Rückenwind
Argentinien: Salta
So ganz wusste ich nicht, was mich im Umland von Salta erwartet. Ich hatte bisher wenig ueber die Region gehoert und gelesen. Mehrere Leute haben mir eine Gelaendefahrt empfohlen, es soll toll sein. Aha.
Im Bus lerne ich auf der Fahrt von Iguazu nach Salta den Hollaender Alex und die Franzoesin Lydian kennen. Wir entscheiden uns gemeinsam fuer drei Tage ein Auto zu mieten und fahren Richtung Cachi durch die Quebrada de las Flechas. In diesem Moment habe ich noch keine Ahnung, dass ich die unglaublichste Landschaft meiner bisherigen Reise sehen sollte. Die Antarktis nehme ich mal aus, da sie nicht zum Kontinent gehoert.
Gefuehlt sind wir in Argentinien losgefahren, dann auf dem Mond gelandet und schliesslich am Mars geendet. Und das alles innerhalb des ersten Tages. Die Landschaft wechselt von grasgruen in eine herbe, kakteengesaeumte Umgebung bis wir durch einen blassroten, felsgekerbten Gebirgszug fahren.
Unser kleiner Flitzer, ein Corsa quaelt sich ueber 300 km Schotter- und Sandpisten. Vom roten Lack ist am ersten Abend nur noch ein plasser Schimmer ueber, die Kiste ist komplett eingesaut, innen wie aussen.
Teilweise kommen wir nur 200 m weit, bis wir um eine weitere Kurve biegen und sich die Landschaft in einem komplett neuen Bild zeigt. Wieder halten wir an, steigen aus, geniessen die Landschaft und schiessen Bilder am Fliesband. Wir schuetteln unzaehlige Male erstaunt den Kopf, sind phasziniert von der staendig wechselnden Kulisse. Ja, man kann gar sagen wechselnde Welten.
Am zweiten Tag fahren wir durch die Quebrada de las Conchas, die dem ersten Tag in nichts nachstehen. Das Bild wird noch unwirtlicher, die Felsen leuchten wie angemalt in den schillerndsten Farben ueber rot und orange und gruen und gelb und braun und... Unvorstellbar, dass es so etwas in der Natur gibt. Der Gott dieser Landschaft muss ein Hippie gewesen sein, alles bunt und strahlend. Die Pflanzen der Region denken sich wahrscheinlich: Was ihr Felsen koennt, koennen wir schon lange! Eine Hecke leuchtet giftgruen ueber dem roten Sand. Ich nenne sie die "Stirb langsam"-Pflanze. Fass mich an und stirb langsam.
Der dritte Tag unserer spektakulaeren Fahrt geht durch die Quebrada del Toro. Ich hab mir morgens gedacht, wir haetten schon alles gesehen an Felswelten, doch es kam nochmal anders. Wieder ist es eine neue Welt, die sich vor uns auftut. Diesmal gefurcht und grobsteinig und farbig. Da fehlen dir einfach die Worte. Wie soll man denn die Unterschiede von Gestein im Detail so genau beschreiben? Das musst du einfach gesehen haben, anhalten und geniessen.
Nun noch eine kleine Anekdote aus dem Leben eines Backpackers. Sonst denkt der versierte Leser am Ende noch, mein Leben besteht nur aus dem Gegondel von einem landschaftlichen Highlight zum naechsten.
Ich komme abends in mein Hostel in Salta. Da bietet sich mir dieser Anblick:
Ich sag mir: Marco, das ist das Alter. Du bist neulich 33 geworden. Deine Augen sind nicht mehr die besten. Der graue Star hat kurzfristig zugeschlagen. Geh einfach nochmal aus dem Zimmer und komm wieder rein. Bestimmt sind es Reflektionen der Fliesen.
Nein, weder Augen schlecht noch Fliesen schlecht. So sieht es aus, wenn du mit drei Hippie-Belgierinnen in einem Zimmer schlaefst. Zur Ehrenrettung der belgischen Nation vermute ich hinter diesem Saustall einen ausgekluegelten Plan. Selbst einen eingefleischten, ausgebufften Dieb wirds bei diesem Anblick schuetteln. Wie soll man bitte mit einem schnellen Handgriff einen Rucksack klauen, der ueber die Landesflaeche der Schweiz verteilt ist?
Aufbruch: | 31.01.2010 |
Dauer: | 14 Monate |
Heimkehr: | 31.03.2011 |
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