Freeride to Asia
Indien: 22.10.07: Amristar - Dharamsala
Km 13462
Bevor wir unsere Fuesse und Raeder auf indischen Boden brachten, goennten wir uns das obligate und wohl weltweit einzigartige Grenzspektakel, welches sich die Inder und Pakistanis jeden Abend bieten:
Hunderte von Zuschauern bevoelkern die Tribuenen, wenn die Grenzen geschlossen werden und unterstuetzen ihre Nation lautstark beim militaerischen Zeremoniell. Fuer uns ein Ausdruck der schlechten Beziehungen zwischen Indien und Pakistan...ein jeder Pakistani hat uns davor gewarnt, dass Indien ein "weniger gutes Land" seie.
Die Grenzformalitaeten fuer uns verliefen dann weit weniger dramatisch (auch wiedermal entgegen der allgemein praesenten Infos in der Overlandliteratur) und binnen 3 Stunden waren alle notwendigen Stempel auf die Dokumente gepappt und all unsere Details in riesigen Buechern (die Computer sind hier wie auch in Pakistan fuer solche Zwecke noch nicht im Einsatz) verewigt.
Weil wir eben anscheinend so freundlich drein schauen mussten wir weder eine der obligaten "militaerische Materialauslegeordnung" noch eine Drogenfahndung ueber uns ergehen lassen...war uns echt egal bei all den Feuerwaffen, die hier herumliegen.
Viel komplizierter laeufts jedoch fuer den Gueterverkehr zwischen den beiden Laendern, sind sie doch politisch nach wie vor weit voneinander entfernt und die Beziehungen angespannt.
Seit der Unabhängigkeit des Subkontinents 1947 vom British Empire und der gleichzeitigen Trennung in die zwei Länder (Bangladesh spaltete sich später von Pakistan ab).
Somit dürfen die Warentransporter die Grenze nicht überqueren, womit es einerseits angenehm ruhig ist, wir andererseits den umständlichen aber farbenfrohen Warenumschlag bezeugen können:
Unzählige indische Arbeiter in blauen Kitteln tragen Säcke und Kisten auf dem Kopf zur Grenzlinie, wo noch mehr pakistanische Männer, grün gekleidet, unter den Argusaugen der Grenzpolizei Schlange stehen, um die Waren zu übernehmen und umgekehrt. Doch wehe einer tritt über die weiss gestrichene Trennlinie, dann sind die Polizisten resolut mit dem Stock zur Stelle!
Weil diese Handarbeit unglaublich Zeit tilgt, saeumen die ersten Kilometer Indiens die weniger schoen verziehrten, wartenden Tata-LKW's (ja, die Effizienz ist nicht gerade die Paradedisziplin in Asien)
Gespannt auf das angekuendigte Chaos, die Armut und Unverstaendlichkeit der Groessten Demokratie der Welt (1.1 mrd Einwohner, Wachstumsrate: 100 mio in 10 Jahren!!) rollten wir gegen Amristar.
Amritsar ist die grösste Stadt des Bundesstaates Punjab und bereits die Einfahrt in die Millionenstadt erwirkt einen gewaltigen Eindruck:
Frauen! Frauen ohne Kopfbedeckung, Frauen auf Fahrrädern, sogar Frauen auf Vespas und allesamt in wunderschönen, farbigen und glitzernden Saris. Nach zwei Monaten in der islamischen Welt hatten wir ganz vergessen, wie es auf der Strasse aussehen kann, wenn da nicht nur Männer sind. Welch Wohltat!
Auch kommt uns Amritsar im Vergleich zu Pakistan ungleich westlicher und komfortabler vor. Die Gebäude sind moderner, die Strassen in besserem Zustand und das Chaos das selbe.
Fuer uns ist es toll die leckere indische Kueche zu geniessen..und dies sogar tagsueber. Welch Luxus!
Lucy ist mittlerweilen auch echt froh das Kopftuch zu verschenken und sogar ein T-Shirt tragen zu duerfen, ohne dass sich die ganze Welt mit misstrauischen Augen nach ihr umdreht.
Wir wagten uns dann per Auto gleich ins Stadtzentrum vor, um den goldenen Tempel der Sikhs zu besuchen.
Die Tempelwaechter waren so erstaunt ueber ein Schweizerauto, dass sie uns dann (nachdem wir bestaetigt haben, keine Waffen im Auto zu haben) gleich in die Tempelanlage einwiesen um zu parkieren. Sehr zum Erstaunen der Inder, welche nebenan auf dem oeffentlichen Parkplatz fuer saftige Gebuehren stellen muessen...anscheinend koennen auch die Inder selbst nicht immer alles verstehen, was hier so laeuft.. ein Gefuehl, welches wir noch oft haben werden in diesem Land.
Wir geben unsere Schuhe ab, bedecken unseren Kopf mit einem Tuch und waschen die Füsse bevor wir den Tempel durch das grosse Haupteingangstor betreten.
Die Menschen werfen sich nieder und küssen den heiligen Boden. Uns stockt der Atem. Inmitten eines silbern glitzernden Sees, spiegelt sich die Silhouette des marmorgoldenen Tempels, flankiert vom blendenden Weiss der den See umgebenden Gebäude. Wir schreiten andächtig mit tausenden buntgekleideten Pilgern um den See. Alte Menschen nehmen in dem heiligen Wasser ein Bad, andere sitzen in sich gekehrt im Lichte der untergehenden Sonne. Auch wir setzen uns auf die sonnenwarmen Marmorfliesen am Beckenrand.
Mehr noch als die perfekte architektonische Gestaltung ist es die spezielle friedvolle Aura, welche uns hier umgibt. Untermalt wird diese harmonische Atmosphäre vom Harmoniumspiel und den liturgischen Gesängen der Sikh-Priester, welche aus dem heiligen Buch der Sikhs vorlesen. Der Anblick des Goldenen Tempels bei Sonnenuntergang und die vielen Pilger haben uns tief bewegt und gehören zu den eindrucksvollsten und schönsten unser Reise.
Tagtäglich werden im Goldenen Tempel bis zu 20'000 Pilger und Besucher jeder Kasten- und Religionszugehörigkeit kostenlos verpflegt.
Der Sikkhismus macht nur wenig mehr als 1% der indischen Bevölkerung aus und ist eine Synthese von Hinduismus und Islam (was sich auch in der Architektur des Tempels zeigt). Die Lehre von Weltschöpfer, von der Seelenwanderung und vom Karma sind dem Hinduismus gleich, jedoch lehnen die Sikkhs die Vielgötterei, den Ritualismus und vor allen Dingen das Kastenwesen ab.
Doch somit genug Kultur, zur Akklimatisation ans doch sehr andere Indien stuerten wir gegen den Himalaya.
Als erste Station die ehemalige Hill Station Dharamsala (Hill Stations sind Sommerresidenzen an den suedlichen Auslaeufern des Himalayas, in welche sich die englische Upper Class waehrend den feuchtheissen Sommermonaten zurueckzog und heute die indische Oberschicht der Hitze entflieht).
Dharamasla ist insbesondere ein Magnet, weil sich im oberen Dorfteil (Mc Leod Ganj) die Exilresidenz seiner Heiligkeit des Dalai Lamas befindet.
Als der 14. Dalai Lama nach der chinesischen Okkupation 1959 aus Tibet fliehen musste, wurde Dharamsala sein neues Zuhause und Sitz der tibetischen Exilregierung.
Die Stadt nennt man seitdem haeufig Little Tibet, hier wird Tibets religioeses und kulturelles Erbe lebendig gehalten. Little Tibet ist das Zentrum fuer rund 100 000 Tibeter, deren Siedlungen ueber ganz Indien verstreut sind, und fuer Buddhisten aus der ganzen Welt.
Bekanntlich ist der Buddhismus heutzutage enorm "en vogue", weshalb die kleine Hill Station komplett von Besuchern aus der ganzen Welt, sowie unzaehligen Moenchen ueberlagert wird und unter den Locals der Slogan dominiert: "we make money out of everything".
Wir traffen hier am ersten Abend mehr Touristen, als wir auf der ganzen Reise bis heute sahen!!
Auch war es krass, dass man hier Oben alles moegliche von der tibetischen Moenchskutte bis zum Hightechnatel alles kaufen kann - das sind wir uns nicht mehr gewoehnt!
Der Dalai Lama war uebrigens grad nicht in town und die Tibeter haben uns ziemlich leid getan... zerstoert der Riesenandrang aus der ganzen Welt doch gerade die fuer diese Religion wichtige Stille ...
Erstaunlich ist uebrigens fuer uns, dass ca 70% aller Reisenden (wir kamen mit gerade mal 26 Westlern in Kontakt seit Istanbul - diese Ecke scheint schon nicht zu populaer..) die wir bis Dharamsala angetroffen haben Schweizer sind... krass, wenn man bedenkt wie klein unser Laendle ist (wir sind irgendwie schon die Glueckskinder der Welt... mit all unseren Moeglichkeiten!! Carpe Diem amigos!!).
So erstaunt es denn auch nicht, dass wir hier gleich noch Stefan aus Schenkon getroffen haben..er ist ein echter Indienspezialist der jede Ecke zu kennen scheint.
Fuer uns idal um die Prioritaeten fuer die naechsten Destinationen zu fixen... denn alles koenne wir hier einfach unmoeglich besuchen....die Dimensionen sind einfach too big!
Weil der Winter bald startet und wir ein bisschen "echteren" Buddhismus erleben wollen entscheiden wir uns gegen Norden in den Himalaya zu steueren... doch das ist eine andere Geschichte.
Liebe Gruesse happy Berny und Lucia
Anbei noch eine kleine Routenuebersicht...crazy, bereits in Indien zu sein!!
Aufbruch: | 15.07.2007 |
Dauer: | 15 Monate |
Heimkehr: | 10.10.2008 |
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