Down Under - von Perth nach Darwin im Motorhome
Tag 28 - Lake Argyle und der Ord River
Es wird eine heisse Nacht. Trotzdem schlafen wir einigermassen gut und sogar bis sieben, was schon recht lange ist. Den Tag können wir heute gemütlich angehen. Wir werden von TripleJ erst um halb zwölf abgeholt. So geniessen wir unser Frühstück und sitzen gemütlich draussen und lesen. Es wird heisser und heisser, wahrlich nicht mein Lieblingsklima.
Um viertel nach elf begeben wir uns vor den Caravanpark, wo noch ein weiteres Paar auf den Bus wartet. Dieser trifft pünktlich ein. Nachdem wir noch ein Hotel angefahren haben, geht die Fahrt auf dem Highway hinaus aus Kununurra. Aus dem Northern Highway wurde in der Zwischenzeit der Victoria Highway. Nach ca. 40 Kilometern verlassen wir den Haupthighway und biegen auf die Lake Argyle Road ab. Wir durchqueren ein wüstenhaftes Tal. Ab und zu gibt es sogar Zeichen von Zivilisation.
An einem Fluss, der am Austrocknen ist, gibt es einen Halt. Der Chauffeur erklärt uns, dass dies einer der Abläufe des Lake Argyle sei. Wenn der See all zu voll wird, werden Abläufe wie diese geöffnet, so dass die Staumauer entlastet wird und das Wasser weiter unten wieder in den Ord River fliessen kann. Die letzte "Entlastung" sei so heftig gewesen, dass es die Brücke, die wir danach befahren, gleich mitgerissen habe.
Die Fahrt geht weiter und führt kurvig in die Höhe. Plötzlich biegt der Bus ab und führt uns zu einem schönen australischen Anwesen. Es ist ein kleines "Ballenberg", denn das schöne Haus stand genau dort, wo die Staumauer den Lake Argyle entstehen liess. Man baute Stein für Stein alles ab und hier wieder auf, damit es der Nachwelt erhalten blieb. Denn diesen Anwesen, das Durack Homestead, gehörte Patrick Durack, einem irischen Immigranten und Pionier der westaustralischen Rinderzucht. 1882 gelangte Durack nach einem langen Treck quer durchs Land in dieses Gebiet. Er trieb 7000 Rinder und 200 Pferde von von West-Queensland hierher. Dies dauerte über 3 Jahre. Das muss man sich mal vorstellen: quer durchs Outback!
Das Haus ist mit Original Möbeln und Alltagsgegenständen eingerichtet. Es zeigt viele Fotos und Briefe der Familie. Man betritt das Haus und befindet sich plötzlich 130 Jahre in die Vergangenheit zurückversetzt. Es ist sehr interessant. Auch der wunderschöne Umschwung mit Garten und Familienfriedhof gefällt uns. Alles wirkt sehr romantisch, obwohl das Leben zu dieser Zeit sicher hart war und wenig mit Romantik zu tun hatte.
Die Fahrt geht weiter zum Lake Argyle Village, wo sich ein Campingplatz und ein Motel mit Restaurant befindet. Wir befinden uns weit oberhalb des See's. Es hat wunderschöne Aussichtspunkte, die uns wunderbare Ausblicke auf stahlblaues Wasser und wüstenhafte Berge bieten. Noch viel eindrücklicher ist die Tatsache, dass wir von hier aus nur 0,5 % der Fläche des Sees sehen, denn die Fakten des Stausees sind echt atemberaubend:
Die Speicherkapazität bis zum Überlauf beträgt 10 763 Millionen m3, bei Hochwasser kann der Stausee bis zu 35 000 Millionen m3 fassen und eine Fläche von 2072 km2 bedecken. Zum Vergleich hat der grösste Stausee der Schweiz, der Lac de Dix mit der berühmten Staumauer Grande Dixence, ein Fassungsvermögen von 400 Millionen m3.
1971/72 entstand der Lake Argyle durch den Bau eines Staudamms am Ord River. Als wir den Erdstaudamm von einem Aussichtspunkt aus sehen, kann ich es kaum glauben, dass dieser nette Erdhaufen eine solche Wassermenge zurückhalten kann. Eine Grande Dixence hat da ganz andere Dimensionen. Wir sind höchst beeindruckt!
Bevor wir hinunter an den Ord River fahren, kaufen wir uns im Shop noch ein Eis. Bei dieser Hitze eine willkommene Abkühlung! Dann gehts kurvig hinunter ans Wasser und über den Erdstaudamm zum Ord River. Dort werden wir bereits von einem schönen Boot mit einem jungen Kapitän erwartet. Zuerst tümpeln wir auf diesem Flussteil gleich unterhalb des Staudamms. Unser Kapitän zeigt uns mehrere Süsswasserkrokodile oder wie man hier sagt "Freshis". Die Tiere sind in den Felsen so gut getarnt, dass man ziemlich lange und intensiv schauen muss, bis man sie sieht.
Auch auf den Erddamm haben wir einen guten Blick. Er ist nur 100 Meter hoch und staut den grössten See Australiens. Zum Vergleich: die Staumauer des Grande Dixence ist 284 Meter hoch und staut einen Bruchteil des Lake Argyl. Es ist kaum zu glauben!
Unsere Fahrt auf dem Ord River geht rasant los. Das ist kein "wir-tümpeln-den-Fluss-runter"-Boot, sondern ein richtig nettes Speed-Boot. Jürg strahlt wie ein Maikäfer. Da kommt Freude auf!
Der Ord River entspringt auf 531 Meter über Meer im Mount Wells und fliesst 651 Kilometer bis in die Timorsee. Wir lernen heute rund 50 Kilometer davon kennen. Die Fahrt führt wunderbar durch rote Sandsteinberge. Durch das Wasser bilden sich grüne Täler. Da die Fliessgeschwindigkeit nicht sehr hoch ist, bilden sich am Rande sumpfartige Gebiete, die von vielen Tieren bewohnt werden. Immer wieder macht unser Kapitän einen Halt und wir sehen viele Wasservögel und kleinere Krokis, meist Jungtiere.
Bei einem riesigen Baum gibt es einen weiteren Halt. Am Baum hängen kopfüber eine ganze Familie von "flying fox bats" oder wie wir es nennen: riesige Fledermäuse. Da es sehr heiss ist, sucht unser Kapitän einen schattigen Platz zum Andocken. Dort gibt es Erfrischungen und eine Lehrstunde. Wir lernen alles über den Ord River, die Stauung 1971 und was es für die Region für Konsequenzen hatte. Im Winter trocknete der Ord River aus und im Sommer überflutete er alles. Mit dem Damm entstand ein Fluss, der immer Wasser führte und eine landwirtschaftliche Nutzung erlaubte. So entstand Kununurra mit der ganzen Infrastruktur.
Die Fahrt geht weiter. Manchmal scheinen uns die steilen Felswände zu erdrücken und manchmal teilen sich die Berge zu weiten Täler. Es gibt einen weiteren Halt. Hier dürfen wir das Boot verlassen. Eine kleine Waldlichtung am Rande eines hohen Felsens wurde mit Toiletten, Tischen und Bänken bestückt. Unsere netten Betreuer servieren uns einen richtig feinen Afternoontea mit Scones, Muffins, Tee und Kaffee.
Man kann sich auch ein wenig die Füsse vertreten und plötzlich schreit ein kleiner Junge, dass es hier Schlangen gäbe. Und tatsächlich erblicken wir eine kleine goldene Schlange, die sich eine Weile bestaunen lässt, dann aber im Eilzugtempo in den Blättern am Boden verschwindet. Unser Kapitän klärt uns darüber auf, dass sie harmlos sei und häufig hier auf Bäumen zu finden sei.
Der letzte Teil der Fahrt wird noch viel traumhafter. Einerseits spiegelt das ruhige Wasser die umliegenden roten Felsen in voller Pracht, andererseits lässt die langsam untergehende Sonne die Felsen wie Feuer aufleuchten. Doch der Höhepunkt ist der Sonnenuntergang. Eine tiefrote Kugel, durch einzelne Wolkenbänke durchbrochen, schiebt sich hinter schwarzen Bäumen dem Horizont zu. Wie ein vergoldeter Strahl leuchtet sie über das Wasser. Es ist einfach nur traumhaft.
Als wir uns Kununurra nähern ist die Sonne verschwunden und hinterlässt einen magischen rosa-violetten Abendhimmel. Was für ein Ausflug! Wir haben schon so viele wunderbare Erlebnisse hier in Australien gehabt und immer ist noch eine Steigerung möglich.
Ein Bus bringt uns in aufkommender Dunkelheit wieder zum Caravanpark. Hungrig machen wir uns Teigwaren mit Käse und Ketchup und lassen den wunderbaren Ausflug Revue passieren. Ich schreibe noch meinen Blog. Der Wetterbericht vermeldet wenig gutes für die nächsten Tage. Im Kakadu Nationalpark erwarten sie schwere Unwetter. Na bravo...
Aufbruch: | 04.04.2013 |
Dauer: | 6 Wochen |
Heimkehr: | 16.05.2013 |