Rückenwind
Ecuador: Galapagos
Die Vulkaninseln von Galapagos sind jedem aus Dokumentationen bekannt. Unverkennbare Merkmale der Inselwelt sind Iguanas oder Leguane, die nur auf Galapagos zu finden sind und Riesen-Schildkroeten. Der Name der Inselgruppe kommt von Galapago (de. Wulstsattel), bezogen auf den Panzer der Schildkroeten.
Die Inseln enstehen durch einen Hotspot, einem Magmakanal aus dem Erdmantel. Der Hotspot liefert permanent Magma nach oben und ist stationaer. Durch das Schiften der pazifischen Platte entstehen immer neue Vulkane und Inseln, alte sterben und versinken unter dem Meeresspiegel. Die derzeit sichtbaren Inseln sind etwa ein bis drei Millionen Jahre alt. Auf den aelteren Inseln wie Santa Cruz und Española findet sich die grossartige Tierwelt, auf den juengeren wie Fernandina aktive Vulkane.
Ich buche mich auf die Motoryacht Yolita II ein und mache mich auf Charles Darwins Spuren, der die Inseln 1835 besuchte. Darwins Besuch sollte unsere wissenschaftliche Welt veraendern. Er fand hier wesentliche Ansaetze fuer die Evolutionstheorie. Die Tierwelt auf den Inseln ist aehnlich, jedoch nicht die gleiche. Die Tiere passen sich ueber Generationen an die jeweilige Umgebung an. Von ihm stammt ein Leitsatz: Nicht die staerksten ueberleben, auch nicht die fittesten, sondern die anpassungsfaehigsten.
Unser Toern geht ueber acht Tage und startet auf der kleinen Insel Baltra, noerdlich von Santa Cruz. Die erste Landung fuehrt uns an Playa Las Bachas, ein traumweisser Strand mit unzaehligen Klippenkrabben, Meerechsen und einem Flamingo. Der aermste steht ganz allein in einem See. Es soll auch der einzige Flamingo auf unserem Toern bleiben. Staendig gleiten riesige Pelikane am Strand entlang, nur zwei, drei Meter von uns entfernt.
Am zweiten Tag fahren weiter zur Isla Plaza Sur, die nur etwa 100 m breit ist und auf der Rueckseite steil ins Meer faellt. Empfangen werden wir von einem neugierigen Seeloewen, der an die taeglichen Touristen gewoehnt ist. Das Empfangskommittee wird durch Landiguanas ergaenzt, die Stolz auf Felsen posieren. Na ja, eigentlich hocken sie nur in der Sonne rum, heizen sich auf und warten, bis endlich eine Frucht von einem Kaktus faellt. Dann treten sie blitzschnell in Aktion. Die Fruechte sind so begehrt, dass die maennlichen Iguanas um sie kaempfen, pro Kaktus nur ein Iguana. Das Territorium wird nicht verlassen und bewacht, ja hermetisch abgeriegelt. Die Weibchen streunen von Kaktus zu Kaktus und suchen sich die besten Fruechte mit dem besten Iguana. Die Maennchen koennen dir echt leid tun!
Weiter gehts zur Isla Santa Fe mit einer Traumbucht zum Schnorcheln und elendsfaulen Seeloewen am Strand. In der Bucht tummeln sich etwa 30 Rochen, die schnell und elegant durchs Wasser gleiten. Du steckst den Kopf unter Wasser und schon sind sie wieder weg. Danke an Michel ues dr Schwiiz fuer die Unterwasserbilder.
Wir spazieren zwischen den Seeloewen lang, die das Strandbad nur kurz unterbrechen, als unser Fuehrer einen Alpha-Seeloewen mimt. Der Kopf geht kurz hoch, sie legen den Scheiss-Touristen-Blick auf und gehen dann wieder in Standardposition.
Tag drei beginnt mit einer Showeinlage unseres Fuehrers Washington um sechs Uhr morgens. Jeder Passagier wird per Lautsprecher mit einem persoenlichen Lied begruesst. Selten bin ich mit einem breiten Grinsen um diese Unzeit aufgestanden. Wir besuchen die Isla Española, unzaehlige Meerechsen saeumen den Strand, die um diese Uhrzeit zu keiner Bewegung faehig sind. Erst nach dem allmorgendlichen Aufwaermen durch die Sonne kriechen sie langsam ueber den Strand.
Unser fruehmorgendlicher Spaziergang windet sich durch Hecken an Nestern von Blaufussteolpeln (engl. Boobies) vorbei in Richtung Albatros-Flughafen. Die Boobies kommen mit ihrem frechen Look schanzenmaessig daher. Die edlen Albatrosse sind an Land unuebertreffliche Tollpatsche. Diese Seevoegel kommen nur zum Nisten an Land, ueberschlagen sich beim Landen gerne mal und gehen wie ein Vollbesoffener. Entsprechend schwer faellt ihnen auch der Start. Dazu benutzen sie eine Klippe und lassen sich harakiriartig in die Tiefe fallen. Irgendwann greifen die Fluegel dann doch und tragen die Voegel uebers Meer.
Tag vier verbringen wir auf Isla Floreana. Wieder starten wir kurz nach Sonnenaufgang auf der Suche nach nistenden Meeres-Schildkroeten. Doch leider kam den Galaparazzis keine vor die Flinte oder Linse. Nach einem Schnorchelgang im Eiswasser, den ich mir erspart habe, laesst sich die Sonne wieder blicken. Es wird schnell gluehend heiss. Wir landen am Strand mit Crews und Passagieren von fuenf weiteren Schiffen. Die Crews treffen sich hier jede Woche zum Fussball. Ich spiele als einziger Passagier zwischen den ganzen Ecuadorianern und sehe als gastspielender Auslaender nur selten einen Ball. Umso besser, dass ich mit einem Pfostenschuss, den Washington abstaubt den Sieg einleite. Danach gehts mit unseren Schweizern und Australiern am Strand schnorcheln und sehen dabei Meeres-Schildkroeten in ihrem Lieblingselement. Wieder ein Dank an Michel fuer die tollen Bilder.
Auf dem Rueckweg zur Hauptinsel Santa Cruz rennt unser Captain auf einmal fuchtelnd und schreiend an Bord rum. Ich verstehe ihn beim ersten Mal nicht und ahne schlimmes, Piraten oder Leck oder Brand. Jetzt ist es soweit, ich erlebe meine erste Schiffsaufgabe. Aber dann wiederholt er nochmal: Dolphins, Dolphins!!! Der erste Schrecken weicht grosser Freude. Ich renne zum Bug und sehe fuenf Delphine durchs Wasser tanzen. Sie begleiten uns eine ganze Weile und posieren im Meer. Du hast das Gefuehl, das sie mit uns spielen wollen und genau wissen, welche Wirkung ihr Geplansche bei uns erzeugt.
Tag fuenf verbringen wir auf Santa Cruz, besuchen die Nationalpark-Verwaltung und die Schildkroetenfarm. Durch die ganzen Seefahrer wurde der Bestand ueber Jahrhunderte stark dezimiert. Riesen-Schildkroeten koennen ein Jahr ohne Wasser und feste Nahrung ueberleben. Daher waren sie als frisches Lebensmittel fuer Seefahrer an Bord begehrt. Ueber 10.000 Schildkroeten wurden auf diese Weise abgemetzelt. Auf der Farm wurden in den letzten 40 Jahren 5.000 Schildkroeten aufgezogen und freigesetzt.
Die Insel ist ein hervorragender Nistplatz fuer Schildkroeten. Sie legen dort alle 2-3 Jahre ihre 1000 Eier. Von den schluepfenden Kroeten ueberleben in der freien Wildbahn gerade mal 2-3. Eine mickrige Quote. Riesen-Schildkroeten werden ca. 200 Jahre alt und wiegen ausgewachsen geschlagene 250 kg.
Wenn wir den Kroeten zu Nahe kommen, ziehen sie fauchend den Kopf ein. Im Schildkroetentempo, versteht sich. Die Begeisterung ueber uns Besucher haelt sich in Grenzen.
An Tag sechs segeln wir zur Isla Rabida. Wieder bietet sich ein komplett anderes Inselbild mit rotem Strand. Wieder liegen dort meine Lieblingstiere faul am Strand: Seeloewen. Doch einer sitzt veraengstigt und belaemmert am Ufer, mit einem Fischerhaken im Maul. Unser Fuehrer und der tapfere Daene Finn operieren den Haken mit Zange und Messer heraus. Du kannst dir vorstellen, dass dies einem Seeloewen ohne Narkose gar nicht in den Kram passt. Jetzt erklaer ihm mal, dass du ihm helfen willst, aber dazu eine Ecke aus seinem Maul schneiden musst. Er bruellt und wehrt sich, will die Amateur-Chirurgen beissen. Ich weiss nicht, um wen ich mehr Angst haben soll, den Seeloewen oder das Chirurgen-Duo. Am Ende ist der Haken raus. Ein bisschen Wikinger steckt in den Daenen wohl immer noch drin.
Tag sieben steht die Isla Bertholome auf dem Programm. Ich stehe mal wieder frueh morgens an Deck, mit einer Tasse dampfendem Tee. Ich blicke wieder auf neue Insel, eine neue Bucht und geniesse den Moment. Die Wellen plaetschern verschlafen gegen das Schiff, die Voegel drehen ihre ersten Runden. Es ist mein taegliches Ritual an Bord. 10 Minuten fuer mich und das Meer. Es sind die schoensten und friedlichsten Minuten des Tages und das beste Gefuehl, dass ich auf all meinen Reisen erleben kann. Es gibt nichts besseres, als morgens in einer Bucht aufzuwachen und die Umgebung aufzusaugen.
Die Vulkaninsel Bartholome ist eine Besonderheit, ein Vulkan ohne Hauptkrater, sondern 36 kleinen Nebenkratern, die die Insel ueberziehen. Das Gestein ist sehr poroes und tuffig, das heisst zu einem grossen Teil aus Asche bestehend, die untermeerisch erloschen ist. Die Insel sieht aus, als wuerde sie jeden Moment unter sich zusammenbrechen.
An Tag acht heisst es Abschied nehmen von einer einzigartigen und ueberwaeltigenden Inselwelt. Abschied auch von einer grossartigen Crew und tollen Passagieren. Doch bevor es wieder auf den Kontinent geht, sehen wir noch eine Besonderheit: Den Fregattvogel mit seinem roten Sack. Diesen blaest er waehrend der Paarungszeit fuer 20 Tage auf, breitet seine Fluegel aus und lockt damit die Weibchen in sein Nest. Wie bei den meisten Menschen baut das Maennchen das Nest und wartet, bis sich endlich ein Weibchen erwaermt und landet. Den anderen Maennchen ist dies natuerlich gar nicht recht. Sie attackieren den Aufblaeser und wollen ihn zwingen in den Sack zu hauen.
Aufbruch: | 31.01.2010 |
Dauer: | 14 Monate |
Heimkehr: | 31.03.2011 |
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