Südamerika mal anders
Bolivien (Teil 2): Tarija
Tarija ist die südlichste Großstadt in Bolivien. Hier herrscht ein mildes und angenehmes Klima, perfekt, um einige Tage hier zu verbringen. Ich bleibe in einem netten Hostal mit einem phantastischen Frühstück, das uns Zulma jeden Morgen zubereitet (Müsli, zwei Brotsorten, Obst, Joghurt, Milch, Marmeladen, Käse und frisch zubereiteter Obstsaft). Der Innenhof ist eine Terrasse, auf der man gemütlich chillen kann.
Das Städtchen hat einige Plazas, auf denen stets viele Menschen anzutreffen sind, egal ob Mittags in der prallen Sonne oder Abends wenn es abkühlt.
Fast jeden Abend gehe ich noch ein wenig durch die Sträßchen spazieren und genieße das milde Klima.
In der Nähe des Hostals gibt es den Mirador de la Loma de San Juan. Ein schöner ruhiger Ort mit Blick auf die Stadt und die umliegenden Berge. Etwas weiter weg, auf der anderen Seite des Flusses, besuche ich auch den Mirador Héroes de la Independencia. Es gibt hier einige Bäume, die Schatten spenden, einige, äußerst unbequeme Bänke (wie kann man nur so derart unbequeme Parkbänke aufstellen!?) und hübsch angelegte Spazierwege.
In der Nähe der Stadt gibt es ein astronomisches Observatorium, das ich gerne besuchen möchte. Also suche ich Infos, wie ich hinkomme, wie ich es besuchen kann. Geöffnet ist es abends zwischen 19:00 und 21:00 Uhr. In den Reisebüros werden Ausflüge angeboten, die unter anderem den Besuch des Observatoriums beinhalten. Doch es gibt keine Interessenten, für mich alleine fällt der Preis zu hoch aus. Ich informiere mich also in der Touristeninformation. Es gibt keine öffentlichen Busse, die dorthin fahren, ich müsste ein Taxi nehmen...
Während ich abends mit Zulma mein selbst zubereitetes Chili sin Carne esse, reden wir über das Observatorium. Sie sagt dann plötzlich, dass sie es auch gerne mal besuchen möchte und ruft einen Bekannten an, der ein Taxi fährt, ob er uns begleiten und uns hinfahren würde Ja, das könnte er, am übernächsten Tag. Super! Wir fahren also am übernächsten Tag abends mit ihrem Bekannten, ihrem jüngeren Sohn und einer weiteren Backpackerin aus dem Hostal zum Planetarium. Dort gibt es viele Einheimische, wir sind verwundert, dass so viele Menschen gekommen sind. Wir können rauf zum Teleskop und haben die Möglichkeit, den Mond zu betrachten. Danach gehen wir zum Planetarium wo es eine halbstündige Vorführung über die Sterne und das Planetensystem gibt. Es sind viele Kinder vor Ort, und bei jedem neuen Bild eines Planeten hört man in dem dunklem Raum ihre faszinierenden Rufe....oooooh!! ......aaaaaaahh!!. Ihre Begeisterung ist groß und auch mir gefällt die Vorstellung sehr gut. Die Erläuterungen in Spanisch verstehe ich bis auf wenige Begriffe sehr gut. Gut, dass sich die fachlichen Ausdrücke sehr ähneln
Bei einem Frühstück frage ich Zulma, wo man hier in der Umgebung etwas wandern könnte. Sie empfehlt mir Tomatita bzw. Coimata. Also mache ich mich am nächsten Tag auf den Weg, nehme den öffentlichen Bus, den sie mir nannte und fahre bis nach Tomatita. Von dort laufe ich den Weg bis nach Coimata, etwa 6 km. Zu Beginn des Weges überquere ich eine Flussbrücke. Von oben beobachte ich einige Frauen, die unten am Flussbett Wäsche waschen. Später passiere ich einen Friedhof, die Gräber sind mit bunten Plastikblumen geschmückt. Auf einer Wiese sehe ich lustig aussehende Vögel, die am Kopf lange fransige Federn haben. Die Landschaft ist.... nun ja, sagen wir mal so, sie bessert sich mit jedem Kilometer, mit dem ich mich Coimata nähere. Am Ende des Weges, in Coimata, gibt es einen kleinen Fluss mit einem Wasserfall, hier gibt eine schöne Möglichkeit zum Baden.... im südamerikanischen Sommer. Jetzt ist es doch ein wenig zu kalt zum Baden. Ich setze mich auf einen der großen Steine in der nähe des Wassers hin und genieße die Sonne
Zurück gehe ich ebenfalls zu Fuss und nehme von Tomatita aus wieder den Bus, um zum Centrum zu gelangen.
Im Hostal lerne ich zwei Franzosen kennen, Brüder, die gemeinsam durch Bolivien reisen. Beim Frühstück unterhalten wir uns auf spanisch über die Ausflugsmöglichkeiten und stellen fest, dass wir alle mal zu der Lagune möchten. Also fahren wir am darauffolgenden Tag mit dem öffentlichen Bus zur Laguna San Jacinto. Wir kommen recht früh dort an. Die Endstation ist ein kleiner Ort mit unglaublich vielen Imbiß/Restaurants. Es scheint, dass jede Familie an ihrem Haus hier was zu Essen anbietet. Da wir fast alleine hier sind, fragen wir uns, wie es zu diesem Überangebot kommt, das keiner anzunehmen scheint. Wir spazieren auf der Schotterpiste, die in einigen Metern vom See entfernt verläuft und suchen eine Möglichkeit, runter zum Wasser zu kommen - keine Chance, es gibt nur wenige Wege, und diese Enden an den Häusern der Einheimischen. Also spazieren wir weiter auf der Piste und unterhalten uns über Cusco. Sie wollen nämlich nach Cusco und holen sich bei mir einige Tipps über individuelle Ausflüge und kostengünstige Ausflugsmöglichkeiten ein. Fast am Ende des Sees sehen wir Flamingos, die im Wasser nach Nahrung suchen. Etwas weiter bemerke ich die lustig aussehenden Vögel, die über uns fliegen. Sie setzen sich auf einen Baum und ich zucke schnell meine Kamera raus, um sie zu fotografieren.
Nachdem wir auf dem Rückweg eine sopa de maní gegessen haben entscheiden wir uns, mit dem Bötchen auf dem Wasser zu schippern, anscheinend die einzige Möglichkeit, dem See nahe zu kommen. Alleine darf man ein Bötchen nicht ausleihen, ein Señor rudert und wir dürfen entspannt sitzen und den See und die Umgebung betrachten. Auf dem Weg zur Busabfahrtsstelle stellen wir fest, dass hier bereits viele Einheimische angekommen sind, viele der Restaurants füllen sich nun. Es ist Sonntag, die Leute haben frei und nutzen diesen Ort ebenfalls als Ausflugsmöglichkeit.
Ich nutze hier einige Male die öffentlichen colectivos, die zwischen 1,5 Bs. und 2,5 Bs. kosten. Hier rufen die Passagiere, wenn sie aussteigen wollen "me quedo" oder bajo, por favor".
Gegrüsst wird hier mit "buenos días", "buen día" oder einfach nur mit "cómo está?"
Das "cuanto sale?", das ich bereits in Buenos Aires lernte, wird hier auch verwendet, um zu fragen, wie viel etwas kostet.
Ich bleibe bis zum 04. August in Tarija und plane, anschließend mit dem Bus nach Villazón zu fahren. Zulma empfehlt mir, das Busicket einen Tag vorher zu kaufen, denn wegen eines anstehenden nationalen Feiertags werden viele Einheimische reisen. Also begebe ich mich einen Tag vorher mit dem colectivo zum neuen Busbahnhof, das sich am Rande der Stadt befindet. Es ist der modernste Busbahnhof, den ich in Bolivien gesehen habe, groß, hell und wirklich sehr angenehm.
Am 04. August frühstücke ich etwas früher, verabschiede mich von Zelma und begebe mich auf die Straße, auf der ich den colectivo zum Flughafen nehme. Der Bus ist recht voll, es gibt keine Sitzplätze frei, ich bleibe mit dem Rucksack auf dem Rücken im Gang stehen und muss mich ein wenig ducken, da ich mit dem Rucksack an die Decke stoße. Die Dächer sind hier recht tief, ich frage mich, wie hier ein größerer Europäer zurecht kommt... .
Im Bus nach Villazon...
Am Busbahnhof steigen einige Personen ein, doch es bleiben noch viele Plätze frei. Ich schaue auf mein Ticket was unter Sitzplatznummer steht: PB. Hmmm.... was das wohl bedeuten mag? Ich habe keine Ahnung, ich setze mich einfach irgendwo hin. Wir fahren los. Der Typ, der in der gleichen Reihe auf der anderen Seite sitzt, steht auf, holt sein Köfferchen raus, ein Mikro am Hals, stellt sich in den Gang und fängt an zu reden... Ein typisches Werbeblabla beginnt.... er bewirbt irgendwelche natürlichen Produkte, die man bei ihm kaufen kann, die viel besser seien als das typische bolivianisch Essen, als das Gemüse und die Früchte auf dem Markt.. blabla... er geht in seinem Job richtig auf, wird immer lauter... ich hole eilig meine noise cancelling Kopfhörer raus und suche eifrig nach einer ausreichend lauten Musik, um seine Stimme zu übertönen. Nightwish hilft, gottseidank! Irgendwann, als der Bus hält, um weitere Passagiere aufzunehmen, packt er hastig seine Sachen und verlässt den Bus....puh... .
Doch nun beginnt was anderes... es steigen sehr viele Leute ein, die alle nach Villazón wollen. Der Bus füllt sich und füllt sich. Irgendwann erklärt mir eine Señora, dass ich auf ihrem Sitzplatz sitze. Durch den Gang quetschen sich Straßenverkäuferinnen, die eifrig versuchen, ihre Ware an den Mann zu bringen. Es ist so voll, dass man sich kaum rühren kann. Ich packe meine Sachen, hole mein Ticket raus, und versuche herauszufinden wo mein Sitzplatz ist, BP. Irgendwann hilft man mir, ein muchacho zeigt mir, dass es der Gangplatz in der ersten Reihe an der Frontscheibe ist, doch dort sitzt eine Señora, vor ihr mindestens vier vollgepackte Taschen. Als wir ihr erklären, dass sie auf meinem Sitzplatz sitzt, beginnt diese herauszufinden, wo ihr Sitzplatz ist... eine Reihe hinter mir. In dem Gedränge versuchen wir also alle, uns auf die richtigen Plätze zu setzen... gar nicht so einfach, denn im Gang sind überall Leute, die hoffen, im Bus bleiben zu können. Irgendwann haben wir es geschafft, hurra, ich bin am richtigen Platz, nach mir die SIntflut, denke ich mir, und bleibe ruhig sitzen. Einige Personen müssen wieder raus, weil es keine freien Sitzplätze mehr gibt, doch drei Personen dürfen vorne im Gang bleiben. Die Señoras mit ihrem Gebäck, Empanadas, Brötchen, Wackelpuddingbechern und sonstigen essbaren Dingen eilen nun zum Ausgang, denn der Bus fährt los. Geschafft, jetzt geht es endlich los nach Villazón. Ich hatte also von Anfang an, einen der zwei coolsten Sitzplätze, ohne es zu wissen. Ganz vorne in der ersten Reihe, direkt hinter der Frontscheibe, mit viel Beinfreiheit und Platz für meinen kleinen Rucksack. Durch die große Frontscheibe kann ich nach vorne auf die Straße schauen, sowie die Landschaften links und rechts beobachten.
Wir nähern uns einem Kontrollhaltepunkt und durch die Frontscheibe sehe ich die Señoras angerannt, 6 oder 7, jede hat was anderes in ihrem Körbchen, was sie verkaufen möchte.
Dann geht es weiter. Der Bus fährt stetig rauf. von weniger als 2000 m begeben wir uns weiter nach oben. Der Bus tuckert langsam hinter einem Lkw und überholt ihn schließlich, weiter in die Höhe steigend, innerhalb einer mehrfachen Kurve ... ok... weniger als einen Kilometer weiter kommen uns mit einem irren Tempo mehrere Biker entgegen geschossen.
Der Fahrer nimmt unterwegs immer wieder Leute mit, die an der
Strasse stehen und hoffen, weiter zu kommen. Manche steigen wieder aus. Ein einheimischer Fahrgast beschwert sich darüber, meint die Kapazität des Buses wird überstiegen. Es ist der gleiche, der zu mir rief ich solle aussteigen und anderen Bus nehmen nur weil ich nicht wusste wo ich meinen Platz habe. Also es gibt hier ganz selten aber dennoch vereinzelt Ars...cher.
Ich kann verstehen, dass die Leute mit genommen werden. Sie leben mitten im Nirgendwo, ich frage mich echt, wie sie hier in den Bergen einsam leben können, und sie haben nun mal wenig Möglichkeiten, von A nach B zu kommen.
Wir steigen weiter und ich erhalte immer mehr die Sicht auf die Berglandschaft... toll! Irgendwann hört die asphaltierte Straße auf, nun geht es auf einer Schotterpiste weiter. Es sind etwas weniger als 200 km, doch die Fahr dauert über sechst Stunden, mit einer kurzen Pause an einem Essenslokal, wo man warmes Mittagessen kaufen und auf Toilette gehen kann.
Der Busbahnhof in Villazón befindet sich ebenfalls am Rande der Stadt, zur Innenstadt sind es knapp 2 km. Nach dieser langen Fahrt entscheide ich mich zu Fuss zur Stadt zu gehen, um wenigstens etwas Bewegung an diesem Tag zu haben. Zwei Backpacker schließen sich mir an, ein Argentinier und ein Turke.
Aufbruch: | 17.05.2017 |
Dauer: | 7 Monate |
Heimkehr: | 22.12.2017 |
Bolivien
Argentinien
Uruguay
Kolumbien