Freeride to Asia

Reisezeit: Juli 2007 - Oktober 2008  |  von Lucia Dettli / Berny Ackermann

Kambodscha: 17.5.08: Angkor-Pailin

Km 30180

Es heisst wieder Savadii Kap, wir sind zurück in Thailand, genau gesagt in Bangkok. Die Ereignisse haben sich in den letzten Tagen wiedermal gegenseitig zu überbieten versucht...momentan ist also bei uns nicht viel mit Ferienstimmung.

Denn die REGA hatte Berny per Telefon als Erstinformation nahegelegt in die Schweiz zurück zu fliegen, weil sich eben seine "Scheisserei" noch immer nicht gelegt hat.
Beim Diskutieren hat sich dann herausgestellt, dass der Telefondoc vor einigen Jahren per Motorrad von Zürich nach Bangkok gereist ist. Er hatte volles Verständnis für die geringe Motivation für eine Rückreise und empfiehl dann eines der Highend-Spitäler von Bangkok aufzusuchen (die Spitäler hier praktizieren wohl auf absolut europäischen Level, sie sind sogar voll mit europäischen und arabischen Medizintouristen).

Wir haben nun sogar Ferienerinnerungsfotos vom Innern des Bernymagens und Bernydarms von nem spezialisierten thailändischen Fotografen (sprich Gastroenerologen)....Diagnose: Gastritis....mit nem anständigen Medikamentenkoktail sollte diese nun endich ausgemerzt werden können...
Gesundheitszustand aktuell: etwa zum 10ten mal seit den letzten 2 Monaten viel Hoffnung, dass es endlich vorbei ist mit dem Scheiss.

..Bildreihe rechts: jaja, so sauber sieht's in meinem Darme aus, da immer gleich alles rausrutscht...

..Bildreihe rechts: jaja, so sauber sieht's in meinem Darme aus, da immer gleich alles rausrutscht...

Doch eigentlich wollen wir noch berichten, was wir nach dem Spitalbesuch in Siam Reap, als Berny wieder von 10 auf 60% Leistung hochgefahren ist alles erlebt haben:

Also we are back in Cambodia, dem Land der superliebenswürdigen und bitterarmen Leute, den viel zu vielen Luxusjeeps, der enormen Korruption und der wunderbaren, unendlich grossen Tempelanlage der Khmer (es gibt hier über 1200 Tempel) - dem grössten religiösen Bauwerk der Erde.

Zuerst haben wir uns auf unserem Campingplatz, besser gesagt dem Garten eines gemütlichen Guesthouses ein wenig am Pool erholt (enorm hilfreich bei den Temperaturen hier...).

Bald kriegten wir wiedermal Besuch.
Dieses Mal von Michi und Susanne, welche lustigerweise ebenfalls am 23.7.07 die Schweiz per Auto in Richtung Asien verlassen haben. Ueber Internet waren wir immer mal wieder in Kontakt, zu einem Treffen hat's erst hier in Cambodia gereicht.
Zusammen zelebrierten wir dann mit Grill und Kartoffelsalat die Schweiz und erkundeten im Superbus die Khmertempel.

Weil an unserem ersten Templertag der Hauptparkplatz des Angkortempels mit etwa 30 Reisecars überstellt war entschieden wir uns mal um den Tempel rum zu fahren...an der hinteren Zufahrtschranke angekommen fragte uns der Wächter wiedermal die obligate Asiatenfrage:

"R iu Doctor?" (dem Schweizer Kreuz sei dank..)
Nach dem Verneinen die übliche Nachfrage:
"R iu National Geografic?"
Nach erneutem Verneinen fragt dieser:
"R iu Cameraman?"
Was Berny bejahen konnte (ich wollte auch mal ja und nicht immer nein sagen, und wir haben ja ne Kamera an board). Da antwortet der Wächter:

"Oh, we wait for you long time, pls enter directly...."

Dankend sind wir dann direkt vor den Haupttempel gefahren um ein kleines Erinnerungsshooting zu machen (die Tempel sind hier eigentlich recht rigoros abgesperrt).

Das Shooting dauerte allerdings nur kurz, da kam unser Wächterfreund angerannt...hat er doch auf einen Fernsehkameramann mit Filmerlaubnis gewartet, der mittlerweilen aufgetaucht war...

Und wir parkierten dann ebenfalls neben den Reisecars...

Wenn man sich hier zyklisch verhält kann man die schönen Eindrücke mit sehr vielen anderen Touristen teilen....genau gesagt 2mio pro Jahr. Es scheint ob ganz China, Korea und Japan auch gerade hier wäre....mehr als 80% der Besucher sind aus Asien.

...das lustige Spiel eines jeden Fotomaniakken lautet hier: wie mache ich ein Foto ohne andere Touris, sodass diese zu Hause denken, ich hätte die bekanntesten Tempel der Welt für mich alleine geniessen können....

...das lustige Spiel eines jeden Fotomaniakken lautet hier: wie mache ich ein Foto ohne andere Touris, sodass diese zu Hause denken, ich hätte die bekanntesten Tempel der Welt für mich alleine geniessen können....

Kein Wunder, denn die unzähligen Tempel in der schier endlosen Anlage liegen wunderbar in einem tollen Waldgebiet und beeindrucken durch sehr detaillierte Steinarbeiten.

Viele Tempel wurden in den letzten Jahren restauriert (denn das tropische Klima lässt die Natur ganz schön wuchern hier)

...das ist übrigens jener von Laura Croft's Thomb Raider...

...das ist übrigens jener von Laura Croft's Thomb Raider...

Schade ist dass die Finanzierung dazu hauptsächlich aus der Kasse der Weltbank oder von einzelnen Ländern berappt wurde (es gibt hier nen Tempel der Schweizer, der Belgier, der Franzosen, etc....) und die doch massiven Eintrittsgelder (20 USD pro Tag) an eine vietnamesische Erdölgesellschaft, welche die Vermarktungsrechte von Angkor erkauft hat, (viva la corruption) gehen.....

Wie wir ja in der Schule alle gelernt haben, soll man sich bei solch einem Massenbesuch antizyklisch bewegen. So konnten wir die gewaltigen Bauwerke dank eigenem Fahrzeug und weil wir auch weit entfernte Stätten besuchten ziemlich in Ruhe geniessen. Gefallen hat uns im speziellen, dass jeder Tempel ne eigene Charaktere besitzt. So wurd's uns während den 3 Templertagen nie langweilig.

Die Khmer Tempel Kambodschas waren nebst dem Golden Temple in Indien und Persepolis im Iran wohl die kulturell eindrücklichsten Etappen unserer Reise so far.

..Ja sie sind einfach wunderschön die Dinger. Wurden übrigens zwischen dem 10. und 12 Jahrhundert erbaut..

Wir haben dann auch noch die nächste Touristenattraktion von Siam Reap besucht: den Tonle Sap See (grösster See von Südostasien) mit seinem schwimmenden Fischerdorf. Hier besuchen die Touristen auf ihrer durchschnittlichen 3-Tage-Kambodschareise im klimatisierten Reisecar auch noch schnell die "Armen".

...keiner zu klein ein Captain zu sein...

...keiner zu klein ein Captain zu sein...

...hautpsache frisches Gemüse...the floating garden..

...hautpsache frisches Gemüse...the floating garden..

In Siem Reap gibt's noch einen weltbekannten Schweizer namens Beatocello, der wegen seinen 3 Kinderspitälern in Cambodia berühmt ist.

Er war leider gerade auf Fundraisingtour in der Schweiz, weshalb wir seine wöchentliche Veranstaltung nicht besuchen konnten. Stattdessen wurde uns ein sehr aufwühlender Film gezeigt. Einige Facts:

-von den 52 mio USD die die WHO 2006 für Cambodia ausbezahlt hat sind 50mio in der Korruption verloren gegangen. Von den restlichen 2 mio wurden 80% für Gehälter ausgegeben!!!
-Weil die Policy der WHO (poor medicine for poor countries) keine ausreichenden diagnostische Geräte einsetzt, wird ein Grossteil der Patienten in den UNICEF Spitälern in folge falscher Diagnose falsch therapiert
-Beat's Spitäler sind gratis (wenn die Bevölkerung die sehr teueren Medikamente selbst bezahlen muss - Modell WHO - so wird mit jedem Kranken ein Kleinstbetrieb (einfacher Bauer, Handwerker) zerstört, weil er für das Bezahlen der Arzneien substantielle Werte seines Vermögens (sprich eine seiner drei Kühe oder so) verkaufen muss, was die Armut multipliziert).

- Beat bezahlt überdurchschnittliche Löhne (ein Arzt verdient sonst ca 35 USD pro Monat), somit kann er der Korruption entgegen halten. Es ist sonst in Cambodia üblich dass der Arzt dem Patienten Wasser spritzt und die verschriebene Medizin auf dem Schwarzmarkt verkauft...bin ich wohl deshalb immer noch krank??
-Beat betreibt die kosteneffektivsten Spitäler dieser Welt - er hat nebst sich nur gerade einen Europäer angestellt (Totalbelegschaft: 1500), er bildet seine Aerzte teilweise selbst aus.
-Mit dem Globalbudget der WHO könnten nach dem Modell Richner weltweit 1.5 Mrd Menschen medizinisch erfolgreich betreut werden!!

In den drei Spitälern von Beat Richner weden jährlich 600'000 Kinder behandelt, 2800 würden sonst pro Monat sterben (die übrigen Spitäler sind entweder zu teuer oder zu schlecht) - er finanziert dies zu mehr als ¾ aus seinem eigenen Fundraising - er wird von der WHO nicht anerkannt.

Wer effektiv spenden will, besuche www.beatocello.com und meide Organisationen wie UNICEF! Nach all den bitteren Informationen über's Gesundheitswesen von Kambodscha waren wir doppelt dankbar reich genug zu sein um in der besten Klinik des Landes per Mastercard Einlass zu kriegen.

Nach soviel Spital, Tempel und Armut war unser Visa bereits seit 2 Tagen überzogen und wir machten uns auf in Richtung Thailand. Weil man laut offizieller thailändischer Stelle pro 6 Monaten nur 3 Thailändische Visas kriegen kann (und wir bereits 3 im Pass haben - den Kambodschaner die uns nicht haben einreisen lassen und uns auf den Umweg über Thailand zu einer anderen kambodschanischen Grenze geschickt haben sei dank) versuchten wir unser Glück um ein viertes Visa innerhalb eines halben Jahres zu kriegen an einer klitzekleinen Grenze in der südwestlichen Pampa von Kamboscha.

... National Highway...in dieser Form über 150 km....da bleibt nix staubfrei...

... National Highway...in dieser Form über 150 km....da bleibt nix staubfrei...

Dazu donnerten wir so an die 10 Stunden über miserable Strassen. Der erste Abschnitt ist die offizielle Strasse (so called Highway) von Siam Reap nach Thailand

Diese wird bewusst in so schlechtem Zustand gehalten, weil der Staatspräsident Hun Sen (einer der 30 Reichsten dieser Erde, Chef eines der ärmsten Länder dieser Welt...häääääääää) ein Grossaktionär der Bangkokairline ist . Die Bangkokairline ist per Zufall die einzige Airline, welche Siam Reap anfliegt.....und die 2 mio Touris herscheffelt....die natürlich von der schlechten Strasse unterrichtet werden und deshalb lieber fliegen.

Der zweite Abschnitt ging dann wirklich durchs Backcountry - jenes Gebiet in welchem sich die Roten Khmer zurückgezogen haben. Und siehe da, plötzlich sehen wir ganz viele ältere Leute (das gibt's sonst in Kambodscha nicht wirklich, weil sie beim Genozid alle umgebracht wurden)...

Hinzu kommt, dass in diesem Gebeit nach wie vor alles vermient ist. Ja und Waffen gibt's wohl auch noch einige...

...da pinkelst du besser an dein Auto als hinter die Bäume....

...da pinkelst du besser an dein Auto als hinter die Bäume....

...die Herstellung einer Landmiene kostet 1 USD. Die Ortung und Entfernung derjenigen ca 1000 USD. In Kambodscha liegen schätzungsweise noch ca 2 mio Mienen rum....

...die Herstellung einer Landmiene kostet 1 USD. Die Ortung und Entfernung derjenigen ca 1000 USD. In Kambodscha liegen schätzungsweise noch ca 2 mio Mienen rum....

Im Mienenmuseum haben wir dann gelernt, welche Bananenrepubliken heute noch Mienen produzieren...

....die Funktion einer Landmiene ist übrigens nicht etwa das Töten, nein sie soll nur verletzten, weil so die gegnerischen Truppen stärker geschwächt werden....

....die Funktion einer Landmiene ist übrigens nicht etwa das Töten, nein sie soll nur verletzten, weil so die gegnerischen Truppen stärker geschwächt werden....

Nach viel Staub und Schweiss erreichten wir dann die Grenze zu Thailand. Laut offizieller Stelle bezahlt man als Tourist pro Tag den man zu lange im Land bleibt 5 USD (ein neues Visa hätte uns 40 Dollar gekostet). Also klarer Fall für die 5 USD Regel...
Die korrupten Zöllner (kann man auch keinen Vorwurf machen, Monatssalär ca 40 USD, 1 Liter Benzin kostet 1.5 USD) wollten dann aber zusätzlich 60 Dollar Strafgeld von uns.....Berny fragte ob er mal das Gesetz lesen könne. Der amüsierte Zöllner zog einen Ordner und meinte:

"Yes you can read the law, but only in Khmer...do you read the Khmer language .... fat smile"

Berny konnte natürlich nix lesen und wir entschieden uns für nen kleinen Sitzstreik im Büro des Oberzöllners. Nach erfolgreichen Anfreundungsversuchen mit einem Sekretär im Office fragte Berny diesen, ob er ihm nicht 30 USD in Khmer niederschreiben könne, er wolle ein bisschen Khmer lernen...der flotte Sekretär griff zum Stift und verriet die Truppe gleich selbst. Fehlte dieses Wort im Gesetzestext doch ganz klar.
Kurz darauf konnten wir die Grenze dann ohne 60 USD Strafgeld passieren.

Ganz atypisch für's Autoreisen in Südostasien erhielten wir auf der thailändischen Seite in Rekordzeit von ca 60 Minuten völlig ohne Probleme ein viertes Thaivisum sowie die gestempelten Fahrzeugpapiere....!!!

WOW. Das ist ja wohl wieder ne neue Rekordlänge für unsere Berichte. Wir versuchen in Zukunft weniger zu erleben, sodass ihr nicht solange lesen müsst....smile.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Aus Interesse für Natur, Kultur, Religion, Unplanbarem und vor allem unserer Selbst, sind wir mit unserem kleinen 4x4 Camper über den Iran, Pakistan und Indien nach Südostasien gereist. Weil wir noch nicht zurück wollen freuen wir uns jetzt riesig über den spontanen Versuch, quer durch Russland, die Mongolei und Kasachstan zurück nach Europa zu cruisen...hoppla hoffentlich hält das unser Bus aus.
Details:
Aufbruch: 15.07.2007
Dauer: 15 Monate
Heimkehr: 10.10.2008
Reiseziele: Schweiz
Kambodscha
Bulgarien
Griechenland
Türkei
Iran
Pakistan
Indien
Malaysia
Thailand
Laos
Japan
Russland / Russische Föderation
Mongolei
Kasachstan
Ukraine
Italien
Der Autor
 
Lucia Dettli / Berny Ackermann berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Lucia Dettli / sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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