Down Under - von Perth nach Darwin im Motorhome
Tag 8 - William Bay Nationalpark und Albany
Die ganze Nacht regnete es wie aus Kübeln. Das war natürlich in einem Camper mit Blechdach kaum zu überhören, aber irgendwie auch romantisch. Jedenfalls haben wir beide hervorragend geschlafen trotz erhöhter Lärmkulisse.
Als ich am Morgen rausgehe, tropft es immer noch fröhlich vor sich her und alles sieht nass und grau aus. Doch dank den umliegenden Eukalyptusbäumen riecht es wie in einer Hustenbonbonfabrik. Unglaublich...
Nach dem Frühstück machen wir uns für die Abfahrt bereit und beim Verlassen des Holidayparks bringen wir einen anderen Camper arg in Stress, der grad leicht verzweifelt am Manöverieren ist und uns den Weg versperrt. Doch irgendwann hat auch er es geschafft und unser Weg ist endlich frei.
Die heutige Fahrt führt uns weiter ostwärts bis kurz vor Denmark. Hier biegen wir zum populären William Bay Nationalpark ab. Im Reiseführer und im Internet haben wir von diesem Park sensationelle Bilder einer Küste gesehen, die in der Farbenpracht kaum zu übertreffen ist. Doch das bewölkte und regnerische Wetter macht uns einen Strich durch die Rechnung. Immerhin schliesst Petrus grad mal die Schleusen für einen ausgedehnten Spaziergang am Strand und die verschiedenen Schattierungen der Bucht lassen erahnen, welche Pracht sich hier bei Sonnenschein bietet.
Wir erreichen den Greenpool, einer von hohen Felsen geschützte Bucht. Das Wasser ist kristallklar und die leichte Grünfärbung lässt die Namensgebung erahnen. Wie in einem öffentlichen Hallenbad krault eine ältere Dame hingebungsvoll von einem Ende zum andern, obwohl das Wetter und sicher auch die Wassertemperatur nicht grad einladend wirken.
Wir spazieren westwärts dem Strand entlang und finden immer wieder schöne Fotomotive. Draussen auf dem Meer krachen hohe Brecher an die schützenden Felsen. Das Wasser im Pool ist hingegen ruhig wie in einer Badewanne.
Auf der östlichen Seite der Greenpools klettern wir auf Felsen hinauf und begeben uns zur nächsten Bucht, zum Elephant Cove. Hier hat es keinen Sandstrand dafür breite Felsen, über die sich herrlich herumklettern lässt. Wir kraxeln munter hinauf und ich finde immer wieder schöne Motive zum Knipsen. Dummerweise kullert plötzlich der Verschluss vom Zoom die steilen Felsen hinab und ich hinterher. Geschwindigkeitsmässig verliere ich und plötzlich ist das Teil verschwunden. Jürg hilft mir suchen, selbstverständlich nicht an Kommentaren sparend, was ich wieder für ein Dödel sei...
Es ist wirklich steil hier und so müssen wir einen Umweg in Kauf nehmen bis wir unten am Wasser sind. Viele Spalten und Gebüsche sind ideale Verstecke. Jürg gibt bereits auf und will am steilsten Felsen wieder raufklettern, was nicht wirklich klappt. Also nimmt er fluchend erneut den Umweg in Kauf. Ich suche noch weiter und erblicke plötzlich die Verschlusskappe in einem tiefen Spalt. Also nichts wie auf den Bauch liegen und beten, dass keine Schlange hier ihren Lieblingsort hat...
Ich habe Glück! Verlorenes Teil wieder da, kein Schlangen- oder Spinnenbiss abgekriegt und nach einer anstrengenden Kletterpartie auch wieder bei kopfschüttelndem Jürg angelangt. Was für ein erfolgreicher Morgen... (inklusive Vortrag Göttergatte wie dusslig ich immer wieder sei...). Als Krönung des Ganzen beginnt es leicht regnen, so dass wir ein wenig durchnässt unseren Camper erreichen.
Die Fahrt geht 20 Kilometer weiter nach Denmark. Wir erblicken einen Super-IGA und dahinter einen grossen Parkplatz. Das Städtchen wurde im Reiseführer als nett und in der Hippi-Zeit vergessen gegangen beschrieben.
Wir brauchen einen Kaffee! Unter einer westernähnlichen Ballustrade erblicken wir ein Bäckerei, wo wir Muffins und einen Flat White geniessen. Da wir draussen sitzen, können wir das Leben hier ein wenig beobachten und wir müssen dem Reiseführer zustimmen, der alternative Flower-Power-Lebensstil führt hier ein erfolgreiches Comeback auf eine sehr sympathische Art.
Wir spazieren kreuz und quer noch ein wenig durchs Städtchen. Ab und zu besuchen wir einen der kleinen Läden und fühlen uns in die Jugend zurückversetzt. Patchouli-Duft und Batik-T-Shirts bestimmen das Bild und immer wieder kommen wir mit netten Verkäuferinnen ins Gespräch. Auch in esoterischer Hinsicht könnte man Orgien feiern. Tarokarten-Leserinnen mit anschliessender Kräutermassage bieten an jedem Ecken ihre Dienste an. Die Zeit scheint hier wirklich still zu stehen.
Im Super-IGA erledigen wir unsere Einkäufe für die nächsten paar Tage, dann geht unsere Fahrt weiter Richtung Albany. Konnten wir Denmark noch regenfrei geniessen, giesst es jetzt wieder in Strömen und so erreichen wir Albany bei höchst garstigem Wetter.
Mit unserem grossen Gefährt kämpfen wir uns die York Street hinunter an den Hafen um zu beurteilen, ob sich ein Spaziergang durchs Städtchen lohnt. Tut es! Die typisch australischen Häuser mit breiten Balkonen bieten einen Regenschutz wie die Lauben in Bern und zudem hat es viele verführerische Lädeli. Schnell finden wir einen Parkplatz für unseren Camper und spazieren danach die recht steile Yorkstreet hinauf. Wir suchen einen Spielzeugladen um Würfel für ein Yazee zu kaufen. Tatsächlich finden wir einen Laden, aber keine Würfel. Da uns das englische Wort dafür fehlt, versuchen wir mit Händen und Füssen zu zeigen, was wir suchen. Es gelingt! Heute lernen wir: Würfel heissen auf englisch "dice".
Weiter oben an der Yorkstreet entdecken wir einen riesigen Souvenirshop, welchen wir sofort stürmen. Was wir zuhause in der Schweiz oft Kitsch pur finden, ist hier äusserst spannend und wird von uns genauso fröhlich gekauft wie zuhause Kuhglocken und Kugelschreiber mit Bergmotiven. Als ich an der Kasse zahlen will, belausche ich ein Gespräch zwischen der Verkäuferin und anderen Kundinnen. Der englisch Akzent der Verkäuferin ist sehr schweizerisch gefärbt und als ich mit Zahlen dran bin, spreche ich sie auf schweizerdeutsch an und siehe, ein Lachen breitet sich auf ihrem Gesicht aus. Sie kommt ursprünglich aus Uster und lebt seit 30 Jahren in Australien. Sie hat sich in jungen Jahren in der Schweiz in einen Australier verliebt und ist zu ihm ausgewandert. Ihre Eltern sind ihr notabene fünf Jahre später gefolgt. Ihr Mann und sie bewirtschaften eine Farm mit Kühen und Schafen, zudem bauen sie spezielle Bäume an, die Japaner dann abkaufen für ihre Papierproduktion. Da das Geld aber so nicht reicht, hat sie noch diesen Job. Das Leben hier sei nicht immer nur Zuckerschlecken, trotzdem möchte sie nicht mehr zurück. Einzig den Schnee vermisse sie und komme wenn möglich alle Jahre zwei Wochen zurück zum Skifahren.
Jürg hat diese Begegnung gar nicht mitbekommen und wartet vor dem Shop auf mich. Ella begleitet mich und begrüsst ihn ebenfalls. Sie schenkt uns noch zwei Schlüsselanhänger und wünscht uns schöne Ferien. Was für eine nette Begegnung.
Nach weiteren Besuchen in obligaten Surfshops kehren wir zurück zu unserem Camper und fahren um den Mount Clarence herum zum Middleton Beach zu unserem heutigen Holidaypark. Wir erhalten einen schönen Platz direkt hinter einer hohen Düne mit Strandzugang und mit einem eigenen Badehäuschen. Alles wäre wunderschön, würden die schwarzen Wolken nicht so tief herunterhängen und alles in Düsternis versinken lassen. Da es um sechs Uhr schon wieder stockdunkel sein wird, begebe ich mich zur Rezeption, wo man sich Filme ausleihen kann. Unser Camper hat nämlich einen TV mit DVD-Player. Und so kehre ich mit "Ted" zu Jürg zurück. Da es grad nicht regnet, machen wir uns zu einem Strandspaziergang auf. In den Büschen entdecken wir ein eigenartiges Tier, vermutlich ein Beuteltier, das wie eine zu gross geratene Ratte aussieht. Echt niedlich, doch sehr kamerascheu. Man setzt sich zwar nett hin, nagt an irgendwelchen Gräsern und sobald die Kamera auf Position ist, flitzt man unter den nächsten Busch. Sehr nett...
Wir befinden uns am King George Sound, einer geschützten Bucht mit sanften Wellen. Draussen erblicken wir zwei Inseln und einen grossen Tanker, der wohl darauf wartet beladen zu werden. Das Wasser ist ziemlich kalt, niemand badet, aber wie wir spazieren viele Leute den breiten Strand hinauf und hinab.
Zurück beim Camper fängt es leicht zu nieseln an. Wir rollen die Markise aus und machen es uns darunter gemütlich. Bei einem Bierchen und einem Glas Wein lässt sich auch die Düsternis vertreiben, doch gegen halb sechs wird es finster und wir verdrücken uns ins Innere. Für ein ausgedehntes Abendessen haben wir zuwenig Hunger. Also gibt es ein wenig Brot, Käse und Fleisch. Danach versuchen wir herauszufinden wie der DVD-Player in Gang gesetzt wird. Nach einigen technischen Schwierigkeiten schaffen wir es und geniessen unseren Kino-Abend.
Morgen gibt es unseren ersten grossen Törn. Fast 500 Kilometer zurück nach Perth. Jürg geniesst das Fahren mit unserem Gefährt, doch irgendwann werde ich mich überwinden müssen und auch einen ersten Versuch wagen. Noch graut mir davor...
Aufbruch: | 04.04.2013 |
Dauer: | 6 Wochen |
Heimkehr: | 16.05.2013 |