffnet sich die Türe für die folgenden 2 Meter, wo man dann noch portraitiert wird, weswegen weiß der Himmel. Bei 2D werden die Sicherheitskontrollen hinter den Imbißmöglichkeiten vorgenommen, so dass wir wegen der fortgeschrittenen Zeit – und der Weg ist wirklich lang – auf einen Kaffee verzichten und durch unendlich verschlungene Gänge bis fast zum Terminal A zurücklaufen. Bei mir entdeckt der Sicherheitsdurchleuchter drei spezielle Büroklammern im Mäppchen, die er sich anschauen will, meine Frau Ulrike muß die Schuhe ausziehen und jede Jeansniete wird getestet. An D53 ist es ruhig, aber man ist ja auch fast in Offenbach und man beginnt eine knappe Stunde vor Abflug an zu borden, natürlich mit Bus, der wieder eine große Runde um den Flughafen drehen muß, um uns vor der weit draußen parkenden Boeing 765-200ER abzusetzen.
Die Route ist 4950 km lang und führt in leichtem nördlichen Bogen (größte nördliche Breite 53° – Zeitverschiebung +3h – Flugdauer ca. 6h) um die Ukraine herum. Ob die Route bewußt aus Gründen, die in der Vergangenheit liegen, nördlich von Kiew vorbeiführt, ist nicht zu sagen, jedenfalls fliegen wir nicht über das Gebiet der Separatisten. Völlig überrascht von der Frage ‚fish or chicken’ nehme ich coalfish – Kohlenfisch? Das Essen ist lecker und es gibt Wein. Nach dem Essen fülle ich mal die Zollerklärungen aus, alles doppelt, da man ja bei der Ausreise alles nachweisen können muß.
Dies ist schon das erste Indiz für die zentralistisch regierende Staatsmacht.
"Heute wird das Land vom Westen gefördert, weil der Staatspräsident die Stationierung von Truppen gutheißt, die von hier ins südliche Nachbarland aufbrechen: nach Afghanistan.
Dieser usbekische Präsident herrschte schon zu Zeiten der Sowjetunion und ließ sich dann zum demokratischen Präsidenten küren, mit altgewohnter Traumquote und offenbar auf Lebenszeit. Vor zehn Jahren hat er Usbekistan zum "Land der Seidenstraße" ausgerufen. Das war eine gute Idee. Es gibt einen munteren Pauschaltourismus." (Welt, 24.11.08)
"Alle Reisenden müssen, etwa von Frankfurt kommend, in Taschkent landen, meist am späten Abend. Und am Ende fliegen sie von dort wieder ab, meist am frühen Morgen. Die Tourismusbehörde hat festgelegt, dass alle am Anfang und am Ende der Reise einen Puffertag einschieben müssen: zur Besichtigung von Taschkent. Gibt es denn irgendetwas zu sehen?" (eba)
Wir landen pünktlich! Zuerst muß man durch die Paßkontrolle und danach kann man das Gepäck am Band abholen. Eigentlich geht alles recht schnell und auch der Zoll zeigt sich recht friedfertig, nur es muß jeder einzeln vortreten, selbst Ehepaare werden getrennt. Ein Wechselschalter scheint nicht geöffnet zu sein, und im Airportgebäude sind keine Zuschauer zugelassen, auch die Taxifahrer und Reiseagentur-Vertreter müssen draußen warten. Wir finden unseren Tourbegleiter M.. schnell, müssen aber noch auf ein Paar warten, das wohl einen geöffneten Wechselschalter gefunden hat. Die Gruppe junger Mädchen wird mit großem Tamtam (Musik oder besser Getrommel) begrüßt und sogar das Fernsehen scheint dabei zu sein. (M..weiß aber nicht Bescheid - es scheint ihn aber auch nicht zu interessieren - ein erstes Indiz für spätere Probleme) Die Fahrt mit einem Minibus – wir sind ein wenig besorgt, dass dies unser Gefährt sein könnte, denn er hat genau 9 Sitze – in die Stadt ist recht kurz (ca. 7 km) und die Zimmerverteilung klappt auch vorzüglich.
imponierend verkleiderter Plattenbau aus sowjetischen Zeiten - ein Protzbau - doch nicht alles ist ok.
Danach findet meine Frau Ulrike, dass sie ein Bier vertragen könnte und im Hotel nehmen wir mit M.. und einem weiteren Pärchen je ein Bier zum Preise von 9000 Sum. (0,5 l - nach offiziellem Umrechnungskurs 3 €). Auf dem Zimmer esse ich noch ein ‚Hasenbrot’ zu einer Tasse Kaffee und meine Frau ist bereits selig entschlafen, während ich noch versuche die Reisesimkarte zu aktivieren. Das funktioniert nicht, ich schreibe – das WLAN auf dem Zimmer funktioniert hervorragend – an die Hotline und hoffe auf baldige Antwort. Das Zimmer ist riesig, aber es gibt keine Bügel, keinen Stuhl für den Schreibtisch, dafür zwei Sessel ohne Couchtisch, und einen uralt-Fernseher von Orion. Die beiden Kingsizebetten scheinen aber gute Matratzen zu haben. Nach Ortszeit begebe auch ich mich dann gegen 0 Uhr zu Bett.
Aufbruch: | 10.09.2015 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 27.09.2015 |