Südamerika mal anders
Peru (Teil 2): Trujillo
Die Busfahrt von Huaraz nach Trujillo, mit einem Mittagszwischenstopp in Chimbote verläuft ruhig, schon alleine wegen meiner verstopften Ohren. Schon auf dem Rückweg von der Laguna 69 ging gestern mein rechtes Ohr im Bus zu. Über Nacht war dann alles fast wieder gut, doch nun während der Busfahrt nach Trujillo schließen sich beide Ohren Ist das ein blödes Gefühl! Ich schiebe es auf die Höhenänderung, denn ich fahre jetzt von 3000 m Richtung Küste, doch die Ohren fühlen sich angeschwollen an, kein gutes Zeichen
Nach eineinhalb Tagen sind die Ohren wieder ok, dafür hab ich Schnupfen und Husten. Ich lasse es also ruhig angehen und mache erst mal nicht viel, außer das Städtchen bzw. sein Zentrum zu besuchen.
Leider ist die Plaza komplett abgesperrt, irgendwelche Umbaumaßnahmen sind im Gange. Nur am Ende der Fussgängerzone befindet sich eine Plazuela mit Sitzmöglichkeiten. Immerhin etwas aber bei weitem nicht so hübsch und geräumig wie eine Plaza de Armas.
Mir fällt auf, dass es hier wenig Touristen gibt, oder zumindest wenig Touristen, die wie ich, nach einem Tourist aussehen. Im Zentrum der Stadt werde ich immer wieder von den Touranbietern angesprochen, aber auch von Einheimischen, die, keine Ahnung, Langeweile zu haben scheinen oder ihr Englisch testen wollen, oder vielleicht an Ende des Tages oder direkt danach über Facebook (ein unglaublich beliebter Zeitvertreib der Leute hier in Südamerika) den Freunden erzählen wollen, dass sie eine weiße Ausländerin gesprochen haben. Auf jeden Fall wird dies auf Dauer etwas lästig für mich. Ich will mich auf der Plazuela doch einfach nur ein wenig ausruhen! (Es scheint der einzige Ort mit Bänken zu sein, wo man dem lauten Verkehr entkommen kann)
Andere Möglichkeit sich mal irgendwo hinzusetzen ist, sich bei einem der vielen mobilen Saftstände einen frisch gepressten O-Saft zu kaufen
Im Haus unterhalte ich mich mit der Gastgeberin und sie erzählt mir ein wenig von den Überschwemmungen, die hier im Norden Perus im südamerikanischen Herbst gewütet haben. (Ich habe zu dieser Zeit in Deutschland etwas davon gelesen.) Das Wetterphänomen El Niño hat hier im Norden ordentlich gewütet. Es gab heftige Regenfälle, viele Überschwemmungen, in Trujillo ist tagelang alles zusammengebrochen. Das Touristenpärchen, welches zu diesem Zeitpunkt gerade abreisen wollte, ist spät abends zurückgekehrt und für zwei Wochen bei ihr geblieben und hat im Haus viel ausgeholfen, um das Haus vor dem Wasser zu retten. Zwei Wochen lang gab es keine Möglichkeit nach Süden zu reisen, eine Brücke ist eingerissen. Ich kann mir kaum vorstellen, was die hier alle im Norden durchgemacht haben.
eine Möglichkeit, sich in der hektischen, nahezu banklosen Stadt, mal für ein Weilchen auf einen Hocker hinzusetzen
Chan Chan
Als es mir wieder besser geht, besuche ich auf eigene Faust die archäologische Stätte Chan Chan. Ich nehme dazu den Bus nach Huanchaco und steige an der Zufahtsstraße von Chan Chan aus. Von hier aus ist es noch ein Stückchen bis zum Eingang, ab und an fahren Reisebusse oder Taxen an mir vorbei. Ich begegne nur einem Touristen, der ebenfalls zu Fuss unterwegs ist.
Chan Chan war die Hauptstadt des prekolumbischen Chimú-Reiches und wurde um 1300 erbaut. Sie erstreckt sich über eine Fläche von 28 km², und war damals eine der größten Stadt der Welt ihrer Zeit, die aus Lehm erbaut wurde. Die Inkas haben die Stadt bei ihrer Eroberung wohl nicht zerstört, das haben dann später die Spanier erledigt (Die Spanier haben hier wirklich keinen guten Ruf). Später hat die Mutter Natur ihr Übriges dazu getan. Durch die Klimaänderung und die stärkeren Stürme des El Niño, hat der Regen weitere Zerstörung mitgebracht. Heute gehört Chan Chan zum Weltkulturerbe.
Auf ausgewiesenen Wegen kann man verschiedene Teile der damaligen Stadt besichtigen. Nun, dadurch dass alles aus Lehm ist, ist alles in einem Ton, keinerlei andere Farben sind zu sehen, außer die der Kleidung der Besucher Mal vor mir, mal hinter mir, sehe ich eine Mädchenschulklasse, die mit ihren Lehrerinnen ebenfalls die alte Stadt besuchen. Da fällt mir auf, dass mich einige Mädchen aus der Gruppe beobachten und immer wieder zu mir rüber schauen. Sie schauen mehr mich an wie die Ruinen, die sie eigentlich besichtigen sollten und ich fühle mich immer mehr wie eine zusätzliche Attraktion an diesem Ort. Irgendwann sind sie in der Nähe und ich spreche eins der Mädchen an und frage sie wie sie heißt. Fatima, antwortet sie mir und ihre Augen leuchten. Zwei ihrer Klassenkameradinen sind sofort neben ihr und schauen mich neugierig an. Wir tauschen ein paar Sätze aus, ich erfahre unter anderem dass die Eltern von Fatima aus Puerto Rico sind, danach gesellen sich die Lehrerinnen dazu. Nach kurzer Zeit verabschiede ich mich und lasse sie ihren Ausflug fortsetzen, ich möchte nicht stören
Huanchaco
Am Nachmittag fahre ich mit dem Bus nach Huanchaco, in den Stadtteil, der direkt am Meer gelegen ist. Dort gehe ich zunächst zu der Iglesia, die sich weiter oben befindet, und von deren Aussichtspunkt aus man einen hübschen Blick auf das Städtchen und das Meer hat. Die restliche Zeit des Nachmittages verbringe ich an der Strandpromenade, esse ein Eis und trinke ein cafecito.
Porque yo creo en ti.....
vamos vamos Perú!
Schon den ganzen Tag lang höre ich diesen Song durch die Lautsprecher der Geschäfte und der Autoradios, während ich durch die Stadt spaziere. Alle Peruaner sind in heller Aufregung, denn heute spielt Perú gegen Argentinien. Wenn die peruanische Mannschaft gewinnt, qualifizieren sie sich für die WM 2018. Doch sie spielen in Buenos Aires, schlechte Voraussetzung, denke ich mir und habe wenig Hoffnung, dass es ihnen gelingt. Am Abend, während des Fußballspiels gehe ich auf die Plazuela el Recreo, wo die Liveübertragung auf einer großen Leinwand zu sehen ist, und schaue... nun ja, ich schaue mir mehr die Leute an als das Spiel. Sie sind alle voll dabei, pfeifen, trellern, jubeln und fiebern eifrig mit. Und dann, nach 90 Minuten Spiel: ein Unentschieden: 0:0! Also immer noch keine Qualifikation, doch sie haben noch ein Spiel offen, gegen Kolumbien. Noch sind sie alle voller Hoffnung und freuen sich darüber, noch dabei zu sein, noch weiterhin die Chance zu haben, sich nach mehr als drei Jahrzehnten wieder für eine Fussball WM qualifizieren zu können.
Da ich am letzten Tag in Trujillo erst um Mitternacht abfahre, verbringe ich den Tag im Städtchen und besuche unter anderem den botanischen Garten, in dem man viel Schatten und vor allem auch ein Bänkchen zum hinsetzen findet.
Aufbruch: | 17.05.2017 |
Dauer: | 7 Monate |
Heimkehr: | 22.12.2017 |
Bolivien
Argentinien
Uruguay
Kolumbien