2022 Mit einem Geländewagen durch Tunesien
im Norden: Hammam Zriba
Im Ort der heißen Quellen
Jetzt ist es soweit. Wir sind in dem Ort Hammam Zriba angekommen. Der Name spricht für sich. 45 Grad heißes Quellwasser ergießt sich aus der Tiefe an die Oberfläche. Und schon zur Zeit der Römer hat man hier ein Thermalbad für die Allgemeinheit gebaut.
Heute besteht der ganze Ort aus Thermalbädern. Die Straße hört in Hammam Zriba auf und wird zur Fußgängerzone. Für die Ankommenden gibt es einen Parkplatz, auf dem ein überfreundlicher Wächter zwei Dinare kassiert und die Autos an fest zugewiesene Stellplätze dirigiert.
„Ihr wollt einen anderen Platz? Ach, den im Schatten? Dann ist da aber ein kleines Trinkgeld fällig!“
Wir stellen uns in den freien Schattenplatz, auch ohne Trinkgeld.
Die Freundlichkeit des Herren Parkwächter ist von nun an verschwunden, war also nur aufgesetzt.
Auf dem Weg zum Bad kommen wir an Läden vorbei, vor denen in bunter Vielfalt verschiedenste Utensilien angeboten werden, die man für so einen Badebesuch gebrauchen könnte - Schöpfeimerchen, Schwämme, Seife, Handtücher. Da wir so etwas noch nie gemacht haben, holen wir uns vorsichtshalber eine Wasserschöpfkelle, eine Olivenseife und einen Schrubbhandschuh.
Im Hammam der Männer
Jetzt stehe ich alleine unter den vielen Einheimischen im Umkleideraum und versuche, mich zurechtzufinden. Ein gut durchtätowierter junger Mann kommt auf mich zu. Er möchte mich zu meinem Spind führen.
„Zeig mir den Schlüssel. Welche Nummer hast Du?“
Ich nenne ihm die “16“ und habe das Fach schon gefunden, als er noch hektisch durch den Raum rennt um mir meinen Schrank zu suchen. Irgendwie habe ich etwas Sorge, dass man mir hier Hilfe anbietet, die ich gar nicht haben möchte.
Ich gucke in die verschiedenen dunklen Räume hinein, um zu erkennen, wie das Hammambad funktioniert. Es ist dämmrig hier, neblig-dunstig von der hohen Luftfeuchtigkeit - und heiß. Laut reflektieren die Stimmen an den gekachelten Wänden. In einem Raum seift man sich ein. Dort liegen die Männer rück- oder bäuchlings auf dem Boden und lassen sich mit Schrubbschwämmen von anderen Männern massieren. Es stöhnt, es ächzt, verschiedenste Düfte von Männerschweiß und Seife wabern durch die Luft.
Kaum dass ich meinen Kopf in den Eingang gesteckt hatte, kommt ein durchtrainierter junger Mann auf mich zu. Mit hektischen Bewegungen bedeutet er mir, mich auf den Boden zu legen, damit er mich massieren könne.
„Nein, ich möchte keine Massage.“
„Warum nicht?“
Es gibt keinen wirklichen Grund außer dem, dass ich nicht in eine Falle tappen möchte.
Der junge Mann übergießt mich unvermittelt mit einem Eimer Wasser aus einem ständig durchflossenen Becken.
„Autsch, ist das heiß? Das Wasser kann man mit dieser hohen Temperatur doch nicht einfach über den Körper gießen.“
Er lacht, nickt mit dem Kopf und deutet mir wieder, mich endlich hinzulegen.
Nach einigem hin- und her spricht mich jemand auf Französisch an. Ich sage ihm deutlich, dass ich heute keine Massage möchte, sondern dass ich einfach nur selbst das Hammam ausprobieren möchte.
„Aber morgen kommst Du wieder. Dann meldest Du Dich bei ihm und er macht eine Massage.“
„Ok, morgen komme ich wieder - Inschallah“.
Nachdem ich dieses Zauberwort gesagt habe, ist der Bann gebrochen. Man lässt mich in Ruhe.
Ich schöpfe mit meinem Eimerchen das 45 Grad heiße Wasser aus dem Becken und gieße es mir vorsichtig über meinen mit der neuen Olivenseife eingeriebenen Körper. Immer forscher spüle ich die Seife mit dem heißen Wasser ab. Der Körper gewöhnt sich langsam an die Temperatur.
Und dann geht es ins Schwimmbecken, einem Raum, etwa 4 mal 4 Meter groß, mit einer hohen Kuppel. Auf dem Sims um das Becken herum sitzen die Männer auf warmen Fliesen und lassen die Beine ins Wasser hängen.
Aus einem Edelstahlschlitz fließt, einem Wasserfall gleich, in beständigem Schwall eine große Wassermenge in das Becken. Ich setze mich auf den Beckenrand. Die Füße erreichen die Wasseroberfläche.
„Au verdammt, das klare Wasser in dem Becken ist ja auch so heiß. Und da jetzt hinein? Das ist bestimmt nicht gut für ein schwaches Herz.“
Wie sonst in kaltes Wasser lasse ich mich in das heiße Becken gleiten. Die Luft bleibt mir weg. Bloß nicht bewegen. Die Hitze kriecht in mich hinein. Der Körper gewöhnt sich langsam an die Temperatur. Ich entspanne mich, mache ein paar Schwimmzüge und stelle mich schließlich direkt unter den heißen Wasserschwall, der in das Becken fällt. Nur noch das Prasseln des Wassers um mich herum. Tief durchatmen. Dann sinke ich im Sprudeln und Blubbern des Wasserfalls über mir langsam vollständig in das heiße Becken hinein, tauche ab und schwebe schwerelos im Hammam.
Aufbruch: | 06.04.2022 |
Dauer: | 10 Wochen |
Heimkehr: | 17.06.2022 |