2023 Mit einem Geländewagen durch Albanien und Nordmazedonien
Makedonien Griechenland: Philip II
sie war einmal die Hauptstadt von Mazedonien
Wir sind im Ort Vergina angekommen, einem unscheinbareren Ort in Griechenlands Provinz Macedonia, der vor 2400 Jahren einmal unter dem Namen 'Aigai' als erste Hauptstadt von Mazedonien ein blühendes Zeitalter erlebt hatte. Geblieben von dieser Blütezeit ist noch der Grabhügel von Philip dem Zweiten, Gründer des Staates Mazedonien und Vater von Aleksander dem Großen.
Noch heute wird darüber gestritten, ob Aleksander der Große ein Grieche oder ein Mazedonier ist.
Aus Sicht der Mazedonier sind alle Festlandsgriechen eigentlich Mazedonier, was die Griechen natürlich nicht gerne hören. Sei's drum.
Hier in diesem kleinen Städtchen hat man 1977 unter einem Hügel ein völlig intaktes Grab eines Königs gefunden, von dem man ziemlich sicher ist, dass es das Grab von Philip dem Zweiten ist, der mit 46 Jahren, nachdem er die Balkanvölker geeint und Mazedonien gegründet hatte, ermordet wurde. Sein Sohn Aleksander der Große hat ihm ein monumentales Grab mit den prächtigsten Grabbeigaben bauen lassen. Im Jahr 336 vor Christus wurde dieses Grab auf ewig verschlossen. Die Ewigkeit endete 1977, als der griechische Archäologe 'Manolis Andronikos' bei seiner Arbeit fündig wurde.
Wir stehen vor dem Schalter, an dem die Eintrittskarten verkauft werden.
"Sollen wir da überhaupt rein? Museen sind sowieso nicht so mein Ding."
Der stolze Eintrittspreis von 16 Euro pro Person, bisher hatten wir maximal 3 Euro für einen Eintritt bezahlt, hatte uns geschockt und unser Vorhaben, Philip II in seinem Grab zu besuchen für kurze Zeit in Frage gestellt. Doch wir haben 60 Kilometer hinter uns gebracht, um uns in die griechische Geschichte zu begeben. Dieses unterirdische Museum muss schon etwas ganz besonderes sein. Also holen wir uns die Tickets.
"They are also valid for the archeological museum in this town"
Danke, sehr freundlich. Mal sehen, ob wir uns das nach den Eindrücken, die uns hier erwarten, auch noch ansehen werden.
Dann geht es für uns unter die Erde
Das Museum, in das wir jetzt hineingehen, befindet sich in dem ausgehöhlten Grabhügel, in dem man insgesamt vier Gräber gefunden hat, von denen eines bereits von Plünderern ausgeräumt worden war.
Dämmrig ist es. Wir werden von vier geschickt angeleuchteten Grabsteinen begrüßt.
Auf Tafeln mit viel Schrift (griechisch und englisch) wird die Historie erzählt, ein Modell des geöffneten Hügels gibt uns die Übersicht über die ganze Anlage.
Wir gelangen in einen großen Raum. Alles liegt im Dunklen, bis auf die beleuchteten Vitrinen, aus denen heraus es golden und silbern schimmert. Wir müssen uns erst einmal orientieren. Wo fängt man hier an?
Das Grab von "Philip dem Zweiten"
Da ist das Hinweisschild "TOMB OF PHILIP II", und hinter der nächste Ecke geht es bergab. Die breite Treppe führt hinunter zu einem griechischen Portal. Wir sehen nur das beleuchtete Tor hinter den schwarzen Konturen einiger Besucher, die es betrachten.
Zwei geriffelte Säulen, zwei weiße, marmorne Steinplatten als Pforte, quer darüber der Riegel mit farbigen Ornamenten.
Dieses ist der originale Eingang zum Grab des Königs, wie es vor mehr als 2000 Jahren auf ewig verschlossen wurde. Die Zuschauer stehen etwa 10 Meter in der Dämmerung davor hinter einer durchgehenden und damit nicht sichtbaren Glasscheibe. Man hat wohl Sorge, dass das Altertum durch einen Sabotageakt beschädigt werden könnte - verständlich.
So stehen wir hier und lassen uns in eine längst versunkene Zeit führen, die bewegend und überwältigend für uns ist. Die Beleuchtung ist so geschickt angeordnet, dass wir uns nur noch auf das Wesentliche konzentrieren. Es ist wie eine Art Theaterstück, das uns mitnimmt.
der große Museumsraum im Grabhügel
In den beleuchteten Vitrinen im großen Raum sind die Dinge ausgestellt, die man in diesem Grab gefunden hat. Den Totenschrein mit seinen 'chryselephantinen' Elementen, die der Verbrennung stand gehalten haben.
"Chryselephantin? Was ist denn das?" fragen wir unser Handy. Das Wort gibt es tatsächlich. Wikipedia hilft uns weiter. Zitat: 'das Adjektiv chryselephantin steht für ein Kunstwerk aus Gold und Elfenbein'.
Geschickt sind an einer schwarzen Truhe, der Nachbildung des verbrannten Schreins, die im Grab gefundenen Elemente an ihren ursprünglichen Positionen angeordnet. Die verbrannten Elemente, die aus Holz gefertigt waren, wurden weggelassen, so dass man zwar nur noch Fragmente des Reliefs sehen, aber dennoch das Bild im Ganzen wahrnehmen kann.
Jetzt kommen wir zu der Vitrine, in der die Urne des Königs ausgestellt ist. Es ist eine mit Ornamenten verzierte Truhe aus Gold. Ein ergreifendes Gefühl überwältigt uns in der Vorstellung, dass diese Truhe 2400 Jahre lang unangetastet in dem Grab auf ihrem Sockel stand. Was ist in dieser Zeit alles auf der Erde geschehen? Wie hat sich die Welt verändert? Die Truhe sollte für immer an ihrer Stelle stehen. Jetzt hat die Menschheit beschlossen, dass die Ewigkeit ein Ende haben sollte, damit jeder die Kunstwerke der damaligen Zeit betrachten kann.
Philosophische Gedanken kommen uns angeflogen, als wir uns so intensiv mit den Zeitverhältnissen befassen. Es ist ergreifend.
Langsam gehen wir von Vitrine zu Vitrine, sehen goldene Harnische und silberne Kunstgegenstände an uns vorbeiziehen, verstehen die Zusammenhänge der Geschichte, die dort fein säuberlich auseinander dividiert wurde, und fallen immer wieder in tiefe Gedanken, wenn wir uns vorstellen, wie die Menschen damals gelebt haben, welche Sitten und Gebräuche üblich waren und wie so eine Totenzeremonie tatsächlich stattgefunden haben muss.
Besonders leid tut uns die nur 26 jährige Ehefrau von Philip II, die nach seinem Tod 'freiwillig' mit in den Tod gegangen ist und in der Vorkammer der Gruft in einer silbernen Urne bestattet wurde.
46 Jahre ist dieser König nur geworden, bevor er während einer Theatervorstellung ermordet wurde und hat in dieser für heutige Verhältnisse kurzen Lebenszeit die Völker vereint und das Reich Mazedonien gegründet, das damals erheblich viel größer war, als die griechische Provinz Macedonia und der Staat Mazedonien es heute sind.
über die anderen Gräber
Auch zwei andere Gräber, von denen man eines (Tomb 3) dem 16 jährigen Aleksander IV, einem Sohn von Aleksander dem Großen und seiner Frau Roxana zuordnen konnte, sind genau so eindrucksvoll, informativ und mit geschickter Beleuchtungstechnik zu besichtigen. Vom Grab I, dass schon früher von Grabräubern geplündert wurde, sieht man in den leeren Raum hinein, so wie man ihn gefunden hat. Unglaublich, wie skrupel- und respektlos die Gier nach Gold und Reichtum die Menschen handeln lässt.
Nach über zwei Stunden intensivsten Eintauchens in die alte Zeit verabschieden wir uns von Philip II und nehmen dieses ergreifende Erlebnis mit uns in unsere Welt. Wir sind froh, dass wir uns die Zeit genommen haben, in eine dermaßen gute Inszenierung eintauchen zu können und dermaßen mitgerissen zu werden.
Aufbruch: | 15.05.2023 |
Dauer: | 12 Wochen |
Heimkehr: | 06.08.2023 |