Freeride to Asia
Russland: 10.7.08: Chita - Ulan Ude
Km 35780
Hello back home
Wir haben den russischen Fernen Osten (so heisst der östlichste Teil Russlands, welchen wir in Europa fälschlicherweise Sibirien nennen), sowie die Haelfte von Sibirien (zwischen dem fernen Osten und dem Ural) bereits hinter uns gelassen und schreiben die Erlebnisse über diese Monsteretappe aus Ulan Bator, der Hauptstadt der Mongolei. Wir stehen also bereits südlich vom Baikalsee und haben in den letzten 2 Wochen mit ca 4500 km auf der Weltkarte grad nen riesen Sprung vollbracht. So was geht natürlich nicht ohne intensive Erlebnisse:
Nach der ganzen Spitalgeschichte in Südostasien sowie der langwierigen Zollabfertigung in Vladivostok waren wir enorm froh wieder so richtig am Superbusreisen zu sein.
Auf "russischgut" geteerten Strassen (die sind am Holpern zu erkennen) bewegten wir uns hin nach Khabarosvk, dem östlichsten Punkt unseres Ausfluges, oder besser gesagt Ausfahrt.
...flat...superflat...
Nach Khabarovsk ging's weiter entlang der chinesischen Grenze um den wohl nördlichsten Zipfel unserer Route....noerdlich ist zu dieser Jahreszeit insbesondere toll weil`s nur gerade zwischen 23.00 und 05.00 Uhr dunkel ist.
Es war eindrücklich wie schnell wir in die endlosen, fast unbewohnten russischen Weiten eintauchten, für uns beide ein absolut neues Erlebnis.
Die endlose Taiga lässt sich nicht wirklich in Worte fassen, so im 3 Stunden Takt wechselten sich Kiefern- und Birkenwälder mit Steppe ab...dazu einfach ein paar Bilder, wenn auch ein Computermonitor natürlich viel zu klein ist um das eindrückliche Panorama zu erklären..
...irgendwie kann so ne neverending Fläche auch fast beengend wirken...
Mit dem geliebten Asphalt (welch tolle Erfindung - hier fährt's sich so ruhig und staubfrei) war dann auch bald mal Schluss und ne 1400 km lange Piste nahm ihren Anfang.
Leider war diese nicht immer idyllisch: momentan herrscht grad Moskito- und Bremenhochsaison, erstaunlicherweise ausser einem einzelnen Reh und wenig Vögeln die einzigen Tiere, welche wir dort oben antraffen.
Hinzu kommt, dass die einzige russische Ost-Westverbindung abertausenden von Autoschiebern ("Pirigonshik") ein Einkommen ermöglicht. In Russland ist die Kaufkraft für ein Auto erst seit kurzem in relativ grosser Zahl vorhanden und die Nachfrage nach "modernen" (nichtrussischen) 2nd Hand Autos übersteigt das Angebot ums x-fache. Dementsprechend werden über Vladivostok tausende von japanischen Gebrauchtwagen auf dem Landweg bis rüber zum Ural gefahren (7000km !!!). Dies ist rentabler als die Autos auf dem Transsibzug zu verschieben und der Grund, dass im östlichen Russland über die Hälfte aller Autos rechtsgesteuert sind.
Weil die Piste streckenweise in schlechtem Zustand ist (kein Wunder bei den 8 Monaten mit Schnee und Temperaturen bis -40°C), gehört das Radwechseln zum Daily Business, so alle 10 km ist ein Fahrer mit dem Mückenkampf und dem Radwechseln engagiert.
Wir haben mit unseren nigelnagelneuen Bangkokpneus nur darüber gelächelt (wir hatten ja auf den gut 30'000km noch nie nen Platten)...doch wie's dann eben kommen muss, hatten auch wir kurz darauf unseren ersten flachen Schlauch auf der Felge.
...dem wurde rasch abgeholfen..Mechanikerlucy kann jetzt auch Pneuwechseln...
....so im 200km Rhytmus steht ein alter Armytruck am Pistenrand...Tyre-Repair für 5 CHF ist hier ein gutes Business...
...Platte die zweite, garniert mit ner neuen Felgenform...
Blöder kam's dann am nächsten Tag...wir sind zwar nicht wie andere Fahrer irgendwo in Folge Konzentrationsschwäche in den Graben gefahren (hier sieht man jeden Tag schlimme Unfälle)..doch haben wir idiotischerweise einen der zahlreich auf der Strasse liegenden grossen Steinbrocken mit ca 80 km/h auf der rechten Wagenseite voll erwischt. Wir wurden gerade überholt und hatten deshalb keinen Raum zum Ausweichen...
Dies hatte auf den ersten Anblick einfach nen weiteren Platten Reifen zur Folge. Damit war aber leider nicht genug...weil die Felge auf der Innenseite über die Bremstrommel gebogen war, konnten wir das Rad nicht mehr abmontieren....
Einer der netten Autoschieberkollegen sprang dann aber im nu als rettender Engel ein. Trotz seiner bärenhaften Figur konnte auch er nix ausrichten, weshalb er dann nen LKW anhielt. Die Fahrer ebenfalls mega hilfsbereit waren dann etwa 10 Minuten mit grossem Werkzeug am murxen und wir waren mit dem geflickten Ersatzrad in Rekordzeit wieder on the Road...Wenn auch ohne Handbremse, die hat's beim grossen Rumpeln auch gleich abgerissen (aber wer braucht denn ne Handbremse in der flachen russischen Taiga).
So alle 300 Km gab's dann wiedermal so was wie ein kleines Dorf. Diese Ecke Russlands ist enorm einfach, die meisten Gebäude sind am zerfallen und es liegt einfach überall viel Schrott und Abfall rum.
Irgendwie romantisch: im Dorfladen wird trotz digitaler Wage immer noch mit dem Rechenschieber gearbeitet...wir mussten dann auch noch Geld wecheln auf der Bank, das dauerte gerade mal 30 Minuten...und meine Adresse auf der Quittung hiess: Bernhard Ackermann, Schweiz, Suisse, Svizzera, Switzerland...smile...hat er gut ausm Pass rauskopiert, der werte Banker.
Abgesehen vom ersten grimmigen Blick sind die Russen sehr nett und hilfsbereit zu uns. Leider spricht keiner auch nur ein Wort englisch, weshalb wir fleissig Woerter pauken. Haben ja auch schoen Zeit beim autoduesen.
Russisch ist ziemlich einfach - verglichen mit Japanisch oder so - wir schwingen schon an die 40 Woerter.
Nach knapp 3000 km erreichten wir mit Chita eine der grössten Städte im fernen Osten.
Hier versuchten wir die Mission Felge und Pneu kaufen sowie einen Doktor aufzusuchen, um Berny's Zeckenbiss abzuklären (hier in Russland herrscht gerade Hochsaison der Zecken und die sind speziel bekannt für fiese Krankheiten wie Hirnhautentzündung oder Borreliose...und Berny's wachsender rote Mond aufm Oberschenkel wies auf ne mögliche Borreliose hin...kennen wir ja bereits von früher).
Leider entpuppte sich diese Uebung als Mission impossible...wir fanden während nem ganzen Tag keinen einzigen Russen, der unser Handundfussrussisch verstand (auch nicht im besten Hotel der Stadt und auf der einzigen Travelagency in Town). Zwar fanden wir ein Hospital aber dieses untertrumpfte die Kliniken in Kambodscha bei weitem und wir verzichteten freiwillig auf die Visite.
Weiter cruisten wir immer in der Hoffnung keinen weiteren Platten einzufangen gegen Westen nach Ulan Ude (liegt am Baikalsee) - der Hauptstadt des Bezirkes Buryat.
Buryat ist insofern sehr interessant weil es im Gegensatz zum rein russischen Osten ein ethnischer Melting Pot ist. Hier leben geschichtlich bedingt Leute aus Kasachstan, der Tuerkei, der Mongolei, im 19. Jh angesiedelte Deutsche sowie Russen.
Demenstprechend gibt's auch ein erstaunlich breites religiöses Angebot: viel Schamanismus, Buddhistische Stupas und orthodoxe Prachtkirchen wechseln sich ab.
Bevor wir die Stadt erreichten, campten wir in der Nähe einer buddhistischen Stupa auf nem wunderschön gelegenen Hügel. Typisch russisch erhielten wir dort Besuch von 3 absolut besoffenen Locals.
...der Besuch war übrigens um 7 Uhr morgens und Berny startete wohl oder übel „leicht“ vodkaalkoholisiert in den neuen Tag...
Es ist fast unmöglich saufwilligen Russen (und das sind eigentlich alle) zu erklären, dass man nix trinken will..wir sind erstaunt wieviele Russen morgens früh mit Alkohol durch die Gegend torkeln (auch wenn von den Locals abgestritten, stimmt das Klischee vom Alkoholüberkonsum offensichtlich. Pro Kopf und Jahr werden laut Lonely Planet 40 Liter Vodka vernichtet!!).
Wohl in Folge des anderen ethnischen Backgrounds wirkt in Buryat alles ziemlich aufgeräumt und organisiert. Die Leute leben in märchenmässig verzierten Holzhäusern
Ulan Ude ist bei Transsib-Touristen bekannt wegen der grössten Leninskulptur des Landes..
Wir fokussierten viel mehr auf Garagen und Spitäler. Dank der freundlichen Unterstützung von Darima hatten wir glücklicherweise ne coole englisch und russisch sprechende Lokalbegleitung für den Auto- und Menschendoktorbesuch.
Der zweite verpasste die notwendige Pillenkur gegen die Zeckenviren im nu, was unser Gesundheitsproblem aus der Welt schaffte (Antibiotikas sind hier übrigens in der 10er Schachtel mit 20 Rappen einiges günstiger als Kaugummis...).
...Lucy und Darima in action..
In Sachen Garage schien die Situation komplizierter: Die Diagnose der Spezialisten war niederschmetternd. Bei unserer Steineskapade brachen einige Teile der Radaufhängung am Vorderrad. Das Teileersetzen wäre in der Schweiz wohl ein Leichtes (im Speziellen bei HUGO's Fahrzeugunterhalt zu Ruswil)...doch in Russland muss man als Garagenkunde die Ersatzteile selbst organisieren und kann diese dann zum Einbauen vorbei bringen.
Wir scannten ca 20 Ersatzteilschuppen der 300'000 Einwohnerstadt, bis wir endlich die richtigen Ersatzteile besassen (die Toyota's aus Japan welche hier zu abertausenden auf den Strassen sind unterscheiden sich von der europäischen Baureihe durch kleine, aber entscheidende Unterschiede)....um dann zu lernen, dass die Ersatzteile noch immer nicht die Richtigen waren.
In einer anderen Werkstätte konnten wir diese dann aber anpassen und schlussendlich am vierten Tage montieren lassen.
Nach Abschluss der 4 taegigen Uebung verkündete der russische Mechanikidiot, dass wir nun sorgenfrei bis nach Ulan Bator (700km) ins Toyotazentrum reisen könnten, um das Problem dort zu beheben....grrrrrrrrrrrrrrr....Darima hatte ihm ganz klar erklärt, dass wir das Auto für die Rückfahrt in die Schweiz benötigen und er hatte zu Begin zugesichert, dieses natürlich bewerkstelligen zu können (wer jetzt denkt, es handelt sich hier um eine exkommunistische Hinterhofgarage liegt falsch...die Garage machte optisch nen topmodernen und sauberen Eindruck)
Zusätzlich funktionierten nach diesem unglücklichen Reparaturversuch auch die Bremsen nicht mehr wie früher und die angeblich reparierte Handbremse hatte keine Wirkung. Hinzu kam, dass beim Einbauen des Ersatzteiles dieses teilweise wieder zerbrach.....und das Auto bei linkskurven neuerdings miese Geräusche von sich gab....der Gipfel war dann irgendwie, als er die selbst montierten Radmuttern nicht mehr lösen konnte und das Rad mit der Trennscheibe entfernen musste....In der Schweiz wäre der Zeitpunkt zum Klartext schon lange überschritten gewesen, aber was will man, wenn man die Sprache nicht beherrscht???? Wir strichen den momentan eh mit besoffenen Touristen ueberfuellten Lake Baikal und cruisten zur mongolischen Grenze. ..
...Uebernachtungsplatz auf den Hügeln um Ulan Ude....es war ja bei weitem nicht alles schlecht hier!!
...Buddhistischer Tempel auf dem Weg in die Mongolei..
Wir stehen momentan bei der Toyotagarage von Ulan Batoor, wo wir auf News vom Garagisten warten...mehr dazu im nächsten Blog.
Habt nen tollen Sommer
Pura Vida
Berny und Lucia
Aufbruch: | 15.07.2007 |
Dauer: | 15 Monate |
Heimkehr: | 10.10.2008 |
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