2023 Mit einem Geländewagen durch Albanien und Nordmazedonien
zurück in Albanien: die Ölfelder bei Kuçova
Wir sind auf dem Weg von Elbasan nach Berat, fahren auf gut ausgebauter Straße über's Land, hatten gerade in einem kleinen Supermarkt ein langes Gespräch mit einem Albaner, der 15 Jahre lang in Griechenland gearbeitet hatte, jetzt aber in seine alte Heimat zurückgekeht war und sehen plötzlich eine große Anzahl rostiger Stahlgestelle in der Umgebung der Straße. Sie sehen aus wie Gittermaste, haben für uns Vorbeifahrende keine offensichtlich erkennbare Funktion.
Die Luft, die durchs offene Fenster hereinströmt hat jetzt einen stechenden, ölhaltigen Geruch.
unvorstellbare Umweltsünden
Ich ahne schon, was das für Gittermaste da draußen sind. Verostete ausgediente Ölfördertürme, die von den Russen zur Zeit Enver Hoxhas hier aufgestellt wurden, die nach dem Bruch der Albaner mit Russland weiter betrieben wurden und die, nachdem auch die wirtschaftlichen Verbindungen zu China abbrachen wegen fehlender Ersatzteile nach und nach ihrem Schicksal überlassen wurden.
Und da stehen sie nun. Um jeden dieser Bohrtürme schimmert eine Lache dieses "schwarzen Goldes", das an vielen Stellen immer noch aus den Maschinen tropft und sich in den umliegenden Wiesen verteilt. Der Ölgeruch in der Luft wird immer schlimmer, legt sich auf unsere Zungen und benebelt den Kopf. Wir erreichen den Ort Havalehas.
"Ein Kaffee wär jetzt ganz angebracht."
"Aber wollen wir hier jetzt wirklich aussteigen und einen Kaffee zu uns nehmen?"
"Vielleicht ist das Wasser, was sie hier haben, auch verseucht, wie die Böden, die Felder, das angebaute Gemüse?"
Wir halten an. Hier mitten im Ort steht auch so ein alter Bohrturm. Dieser hier ist umzäunt und ordnungsgemäß mit einem Gefahrenhinweis gekennzeichnet.
Jetzt sind wir doch neugierig geworden. Vor dem Kaffee machen wir einen Gang durch's Dorf und erkennen, dass die Situation hier noch viel schlimmer ist, als wir es uns vorgestellt haben.
Da stehen Ölbehälter neben der Straße, mit undichten Anschlüssen in pechschwarzen Öllachen neben neu gebauten modernen Häusern. Da sind die umgebenden Wiesen der rostigen, teilweise schon abgewrackten Bohrtürme durchtränkt vom Rohöl. Da sind Obst- und Gemüsegärten in unmittelbare Nähe der Bohrtürme angelegt. Und dann sehen wir den Wasserwagen, der den Anwohnern frisches Wasser aus seinem Tank abzapft und verkauft.
"Also ist das mit der Wasserqualität in diesem Ort offensichtlich doch ein Problem"
Wir sind fassungslos. Da hat man jahrelang Öl aus diesen Böden gefördert, hat die Böden durch Leckagen oder Unachtsamkeit verseuchen lassen, und fährt heute mit Dieselkraftstoff, der ja aus solchem Öl gewonnen wird, frisches Wasser an die früher einmal intakten Orte.
Einladung zu einem Kaffee
"Sollen wir jetzt hier wirklich noch einen Kaffee trinken?"
Wir springen über unseren Schatten, setzen uns unter die Markise eines Kaffees am Straßenrand, genießen den Ausblick auf den Bohrturm im Ort mit dem Warnhinweis, und werden prompt von einem älteren Herren auf Deutsch angesprochen.
"Wo kommt Ihr her?"
"Hamburg? Aha, ich war vor vielen Jahren in Mannheim."
"Ich habe auch einen Bruder, der heute in Bremen wohnt"
"Mein Sohn hier kann auch ein bisschen Deutsch sprechen."
"Was wollt Ihr den haben?"
"Café Americano?" Er bespricht etwas mit der Serviererin.
"Nein, haben sie nicht" "Vielleicht einen türkischen Kaffee"
"Ja, ok, aber mit nur wenig Zucker"
Der Fremde gibt der Bedienung eine Anweisung und zückt dann einen 500-Lek Schein.
Er hatte uns eingeladen und gerade seine und unsere Rechnung beglichen. Das haben wir uns aber erst hinterher zusammengereimt, als ich unsere Kaffeegetränke bezahlen wollte, und die Bedienung abwehrte und kein Geld von uns haben wollte.
Unser freundliche Gastgeber, der so fließend Deutsch mit uns gesprochen hatte, war inzwischen gegangen. Wir haben uns nicht einmal für diese Einladung bedanken können.
Aufbruch: | 15.05.2023 |
Dauer: | 12 Wochen |
Heimkehr: | 06.08.2023 |