Antje in Südamerika November 2014 - September 2015
Ecuador: Mindo
Mindo
Auch die Busfahrt nach Mindo erweist sich als quälend lang. Ich muss erneut vier verschiedene Busse nehmen um endlich an meinem Ziel Mindo, welches im Cloudforest auf 1200 Metern liegt, erreiche. Aber nach 10 Stunden ist auch diese Etappe erfolgreich geschafft.
Ich komme gegen 17. 30 Uhr an und wundere mich, dass ich nach nur 15 Minuten einen super schönen Bungalow mit Blick in den Garten für 10 USD finde. Mein super Reiseführer beinhaltet nur Unterkünfte ab ca. 25 USD aufwärts. Daher bin ich bereits sehr positiv überrascht.
Gleich nach Ankunft erkundige ich das winzige Örtchen und muss sagen, es gefällt mir. Ich erkundige sofort was es hier zu tun gibt und entscheide mich dafür zum Wasserfall zu wandern und die Schokoladenfabrik anzuschauen. Im Touri Office treffe ich noch auf Marc, einen jungen Engländer. Wir gehen gemeinsam essen und der gute ist leider voller Wut und Enttäuschung über seinen Vater, der ihn eigentlich in der darauf folgenden Woche besuchen wollte. Er hat ihm ein langes Mail geschrieben in welchem er im erklärte, dass er aufgrund der fehlenden Planung und vor allen Dingen, wegen seiner Erschöpfung nach dem 10 tägigen Segelturn in Griechenland, keine Lust hätte die Woche darauf nach Ecuador zu reisen. Das junge Kerlchen tat mir echt leid. Was für ein toller Vater. Allerdings flachte diese Emotion keine 5 Minuten später etwas ab, nachdem mir Sohnemann erklärte, er wäre so wütend da die Reise für ihn nun viel teurer werden würde und er sich die exquisiten Dschungeltouren, welcher er in Kolumbien geplant hatte, nun nicht mehr leisten könnte. Schließlich hätte sein Vater ja ein größeres Reisebudget zur Verfügung. Ach herjeee, was für ein armes Kerlchen, findet ihr nicht auch? Wobei er doch wie ich erst 8 Monate unterwegs ist.
Ich muss sagen, dass ist etwas, was sich in den letzten 15 Jahren sehr stark verändert hat. Als ich mit 20 Jahren das Reisen für mich entdeckte, habe ich zwar Reisende in meinem Alter getroffen aber eher wenige. Von den wenigen, die ich getroffen habe, haben sich 80% der jungen Leute die Reise hart zusammen gespart. Alle Ferien gingen für die Ferienjobs drauf und wir alle waren stolz uns eine 3-4 „wöchige“ Asienreise leisten zu können.
Heut zu Tage sind die Orte voll mit jungen Leuten zwischen 18-25 Jahre. Viele davon verbringen einige Zeit als Volontäre im Land und reisen danach noch ein paar Monate. Allerdings werden heute 80% von Mami und Papi finanziert und nur noch 20% müssen, wenn überhaupt einen Finger dafür krumm tun. Versteht mich nicht falsch, ich finde es immer gut, wenn junge Menschen reisen und die Welt mit eigenen Augen kennen lernen. Über die Finanzierung dessen, lässt sich allerdings streiten. Mal davon abgesehen, dass ich einfach kein Freund dieser unsäglichen Volontariate zur Weltverbesserung bin.
Wie auch immer. Der Abend war unterhaltsam und am nächsten morgen breche ich auch schon auf zum wandern. Der gute Herr in der Touriagentur erklärt mich, dass es einfach wäre zum Wasserfall zu laufen. Hin- und zurück gerade mal 2 Stunden. Na, dass ist doch mal gar nix.
Bevor es losgeht, stärke ich mich in einem Restaurant welches mit „deutschem Brot“ für ihr Frühstück wirbt und damit wie üblich bei mir voll ins Schwarze trifft. Ich genieße ein super leckeres Frühstück und mache mich danach auf den Weg zum besagten Wasserfall.
Komischerweise befinde ich mich nach 1 Stunde noch nicht mal in der Nähe eines Wasserfalls. Nachdem ich nach 1,5 Stunden an einer Abzweigung ankomme erklärt mir der Herr welcher mein Ticket sehen möchte. Kein Problem in 15 Minuten wäre es soweit. Ok, denke ich dann mal los. Nach einer weitern halben Stunde erreiche ich einen kleinen Fluss in welchem Leute baden. Ich frage herum, wo den nun der Wasserfall wäre. Ein junger Ecuadorianer zeigt sich sogleich mehr als zuvorkommend und begleitet mich gleich darauf zurück zum Parkplatz und zeigt mir den Eingang zum Wanderweg. Er will mich auch gleich begleiten, damit wir uns ein wenig unterhalten können. Nachdem ich dankend ablehne, meinte er wir könnten aber doch dann gemeinsam zurück nach Mindo laufen und am Abend noch Bier trinken und tanzen gehen. In diesen Momenten frage ich mich seit acht Monaten, ob ich falsche Dinge sage oder unbewusst falsche Signale ausstrahle. Sicherlich könnte man meinen es müsste einem schmeicheln wenn man von einem ca. 12 Jahre jüngeren Mann so gezielt angemacht wird. Ich allerding muss sagen, ich finde es nicht mehr lustig. Mittlerweile bin ich an dem Punkt angelangt, an welchem ich mich kaum noch traue einen Einheimischen hier überhaupt anzusprechen oder nach irgendetwas zu fragen. Echt schade, da es die Kommunikation doch schwer einschränkt.
Mein beherzigtes Nein wird nach 3 maligem Wiederholen dann angenommen und so mache ich mich weiter auf den Weg zum besagten Wasserfall. Ich bin bereits 2 Stunden unterwegs und frage mich so langsam wann ich denn wohl nun ankommen werde. Es ist heiß und ich bin nur mit einem Liter Wasser unterwegs.
Auf dem Weg, welcher nun wieder Steil nach oben führt, kommt mir nach ca. 20 Minuten mein netter Herr von der Touri-Info entgegen. Ich frage ihn, ob er mich eigentlich veräppeln wollte. Ich wäre bereits gute zwei Stunden unterwegs. Er lächelte und meinte „wirklich?“, schießt ein Foto mit seinem sch… Handy und meint dann ich wäre gleich da, nimmer weit. Nimmer weit, heisst nochmals ca. 20 Minuten steil bergauf. Als ich vor dem für kleinen Wasserfall stehe, bin ich immer noch etwas sauer über das blöde Gequatsche des Mannes. Ich schwöre er ist in seinem ganzen Leben noch nicht einmal vom Dorf bis zum Wasserfall gelaufen. Trotz das ich schon ziemlich müde bin, entscheide ich mich gegen das Trampen und laufe den ganzen Weg ins Dorf zurück. Insgesamt hat es sich zum Schluss um ca. 20 km gehandelt von welchen 10 Kilometer steil bergauf gingen. Als ich auf dem Rückweg allerdings dann noch eine Tucan-Spezies sehe, welche ich vorher noch nicht kannte, sind die schweren Beine und die schlechte Beratung schon wieder fast vergessen.
Im Dorf zurück beschließe ich mir erst einmal einen großen, frisch gepressten O-Saft zu besorgen. Als ich auf diesen warte, realisiere ich, dass hier mal wieder irgendetwas gefeiert wird. Sobald der gute Herr zum ersten Mal mit voller Kraft in sein Mikrofon spricht, welches von einem Verstärker mit vier riesen großen Boxen begleitet wird, was mir fast das Trommelfell platzen lässt, erfahre ich, dass das Fest der heiligen Jungfrau gefeiert wird und am nächsten Tag die Wahl zur Miss Mindo stattfindet. Ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Mal wieder ein Misswahl zum tot lachen sag ich euch. Gleich darauf ertönt vom Hügel die lokale Blasmusik gefolgt von geschmückten Wagen mit besagten Jungfrauen. Diese sind teilweise so jung, dass ich nur hoffe, dass sie noch „Jungfrauen“ sind. Ich würde dazu eher Kinder sagen. Die komplette Darbietung wird vom besagten Showentertainer tot geschrien und ich beschließe mir den Rest der Veranstaltung zu sparen und erst einmal eine heiße Dusche zu nehmen. Das Wandern war doch anstrengend.
Bevor ich allerdings zu dieser Ehre komme, werde ich von hinten auf die Schulter angetippt. Tatsächlich steht das Jungchen vom Wasserfall wieder vor mir. Er ist leider nicht nur aufdringlich sondern auch noch verdammt hartnäckig. Nochmals muss ich ihm 3 x sagen, dass ich weder an Bier noch an einem Tänzchen mit ihm interessiert bin. Allerdings scheint das Wort Nein in seinem Wortschatz nicht zu existieren. Daher wimmle ich ihn mit einen „Vielleicht“ und somit der Chance auf Erfolg ab. Einfach mühsam.
Zurück im Hostel, wird meiner Vermieterin klar, dass sie nicht nach meiner Dusche, welche am morgen nur eiskaltes Wasser von sich gab, geschaut hat. Somit schickt sie mir gleich ihren Mann hinterher, um das Problem zu lösen. Somit dauert es eine weitere halbe Stunde, bis ich endlich eine heiße Dusche genießen kann.
Gleich darauf, stürme ich allerdings zurück ins Dorf zum essen. Ich bin kurz vor dem Hungertod und freue mich über das Set –Menü, welches ich für 3,50 USD ergattere. Suppe, Hühnchen mit Reis und Erbsen und einem Saft. Zum Dessert ein lecker Magnum Eis und danach nix wie ins Bett. Meine Verabredung kann ich leider nun nicht wahrnehmen, aber wer nicht hören will, muss ja bekanntlich fühlen.
Den nächsten Tag verbringe ich mit organisatorischen Dingen und dem Besuch der Schokoladenfabrik. Dieses Erlebnis habe ich mir ehrlich gesagt für 6 USD etwas spektakulärer vorgestellt. Insgesamt wurden wir 30 Minuten über den Herstellungsprozess aufgeklärt. Leider konnten wir die Räumlichkeiten nicht wirklich betreten und die Probe war auch etwas dürftig. Auf diesem Wege habe ich allerdings einen Ami und eine Französin kennen gelernt mit welchen ich den Rest des Nachmittags verbringe. Somit auch gut.
Ich muss heute noch packen und „dringend“ Reisebericht schreiben. Morgen ist es nämlich soweit. Eine zweistündige Busfahrt bringt mich nach Quito und von dort fliege ich am gleichen Abend nach Bogota.
Vamos a Colombia!
BTW: An dieser Stelle muss ich nochmals loswerden wie schön Ecuador ist. Ich habe hier bisher die meiste Zeit verbracht. Insgesamt über 3,5 Monate. Es ist ein super vielfältiges Land. Auch wenn die männliche Bevölkerung bisweilen etwas nervt, kann ich Ecuador nur jedem als Reiseland empfehlen. Vor allen Dingen auch für Urlaube von Normalsterblichen, welche nicht wie ich über so viel Zeit verfügen.
Aufbruch: | 20.11.2014 |
Dauer: | 10 Monate |
Heimkehr: | 25.09.2015 |
Argentinien
Chile
Bolivien
Brasilien
Peru
Kolumbien